BVerwG: Neuregelung über Einstellungsaltersgrenze für Beamte in NRW ist verfassungs- und unionsgemäß

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.01.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|4845 Aufrufe

Schon im Oktober des vergangenen Jahres hatte das BVerwG (11.10.2016 - 2 C 11.15) eine wichtige Grundsatzentscheidung zu Einstellungsaltersgrenzen bei der Verbeamtung getroffen, über die an dieser Stelle bislang nicht berichtet worden ist. Auch derzeit liegt lediglich die Pressemitteilung vor. Das Urteil ist angesichts des betroffenen Verbots der Altersdiskriminierung auch für Arbeitsrechtlicher interessant.

Der Fall hat eine längere Vorgeschichte und hatte bereits das BVerfG beschäftigt. Der 1963 geborene Kläger ist seit 2004 bei dem beklagten Land NRW als tarifbeschäftigter Lehrer an einem Berufskolleg tätig. 2007 bestand er die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt. 2009 stellte er einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dieser wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Kläger die für die Ernennung zum Beamten nach der Laufbahnverordnung geltende Altersgrenze von 40 Jahren bereits überschritten habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte bis zum Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Vorschrift der Laufbahnverordnung des beklagten Landes im Verfahren des Klägers für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen (Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - BVerfGE 139, 19 = NVwZ 2015, 1279). Eine für die Grundrechte der Betroffenen so bedeutende Regelung sei nicht in einer Verordnung, sondern nur in einem Gesetz zu treffen.

Das beklagte Land hat mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eine gesetzliche Altersgrenze von 42 Jahren festgelegt und dazu umfangreiche Ausnahmeregelungen getroffen. Auf dieser Grundlage hatte das Bundesverwaltungsgericht über das Verbeamtungsbegehren zu entscheiden. Es hat die Revision des Klägers (erneut) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Neuregelung sei verfassungsgemäß. Sie stelle zwar einen Eingriff in die Grundrechte des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie sei jedoch vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat. Aus demselben Grund liege auch kein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) vor. In diesem Punkt darf man auf die Entscheidungsgründe besonders gespannt sein, drängt sich doch die Frage auf, ob hier nicht eine Vorlage an den EuGH hätte erfolgen müssen.

Im Falle des Klägers musste der Beklagte nach Ansicht des BVerwerG auch keine Ausnahme von der Altersgrenze zulassen. Insbesondere könner sich der Kläger nicht auf § 14 Abs. 10 Nr. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW) berufen, weil diese Norm dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse ermögliche, Ausnahmen vorzusehen, wenn er nämlich ein erhebliches dienstliches Interesse habe, den Bewerber zu gewinnen oder zu behalten. Ein subjektives Recht des Bewerbers enthalte diese Vorschrift nicht.

Schließlich habe für den Dienstherrn auch kein Anlass für eine Billigkeitsausnahme nach § 14 Abs. 10 Nr. 2 LBG NRW bestanden. Durch die Unvereinbarkeitserklärung habe das Bundesverfassungsgericht dem beklagten Land die Möglichkeit eingeräumt, auch für Altfälle eine neue, verfassungsgemäße gesetzliche Regelung zu treffen. Das in der Ausnahmevorschrift enthaltene Ermessen habe das beklagte Land in vertretbarer Weise ausgeübt.

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2 Kommentare

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Die jeweiligen Argumentationen bezüglich Altersgrenzen für Beamte bei der Einstellung hinkt völlig. Regelmäßig wird argumentiert, daß eine Benachteiligung deswegen gerechtfertigt sei, weil dann die Dienstzeit in einem angemessenen Verhältnis zur vom Staat alimentierten Ruhenszeit stehen müsse.

 

Dieser Gesichtspunkt könnte ganz einfach dadurch umgangen werden, indem eben ein später ins Beamtenverhältnis eintretender Bewerber auch anteilig weniger Ruhegeld erhält. Insoweit gäbe es also ein milderes Mittel, um die Altersdiskriminierung zu verhindern.

 

Diese Rechtsprechung erweckt vielmehr den Anschein, als ob der Staat in der Gestalt der Verwaltungsgerichte sich selbst einfach den "status quo" beibehalten möchte und eine zumindest empfundene Bevormundung durch den EuGH verhindern will.

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Das das Ruhegeld darf aber einen gewissen Mindestbetrag nicht unterschreiten, um dem Versorgungsprinzip gerecht zu werden. Ich weiß nicht, ob das bei einer Skalierung ab bspw. 43 Jahren bereits unterschritten wäre. Aber jedenfalls kann man nicht grenzenlos nach unten gehen.

Gegen das Versorgungsprinzip kann man natürlich auch wieder anwettern, aber wenn man am Beamtentum überhaupt festhalten will - was ja mindestens bei dem gegeben ist, der die Verbeamtung anstrebt -, muss man sich diesen Aspekt entgegenhalten lassen.

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