Volkstümliche Irrtümer im Familienrecht XIV

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 15.07.2011

Ich habe mich in einer Jugendamtsurkunde zu Unterhaltszahlungen an mein minderjähriges Kind verpflichtet.

Mit der Volljährigkeit des Kindes kann ich die Zahlungen automatisch einstellen, die Wirkung des Titels entfällt automatisch mit der Volljährigkeit.

Falsch!

Da Kindesunterhalt für minderjährige und volljährige Kinder identisch ist, gilt der Titel fort (vgl auch § 244 FamFG).

Der Unterhaltsschuldner muss also einen Abänderungsantrag stellen. In einem solchen Verfahren muss der Unterhaltsberechtigte darlegen und beweisen, dass der Unterhaltsanspruch fortbesteht. Dazu gehört insbesondere der schlüssige Vortrag, welcher Haftungsanteil auf den antragstellenden Elternteil entfällt, demgemäß muss das Kind zum Einkommen des anderen Elternteils vortragen

 

OLG Bremen v. 29.06.2011 - 4 WF 51/11 = BeckRS 2011, 17856 

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4 Kommentare

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Da haben Sie etwas missverstanden, Herr Untermann.

Unterhalt für Kinder (gleich ob minder- oder volljährig) ist von seiner Rechtsnatur her identisch, wenngleich hinsichtlich Voraussetzungen und Höhe natürlich Unterschiede bestehen.

Nicht identisch sind hingegen z.B. Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt. Mit Rechtskraft der Scheidung endet der Anspruch auf Trennungsunterhalt automatisch. Versucht der Gläubiger nach Rechtskraft der Scheidung noch (laufenden) Trennungsunterhalt zu vollstrecken, so kann sich der Schuldner dagegen nicht mit einem Abänderungsantrag, sondern mit einem Antrag nach § 767 ZPO wehren.

Die Identität von Minderjährigen- und Voljährigenunterhalts lässt sich sowohl qualitativ als auch quantitativ nur mit maximaler juristischer rabulistik herbei reden.

 

Das lässt sich nur damit begründen, dass die Justizministern das Ziel verkündet hat, soviel Unterhalt wie möglich, bei minimalem Aufwand für den Berechtigten durchzusetzen und dafür den Auftrag erteilt hat, sich irgendetwas aus den Fingern zu saugen um diesem Blödsinn einen minmalen Anschein von juristischer Rechtfertigung zu verleihen.

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Sehr geehrter Herr Burschel,

ich glaube, dass es darauf ankommt, wie der Titel ausgestaltet ist. Wenn die Jugendamtsurkunde nur bis zum 18. Lebensjahr gilt, ist weiterer Unterhalt im Titel nicht aufgenommen, also nicht tituliert. Dies ist dann auch nicht auslegungsfähig. Die Unterhaltspflicht aufgrund des Titels endet schlicht mit Erreichen des 18. Lebensjahr des Berechtigten. Mit der Rechtsnatur des Unterhaltsanspruchs hat dies nichts zu tun.

Weiter vollstreckbar sind dagegen alle Kindesunterhaltstitel, die nicht ausdrücklich bis zum 18. Lebensjahr beschränkt sind.

@Untermann

Nach § 1601 BGB gibt es nur Verwandtenunterhalt. Minderjährigen- und Volljährigen- und auch Elternunterhalt haben dieselbe Rechtsnatur.

Minderjährigen- und Volljährigenunterhalt unterscheiden sich nur beträchtlich bei der Erwerbsobliegenheit und Leistungsfähigkeit.

Schönes Wochenende

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Rechtsanwalt Stefan Braßel schrieb:

Wenn die Jugendamtsurkunde nur bis zum 18. Lebensjahr gilt, ist weiterer Unterhalt im Titel nicht aufgenommen, also nicht tituliert. Dies ist dann auch nicht auslegungsfähig. Die Unterhaltspflicht aufgrund des Titels endet schlicht mit Erreichen des 18. Lebensjahr des Berechtigten. 

 

Lieber Herr Braßel,

das ist richtig.

Aber: das Kind muss sich nicht auf einen solchen befristeten Titel einlassen. Es hat einen Anspruch auf einen unbefristeten Titel.

 

Ebenfalls schönes WE

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