LAG Berlin-Brandenburg: Betriebsratswahl bei Tesla kann stattfinden

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.03.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|997 Aufrufe

Das Tesla-Werk in Grünheide ist in vielfacher Hinsicht ein Politikum, auch was die gewerkschaftliche Repräsentanz und die betriebliche Mitbestimmung angeht. Am 28.2.2022 wurde dort erstmalig ein Betriebsrat gewählt, der bei damals rund 2.300 Beschäftigten aus 19 Betriebsratsmitgliedern bestand. Anfang Januar 2024 war die Zahl der Beschäftigten auf rund 12.500 angestiegen. Nach der gesetzlichen Regelung ist ein Betriebsrat vor Ablauf der regelmäßig vierjährigen Amtszeit neu zu wählen, wenn mit Ablauf von 24 Monaten ab dem Tag der Wahl die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erheblich – um die Hälfte, mindestens aber um 50 Personen – gestiegen oder gesunken ist (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG). Der im Februar 2022 gewählte Betriebsrat bestellte Anfang Januar 2024 einen Wahlvorstand zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl eines neuen Betriebsrats mit 39 Mitgliedern. Vom 29.01.2024 bis zum 11.2.2024 fand aufgrund von Zulieferproblemen kein Produktionsbetrieb bei Tesla statt. Der Wahlvorstand erließ am 1.2.2024 ein Wahlausschreiben, forderte die Beschäftigten zur Abgabe von Vorschlagslisten bis zum 15.2.2024 auf und lud sie zur Betriebsratswahl Mitte März (18. bis 20.3.2024) ein.

Gegen die Durchführung dieser Betriebsratswahl hat sich die IG Metall als im Betrieb vertretene Gewerkschaft mit der Begründung gewandt, die Wahl sei zwingend nichtig und deshalb abzubrechen. Dies folge vor allem daraus, dass der Zeitraum von 24 Monaten ab dem vorausgegangenen Wahltag am 28.2.2022 nicht abgewartet worden sei. Der Wahlvorstand hätte aus Sicht der Gewerkschaft erst ab dem 29.2.2024 bestellt werden dürfen. Durch die verfrühte Einleitung der Wahl hätten die Beschäftigten wegen des Produktionsstopps Anfang Februar 2024 außerdem nicht ausreichend Gelegenheit zur Aufstellung von Vorschlagslisten gehabt. Der Wahlvorstand und die Tesla Manufacturing Brandenburg SE als Arbeitgeberin gehen davon aus, dass es für den gesetzlich geregelten Zeitraum von 24 Monaten darauf ankomme, dass die Wahl selbst erst danach durchgeführt werde, während Maßnahmen zur Vorbereitung der Wahl schon vor Ablauf der Frist zulässig seien. Vorschlagslisten seien ungeachtet des Produktionsstopps eingereicht worden. Ein etwaiger Verstoß gegen die gesetzliche Regelung sei jedenfalls nicht so schwerwiegend, dass eine Nichtigkeit der Wahl anzunehmen sei.

Das LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 6.3.2024, 11 TaBVGa 135/24) hat – anders als die Vorinstanz (ArbG Frankfurt Oder) - nun entschieden, dass die bereits eingeleitete Wahl nicht abzubrechen sei. Ein Abbruch der Wahl im gerichtlichen Eilverfahren sei nur dann veranlasst, wenn deren Nichtigkeit absehbar sei. Zwar liege ein Verstoß gegen die gesetzliche Fristenregelung vor. Dieser Verstoß und weitere gerügte Verstöße seien jedoch nicht so schwerwiegend, dass von der Nichtigkeit der Wahl auszugehen sei. Eine mögliche Anfechtbarkeit der Wahl genüge für einen Abbruch nicht. Nach Durchführung der Wahl könne deren Wirksamkeit im Einzelnen gerichtlich geprüft werden, falls ein Wahlanfechtungsverfahren eingeleitet werde. Soweit die Gewerkschaft im Beschwerdeverfahren auch Korrekturen des Wahlverfahrens durchsetzen wollte, hatte sie damit keinen Erfolg. Nach der Entscheidung des LAG ist für die Anordnung solcher Korrekturen im gerichtlichen Eilverfahren auf Wahlabbruch jedenfalls dann kein Raum, wenn durch Korrekturen bereits vorhandene Fehler des Wahlverfahrens nicht mehr beeinflusst werden könnten.

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