Neues zur Erbfallkostenpauschale des § 10 ErbStG (Niedersächsisches FG v. 28.6.2023 – 3 K 169/21)

von Gastbeitrag Steuerrecht, veröffentlicht am 21.05.2024
Rechtsgebiete: Steuerrecht|1518 Aufrufe

Die Erbfallkostenpauschale - seit zu langer Zeit liegt sie bei 10.300 Euro (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG). Unabhängig von ihrer absoluten Höhe ist bei mehreren Erwerbern die Frage zu klären, wie der Betrag aufgeteilt werden soll. Einen solchen Fall, bei dem ein Großteil der Erwerber ebenso wie die Erblasserin im Ausland ansässig waren, hat nun das FG Niedersachsen bezüglich des einen inländischen Erwerbers lösen müssen. In einem Gastbeitrag greift Martin Obermeyer von Möhrle Happ Luther diese Probleme auf.

§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG bestimmt, dass für Kosten der Bestattung des Erblassers, für ein Grabdenkmal und die Grabpflege, sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen, insgesamt 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen werden können. Bei den Nachlassregelungskosten ist dabei zu beachten, dass zu diesen zwar die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung gehören (H E 10.7 ErbStH, „Steuerberatungskosten und Rechtsberatungskosten im…“), nicht jedoch Kosten eines anschließenden Einspruchs- oder Klageverfahrens.

Obwohl die Regelung auf den ersten Blick eher wenig streitanfällig wirkt, beschäftigt sie vergleichsweise oft die Gerichte. So stellte der BFH erst 2023 – in Änderung seiner Rechtsprechung – klar, dass die Pauschale auch dann abgezogen werden kann, wenn überhaupt keine der im Gesetz genannten Kosten angefallen sind (BFH v. 1.2.2023 – II R 3/20, DStR 2023, 932). Zentrale Punkte der Norm – wie die Aufteilung der Pauschale, die Handhabung von Fällen mit Auslandsbezug und die Inanspruchnahme von Vermächtnisnehmern – sind bisher höchstrichterlich nicht entschieden. Der BFH wird in einem nun vom FG Niedersachsen entschiedenen Fall (FG Niedersachsen v. 28.6.2023 – 3 K 169/21, BeckRS 2023, 18157) Gelegenheit haben, hierzu Stellung zu nehmen (Rev. anh. BFH II R 25/23).

Konkret ging es in dem Urteil des FG Niedersachsen um ein Vermächtnis i.H.v. 50.000 GBP (umgerechnet 58.000 Euro), welches von der verstorbenen Tante der Klägerin herrührte. Obwohl bei ihr nur Kosten für Porto und eine Beglaubigung (insgesamt 13,20 Euro) angefallen waren (sämtliche andere Kosten trug der Erbe), beantragte sie den Abzug der vollen Pauschale, also 10.300 Euro. Hiermit war das beklagte Finanzamt nicht einverstanden und setzte lediglich einen Betrag von 14 Euro an, welcher den aufgerundeten tatsächlichen Kosten entsprach.

Vor dem FG hatte die Klägerin jedoch nur teilweise Erfolg. Zunächst stellte das Gericht klar, dass nach seiner Auffassung ein Vermächtnisnehmer die Erbfallkostenpauschale generell in Anspruch nehmen kann. Damit wich es von Entscheidungen der FG Nürnberg (Urteil v. 14.5.1998 – IV12897, BeckRS 1998, 30836216) und Köln (Urteil v. 5.1.2000 – 9 K 8042/98, BeckRS 2000, 21013801) ab, die entschieden, dass ein Abzug für den Vermächtnisnehmer nur möglich sei, wenn er durch eine Auflage des Erblassers gezwungen sei, solche Kosten auch zu tragen. Da es im Gesetz keinerlei Anhalt für das Erfordernis einer solchen Kostentragungspflicht durch eine Auflage gibt, musste sich das Gericht mit diesem Streit nicht lange aufhalten.

Diffiziler war dann schon die sich anschließende Frage, in welcher Höhe der Klägerin die Pauschale zusteht. Denn die Pauschale kann grundsätzlich nur pro Erwerbsfall zum Ansatz kommen, so dass bei mehreren Erwerbern (Erben und/oder Vermächtnisnehmer) eine Aufteilung notwendig ist (BeckOK ErbStG/Königer ErbStG § 10 Rn. 261). Denkbar ist hierbei eine Aufteilung nach der Quote des Vermögensanfalls, nach den individuellen Aufwendungen, nach Köpfen oder nach freier Einigung der Erwerber untereinander.

Da eine Einigung zwischen den Erwerbern nicht vorlag und die individuellen Aufwendungen nicht bekannt waren, musste das Gericht auf diese Aufteilungsmöglichkeiten nicht eingehen.

Eine Aufteilung nach Köpfen hielt es – richtigerweise – für nicht sachgerecht. Übrig blieb eine Aufteilung nach der Quote des zugeflossenen Vermögens, was sich auch mit dem aus Art. 3 GG fließenden Leistungsfähigkeitsprinzip am besten vereinbaren lässt.

Die Quotenregelung führt aufgrund des Auslandsbezuges jedoch zu einem Problem, wenn – wie hier – ein großer Teil des Erbes in Deutschland nicht steuerpflichtig ist (da die weiteren Erwerber, ebenso wie die Erblasserin, nicht in Deutschland ansässig waren, siehe Rz. 12 des Urteils). Dann nämlich bleibt ein großer Teil des Pauschbetrages völlig ungenutzt. Das FG Niedersachsen argumentierte, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, einem Erwerber den vollen Pauschbetrag zuzugestehen, wenn ein Teil des Nachlasses in Deutschland nicht steuerpflichtig ist. Anderenfalls ergebe sich eine übermäßige Begünstigung gegenüber dem Fall, dass die weiteren Erwerber der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland unterlägen und ihrerseits einen Anteil am Pauschbetrag in Anspruch nehmen könnten.

Ausgehend von einem Gesamtnachlass i.H.v. 247.605 GBP und einem Anteil der Klägerin i.H.v. 50.000 GBP berechnete das FG den zu berücksichtigenden Pauschbetrag nach der Formel (50.000/247.605) x 10.300 Euro und kam auf ein Ergebnis von 2.080 Euro.

Die Revision ist beim BFH (Az. II R 25/23) anhängig. Unabhängig vom Ausgang bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber den durch das ErbStRG 2009 nicht weiter erhöhten Pauschbetrag gelegentlich nach oben hin anpasst. Dies wäre aufgrund der zwischenzeitlich erhebliche gestiegenen Kosten und der Intention des Gesetzgebers, eine Vereinfachungsregelung zu schaffen, dringend nötig.

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