BGH: Intransparente Klausel bei Auslandsreisekrankenschutz

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 22.08.2024
Rechtsgebiete: Weitere ThemenMedizinrecht|1273 Aufrufe

Krank im Urlaub. Hat der Versicherte auch noch Vorerkrankungen, ist der Streit mit der Auslandskrankenversicherung meist vorprogrammiert. Doch so manche Klausel der Versicherung ist unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 10.07.2024 – IV ZR 129/23) gerade entschieden.

Ein Mann, der an Diabetes Mellitus Typ 2 litt, reiste für mehrere Monate in die USA. Schon nach drei Wochen musste er sich aufgrund einer Harnwegsinfektion und Entgleisung seiner Diabetes stationär behandeln lassen. Die Auslandskrankenschutzversicherung, die der Mann zuvor abgeschlossen hatte,  kam für die Behandlungs- und Transportkosten auf.  Sie zahlte rund 35.000 Euro. Der Mann verfügte aber noch über eine weitere Versicherung, die über seine Lufthansa-Kreditkarte lief und die ebenfalls die im Ausland entstandenen Kosten abdecken sollte. Seine eigentlich Auslandsreiseversicherung verlangte daher den hälftigen Betrag von der über die Kreditkarte involvierten Versicherung zurück. Diese weigerte sich, den Ausgleich zu zahlen. Sie argumentierte, dass sie in ihren Versicherungsbedingungen "bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand" Ansprüche ausgeschlossen habe. Der Versicherte sei bei der Reisebuchung bereits an Diabetes erkrankt gewesen und habe deshalb stationär behandelt werden müssen.

Die Entscheidung

Der BGH akzeptierte das nicht. Eine klare Linie, bei wel­chen "Zu­stän­den" der Schutz aus­ge­schlos­sen sei, sei nach Auffassung der  BGH-Richter:innen nicht erkennbar. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und sei unwirksam. Nach diesem Gebot müsse der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darstellen. Ein Versicherter könne bei der Formulierung nicht erkennen, "welche vor Reiseantritt bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu einem Leistungsausschluss führen können", argumentierten die Richter:innen.

Zwar enthielten die Versicherungsbedingungen eine Reihe von Beispielen, die sich meist, aber nicht durchweg auf schwerwiegende Erkrankungen bezögen. Doch lieferten diese keinen Maßstab dafür, welche weiteren "Zustände" vom Leistungsausschluss erfasst seien.

Der BGH wies die Sache in vollem Umfang an das OLG Köln zurück. In welcher Höhe sich der Kreditkarten-Versicherer an den Kosten zu beteiligen habe, muss das Berufungsgericht nun nachträglich prüfen.

Praxishinweise

Die Entscheidung ist spannend für Versicherungskunden mit Vorerkrankungen. Sie ist hat Konsequenzen für die Praxis der Versicherungsverträge. Viele Versicherungen, die eine ähnlich lautende Klausel in ihren AVBs haben, werden nun nachbessern. Entscheidend ist dabei, dass die Versicherung klar formuliert, welche Beziehung zwischen einer bereits bestehenden Vorerkrankung und dem Versicherungsfall erfasst werden soll.

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