´Besoffen mit dem E-Bike gestürzt, ohne schon zu fahren....bei einschlägig vorbelasteter Person reicht das für MPU-Anordnung und Fahrerlaubnisentziehung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.09.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|1093 Aufrufe

Hatte der Betroffene nicht gerade nach einer MPU seine Fahrerlaubnis wiedererlangt? Tja. Mal wieder war der Betroffene kräftig besoffen. Und er kam aus der Kneipe. Und nahm sein Fahrrad. Und stürzte. Wollte er wirklich mit dem E-Bike fahren oder nicht? Die Verwaltungsbehörde ordnete eine MPU an und entzog schon (mit Anordnung sof. Vollziehung) die Fahrerlaubnis? OK? "Ja!", so der VGH München.

 

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

 Gründe: 

 I.

 Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

 Mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 18. Juni 2019 verhängte das Bayerische Polizeiverwaltungsamt u.a. ein einmonatiges Fahrverbot gegen den Antragsteller, nachdem er am 1. Mai 2019 gegen 3:00 Uhr ein Anhaltesignal der Polizei missachtet und versucht hatte, der Polizei durch Beschleunigen seines Fahrzeugs auf über 180 km/h zu entkommen.

 Mit Strafbefehl vom 2. März 2020 verurteilte ihn das Amtsgericht Augsburg wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperre für deren Wiedererteilung von vierzehn Monaten. Auf einen auf die Rechtsfolgen beschränkten Einspruch hin reduzierte das Amtsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Juli 2020 die Anzahl der Tagessätze auf 70, bestätigte die Entziehung der Fahrerlaubnis und setzte eine Sperrfrist (mit Ausnahme der Fahrerlaubnisklasse L) von weiteren zehn Monaten fest. Dem lag zugrunde, dass der Antragsteller am 13. Februar 2020 gegen 2:00 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,06 ‰ auf einer Bundesautobahn von der Fahrbahn abkam, die Außenschutzplanke durchbrach, im Grünstreifen den Betonsockel eines Wegweisers streifte und anschließend in einen Wildschutzzaun prallte.

 Zwei Anträge auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis lehnte das Landratsamt Dillingen a.d. Donau mit bestandskräftigen Bescheiden vom 24. November 2021 und 18. August 2022 gemäß § 11 Abs. 8 FeV ab, nachdem der Antragsteller das jeweils angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hatte.

 Nach Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 25. Januar 2023 wurde dem Antragsteller am 10. Februar 2023 erneut eine Fahrerlaubnis der Klassen AM, B, BE und L erteilt. Die Gutachter hatten bei ihm keine körperlichen und/ oder geistigen Beeinträchtigungen feststellen können, die mit einem unkontrollierten Konsum von Alkohol in Verbindung gebracht werden könnten, und kamen zu dem Ergebnis, es sei insbesondere nicht zu erwarten, dass er das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könne. Es sei allerdings von einer erheblichen Alkoholgefährdung auszugehen. Auch wenn sich aus den Befunden nicht die Notwendigkeit auf einen vollständigen Alkoholverzicht ableiten lasse, müsse sichergestellt sein, dass der Antragsteller nicht erneut vermehrt und unkontrolliert Alkohol trinke.

 Durch polizeiliche Mitteilung wurde dem Landratsamt bekannt, dass eine Polizeistreife den Antragsteller am 4. November 2023 gegen 0:50 Uhr in Lauingen (Donau) dabei beobachtet hatte, wie er beim Verlassen eines Lokals auf sein Fahrrad steigen wollte. Dabei sei er torkelnd fast zu Boden gefallen. Ein freiwilliger Alkoholtest um 0:52 Uhr habe eine Alkoholisierung von 1,11 mg/l ergeben. Daraufhin habe die Polizei die Weiterfahrt unterbunden. Der Antragsteller habe den Heimweg zu Fuß antreten wollen. Gegen 3:09 Uhr habe eine Zeugin telefonisch die Rettungsleitstelle informiert, dass in Lauingen (Donau) ein Radfahrer gestürzt sei. Vor Ort habe die Polizei den Antragsteller neben seinem Fahrrad stehend vorgefunden. Er sei nach Angaben der Zeugin zunächst bewusstlos auf dem Gehweg neben dem Fahrrad gelegen und später wieder zu sich gekommen. Auf Frage habe er angegeben, sein Fahrrad nur geschoben zu haben. Ein Fahrtnachweis habe nicht geführt werden können. Der Antragsteller habe erklärt, er sei auf dem Heimweg zu seiner Lebensgefährtin. Ein freiwilliger Alkoholtest (3:15 Uhr) habe eine Alkoholisierung von 1,13 mg/l ergeben. Der Antragsteller habe dann sein Fahrrad zur Adresse der Lebensgefährtin geschoben und dort in die Garage gestellt. Bei einer um 3:25 Uhr durchgeführten Überprüfungsfahrt habe die Polizei festgestellt, dass er mit einem Fahrzeugschlüssel in der Hand in seinen dort geparkten Pkw habe steigen wollen. Die Polizei habe eine Trunkenheitsfahrt unterbunden. Da der äußerst unkooperative Antragsteller den Fahrzeugschlüssel in seine Jackentasche gesteckt und nicht freiwillig herausgegeben habe, sei dieser nach einer körperlichen Durchsuchung sichergestellt worden. Der Antragsteller sei schließlich in die Obhut der Eltern seiner Lebensgefährtin übergeben worden. Aus Sicht der Polizei sei seine körperliche und charakterliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fraglich. Aufgrund der gemessenen Alkoholisierung bestehe ein hohes Gefährdungspotential für die Allgemeinheit, insbesondere, wenn künftig eine Trunkenheitsfahrt mit einem Kfz nicht rechtzeitig verhindert werden könne. Die Höhe der Alkoholisierung spreche dafür, dass er regelmäßig größere Mengen Alkohol zu sich nehme. Im Gespräch habe er trotz mehrmaligem eindeutigen Aufzeigen seines versuchten Handelns die Tragweite nicht überblickt.

 Mit Schreiben vom 8. November 2023 forderte das Landratsamt den Antragsteller gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV auf, bis 23. Januar 2024 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu den Fragen beizubringen, ob körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen vorlägen, die mit einem missbräuchlichen Konsum von Alkohol in Zusammenhang gebracht werden könnten und ob insbesondere nicht zu erwarten sei, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden könne.

 Hiergegen ließ der Antragsteller durch Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 20. November 2023 einwenden, er habe am 4. November 2023 nicht versucht, nach Verlassen des Lokals auf sein E-Bike zu steigen, dessen Akku bereits auf der Hinfahrt zum Lokal nahezu leer gewesen sei. Er erinnere sich lediglich daran, dass ihn die Beamten angesprochen hätten, als er das Fahrrad aufgesperrt habe. Zum Sturz sei es gekommen, weil er das E-Bike schiebend die Straße habe überqueren wollen und dabei gestolpert sei. Er habe auch nicht um 3:25 Uhr am Wohnort seiner Lebensgefährtin mit seinem Kfz fahren, sondern das E-Bike in die Garage schieben wollen. In seiner Hosentasche hätten sich sowohl der Kfz-Schlüssel als auch der Türöffner für die Garage befunden. Er habe dann wohl versehentlich die entsprechende Taste auf dem Kfz-Schlüssel gedrückt, sodass dieses kurzfristig aufgesperrt worden sei. Die Absicht zu fahren habe zu keiner Zeit bestanden, was auch keinen Sinn ergeben hätte, da er bei seiner Lebensgefährtin habe übernachten wollen.

 Nachdem der Antragsteller einen Verzicht auf seine Fahrerlaubnis in Betracht gezogen hatte, es hierzu jedoch nicht kam, entzog ihm das Landratsamt nach Anhörung mit Bescheid vom 9. Februar 2024 gestützt auf § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, spätestens innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.

 Hiergegen ließ der Antragsteller am 14. März 2024 Klage erheben und zugleich beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung des Sofortvollzugs wiederherzustellen.

 Mit Beschluss vom 8. April 2024 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV hätten vorgelegen. Die Beibringungsanordnung vom 8. November 2023 sei formell und materiell rechtmäßig gewesen. Die Behörde habe die polizeiliche Mitteilung vom 4. November 2023 inhaltlich wiedergegeben und erhebliche Zweifel geltend gemacht, ob die im Fahreignungsgutachten vom 25. Januar 2023 zugrunde gelegte Verhaltensänderung als Voraussetzung für eine positive Beurteilung der Fahreignung weiterhin anhalte. Ohne das wiederholte Eingreifen der Polizei wäre durch das Verhalten des Antragstellers am 4. November 2023 eine erhebliche Unfallgefahr auch für andere Verkehrsteilnehmer entstanden. Die Anordnung sei zutreffend auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gestützt worden. Offenbleiben könne daher, ob auch § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV einschlägig sein könnte. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV sei darauf ausgerichtet, anknüpfend an einen in der Vergangenheit begangenen Alkoholmissbrauch und damit in Zusammenhang stehende Begleitumstände zu klären, ob diese durchgreifende Zweifel an der künftigen Beachtung des in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV verankerten Trenngebots rechtfertigten. Es gehe um die Klärung der Wiederholungsgefahr. Dies sei zugleich entscheidend dafür, was als sonstige Tatsache im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV gewertet werden könne. Die Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV seien bei der Prüfung, ob sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten, zu berücksichtigen und die Grundentscheidung des Verordnungsgebers bei der Auslegung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zu beachten. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV entfalteten jedoch keine „Sperrwirkung“ in dem Sinn, dass der Betroffene in der Vergangenheit schon einmal alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen haben müsse. Erst recht werde keine wiederholte Trunkenheitsfahrt vorausgesetzt oder eine solche mit einer Blutalkoholkonzentration von wenigstens 1,6 ‰ bzw. einer Atemalkoholkonzentration von wenigstens 0,8 mg/l. Dagegen sprächen der Regelungszweck des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV, alkoholbedingte Risiken für die Verkehrssicherheit so weit wie möglich auszuschließen, und die präventive Ausrichtung der Fahrerlaubnisentziehung. Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit einer Fahrt unter Alkoholeinfluss könnten sich auch aus Tatsachen ergeben, die nicht unmittelbar in Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr stünden. Übermäßiger Alkoholkonsum bzw. Alkoholgewöhnung allein reichten im Rahmen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV zwar nicht aus, solange keine Alkoholabhängigkeit gegeben sei. Eine medizinisch-psychologische Begutachtung sei aber gerechtfertigt, wenn deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Betroffenen vorlägen und weitere tatsächliche Umstände festzustellen seien, die in einer Gesamtschau mit der (vermuteten) Alkoholproblematik die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten. Dies werde insbesondere bei Personen angenommen, die – z.B. als Berufskraftfahrer – in besonderer Weise auf das regelmäßige Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr angewiesen seien und bei denen aufgrund eines häufigen und intensiven unkontrollierten Alkoholkonsums davon auszugehen sei, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sie in die Lage gerieten, am Straßenverkehr teilnehmen zu müssen, obwohl sie alkoholbedingt fahruntüchtig seien. Als weiterer Umstand, der auf fehlendes Trennungsvermögen schließen lasse, sei eine offensichtliche Fahrbereitschaft bei signifikanter Blutalkoholkonzentration anzusehen. Hier hätten deutliche Indizien für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Antragstellers vorgelegen. Das medizinisch-psychologische Gutachten vom 25. Januar 2023 attestiere ihm insoweit u.a. unter Bezugnahme auf die am 13. Februar 2020 erreichte Blutalkoholkonzentration von 2,06 ‰ eine „hohe Alkoholgewöhnung“ und gehe in seinem Fall von einer „erheblichen Alkoholgefährdung“ aus. Ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt für Alkoholtoleranz folge aus den beiden am 4. November 2023 durchgeführten Atemalkoholtests, die Werte von 1,1 mg/l (0:52 Uhr) und 1,13 mg/l (3:15 Uhr) ergeben hätten. Es werde davon ausgegangen, dass bereits vom Erreichen oder Überschreiten einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ auf eine hohe und ungewöhnliche Trinkfestigkeit geschlossen werden könne, die durch ein über dem gesellschaftlichen Durchschnittskonsum liegenden Trinkverhalten erworben sein müsse. Dem stehe nicht entgegen, dass die Polizei am 4. November 2023 ein Vortestgerät verwendet habe, das keine „beweissichere“ Atemalkoholanalyse und somit im Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren keinen „gerichtsfesten“ Wert zu liefern vermöge. Ferner habe der Antragsteller trotz signifikanter Alkoholisierung am 4. November 2023 eine offensichtliche Fahrbereitschaft gezeigt. Seinen Einwänden sei die polizeiliche Mitteilung entgegenzuhalten, nach der er „auf sein Fahrrad steigen wollte“. Das Gericht bezweifle, dass die Erinnerung des ganz erheblich alkoholisierten Antragstellers zu seinen Absichten bei Verlassen des Lokals hinreichend belastbar sei. Seinen mehr als fraglichen Vortrag, der Akku des E-Bikes sei quasi leer gewesen, habe der Antragsteller nicht weiter substantiiert. Maßgeblich sei ohnehin allein seine ersichtliche Fahrbereitschaft. Auch die Version zu den Geschehnissen am Wohnort der Lebensgefährtin stehe im Widerspruch zu den polizeilichen Feststellungen in der Mitteilung vom 4. November 2023, wonach er bereits zuvor bei Ankunft – wohl um 3:15 Uhr – im Beisein der Polizei sein Fahrrad in die Garage geschoben habe. Um 3:25 Uhr habe es somit denknotwendig nicht mehr darum gehen können, das Fahrrad in die Garage zu schieben. Auch diesbezüglich habe das Gericht erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit seiner Erinnerungen. Die polizeilich dokumentierten Vorkommnisse vom 4. November 2023 begründeten auch mit Blick auf die Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV fundierte Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers, die eine weitere Aufklärung rechtfertigten. Hierbei sei nicht relevant, dass es wohl zu keiner erneuten Trunkenheitsfahrt gekommen sei. Die Vorfälle lägen zeitlich nach dem positiven medizinisch-psychologischen Gutachten vom 25. Januar 2023, das somit der Beibringungsanordnung nicht entgegenstehe. Vielmehr stehe die Fortgeltung des positiven Begutachtungsergebnisses ersichtlich in Frage. Insbesondere habe keine einmalige Fehleinschätzung des Antragstellers nahegelegen, sondern die begründete Besorgnis bestanden, dass die Vorfälle vom 4. November 2023 Ausdruck einer mit der Alkoholgewöhnung einhergehenden Giftfestigkeit gewesen seien, aufgrund der er die Auswirkungen des Konsums auf seine Fahreignung nicht mehr realistisch habe einschätzen können. Eine Wiederholungsgefahr bzw. eine Gefahr, dass es in absehbarer Zukunft tatsächlich zu einer Trunkenheitsfahrt komme, habe ohne Weiteres auf der Hand gelegen. Selbst wenn man annehme, dass die Erfolgsaussichten der Klage offen wären, fiele auch eine allgemeine Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis werde deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprächen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liege. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Der im Jahr 2020 strafgerichtlich festgestellte Alkoholmissbrauch zusammen mit den polizeilich dokumentierten Vorkommnissen vom 4. November 2023 stellten Umstände dar, die nachdrücklich dagegen sprächen, dass das vom Antragsteller ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liege.

 Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, macht der Antragsteller geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie das Gericht unter Berücksichtigung der zutreffend dargelegten rechtlichen Grundsätze zur materiellen Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung komme. So sei schon nicht nachvollziehbar, weshalb es ein deutliches Indiz für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung des Antragstellers sein solle, wenn bei ihm am 13. Februar 2020 eine erhebliche Blutalkoholkonzentration festgestellt worden sei. Ein Alkoholtest, der über dreieinhalb Jahre vor dem maßgeblichen Zeitpunkt durchgeführt worden sei, könne kaum als deutliches Indiz für eine weit überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung zum maßgeblichen Zeitpunkt herangezogen werden. Als „deutliches Indiz“ verblieben lediglich die am 4. November 2023 durchgeführten Atemalkoholtests, hinsichtlich derer das Gericht selbst ausführe, dass sie keine beweissichere Atemalkoholanalyse und somit keinen gerichtsfesten Wert liefern könnten. Auch könne nicht der Ansicht gefolgt werden, dass der Antragsteller am 4. November 2023 eine offensichtliche Fahrbereitschaft gezeigt habe. Das Gericht stelle hierbei im Wesentlichen darauf ab, dass die Erinnerungen zu seinen Absichten in dieser Nacht nicht hinreichend belastbar seien. Demgegenüber würden die polizeilich dokumentierten Vorkommnisse als Tatsachen festgestellt, obwohl die Alkoholisierung nicht einmal rechtssicher habe nachgewiesen werden könne. Unter völliger Missachtung des Maßstabs deutlicher Indizien für eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung und eine offensichtliche Fahrbereitschaft bei signifikanter Alkoholkonzentration würden die Mitteilungen zweier Polizisten aus einer Nacht als Tatsachen herangezogen, obwohl dem Antragsteller zwischen dem 13. Februar 2020 und dem 4. November 2023 offensichtlich keinerlei Vorwürfe in dieser Richtung gemacht werden könnten. Die hohen Maßstäbe, die nach den gerichtlichen Ausführungen notwendig seien und die der Verweis auf die Wertungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV nahelege, könnten wohl kaum durch diese Ereignisse in einer Nacht erfüllt werden; zumal unstreitig sei, dass der Antragsteller in dieser Nacht zwar Alkohol konsumiert habe, es aber zu keiner Teilnahme am Straßenverkehr gekommen sei. Die von den Polizisten behaupteten möglichen Trunkenheitsfahrten seien reine Unterstellungen. Eine summarische Prüfung der Hauptsache hätte daher zu Gunsten des Antragstellers ausgehen müssen, da entgegen der rechtlichen Würdigung des Gerichts weder deutliche Indizien für eine überdurchschnittliche Alkoholgewöhnung vorlägen noch dem Antragsteller eine offensichtliche Fahrbereitschaft bei signifikanter Alkoholkonzentration nachgewiesen werden könne.

 Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

 II.

 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

 Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.

 1. Der Antragsgegner macht zu Recht geltend, dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann, weil ihre Begründung insoweit nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt, als das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO bei unterstellt offenen Erfolgsaussichten selbständig tragend auf eine Interessenabwägung gestützt hat und dies nicht angegriffen worden ist.

 Das Gebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen muss, aus denen die angefochtene Entscheidung nach Auffassung des Rechtsmittelführers abzuändern oder aufzuheben ist, und sich dabei mit der Entscheidung auseinandersetzen muss, verlangt in Verbindung mit der Vorgabe, dass das Beschwerdegericht nur die dargelegten Gründe prüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), eine Auseinandersetzung mit allen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Ausgangsentscheidung. Im Falle einer Mehrfachbegründung kann die Beschwerde daher nur Erfolg haben, wenn im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas Durchgreifendes vorgetragen wird (stRspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 31.7.2023 – 11 CS 23.1229 – juris Rn. 12 m.w.N.; B.v. 7.5.2020 – 10 CS 20.842 – juris Rn. 4 m.w.N; OVG NW, B.v. 30.9.2020 – 12 B 1686/19 – juris Rn. 4; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 146 VwGO Rn. 13c; Kaufmann in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2020, § 146 Rn. 14; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 77). Denn wenn nur bezüglich einer Begründung ein Abänderungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. BVerwG, B.v. 21.8.2018 – 4 BN 44.17 – juris Rn. 3; B.v. 9.9.2009 – 4 BN 4.09 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 6 ZB 20.647 – juris Rn. 3).

 2. Es kann somit dahinstehen, ob die Ausführungen des Antragstellers gegen die ebenfalls tragenden Entscheidungsgründe zur Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung der Beschwerde zum Erfolg verholfen hätten.

 Im Hinblick auf das noch anhängige Klageverfahren wird jedoch ergänzend angemerkt, dass der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Antragsgegners teilt, dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens auf der Grundlage von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl I Nr. 199), und die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 FeV voraussichtlich rechtmäßig sind.

 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2023 (BGBl I Nr. 315) und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV fehlt die Fahreignung in Fällen des Alkoholmissbrauchs, d.h. wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden. Nach Beendigung des Missbrauchs besteht die Fahreignung gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV für alle Fahrerlaubnisklassen erst dann wieder, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist, was durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2020 – 11 CS 20.432 – juris Rn. 9; B.v. 3.8.2015 – 11 CS 15.1204 – juris Rn. 13).

 Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV ist zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Alkoholabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Alkoholmissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – BVerwGE 171, 1 Rn. 18 m.w.N.), was nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Ergehens zu beurteilen ist (stRspr, vgl. BVerwG, U. v. 4.12.2020 a.a.O. Rn. 19, 25).

 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV sind gegeben. Das Verwaltungsgericht hat den Vorfällen in der Nacht des 4. November 2023 zu Recht entnommen, dass der Antragsteller erheblich alkoholisiert und fahrbereit und die Unterbindung einer Alkoholfahrt dem Einschreiten der Polizei zu verdanken war. Dies rechtfertigt (jedenfalls in der Zusammenschau mit der Trunkenheitsfahrt vom 13.2.2020) die Annahme fehlenden Trennvermögens zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum und dem Fahren. Die Ausführungen auf Seite 16 ff. des streitgegenständlichen Beschlusses sind nicht zu beanstanden und werden durch die Einwände des Antragstellers nicht in Frage gestellt.

 2.1. Zunächst weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass sich das Verwaltungsgericht für seine Annahme einer hohen Alkoholgewöhnung bzw. -toleranz eine Schlussfolgerung des Gutachters (Gutachten vom 25.1.2023 S. 15) aus der vom Antragsteller erreichten Blutalkoholkonzentration von 2,06 ‰ bei der Trunkenheitsfahrt am 13. Februar 2020 zu eigen gemacht hat. Es spricht nichts gegen die weitere Gültigkeit dieser Annahme. Denn medizinisch ist anerkannt, dass eine einmal erreichte Giftfestigkeit nicht mehr vollständig aus dem Organismus verschwindet, sondern auch bei größeren Trinkpausen oder nach erheblich reduziertem Konsum in erheblichem Umfang bestehen bleibt bzw. die frühere Spitzentoleranz auch bei vergleichsweise kurz andauernden erneuten Trinkphasen sehr rasch wieder auflebt (Stephan/Brenner-Hartmann in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Komm., 3. Aufl. 2018, S. 267). Eine gesteigerte Alkoholtoleranz rechtfertigt die Annahme, dass dem Berauschungsmotiv entsprechend häufig nachgegeben wurde. Bei Kraftfahrern, die wie hier der Antragsteller mit über 1,5 ‰ im Straßenverkehr angetroffen werden, ist ein chronischer Alkoholkonsum mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos und eine stark erhöhte Rückfallgefährdung anzunehmen (Stephan/Brenner-Hartmann, a.a.O., S. 268).

 Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang geltend macht, während mehrerer Jahre seien keine weiteren Vorfälle mit Alkoholbezug aktenkundig geworden, kann daraus nicht geschlossen werden, dass es zwischenzeitlich zu keinen erheblichen Alkoholisierungen oder Alkoholfahrten mehr gekommen ist, denn erstere werden nur beim Hinzutreten besonderer Umstände überhaupt und letztere wegen einer geringen Kontrolldichte und hoher Dunkelziffer oft nicht erfasst (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2024 – 11 CS 23.1451 – juris Rn. 20; B.v. 11.7.2022 – 11 CS 22.939 – juris Rn. 21 m.w.N.). Außerdem war der Antragsteller erst seit dem 10. Februar 2023 wieder Inhaber einer Fahrerlaubnis.

 2.2. Bei den zugrunde gelegten polizeilichen Beobachtungen, dass der Antragsteller in der Nacht des 4. November 2023 in einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Ausmaß schwer alkoholisiert zu einer Fahrt mit dem Fahrrad und dem Kraftfahrzeug angesetzt hat, handelt es sich nicht lediglich um „Unterstellungen“.

 Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, steht der dahingehenden Sachverhaltswürdigung nicht entgegen, dass die Polizei die Alkoholisierung des Antragstellers mit einem Atemalkoholmessgerät ermittelt hat. Sollte dabei ein Testgerät eingesetzt worden sein, das mangels Konformitätsbewertung bzw. Bauartzulassung sowie Eichung im Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren nicht als „beweissicher“ angesehen wird (vgl. dazu König in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 316 Rn. 47 ff., 51; König in Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 316 StGB Rn. 52, § 24a StVG Rn. 17), folgt daraus nicht zwingend, dass die Messung keine Beibringungsanordnung, hier nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV, zu rechtfertigen vermag (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2024 a.a.O. Rn. 19; B.v. 7.3.2023 – 11 CE 22.2487 – juris Rn. 23; B.v. 18.7.2023 – 11 CS 23.907 – juris Rn. 21). Abgesehen davon, dass § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FeV keine bestimmte Alkoholisierung voraussetzt, geht es im Rahmen von § 13 FeV auch noch nicht um die Entscheidung über die Erteilung oder Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern um eine vorbereitende Aufklärungsmaßnahme, für die sachlich fundierte Zweifel an der Fahreignung genügen, was auch gewisse Einschränkungen in der Zuverlässigkeit der Methode zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration als im Interesse der Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 17.3.2021 – 3 C 3.20 – BVerwGE 172, 18 Rn. 23; VGH BW, B.v. 11.7.1996 – 10 S 1332/96 – NZV 1996, 469 = juris Rn. 7).

 Im Übrigen steht außer Frage, dass der Antragsteller am 4. November 2023 ganz erheblich alkoholisiert war. Nach dem Polizeibericht ist er bei dem Versuch, auf sein Fahrrad zu steigen, torkelnd fast zu Boden gefallen, nach eigenen Angaben später beim Schieben des Fahrrads gestolpert und nach Beobachtungen der Zeugin eine Weile bewusstlos neben dem Fahrrad auf dem Boden gelegen. Dafür, dass er zu unfallfreiem Schieben offensichtlich nicht mehr in der Lage war und sein Bewusstsein verloren hat, hat er weder einen sonst plausiblen Grund genannt noch ist ein derartiger Grund ersichtlich. Den Polizeibeamten gegenüber verhielt er sich „äußerst“ unkooperativ und uneinsichtig. Diese Angaben unterschiedlicher Personen sind auch in der Zusammenschau stimmig mit einer vorangegangenen erheblichen Alkoholaufnahme. Weiter spricht nichts dafür, dass die in einem Bericht festgehaltenen Beobachtungen der Polizeibeamten fehlerhaft oder von Belastungseifer getragen sein könnten. Das Verhalten des Antragstellers hat das Einschreiten der Beamten zunächst veranlasst. Da diese – wie sich anschließend gezeigt hat – nur die Fahrt mit dem Fahrrad unterbinden, ihn aber nicht daran hindern wollten, sein Fahrrad nach Hause zu schieben, wäre das reine Schieben für sie somit kein hinreichender Anlass einzuschreiten gewesen.

 Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein (geschulter) Beobachter nach dem äußeren Verhaltensbild unterscheiden kann, ob jemand im Begriff ist, sein Fahrrad zu besteigen oder es nur aufzuschließen und ggf. nicht in der Lage dazu ist, den Schlüssel zu verwenden oder das Schloss zu öffnen. Was den von der Polizei berichteten Versuch, ein Kraftfahrzeug zu benutzen, angeht, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, weshalb die Angaben des Antragstellers insoweit nicht nachvollziehbar und daher nicht glaubhaft sind (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

 4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

VGH München Beschl. v. 29.7.2024 – 11 CS 24.685, BeckRS 2024, 20322 

 

 

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Ich finde keinen guten Zugang zu der Entscheidungsbegründung, weil mir die Grundlagen für die Umrechnung von Atemluftalkohol in mg/l zu Blutalkoholgehalt in Promille fehlen und sowohl die beklagte Behörde als auch das Gericht dazu keine Angaben machen.

So heißt es in der Stellungnahme der Beklagten, möglicherweise etwas verfänglich formuliert:

"`Ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt für Alkoholtoleranz folge aus den beiden am 4. November 2023 durchgeführten Atemalkoholtests, die Werte von 1,1 mg/l (0:52 Uhr) und 1,13 mg/l (3:15 Uhr) ergeben hätten. Es werde davon ausgegangen, dass bereits vom Erreichen oder Überschreiten einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ auf eine hohe und ungewöhnliche Trinkfestigkeit geschlossen werden könne, die durch ein über dem gesellschaftlichen Durchschnittskonsum liegenden Trinkverhalten erworben sein müsse."'

Das kann zu der Annahme verleiten, dass 1,1 mg/l Alkohol in der Atemluft dem Gehalt von 1,1 ‰ im Blut entspricht. Wenn dem so wäre und davon ausgegangen wurde, dass der Kläger 1,1 ‰ Alkohol im Blut hatte, dann spräche sein Ausfallverhalten doch eher gegen eine ungewöhnliche Trinkfestigkeit und gegen Alkoholtoleranz.

Aus § 24a StVG ist aber davon auszugehen, dass bei Umrechnung von Atemluftalkohol in mg/l zu Blutalkoholgehalt in Promille der Atemluftgehalt mit dem Faktor 2 multipliziert wird. Dann wäre davon auszugehen, dass der Kläger 2,26 ‰ Alkohol im Blut hatte. Das würde dann die Ausfallerscheinungen erklären, wie auch die Entscheidung der Beklagten und des Gerichts.

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Es gibt keine wissenschaftlich gesicherte, valide "Umrechnung". Wie Sie richtig fetsgestellt haben, gibt es zwar in § 24a StVG eine normative Festlegung, derzufolge Täter mit 0,25 ml/l Atemalkohol behandelt werden wie solche mit 0,5 Promille Blutalkohol. Untersuchungen zeigen, dass es eine Häufung der Ergebnisse bei diesem Verhältnis (1:2) gibt. Es gibt aber in beide Richtungen so viele Ausreißer, dass es sich um keinen gesicherten Umrechnungsfaktor handelt.

Daher ist es Sache der Rechtsprechung, mit diesem Befund umzugehen. Das fällt dieser oft nicht leicht. Vor allem wir Rechtsunterworfenen wollen gerne einen gesicherten Umrechnungskurs, den es aber, wie dargelgt, nicht geben kann.

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