Dieselbe Strafe nach Aufhebung durch den BGH wegen Fehlern bei der Strafzumessung? Nicht mit dem BGH!

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 03.02.2024
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|1294 Aufrufe

In einem ersten Durchgang hat das Landgericht eine Angeklagte u.a. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Auf die Revision der Angeklagten hatte der 2. Strafsenat des BGH das Urteil in einem Einzelstrafausspruch und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben, weil das Landgericht bei der Bemessung der Einzelstrafe zu Lasten der Angeklagten gewertet habe, dass sie zur Tatzeit unter laufender Bewährung gestanden habe, was den Feststellungen nicht ohne Weiteres zu entnehmen war.

Im zweiten Durchgang verurteilte das Landgericht die Angeklagte zu derselben Einzelstrafe sowie zu derselben Gesamtfreiheitsstrafe wie im ersten Rechtszug.

Mit der erneuten Revision hat die Angeklagte abermals Erfolg. Der 2. Strafsenat führt dazu in seinem Beschluss vom 5.12.2023 (2 StR 446/23, BeckRS 2023, 41144) aus:

Die Strafzumessung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung erneut nicht stand.

1. a) Wird ein Urteil auf ein Rechtsmittel zugunsten der Angeklagten im Strafausspruch aufgehoben und vermag der neue Tatrichter Feststellungen nicht zu treffen, die im ersten Rechtszug als bestimmende Zumessungstatsachen strafschärfend herangezogen worden waren, hält er aber dennoch eine gleich hohe Strafe für erforderlich, so hat er nach ständiger Rechtsprechung seine Entscheidung eingehend zu begründen. Die ursprüngliche Bewertung der Tat und die Strafzumessung in der aufgehobenen Entscheidung sind zwar kein Maßstab für die neue Bemessung der Strafe, jedoch hat die Angeklagte einen Anspruch darauf zu erfahren, warum sie trotz des Wegfalls eines Strafschärfungsgrundes nun gleich hoch bestraft wird (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 3 StR 416/15, juris Rn. 4 mwN).

b) Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Für die Verhängung gleich hoher Strafen fehlt es an einer Begründung, obwohl das Landgericht im Gegensatz zum Tatrichter des ersten Verfahrens keinen – ehemals strafschärfend gewerteten – Bewährungsbruch feststellen konnte. Dem Umstand, dass die Angeklagte das Betäubungsmitteldelikt nach einem ihr erteilten Hinweis auf einen in anderer Sache – nach Ablauf der Bewährungszeit – drohenden Bewährungswiderruf begangen hatte, kommt nicht dieselbe straferhöhende Bedeutung zu, wie einer Tatbegehung unter laufender Bewährung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. März 2023 – 2 StR 118/22, juris Rn. 7 zur Tatbegehung zwischen Fristablauf der Bewährungszeit und Straferlass).

c) Der Würdigungsfehler des Landgerichts führt zur Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II. 2. der Urteilsgründe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Tatgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Einzelstrafe gelangt wäre.

d) Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht dem Gesamtstrafenausspruch seine Grundlage.

2. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

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