Marburger-Bund fordert Teilzeit-Krankschreibung

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 07.09.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2673 Aufrufe

Was gilt im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung, wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht mehr Vollzeit arbeiten kann, jedoch es ihm möglich ist, zumindest stundenweise seine bisherige Tätigkeit zu verrichten? Die Rechtsprechung des BAG (29.1.1992, NZA 1992, 643); steht hier auf dem Standpunkt, dass dem Entgeltfortzahlungsrecht die Rechtsfigur einer teilweisen Arbeitsunfähigkeit fremd ist. Deshalb werde die durch Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer seine geschuldete Vertragspflicht anstatt voll, nur teilweise zu erbringen vermag. Auch der vermindert Arbeitsfähige sei iSd Entgeltfortzahlungsrechts arbeitsunfähig. Dieses Alles-oder-Nichts Prinzip, welches dem EFZG zugrunde gelegt wird, ist problematisch und sollte in der Tat überdacht werden. Darauf hat jetzt dankenswerterweise der Ärzteverband Marburger Bund aufmerksam gemacht. Er schlägt eine neue Form von Arbeitsminderungs-Bescheinigungen für Beschäftigte vor, um lange komplette Krankschreibungen zu vermeiden. Der Vorsitzende Rudolf Henke sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Viele erkrankte Arbeitnehmer könnten wahrscheinlich schneller genesen und würden weniger lange dem Arbeitsprozess fernbleiben, wenn es nicht nur die Wahl zwischen Arbeitsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit gäbe.“ Vielmehr wäre auch eine Bescheinigung einer vorübergehenden Minderung der Arbeitsfähigkeit sinnvoll. Damit könnten Ärzte verordnen, dass Arbeitnehmer – wenn vertretbar – wenige Stunden am Tag arbeiten können. „Tagesstruktur und Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen blieben erhalten, die Gefahr einer sozialen Isolation wäre deutlich gemindert“, argumentierte Henke. Gerade bei psychischen Störungen, besonders bei Depressionen, könnten längere Krankschreibungen Symptome verstärken. „Oft kommt auch Angst um den Arbeitsplatz dazu.“ Ärzte sollten daher zum Beispiel verordnen können, dass ein Patient vier oder sechs Stunden Schonung bekommt, sagte der Verbandschef. „Ich bin sicher, dass durch eine Bescheinigung der Arbeitsminderung viele Fälle von längerer Arbeitsunfähigkeit verhindert werden und Patienten ihre Krankheit besser bewältigen können.“

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