Der angebliche Tod des KZ-Arzts Aribert Heim gibt einige aufzuklärende Rätsel auf

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 06.02.2009

Der meistgesuchte NS-Straftäter Aribert Heim soll nach Recherchen von ZDF und "New York Times" sich fast 30 Jahre in Kairo versteckt gehalten und dort 1992 in einem Hotel verstorben sein. Sein Sohn Rüdiger sagte dem ZDF, Mitte der 70er-Jahre habe er seinen Vater zum ersten Mal in Ägypten besucht und nach einer Krebsoperation den "nicht heilbar" Kranken Anfang 1990 mehrere Monate gepflegt, bevor sein Vater 1992 verstorben sei.

Jetzt wollen deutsche Fahnder nach der Leiche des NS-Massenmörders suchen und mit den ägyptischen Behörden identifizieren. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum kommentierte die Berichte zurückhaltend. Noch im vergangenen August hatte das Wiesenthal-Zentrum mitgeteilt, man sei Heim  auf der Spur; es gbe Hinweise, dass er sich in der Nähe seiner Tochter in Chile oder Argentinien lebe.

Bislang gibt es kein Grab, keine Leiche und keine DNA-Nachweise, aber ein Bankkonto mit ca. 1,2 Millionen €. Im Interesse der Opfer wie der Heim angelasteten sadistischen Verbrechen, darf es nicht bei Vermutungen bleiben. Den vorliegenden Informationen ist auf den Grund zu gehen! Noch ist nicht auszuschließen, dass bewusst eine falsche Fährte gelegt wurde, damit "Dr. Tod" seinen Lebensabend in Ruhe verbringen kann. Oder geht es um sein Vermögen?

Der 1914 geborene NS-Mörder war Mitglied der Waffen-SS und im Konzentrationslager Mauthausen in Österreich als "Dr. Tod" berüchtigt. 1941 soll er zahlreiche jüdische Häftlinge mit Injektionen ins Herz getötet und gefoltert haben.

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Aus Wikipedia:

"1979 wurde Heim von der Spruchkammer in Berlin zu einer Geldstrafe von 510.000 DM verurteilt, da er durch die Morde im KZ Mauthausen die Herrschaft des Nationalsozialismus in besonderer Weise gefördert habe. Die Verurteilung erfolgte nach dem nur in Berlin aufgrund der damals de facto fortbestehenden Alliierten Kontrollratshoheit gültigen Zweiten Gesetz zum Abschluss der Entnazifizierung. Zur Begleichung der Geldstrafe wurde ein Wohnhaus im Berliner Stadtteil Moabit zwangsversteigert, das sich seit 1958 im Eigentum Heims befunden hatte und dessen Mieteinnahmen bislang dem Flüchtigen zugeflossen waren."

http://de.wikipedia.org/wiki/Aribert_Heim

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Zur von Herrn Rechtsanwalt Hoenig aufgeworfenen Frage schreibt Matthias Armborst, AP (abgedruckt im Straubinger Tagblatt 6.2.2009 S. 3):

"Später arbeitete er als Arzt in Süddeutschland. Als Anklage gegen ihn erhoben wurde, tauchte er unter."

Weiter heisst es: "Bereits 1965 und 1967, so das LKA (Anm.:der Artikel schreibt nicht welches), seien Hinweise aufgetaucht, wonach Heim in Ägypten tätig gewesen sei. Prüfungen hätten dies aber nicht bestätigt. Bis zuletzt waren das Wiesental-Zentrum und LKA-Zielfahnder davon ausgegangen, dass Heim sich in Südamerika versteckt hält."

Meines Erachtens müsste "Ludwigsburg" an dem Verfahren dran sein. Vielleicht kann von dort aus eine Klärung der Frage erfolgen.

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Rüdiger Heim sollte gezwungen werden können vor einem weltlichen Gericht als Zeuge auszusagen.
Das gehört konkret und so schnell wie möglich vor einen europäischen oder internationalen Gerichtshof.
Auch wenn seine Geschichte stimmt, ist dies derart unglaublich, wie er sich verhalten hat, dass er mindestens für Strafvereitelung als Zeuge zu ehrlichen Aussagen zu zwingen ist.
Unsere Generation, in den Jahren nach dem Krieg des deutschen Faschismus geboren, ähnlich alt wie Rüdiger Heim, hat konkret und individuell jeweils ihr Päckchen zu tragen und geht sehr unterschiedlich damit um. Das was Rüdiger Heim über den Tod seines Vater und die späte öffentliche Äußerung macht, verletzt jegliche Torleranzgrenzen.
Der Sohn gehört in Beugehaft, bis er glaubwürdig das Maul aufmacht.
Oder er gehört in eine analytische Therapie.
Es ist unerträglich, was dieser Mann sagt, und es ist unerträglich, dass die an der Recherche beteiligten Journalisten/Sender behaupten, aufgeklärt zu haben.

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Sehr geehrte Frau Zickmann,

wie Sie bin ich der Meinung, dass dringender Aufklärungsbedarf besteht. Sie gestatten mir hoffentlich aus juristischer Sicht folgende Anmerkungen zu Ihrer Zuschrift:

Wie Sie bin der Meinung, Rüdiger Heim sollte, falls noch nicht geschehen, alsbald als Zeuge vor einem deutschen Ermittlungsrichter zu seinem Wissen vernommen werden. Als Sohn des Beschuldigten ist er aber nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO (aus naheliegenden Gründen) nicht verpflichtet auszusagen; Beugehaft scheidet also aus.

Auf europäischer Ebene gibt es kein Gericht mit Strafgewalt. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ist (u.a. bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit) nur zuständig, wenn das Verbrechen nach dem 1.7.2002 begangen wurde. Gefordert ist also die deutsche Strafjustiz. Die Rechtslage in Österreich ist mir momentan nicht bekannt; ich könnte mir aber vorstellen, dass im Nachbarland alle Delikte - Mord eingeschlossen - der Verjährung unterliegen. Gerade mit Blick auf unsere Vergangenheit verjährt Mord in Deutschland gemäß § 78 Abs. 2 StGB nicht. Wir haben zwar im Zusammenhang mit der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs als erste in Deutschland ein Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) bekommen, dessen Taten nach § 5 VStGB nicht verjähren. Jedoch ist dieses Gesetz erst am 30.6.2002 in Kraft getreten. Nach Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB kann eine Tat jedoch nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde (nulla poena sine lege).

Den Fall werde ich weiter in den Medien beobachten und über neuere Entwicklungen hier berichten.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Die Recherche des ZDF und der "New York Times" düpiert die Ermittlungsbehörden, schreibt die FAZ heute (S.33). Der ZDF-Film "Most wanted Nazi" verwies darauf, dass in den fünfziger Jahren ein österreichisches Auslieferungsverfahren an der Untätigkeit deutscher Behörden gescheitert sei. Erst im September 1962 sei die Polizei tätig geworden und habe versucht, einen österreichischen Haftbefehl zu vollstrecken. Doch Heim war offenbar gewarnt worden und verschwand kurz vor der geplanten Festnahme.

Der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums Efraim Zuroff machte in der "Wiener Zeitung" Österreich den Vorwurf, "in dieser Causa so gut wie völlig untätig geblieben" zu sein. Das Wiener Justizministerium wies die Kritik zurück: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sei in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Linz tätig; man habe Kontakt zum Landeskriminalamt Baden-Württemberg und über Interpol zu Ägypten aufgenommen.

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Dieses 2 stündige ZDF-Interview mit Rüdiger Heim hat mir das Blut in den Adern stocken lassen.
Wie konnte ein über die NS-Verbrechen doch offensichtlich aufgeklärter (wenn auch Mitte der 70er Jahre noch jugendlicher) Mensch bewußt verhindern, daß ein international gesuchter Massenmörder ("Dr. Tod") - wenngleich sein Vater - gefaßt werden konnte ? Wie kann sich dieser Mann, heute Mitte 50, noch immer darauf versteifen, daß "nichts bewiesen sei"...? Der Holocaust-Leugner sitzt offenbar mitten unter uns...Als Biedermann mit reinem Gewissen...
Was will er denn mit seiner großzügigen Vermögensspende aufklären lassen ? Daß sein Vater und andere NS-Verbrecher unschuldig waren ?
Hat dieser Rüdiger Heim sich nie wirklich auseinandergesetzt mit seinen fatalen verwandtschaftlichen bzw. familiären Verhältnissen ? Ist er nie zu einem eigenständigen objektiven Urteil gekommen, er, der ständig den Begriff "objektiv" benutzt ?
Konnte sich der Sohn wirklich nie seinem Mördervater entziehen ?
Warum schützt dieser Sohn, der überdies ein kleiner Junge war, als er den Vater "verlor", diesen Mann bis zu seinem Tod und geht auch danach nicht mit sich selbst ins Gericht bzw. an die Öffentlichkeit ? Wie ewig gestrig, verblendet und selbstgerecht anmaßend muß dieser Heim jr. sein, daß er seinerseits dem Rechtsstaat Konsequenzen für dessen ja offensichtlich gerechtfertigte Beobachtungsmaßnahmen androht ???
Unerträglich, wie er vor Selbstmitleid strotzt, sein soziales Vakuum beklagt ! Rufen die "Freunde" wirklich deshalb nicht mehr an, weil sie anderntags nicht in der "Bildzeitung" erscheinen wollen, Herr Heim???
Ich wünschte, daß viele Menschen sich dieses ungeheuerliche Dokument einer gewissenlosen Verdrängung und Amoral anschauen und sich ihr eigenes Urteil über Schuld und Verantwortung des Einzelnen in der Gesellschaft bilden mögen. Nicht allein historischer, sondern auch gegenwärtiger und zukünftiger Verantwortung geschuldet.
Vermutlich wird man Rüdiger Heim nicht einmal wegen der Vereitelung der Ergreifung eines Mörders, der mit Haftbefehl gesucht wurde, juristisch belangen können...
Und wahrscheinlich hat er selbst gar nicht bemerkt, in welch menschlichen Abgrund er seine Zuhörer und Zuschauer dank der klugen Fragestellung der beiden Journalisten hat blicken lassen !

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Sehr geehrte Frau Zickmann, sehr geehrte Frau Dr. Hermsdorf,

zunächst zum Juristischen: Kein "Normalbürger" ist strafrechtlich verpflichtet, einen flüchtigen Straftäter anzuzeigen, strafbar ist nur die aktive Strafvereitelung, die hier - dem Film zufolge - wohl nicht vorlag. Der Sohn wäre außerdem als Angehöriger selbst dann nicht wegen Strafvereitelung strafbar, wenn er aktiv geholfen hätte (§ 258 Abs. 6 StGB) - eine wichtige und richtige Ausnahme, denn wenn es auch als gesellschaftliche und moralische Pflicht erscheinen mag, einem Straftäter nicht zu helfen, gerät doch ein Angehöriger in solchen Fällen eine erhebliche Konfliktlage, auf die der Gesetzgeber hier Rücksicht genommen hat. Wie schon Herr v. Heinstchel-Heinegg ausgeführt hat, führt das aus demselben Grund gegebene Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen (§ 52 StPO) auch prozessrechtlich dazu, dass der Sohn nicht gegen seinen Vater hätte aussagen müssen bzw. müsste (falls er noch lebt).

Aus Ihrer Empörung spricht aber vor allem ein moralischer Vorwurf an den Sohn von Heim. Ehrlich gesagt musste ich (ich habe den Film auch gesehen) erst einmal nachdenken, wie Sie auf Ihre starken Bewertungen kommen: "jegliche Toleranzgrenzen verletzend", "unerträglich", "gewissenlose Verdrängung", "Amoral" "menschlicher Abgrund" usw. Für mich scheint es so, als projizierten Sie Ihre Empörung über die Taten des Vaters auf den Sohn, anders kann ich mir das kaum erklären. Im Ergebnis wäre dies eine Art Sippenhaft, die glücklicherweise seit dem Ende des NS-Regimes in Deutschland keinen Platz mehr hat.
Soweit ich weiß gibt keine moralischen Standards für die Kinder von NS-Mördern, nach denen sie verpflichtet wären, diese anzuzeigen bzw. zu verraten. Deshalb kann auch von der Verletzung von Toleranzgrenzen kaum die Rede sein. Aribert Heim hat in Ägypten keine weiteren Taten mehr begehen können und auch wenn die rechtzeitige Strafverfolgung und eine Bestrafung des Aribert Heim nur allzu wünschenswert gewesen wäre, kann der Vorwurf, dass der Vater nicht entdeckt und bestraft wurde, doch nicht dem Sohn gemacht werden. Vorwürfe sind allerdings an die deutschen Behörden zu richten, die sich offenbar (jedenfalls in den 50er Jahren) keinerlei Mühe gaben, den NS-Täter zu verfolgen; wahrscheinlich hatte man damals mit der Verfolgung von Kommunisten zu viel zu tun.
Unerträglich fände ich es auch, wenn der Sohn den Vater immer noch versteckt hielte und das ZDF instrumentalisiert hätte für ein Lügenmärchen über dessen Tod. Aber hierfür gibt es ja bisher keine Anhaltspunkte.

Dem Sohn vorzuwerfen (wie es Frau Dr. Hermsdorf formuliert) er leugne den Holocaust, weil er die Frage der Täterschaft seines Vaters als noch unbeantwortet dargestellt hat, erscheint mir zudem abwegig.
Wenn es Ihnen aber um den Tropfen Selbstmitleid geht("Unerträglich, wie er vor Selbstmitleid strotzt, sein soziales Vakuum beklagt!"), der in Rüdiger Heims Worten anklang, dann empfinde ich Ihre Äußerungen dazu als überzogen und selbstgerecht.

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Wenn man die Sendung gesehen hat (25.02 im ZDF Info Kanal), fragt man sich warum die Ermittler keine Spur zu Aribert Heim fanden.
Sicher man kann schon aus rein finanziellen Gründen den Sohn nicht von 1962 bis heute permanent durch Detektive / Beamte beschatten lassen, um über die Reisetätigkeit Rückschlüsse ziehen zu können.

Aber die Zahlungen von Aribert Heims Schwester aus dessen Wohneigentum, die angeblich bis 1979 an ihn erfolgt sind, hätten doch einen Hinweis geben können.

War es rechtlich nicht möglich diese Zahlungsströme aufzudecken und herauszufinden an wen und vor allem wohin diese Gelder flossen?
Natürlich gibt und gab es ein Bankgeheimnis. Aber wie schaut das bei dringendem Tatverdacht aus ?

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Was ich nicht verstehe ist, dass wenn R. Heim vorgibt beim Tod seines Vaters dabei gewesen zu sein, warum hat dann das Hotel die Aktentasche 16 Jahre bei sich aufbewahrt.

Wie Herr Zuroff schon sagt, entweder hat er jetzt oder bei Recherchen des ARD Teams die Unwahrheit gesagt.

Ich glaube dass Aribert Heim noch unentdeckt lebt.

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ca 1986 bis 1988 glaubte man er lebt nicht lang (mutmaßlich diagnose) 1992 ist er nicht verstorben, da wurde auch Rüdiger geleimt. ca 2011 glaube ich ist er wirklich gestorben, oder man glaubte, daß der Antrag auf Toderklärung durchgeht.

Sommer 2012 wurde er mutmaßlich für tod erklärt.  Ende 2016 fanden die Seelen endlich Frieden.

 

 

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