LAG Hessen: Schiedsrichter sind keine Arbeitnehmer

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 19.03.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|4095 Aufrufe

Die in den Fußball-Profi-Ligen eingesetzten Schiedsrichter gehen derzeit in der Regel einem Hauptberuf nach. Die Leitung von Fußballspielen erfolgt mithin gleichsam in Ausübung einer Nebentätigkeit. Die seit geraumer Zeit diskutierte Frage geht dahin, ob sie bei dieser Tätigkeit in den Diensten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Nein – entschied jetzt das Hess. LAG (Urteil vom 15.03.2018 - 9 Sa 1399/16, PM 3/2018). Geklagt hatte der Schiedsrichter und promovierte Jurist Malte Dittrich. Dieser stand zuletzt in der Spielzeit 2014/2015 auf der sog. Schiedsrichter-Liste des DFB. Darin benennt der Schiedsrichterausschuss diejenigen Schiedsrichter (einschließlich der Assistenten und des 4. Offiziellen), die für die Spielleitung in den Lizenzligen (1. und 2. Bundesliga), in der 3. Liga und im DFB-Pokal als geeignet angesehen werden. Der deswegen für die Spielzeit 2014/2015 abgeschlossene befristete Vertrag zwischen dem DFB und dem Schiedsrichter über die Grundlagen der Schiedsrichtereinsätze war durch den DFB nicht mehr für die nächste Saison erneuert worden. Der letzte Einsatz des klagenden Schiedsrichters hatte Ende Mai 2015 in der 3. Liga stattgefunden. Dr. Dittrich hatte zunächst erfolglos vor dem ArbG Frankfurt am Main geklagt, um weiter bei Spielen pfeifen zu können, die nur durch Schiedsrichter der Liste geleitet werden. Auch im Berufungsverfahren machte er geltend, er sei in den Saisons bis Sommer 2015 wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden zu bestimmten Spielen nach einem Dienstplan eingesetzt worden, gebunden durch fachliche und inhaltliche Weisungen. Da er über die Dauer von insgesamt 9 Spielzeiten herangezogen wurde, habe der DFB seinen Vertrag nicht mehr befristen dürfen. Der Vertrag gelte deshalb fort, er müsse weiter im Profi-Bereich eingesetzt werden.

Das Hess. LAG urteilte jetzt, dass der für eine Spielzeit geschlossene Vertrag kein Arbeitsvertrag sei, sondern nur eine Rahmenvereinbarung. Diese Rahmenvereinbarung regele die Bedingungen der – erst im Laufe der Saison – abgeschlossenen Einzelverträge für die Leitung der jeweiligen Spiele. Die Vereinbarung sehe keine Verpflichtung des Schiedsrichters vor, bestimmte Spiele zu übernehmen. Auch könne der Schiedsrichter nach der Rahmenvereinbarung ausdrücklich nicht verlangen, dass man ihm Spiele zuweise. Da der im Streit stehende Schiedsrichtervertrag kein Arbeitsvertrag sei, könne er daher nicht nach den Befristungsregeln für Arbeitsverträge überprüft werden.

Damit bleibt es dem DFB erspart, die derzeit rund 100 in Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga aktiven Referees als offizielle Mitarbeiter auf die Lohnliste nehmen zu müssen, inklusive beispielsweise einem Anspruch auf bezahlten Urlaub und Sozialabgaben. Dementsprechend erleichtert äußerte sich der DFB. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann begrüßte die Entscheidung, weil durch das Urteil wie zuletzt schon im Streit um die Befristung der Arbeitsverträge bei Profi-Fußballern „erneut die Besonderheiten im Sport unterstrichen“ würden.

Die Revision zum BAG hat das LAG nicht zugelassen. Somit verbleibt dem Kläger nur noch die Nichtzulassungsbeschwerde.

 

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Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten optimierter Arbeitsverträge. Ich schließe eine "Rahmenvereinbarung", hole mir die Hilfskraft per "Einzelvertrag" nur dann herbei, wenn ich diese brauche, wobei die Hilfskraft keine Ansprüche stellen darf, beschäftigt zu werden und schon ist das ganze kein Arbeitsvertrag mehr! Das darf doch nicht wahr sein, oder? Was treiben diese komischen Arbeitsrichter in Frankfurt für seltsame Spielchen? Ich habe den Eindruck, dass die Arbeitsgerichte überhaupt machen, was sie wollen, wenn die "Hilfskräfte" nicht organisiert sind. Sind unsere Arbeitsgerichte nur noch für die gewerkschaftlich organisierten Interessen da?

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