Arbeitsgerichtsbarkeit hat Nachwuchssorgen

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 21.05.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3335 Aufrufe

Es mehren sich die Meldungen, dass die Justiz zunehmend Schwierigkeiten hat, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen. In der Folge werden die Eingangsvoraussetzungen abgesenkt (Herabsetzung der Mindestpunktzahl in den Examina) oder es bleiben Stellen schlicht unbesetzt. Auch die Arbeitsgerichtsbarkeit bleibt von dieser Entwicklung offenbar nicht verschont. Eine dpa-Meldung lässt aufhorchen: Den Arbeitsgerichten, vor allem im Osten, drohe nach Einschätzung von Experten ein massiver Richtermangel. Das könne sich dramatisch auf die Laufzeiten der Prozesse auswirken, wenn nicht wirksame Gegenmaßnahmen getroffen würden. Mit diesen Worten wird Alfried Kampen, Präsident des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, vor der am 21.05.2017 beginnenden 79. Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesarbeitsgerichte in Rostock zitiert.

Zusammen mit der Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, sollen Wege gefunden, wie das vor allem ab 2025 immer größer werdende Problem behoben werden kann. Derzeit gäbe es in Deutschland rund 950 Arbeitsrichter. Zwischen 2025 und 2032 würden den Berechnungen zufolge in Ostdeutschland von den dort 260 Richtern mehr als 50% ausscheiden. Das Problem sei stärker als in Westdeutschland. Dies liege daran, dass im Osten nach der Wende viele Richter in einem sehr begrenzten Zeitraum neu eingestellt worden seien. Allerdings stünden auch im Westen die geburtenstarken Jahrgänge vor ihrer Pensionierung.

Die Lage sei deshalb so brisant, weil es in diesen Prozessen auf eine schnelle Einigung ankommt. Es könne nicht nur für Arbeitnehmer schlimme Folgen haben, wenn sie über lange Zeit im Unklaren blieben. Bei Arbeitgebern drohe das Verzugslohnrisiko.

Anzumerken bleibt, dass sich der Eingang bei den Arbeitsgerichten konjunkturbedingten Schwankungen ausgesetzt sieht, man mithin immer auch einen konjunkturellen Abschwung oder gar eine Wirtschaftskrise einkalkulieren muss, die eine personell ausgedünnte Arbeitsgerichtsbarkeit zu meistern kaum in der Lage wäre. Und sicherlich wird man auch über die Anhebung der Eingangsbesoldung (R1) nachzudenken haben.

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