Gastbeitrag Philipp Keller: Equal Play, Equal Pay - Zur Entgeltgleichheit im deutschen Profifußball

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.05.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|4697 Aufrufe

Der nachfolgende Beitrag meines Mitarbeiters, Herrn Philipp Keller, ist gleichsam ein Teaser für einen demnächst in der NZA  erscheinenden Beitrag aus seiner Feder. Er dürfte für lebhafte Diskussionen sorgen:

"In zwei Wochen beginnt die Fußball-Europameisterschaft der Herren 2024 in Deutschland. Vom 14. Juni bis zum 14. Juli rollt der Ball in 18 Städten und Stadien. Sollten Deniz Undav, Florian Wirtz und Co. das Finale in Berlin bestreiten, winkt ihnen nicht nur der EM-Titel im eigenen Land, sondern auch eine erhebliche Prämienzahlung vom DFB. Die genauen Prämien für die deutschen Nationalspieler sind zwar noch nicht bekannt, aber bei einem EM-Sieg 2021 hätten sie jeweils 400.000 Euro vom DFB erhalten (https://www.kicker.de/die-uefa-praemien-fuer-die-em-2024-982376/artikel). Dagegen hätten die Spielerinnen der deutschen Frauen-Nationalmannschaft um Kapitänin Alexandra Popp für einen EM-Sieg 2022 in London nur jeweils 60.000 Euro vom Verband bekommen (https://www.dfb.de/news/detail/dfb-frauen-rekordpraemie-bei-em-sieg-240671/). Auf Klubebene ist die Diskrepanz zwischen den Gehältern der Profispielerinnen und -spieler oft noch gravierender. Eine Umfrage der Sportschau aus dem Jahr 2023 ergab, dass viele Spielerinnen der Frauen-Fußballbundesligen von ihren Klubs weniger als 500 Euro brutto im Monat erhalten (https://www.sportschau.de/fussball/fussball-frauen-gehalt-mindestlohn-bundesliga-zweite-liga-100.html).   

Dabei wird nach h.M. bei professionellen Fußballerinnen und Fußballern davon ausgegangen, dass diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihrer Klubs bzw. ihres Verbandes sind (BAG 25.4.2013 – 8 AZR 453, NZA 2013, 1206; Reiter/Gerlach SpurRt, 2023, 271). Dies zieht weitreichende Konsequenzen nach sich. So bildet folgerichtig der Mindestlohn eine erste Lohnuntergrenze für Profispielerinnen und –spieler. Neben dem Mindestlohngesetz lohnt sich aber auch ein Blick in das Entgelttransparenzgesetz. Das Entgelttransparenzgesetz ist am 6. Juli 2017 in Kraft getreten und basiert auf der sog. Gleichbehandlungs-Richtlinie (RL 2006/54/EG). Im Juni 2023 ist die neue Entgelttransparenz-Richtlinie (EU) 2023/970 in Kraft getreten. Diese muss vom Gesetzgeber bis zum 7. Juni 2026 umgesetzt werden und bringt einige Verschärfungen des Entgelttransparenzgesetzes mit sich (vgl. dazu Rolfs/Lex NZA 2023, 1353).

Ziel des Gesetzes ist es, das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen, § 1 EntgTranspG. Dazu dient zunächst der individuelle Auskunftsanspruch nach § 10 Abs. 1 S. 1 EntgTranspG zum durchschnittlichen Bruttoentgelt einer Vergleichstätigkeit für Beschäftigte in Betrieben und Dienststellen mit mehr als 200 Beschäftigten. Nach der Rechtsprechung des BAG ergibt sich aus § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG zudem ein Anspruch auf gleiches Entgelt, wenn beispielsweise Arbeitnehmerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger Entgelt erhalten. Dieser Anspruch birgt erhebliche Sprengkraft für Vereine, die sowohl eine Herren- als auch eine Damenmannschaft im Profibereich unterhalten, wie beispielsweise der FC Bayern München oder der SC Freiburg. Bejaht man, dass Spielerinnen und Spieler gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, ergibt sich daraus für die betroffenen Spielerinnen ein Anspruch auf gleiches Entgelt nach § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG. Die Rechtsfolge einer Entgeltdiskriminierung ist nach überwiegender Ansicht eine „Anpassung nach oben“. Der Anspruch besteht dann in Höhe des Gesamtbruttos des Vergleichsentgelts abzüglich des bereits erhaltenen Entgelts (BeckOK ArbR/Roloff, 71. Ed. 1.3.2024, EntgTranspG § 7 Rn. 1).

Die Frage, ob Giulia Gwinn und ihre Mitspielerinnen im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten wie ihre männlichen Kollegen im Klub oder in der Nationalmannschaft und welche Folgen sich daraus ergeben, haben Ref. iur. Nick Petersen und ich im demnächst in der NZA erscheinenden Beitrag „Equal Play, Equal Pay - Zur Entgeltgleichheit im deutschen Profifußball“ ausführlich erläutert."

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2 Kommentare

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 Ich bin überzeugt davon, dass jede der Damen auch den gleichen Lohn erhält wie die Herren - sobald sie eben auch in der "richtigen" Fußball-Liga bzw. EM spielen. Weil sie aber nicht die gleiche Leistung erbringen bzw. erbringen können wie die Herren, so hat man eben eine abgespeckte Meisterschaft eingeführt. Mit weniger Zuschauer-Interesse, weniger Härte, weniger Geld. Nur bei gleicher Leistung gibt es gleiches Geld - vielleicht kann ja mal eine Dame bei den Herren mithalten.

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Das Kriterium der Gleichheit/Gleichwertigkeit ist sicherlich die spannendste Frage.

Denn man könnte durchaus auch fragen, weswegen die Spieler der 1. Mannschaft die Vergleichsgruppe bilden sollen und nicht die der 2. Mannschaft (sofern vorhanden). Davon unabhängig scheint es immer noch recht unsicher zu sein, welche Faktoren nun Bewertungsfaktoren für eine Gleichheit/Gleichwertigkeit darstellen. Im Übrigen müsste man sich auch zum Rechtfertigungskriterium des Verhandlungsgeschicks, welchem ja erst vor Kurzem eine Absage erteilt würde, ernsthaft und vertieft verhalten.

Was mich noch interessieren würde, ist, ob der Anspruch aus 3,7 EntgTranspG bzw. Art. 157 AEUV auch dann anwendbar wäre, wenn die die Lizenzmannschaften der Frauen und Männer auf verschiedene Rechtspersönlichkeiten verteilt sind (also bspw. die Frauen weiterhin beim e.V., die Männer in einer wie auch immer gearteten Kapitalgesellschaft).

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