Entlassener Fußball-Profi El Ghazi gewinnt vor Arbeitsgericht gegen Mainz 05

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 15.07.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1312 Aufrufe

Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte der Mainzer Fußball-Profi El Ghazi in einem dann wieder gelöschten Instagram-Beitrag geschrieben: „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein.“ In einem späteren Beitrag vom 1.11.2023, sagte El Ghazi dann: „Ich distanziere mich nicht von dem, was ich gesagt habe, und stehe bis zum letzten Tag, an dem ich atme, für Menschlichkeit und an der Seite der Unterdrückten.“ Diesen hatte der Verein zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung genommen. Gegen die Kündigung hatte El Ghazi vor dem ArbG Mainz geklagt. Sein Vertrag bei den Rheinhessen lief ursprünglich bis zum 30. Juni dieses Jahres, verlängert sich aber wegen des Klassenerhalts der Mainzer um ein Jahr. Vor dem Urteilsspruch hatte das Gericht beiden Seiten ein Vergleichsangebot vorgelegt. Damit hätte El Ghazi seinem Anwalt zufolge ein Jahresgehalt von etwa 1,7 Millionen Euro plus 800 000 Euro Abfindung erhalten. Die Spielerseite hatte dem Vorschlag demnach zugestimmt, der Verein aber abgelehnt.

Das ArbG Mainz (PM vom 12.7.2024) hat nun entschieden, dass die außerordentliche, fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat, und der im Zusammenhang mit der Kündigung stehenden Klage auf Zahlung und Weiterbeschäftigung stattgegeben. Die Widerklage des Vereins, der seinerseits auf Zahlung und Auskunft geklagt hatte, ist abgewiesen worden.

Die Kammer hatte in vorliegendem Einzelfall über die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung zu entscheiden. Nach § 626 BGB ist die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur gerechtfertigt, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Maßgeblich sind nur solche Tatsachen, die bei Zugang der Kündigung nicht bereits länger als 2 Wochen bekannt waren. Aus diesem Grund konnte es nur auf ein etwaiges Fehlverhalten durch Äußerungen in sozialen Medien innerhalb dieser Frist ankommen. Die Kammer hat hierzu festgestellt, dass der „post“ des Fußballspielers vom 1.11.2023 in Reaktion auf die Veröffentlichung einer Presseerklärung des Vereins vom 30.10.2023, der in seiner Gesamtheit aus Sicht eines unvoreingenommenen Publikums zu würdigen sei, noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Jedenfalls erweise sich unter Berücksichtigung des gesamten Zusammenhangs die Fortsetzung des befristeten Vertrags auch im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Treue- und Rücksichtnahmepflicht nicht als unzumutbar.

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