Generative KI (GenAI) und Softwareverträge - neue Herausforderungen

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 17.06.2024

Eine beträchtliche Anzahl von Softwarelösungen enthält inzwischen GenAI, da die meisten neuen Softwarelösungen in irgendeiner Form über GenAI-Funktionen verfügen. Rechtsberater müssen sich daher mit dem Verhältnis zwischen GenAI und einigen typischen Bestimmungen zum geistigen Eigentum (IP) in Software-Lieferverträgen befassen.

1. IP-Ownership-Bestimmungen

Zusätzlich zu angemessenen Lizenz-/Zugriffsrechtsbestimmungen sollten die Verträge IP-Klauseln enthalten, die klarstellen, welche Partei eigentlich Eigentümerin der IP ist. Dies betrifft:

  • die Software selbst
  • die Daten, die in die Software eingegeben werden
  • den von der Software bereitgestellten Inhalte und
  • alle von der Software gelieferten Ergebnisse.

Da es sich bei dem fraglichen geistigen Eigentum jedoch in der Regel um Urheberrechte bei geistigem Eigentum handelt, das von einer natürlichen oder juristischen Person geschaffen wird, sorgen zahlreiche Gesetze in der Regel für Klarheit hinsichtlich des anfänglichen Eigentums an diesem geistigen Eigentum, wobei dieses Eigentum meist durch eine Vereinbarung geändert oder später übertragen werden kann.

Wenn es um die Nutzung von GenAI geht, kann diese Gewissheit verloren gehen.

Wie bei der Entwicklung der meisten Technologien im Laufe der Jahrzehnte hinkt das Recht im Allgemeinen der Entwicklung von GenAI-Lösungen hinterher: die Gesetzgebung zum Eigentum an geistigem Eigentum in Bezug auf das Eigentum an GenAI-Ergebnissen ist derzeit weltweit unterschiedlich.

In einigen Rechtsordnungen ist Eigentum durchaus möglich (dies wäre wahrscheinlich der Schöpfer der GenAI-Lösung), in anderen wiederum ist das Thema gesetzlich nicht geregelt. In Anbetracht dessen ist es wichtig, dass in Verträgen über die Nutzung von GenAI und ihren Ergebnissen die Eigentumsverhältnisse bzw. die Lizenzierung solcher GenAI-Ergebnisse geregelt werden, um die Vereinbarung der Parteien in Ermangelung eines gesetzlichen Schutzes zu dokumentieren. Leider gibt es keine Einheitslösung. Die Lösung hängt von den Details der spezifischen Transaktion/Softwarelösung ab.

Die Eigentumsstrukturen des geistigen Eigentums in Bezug auf GenAI-Lösungen können komplex sein, aber die wichtigsten Fragen sind:

  • Welche Partei reklamiert die Inputs (die Prompts/Abfragen)
  • Welche Partei reklamiert die Outputs der GenAI
  • Unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - was darf jede Partei mit den Inputs und den Outputs tun (Lizenzrechte?).

2. IP-Entschädigungsbestimmungen (Indemnities)

Eine weitere wichtige Bestimmung für softwarebezogene Lieferverträge ist die IP-Indemnity, die der Anbieter der Softwarelösung gewährt.

Mit dem Aufkommen von GenAI-Lösungen ist die IP-Indemnity ins Rampenlicht gerückt - die Dinge entwickeln sich rasant. Die Aufnahme einer Haftungsfreistellung und deren Umfang hängt von der Lösung ab, die der Anbieter anbietet. Zum Beispiel:

  • Wenn die Ergebnisse auf dem eigenen Sprachmodell (LLM) bzw. den Trainingsdaten des Anbieters beruhen, können die Anbieter eine IP-Haftung für GenAI-Ergebnisse anbieten, die eher einer traditionellen IP-Haftung ähnelt.
  • Wenn die Ergebnisse auf Daten basieren, die vom Kunden bereitgestellt wurden, ist es unwahrscheinlich, dass der Anbieter eine IP-Indemnity anbietet; vielmehr ist es wahrscheinlich, dass der Anbieter vom Kunden eine Entschädigung für Verletzungen des geistigen Eigentums verlangt, die aus den Daten des Kunden resultieren.
  • Wenn die Lösung auf der LLM eines Drittanbieters basiert, werden die Anbieter möglicherweise versuchen, sich gegen eine IP-Entschädigung für die GenAI-Ausgabe zu wehren oder andernfalls nur das anbieten, was mit dem Drittanbieter abgesichert werden kann.

Mit zunehmender Reife der GenAI-Technologie und der Gesetzgebung/Regulierung dieser Technologie werden Haftungsfreistellungen immer üblicher, da die Risiken genauer eingeschätzt werden können. Im Moment gibt es jedoch wenig Konsistenz, da die Anbieter aufgrund des Designs ihrer Lösung und der Art der Transaktion oft nur einen begrenzten Schutz für ihre Kunden anbieten können.

Selbst wenn für GenAI-Outputs Entschädigungsleistungen für geistiges Eigentum angeboten werden, können diese mit umfangreichen Ausnahmen und Haftungsbeschränkungen/-ausschlüssen verbunden sein.  Dafür ist ein Verständnis erforderlich, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Partei im Falle einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann. Die Parteien sollten auch überlegen, ob die Lösung/Outputs zwischen GenAI und Nicht-GenAI aufgeteilt werden können. Wenn dies möglich ist, könnte auch die IP-Entschädigung aufgeteilt werden.

 

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2 Kommentare

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In der neuen KI-VO steht abgesehen von engen Transparenzpflichten so gut nichts zu IP Rights. Ausnahme Art. 52, Abs  6. The Commission shall ensure that a list of general-purpose AI models with systemic risk is published and shall keep that list up to date, without prejudice to the need to observe and protect intellectual property rights and confidential business information or trade secrets in accordance with Union and national law.

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Zu denken für GenAI ist auch an die Transparenzpflicht nach Art. 53 Abs.1 lit b KI-VO: 

"(b) draw up, keep up-to-date and make available information and documentation to
providers of AI systems who intend to integrate the general-purpose AI model into
their AI systems. Without prejudice to the need to observe and protect intellectual
property rights and confidential business information or trade secrets in
accordance with Union and national law (sic!), the information and documentation
shall:
(i) enable providers of AI systems to have a good understanding of the
capabilities and limitations of the general-purpose AI model and to comply
with their obligations pursuant to this Regulation; and

(ii) contain, at a minimum, the elements set out in Annex XII;

(c) put in place a policy to comply with Union law on copyright and related rights, and
in particular to identify and comply with, including through state-of-the-art
technologies, a reservation of rights expressed pursuant to Article 4(3) of Directive
(EU) 2019/790;

... aber das hat nichts mit der o.g. vertraglichen Haftungsvereinbarung /IP Ownership zu tun. Oder vielleicht doch?

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