Fall Mollath - Einige Anmerkungen zur schriftlichen Urteilsbegründung des LG Regensburg

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 20.11.2014

Die schriftlich verfassten Gründe des noch nicht rechtskräftigen Urteils im wiederaufgenommenen Prozess gegen Gustl Mollath liegen seit 14 Tagen  vor.

Ein erster Blick in die mit 120 Seiten außergewöhnlich umfangreiche Begründung bestätigt meinen Eindruck aufgrund der Pressemitteilung am Tag der mündlichen Urteilsverkündung.

Damals hatte ich von einem „salomonischen Urteil“ geschrieben und bin dafür kritisiert worden. Vielleicht habe ich das Wort „salomonisch“ unangemessen gebraucht – gemeint war, dass dieses Urteil für Herrn Mollath einerseits einen Erfolg darstellt, andererseits auch nicht. Erfolgreich für ihn ist es insofern, als die jahrelange Unterbringung aufgrund einer nachgewiesenen gefährlichen Wahnerkrankung, Ergebnis des Urteils des LG Nürnberg-Fürth, nun vom LG Regensburg nachträglich als rechtsfehlerhaft zurückgewiesen wurde. Herr Mollath ist für die Unterbringungszeiten zu entschädigen.

Dieses Urteil ist aber nur Teil eines außergewöhnlichen Gesamterfolgs: Vor gut zwei Jahren, Anfang November 2012, war Herr Mollath ein seit sechseinhalb Jahren in der forensischen Psychiatrie Untergebrachter und nahezu ohne Chance in absehbarer Zeit freigelassen und rehabilitiert zu werden. Auf seiner Seite standen zwar schon damals einige private Unterstützer, eine Strafverteidigerin und einige Journalisten. Auf der Gegenseite, die ihn als nach wie vor gemeingefährlichen Wahnkranken ansah, standen aber nicht nur das seit 2007 rechtskräftige Urteil, sondern  auch seine Behandler in der Psychiatrie, mehrere psychiatrische Gutachter, die Strafjustiz an drei bayerischen Standorten und die zunächst noch vom Ministerpräsidenten gestützte bayerische Justizministerin. Gegen diese Institutionen hat Gustl Mollath im Verlauf eines knappen Jahres die Wiederaufnahme seines Strafverfahrens, und zwar in einmaliger Weise auf Antrag der Staatsanwaltschaft (!), die Freilassung aus der Unterbringung, eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde und nunmehr auch ein neues Urteil erreicht. Im Verlauf dieser Zeit wurden anhand des „Falls Mollath“ außerdem wichtige Fehlkonstruktionen aufgedeckt, was in ein Bundesgesetzgebungsverfahren (StGB) sowie ein Landesgesetzgebungsverfahren (Maßregelvollzugsgesetz) mündete. Ohne dies aktuell empirisch überprüft zu haben: Ein solcher Erfolg ist in der bundesrepublikanischen Rechtsgeschichte einmalig. Wer nun davon spricht (sei es auf Seiten Herrn Mollaths oder auf der Gegenseite), Herr Mollath sei insgesamt gescheitert, der hat einen verzerrten Blick auf die Wirklichkeit. Allerdings: Die verlorenen Jahre kann ihm niemand zurückgegeben; die zu erwartende Entschädigung kann diesen Verlust nicht ansatzweise ausgleichen.

Zugleich enthält das Urteil auch einen „Misserfolg“ für Gustl Mollath, weil  der schwerste Vorwurf, seine Frau am 12.08.2001 geschlagen, gebissen und gewürgt zu haben, als seine rechtswidrige Tat festgestellt wurde. Seiner Darstellung, diese Tat habe so gar nicht stattgefunden bzw. er habe sich nur gegen einen Angriff seiner Frau gewehrt, ist das LG Regensburg nicht gefolgt. Dieser Misserfolg fällt allerdings gegenüber den oben genannten Erfolgen geringer ins Gewicht.

Die  Beweiswürdigung zum Tatvorwurf am 12.08.2001, ausgeführt auf  mehr als 50 Seiten der Urteilsgründe, ist nicht nur ausführlich, sondern akribisch und auch logisch stimmig. Im Kern glaubt das Gericht den Angaben der Nebenklägerin, die sie im früheren Verfahren gemacht hat, und den Beobachtungen des Arztes, den sie zwei Tage nach der Tat aufsuchte. Eine sehr kritische Würdigung dieser Angaben war geboten, denn die Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung nicht ausgesagt, aber dennoch auf den geschilderten Vorwürfen beharrt. In einem Strafprozess, der als Prinzipien die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der Beweiserhebung in der Hauptverhandlung kennt, ist ein solches Aussageverhalten  problematisch. Der BGH hat es dennoch zugelassen, die früheren Angaben eines Hauptbelastungszeugen zu verwerten, auch wenn dieser  die Aussage in der Hauptverhandlung (berechtigt) verweigert. Allerdings erweist sich eine derartige Beweiswürdigung auch im Fall Mollath als bedenklich: Die schriftlich niedergelegten Angaben der Nebenklägerin konnten praktisch nur untereinander und indirekt über die Vernehmung von Drittzeugen geprüft werden, ohne dass die Nebenklägerin in Gefahr geraten konnte, sich bei Rückfragen  in Widersprüche zu verwickeln. Da das Gericht die Nebenklägerin nie persönlich gesehen hat, konnte ein Gesamteindruck der entscheidenden personalen „Quelle“ der Vorwürfe nicht gewonnen werden. Wenn sich das Gericht dann zentral auf die früheren Aussagen stützt, muss diese Würdigung mit Leerstellen auskommen, die positiv gefüllt werden. So spricht nach Auffassung des Gerichts für die Glaubhaftigkeit der Angaben zentral, dass die Nebenklägerin zum Zeitpunkt ihrer ersten Angaben über die Tat noch nicht die Absicht gehabt habe, sich von ihrem Mann zu trennen bzw. ihn anzuzeigen. Vielmehr habe sie ja noch Monate mit ihm zusammengelebt. Gerade dieser Umstand kann aber auch umgekehrt interpretiert werden: Dass sie noch so lange mit ihm zusammengeblieben ist, könnte eher gegen einen lebensgefährlichen Angriff sprechen. Welche Absicht die Nebenklägerin mit dem Attest positiv verfolgte, ist unbekannt. Dass es keine Motive gewesen sind, die dem Wahrheitsgehalt ihrer Angaben entgegenstanden, wird vom Gericht unterstellt. Dass die Gründe in der "Vorsorge" für ein späteres Scheidungsverfahren gelegen haben könnten, wird vom Gericht nicht diskutiert. Im Übrigen stützt sich die Kammer darauf, dass es sich bei den Tatschilderungen im Kern um konstante und darum auch zuverlässige Äußerungen handele. Das Konstanzkriterium ist allerdings ein recht schwaches Wahrheitsindiz, weil es auch einer lügenden Person ohne Weiteres gelingen kann, eine konstante Tatschilderung in mehreren Vernehmungen aufrecht zu erhalten. Angaben zum Randgeschehen (wie kam es zur Tat, was passierte vorher und nachher?) sind in den verwerteten Angaben nicht enthalten. Hierzu hätte es zur Aufklärung der mündlichen Vernehmung der Nebenklägerin bedurft.

Anders als die Nebenklägerin hat sich der Angeklagte als Beweismittel gegen sich selbst auch in der Hauptverhandlung zur Verfügung gestellt. Seine Äußerung, er habe sich gewehrt, wird vom Gericht dahingehend gewürdigt, dass es jedenfalls am 12.08.2001 zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein müsse. Diese Würdigung ist nachvollziehbar. Wenn es eine Auseinandersetzung gab, bei der sich der Angeklagte gewehrt hat, dann kann erwartet werden, dass dieser die Auseinandersetzung auch im Einzelnen schildert. Hierzu aber schwieg der Angeklagte in der Hauptverhandlung. Es trifft allerdings nicht zu, dass sich – wie das Gericht meint (S. 66) – die Verteidigungsstrategien Mollaths (einerseits: Verletzungen vom Sprung aus dem Auto, andererseits: Verletzungen von einer Gegenwehr) widersprechen: Es ist denkbar, dass beides zutrifft und die Verletzungen von der Nebenklägerin beim Arzt als von einem einzigen Ereignis herstammend geschildert wurden.

Zentral ist der Zeuge Reichel, nach dessen Aussage er die Nebenklägerin zwei Tage nach der vorgeworfenen Tat gesehen hat und Verletzungszeichen schildert, die zu den Schilderungen der Nebenklägerin passen. Auch hier bemüht sich die Kammer, eventuelle Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen. [Update 22.02.2015: Das Zustandekommen des Attests und des zugrundeliegenden Krankenblattinhalts ist sowohl inhaltlich als auch datumsmäßig  nach wie vor nicht eindeutig nachvollziehbar, diesbezügliche Widersprüche in der Darstellung Reichels wurden in der HV nicht geklärt.]

Insbesondere bleibe ich bei meiner schon kurz nach dem Urteil geäußerten Auffassung, dass die Frage der gefährlichen Körperverletzung durch eine das Leben gefährdende Handlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) für mich nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Da es keine Fotografien der Hämatome gibt, war das Gericht allein auf die – von ihm selbst eingeräumt – unzuverlässige Erinnerung des Arztes angewiesen und auf die durch den Arzt indirekt vermittelte Angabe der Nebenklägerin. Zum Würgen (auch mit Würgemalen) gibt es eine umfassende,  im Kern auch differenzierende Rechtsprechung. Die Schlussfolgerung, nicht näher dokumentierte Würgemale gingen in jedem Falle mit einer Lebensgefährdung einher, wird in der BGH-Rechtsprechung nicht geteilt. Die Angabe der Nebenklägerin, sie sei kurzfristig bewusstlos gewesen, beruht allein auf ihrer nicht überprüfbaren und auch von keinem weiteren objektiven Indiz bestätigten Angabe.

Das Gericht kommt hinsichtlich der Schudfrage zu dem Schluss, Herr Mollath habe am 12.08.2001 nicht ausschließbar unter Einfluss einer schwerwiegenden Störung gehandelt, die nicht ausschließbar zur Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB geführt habe. Obwohl dies in dubio pro reo zu einer Entlastung Mollaths führt, so dass er für den Angriff auf seine Frau weder bestraft noch untergebracht werden kann, wird diese Wertung von ihm als belastend empfunden. Ob diese subjektive Belastung als „Beschwer“ für eine Rechtsmittel (Revision) genügt, wird sicherlich Gegenstand der Begründung des von Mollath und seinem neuen Verteidiger eingelegten Rechtsmittels  sein.

Ohne auf diese verfahrensrechtliche Frage näher eingehen zu wollen, kann man aber bezweifeln, dass die materiellen Maßstäbe, die das Gericht hier an eine Subsumtion der Merkmale des § 20 StGB (und sei es auch nur in dubio pro reo) angelegt hat, zutreffend sind.

Diese Maßstäbe werden üblicherweise recht eng gesehen: Es genügen eben nicht schon jegliche Anhaltspunkte oder die bloße Nicht-Ausschließbarkeit einer Störung zur Tatzeit, um dann per Zweifelsgrundsatz eine Exkulpation vorzunehmen. Hier hat das Gericht den Zweifelsgrundsatz doppelt wirken lassen: Erstens hinsichtlich der Frage, ob an dem Tag überhaupt eine schwerwiegende Störung vorlag und zweitens dahingehend, dass diese Störung zum Ausschluss der Steuerungsfähigkeit geführt hat. Regelmäßig sind auch psychiatrische Sachverständige nicht in der Lage, einen vorhandenen Zustand „zurückzurechnen“. Hier hat der Sachverständige weder über ein aktuelle Exploration verfügt noch über Aktenmaterial mit Begutachtungen, die zeitnah zum 12.08.2001 auf eine Störung hinwiesen. Er hat deutlich gemacht, dass man von ihm praktisch Unmögliches verlangt, wenn man erwarte, er könne eine belastbare Einschätzung zu einem 13 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt abgeben. Das Gericht hat sich über diese Bedenken hinweggesetzt und den Sachverständigen Nedopil stärker interpretiert als es seiner Stellungnahme nach angemessen war. Natürlich kann er eine Schuldunfähigkeit vor 13 Jahren nicht „ausschließen“. Das kann niemand über den Zustand eines Menschen sagen, den er zum damaligen Zeitpunkt nicht gekannt bzw. gesehen hat. Aber für eine (wenn auch nur aufgrund des Zweifelssatzes) vorgenommene Annahme der Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB reicht dieses Nichtwissen normalerweise nicht aus. Die vom Gericht für eine solche Störung aufgeführten Indizien stammen zu einem großen Teil aus der Zeit nach der Trennung der Eheleute und können daher nicht eine Tatwirksamkeit für den August 2001 belegen. Das Gericht meint, der zeitliche Zusammenhang sei „sehr eng“(S. 81), jedoch ist der situationale Zusammenhang eher fern, soweit viele weitere geschilderte Verhaltensauffälligkeiten erst nach dem Auszug der Nebenklägerin aus der gemeinsamen Wohnung auftraten. Eine belastende psychodynamische Ausnahmesituation kommt praktisch in jeder Ehekrise auf beide Partner zu. Nach dieser Logik müssten eine große Anzahl Fälle häuslicher Gewalt unter dem Blickwinkel nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit betrachtet werden.

Die Beweiswürdigung zu den anderen Tatvorwürfen hingegen stimmt mit meiner Einschätzung nach der Hauptverhandlung überein.

Das noch nicht rechtskräftige Urteil kann hier nachgelesen werden: Urteil des LG Regensburg

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Mit dem Fall Mollath zusammenhängende Fragen werden jedoch von mir weiter verfolgt. Schon für demnächst ist ein  Beitrag zur (speziellen) Frage der Revisionszulässigkeit geplant. Zu dieser Frage kann dann auch wieder diskutiert werden. 

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aus Die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit - Prof. Dr. Gerd Seidel im Anwaltsblatt 06/2002

(Unterstreichungen nachträglich)

Dass der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit ein unverzichtbares Element des demokratischen Rechtsstaats ist, weiß nicht nur jeder Jurastudent schon im ersten Semester,
sondern anerkennt auch jeder politisch interessierte Bürger. [...]

Der imperativaxiomatische Charakter dieses Verfassungsprinzips mag ein Grund dafür gewesen sein, dass über viele Jahre hinweg ein Nimbus um den Richter kultiviert wurde, der jede Kritik an
seiner Tätigkeit von vornherein als unzulässigen Eingriff in seine Unabhängigkeit, zumindest aber als inopportun erscheinen ließ. [...]

So legte der ehemalige Bundesverfassungsrichter W. Geiger schon 1979 besonderen Wert auf
die Feststellung, dass Unabhängigkeit kein Privileg des Richters sei und „kein Freibrief zu eigenwilliger Überhebung über das Recht und noch weniger ein Fetisch, unter dem man Rechthabereien und Kapriolen pflegen kann, mit denen man Vorgesetzte ärgert oder den Rechtsuchenden spüren lässt, wie abhängig er von der Gnade des Richters ist.“ Geiger wandte sich schon damals „ganz eindeutig und ausdrücklich gegen Übertreibungen, die gelegentlich versuchen, die richterliche Unabhängigkeit zur Unangreifbarkeit des Richters hochzustilisieren.“ Unabhängigkeit sei kein Privileg des Richters, sondern eine Eigenschaft, die er hat oder nicht hat. Mit diesen unbequemen Worten artikulierte Geiger damals schon deutlich erkennbare Tendenzen; er blieb aber zunächst einsamer Rufer.[...]

Da wurde vor einer Elfenbeinturm-Mentalität der Richter gewarnt und selbstkritisch ein Versagen der Justiz vermerkt, das vor allem auch darin bestanden habe, die Gerichte von aus der NS-Zeit belasteten Juristen nicht freigehalten und in jener Zeit in ihren Ämtern kriminell gewordene Richter und Staatsanwälte nicht rechtskräftig abgeurteilt zu haben. [...]

Durch die dauerhafte Krankmeldung der Richter wurde die Auseinandersetzung mit den betreffenden Richtern umgangen. [...]

Vom ehemaligen Präsidenten des BVerwG, H. Sendler, stammt der Befund, dass es „nahezu nichts gibt, was einem Richter bei seiner richterlichen Tätigkeit, also in amtlicher Eigenschaft, nicht erlaubt wäre. Dafür sorgt die dienstgerichtliche Rechtsprechung, die unter Berufung auf die richterliche Unabhängigkeit nahezu alles deckt bis hin zu groben Flegeleien und zur Verlautbarung politischer Glaubensbekenntnisse abwegigen Inhalts im Rahmen von Gerichtsverhandlungen oder aus Anlass von Urteilsbegründungen.“ [...]

Kann sich richterliche Tätigkeit als einziger Beruf in der Bundesrepublik heute noch – hinter dem Vorhang der richterlichen Unabhängigkeit – jeder Prüfung und Kontrolle ihrer Arbeitsweise entziehen? Und sollte es nicht möglich sein, Fehlentwicklungen innerhalb der Richterschaft durch
präventive Verfahren rechtzeitig zu erkennen und darauf zu reagieren, bevor Schlagzeilen daraus werden? [...]

Quelle: http://anwaltverein.de/downloads/Anwaltsblatt/AnwBl-Archiv/Jahrgang_2002...?

Wenn Gustl F. Mollath am 22.4.2004 im Landgericht Nürnberg-Fürth erklärte: "Ich trete jetzt aus dem Rechtsstaat aus", dann hat das wohl wenig mit Größenwahn zu tun. Er irrte sogar. Er konnte gar nicht austreten. Vielmehr ist unter Beachtung des Vorstehenden auch das Urteil der Wiederaufnahme erneut unter der richterlichen Selbstüberhebung zu sehen. Trotz Schlagzeilen fehlt es also schon an der grundsätzlichen Bereitschaft Fehlentwicklungen ernsthaft anzugehen. Möglicherweise fehlt es den Einser-Absolventen schon traditionell an der fachlichen und persönlichen Kompetenz. Eingebettet ist das Ganze in ein festgefügtes Hierarchie- und Einkommenssystem, in das auserwählte Neulinge als Richter auf Probe gelehrig hineinwachsen und nach 3-5 Jahren Anpassung und Unauffälligkeit den Persilschein bekommen.

Ohne die forensisch-psychiatrischen Gutachter damit persönlich zu entlasten, wirkt sich dieser Habitus auch auf deren Profession aus.

Gerichtsgutachten: Oft wird die Tendenz vorgegeben

Um dieser Diskussion eine wissenschaftliche Grundlage zu geben, wurde im November 2013 eine Studie zur „Begutachtungsmedizin in Deutschland am Beispiel Bayern“ im Rahmen einer Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München durchgeführt.

Quellen: http://www.aerzteblatt.de/archiv/154014/Gerichtsgutachten-Oft-wird-die-T...

http://www.ursula-gresser.de/publikationen.html

 

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PS: Vielleicht für Nicht-Juristen missverständlich formuliert, bei der Einstellung gibt es in der Regel kein Geständnis des Angeklagten.

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 @ MT, # 27

 

Vielen Dank für die qualifizierte und prompte Antwort.

Bekommt das Publikum das mit wenn eine Einstellung/Teileinstellung angesprochen wird, oder passiert das intra muris?

 

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atropa belladonna schrieb:

 @ MT, # 27

Vielen Dank für die qualifizierte und prompte Antwort.

Bekommt das Publikum das mit wenn eine Einstellung/Teileinstellung angesprochen wird, oder passiert das intra muris?

Die Einstellung an sich erfolgt in der Hauptverhandlung, dürfte man als Zuschauer also mitkriegen. Vorgespräche dazu müssen meines Wissens nach mit dem wesentlichen Inhalt aktenkundig gemacht werden (§§ 212, 202a StPO), aber nur im Falle einer Verständigung muss auch darauf in der Hauptverhandlung hingewiesen und der wesentliche Inhalt wiedergegeben werden (§ 243 Abs. 4 StPO).

Da die allermeisten Einstellungen Kleinkriminalität betreffen, wird aber meines Wissens nach meist auch alles in der Hauptverhandlung besprochen.

Aber wir entfernen uns gerade doch etwas vom Fall Mollath. Ich habe natürlich nicht das Material von Herrn Strate (oder andere Quellen) daraufhin durchforstet. Mir erscheint bei dem öffentlichen Interesse an dem Fall eine Einstellung aber eher als fernliegend. Es wäre auch interessant zu erfahren, ob bei einer Einstellung eine Entschädigung für den Psychiatrieaufenthalt überhaupt möglich gewesen wäre.

 

 

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Ich darf zu meinem obigen Beitrag klarstellen: § 20 StGB lautet unmissverständlich:

"Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat ..."

Ohne Tat gibt es keine Schuld, und ohne Tat gibt es auch keine Schuldunfähigkeit. Der Auftrag an den Gutachter kann also nur dahingehend lauten, ob der nachweisliche Täter, als er nachweislich eine bestimmte Tat (§ 11 Nr. 5) zu einer bestimmten Tatzeit (§ 9) begangen hat, eine der in § 20 genannten Störungen hatte. Eine Gutachten kann es also nur geben, wenn die Begehung der Tat durch den Täter bereits feststeht. So ist der Wortlaut des Gesetzes. Wer das ignoriert, ignoriert das Gesetz. Es gibt keine generelle Schuld ohne Begehung einer Tat. Dies gibt es vielleicht in der Religion, z.B. als "Erbsünde", aber nicht im deutschen Strafrecht. Ein Richter oder Staatsanwalt, der einen Gutachtensauftrag erteilt, obwohl die Begehung einer bestimmten Tat durch eine bestimmte Person überhaupt nicht feststeht, beugt das Gesetz, weil das deutsche Strafrecht nur eine Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat kennt und nicht eine von Taten losgelöste abstrakte Schuldunfähigkeit. Früher gab es einmal die Idee des geborenen Verbrechers ("Natural Born Killer"), der bereits schuldig war, bevor er überhaupt eine Tat begangen hatte. Richter und Staatsanwälte, die Gutachtensaufträge zur Frage der Schuldfähigkeit erteilen, obwohl nicht einmal feststeht, ob durch den vermeintlichen Täter überhaupt die vermeintliche Tat begangen wurde, sind Anhänger der Idee des geborenen Verbrechers.

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Sehr geehrter Noname,

ich habe Ihren Beitrag wieder freigegeben, um darauf direkt zu antworten. Ich gehe einmal zu Ihren Gunsten davon aus, dass Ihr Beitrag auf einem Fehlverständnis juristischer Grundlagen beruht und Sie daraus völlig abwegige Schlüsse ziehen. Sie schreiben;:

Ich darf zu meinem obigen Beitrag klarstellen: § 20 StGB lautet unmissverständlich:

"Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat ..."

Ohne Tat gibt es keine Schuld, und ohne Tat gibt es auch keine Schuldunfähigkeit.

Das trifft zu. § 20 StGB ist eine materielle Strafrechtsnorm. D.h. im Ergebnis eines Prozesses (im Urteil) darf nicht etwa etwas zur Schuld/Schuldfähigkeit ausgeführt werden, wenn dem Angeklagten schon nicht die Tat nachgewiesen werden kann. Im hier besprochenen Urteil fehlen deshalb auch zutreffenderweise Äußerungen zur Schuldfähigkeit bei den angeklagten Sachbeschädigungen (Reifenstechereien).

Der Auftrag an den Gutachter kann also nur dahingehend lauten, ob der nachweisliche Täter, als er nachweislich eine bestimmte Tat (§ 11 Nr. 5) zu einer bestimmten Tatzeit (§ 9) begangen hat, eine der in § 20 genannten Störungen hatte. Eine Gutachten kann es also nur geben, wenn die Begehung der Tat durch den Täter bereits feststeht. So ist der Wortlaut des Gesetzes. Wer das ignoriert, ignoriert das Gesetz.

Nein, das ist erkennbar falsch. Der Gutachtenauftrag ist eine Ermittlungsmaßnahme. Ebenso wie die Polizei einer Spur auch schon dann nachgehen kann, wenn noch gar nicht feststeht, ob eine Tat begangen wurde, kann auch schon ein Gutachtenauftrag ergehen, bevor die Tat rechtskräftig festgestellt wurde. Selbstverständlich beruht dieser Auftrag (wie auch die Anklagerhebung) auf einem bloßen "Tatverdacht". Die Gutachter und Richter wissen, dass ein Gutachten zur Schuldfähigkeit nur Bedeutung hat, wenn die Hypothese, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, sich als zutreffend erweist. Ist das nicht der Fall, wird das Gutachten spätestens im Urteil unberücksichtigt bleiben. Der Gutachtenauftrag beruht auf Verfahrensnormen (u.a. §§ 72 ff., 246a StPO). Der Unterschied zwischen materiellen Normen und Verfahrensnormen ist ein für Juristen selbstverständlicher. Das alles war schon vor Beginn des Strafprozesses im letzten Jahr Gegenstand der Diskussion hier im Blog. Ich kann verstehen, wenn Sie das als Laie nicht auf den ersten Blick erkennen. Aber nicht verstehen kann ich Ihre weiteren Ausführungen auf Grundlage dieser Unkenntnis. Sie schreiben:

 Es gibt keine generelle Schuld ohne Begehung einer Tat. Dies gibt es vielleicht in der Religion, z.B. als "Erbsünde", aber nicht im deutschen Strafrecht. Ein Richter oder Staatsanwalt, der einen Gutachtensauftrag erteilt, obwohl die Begehung einer bestimmten Tat durch eine bestimmte Person überhaupt nicht feststeht, beugt das Gesetz, weil das deutsche Strafrecht nur eine Schuldunfähigkeit bei Begehung der Tat kennt und nicht eine von Taten losgelöste abstrakte Schuldunfähigkeit. Früher gab es einmal die Idee des geborenen Verbrechers ("Natural Born Killer"), der bereits schuldig war, bevor er überhaupt eine Tat begangen hatte. Richter und Staatsanwälte, die Gutachtensaufträge zur Frage der Schuldfähigkeit erteilen, obwohl nicht einmal feststeht, ob durch den vermeintlichen Täter überhaupt die vermeintliche Tat begangen wurde, sind Anhänger der Idee des geborenen Verbrechers.

Das ist alles wirklich so niveaulos, dass ich dem eigentlich nicht die Ehre antun wollte, es ausdrücklich zurückzuweisen. Ich tue es nun trotzdem, weise aber darauf hin, dass es sich beim Beck-Blog um eine primär juristische Diskussionsplattform handelt und Beiträge auch entsprechend moderiert werden. Die Antwort von "Menschenrechtler" habe ich aus diesem Grund nicht wiederhergestellt.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Lippke, sehr geehrte/r MT,

Herr Lippke schrieb:

Zunächst unabhängig davon, ob dies im Fall Mollath sachlich infrage kam, spielt die lt. Wikipedia zulässige Abweichung von der Regel keine unerhebliche Rolle, wenn Effizienz bzw. Prozessökonomie angesprochen wird. Es erscheint nicht nur deswegen sogar als zwingend, diese Möglichkeit zu prüfen. Natürlich nur dann, wenn die Darstellung in Wikipedia formal richtig ist.

Im konkreten Fall Mollath stellt offensichtlich das Auftauchen des Attests vom 14.08.2001 Mitte 2013 dahingehend ein entscheidendes Schlüsselereignis dar. 

Auch der angesprochene § 371 Abs. 2 StPO war schon einmal Gegenstand der Diskussion hier im Blog - dazu brauchten Sie gar nicht bei wikipedia nachzulesen ;-); bei einer längeren Diskussion kommen offenbar immer wieder ähnliche Fragen hoch. Ich hielt das damals für eine wirkliche Alternative.

http://blog.beck.de/2012/11/29/fall-mollath-wie-geht-es-weiter?

Nachdem das OLG Nürnberg eine neue Hauptverhandlung angeordnet hatte, musste diese vor dem LG Regensburg mit denselben Tatvorwürfen stattfinden. Die Anwendung der von ihnen zitierten Norm (sofortiger Freispruch) lag übrigens ausdrücklich nicht im Interesse von Herrn Mollath, der sich ja von der neuen Hauptverhandlung eine umfassende  Rehabilitierung versprach.  Ich glaube, das OLG Nürnberg hätte sich auch sehr viel Kritik eingefangen (Motto: "Justiz versucht den Fall Mollath still zu beerdigen"), wenn es direkt freigesprochen hätte.  Ich glaube nicht, dass die kurz vorher auftauchende Kopie einer Erstschrift des Attests (hatte höchstens Relevanz für den WA-Grund) hier irgendeine Rolle gespielt hat.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

Sehr geehrter Herr Professor Müller,

ich danke Ihnen, dass Sie meinen gelöschten Beitrag kommentiert haben.

Ich vermute, dass Sie den Kernpunkt meiner Kritik nicht verstanden habe.

Ich halte es für medizinisch unredlich und für medizinisch absurd, dass Richter und Staatsanwälte von Gutachtern verlangen, dass sie medizinische Gutachten über Menschen erstellen sollen, von denen sie nicht wissen, ob sie die Taten überhaupt begangen haben oder nicht.

Ich wähle ein völlig neutrales Beispiel, um die Absurdität dieses Ansinnens zu erklären.

Das Wort "Tat" (§ 11 Nr. 5 StGB) ersetze ich durch "Urlaub", und das Wort "Störung" (§ 20 StGB) durch "Schnupfen".

Angenommen, ein Staatsanwalt hat den Verdacht, daß ich im letzten Jahr im "Urlaub" gewesen sein könnte. Nun beauftragt dieser Staatsanwalt einen medizinischen Gutachter, der ein Gutachten darüber erstatten soll, ob ich in diesem hypothetischen Urlaub "Schnupfen" gehabt haben könnte.

Kann sich ein Mediziner redlicherweise darüber auslassen, ob ich im Urlaub Schnupfen gehabt haben könnte, wenn nicht einmal seitens der Staatsanwaltschaft erwiesen ist, ob ich im Urlaub war oder nicht. Welchen medizinischen Wert soll ein derartiges Gutachten haben? Ein Mediziner, der sich zu derartigen Gutachten herablässt, missachtet die Standards der medizinischen Diagnostik.

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Noname schrieb:
Sehr geehrter Herr Professor Müller,

ich danke Ihnen, dass Sie meinen gelöschten Beitrag kommentiert haben.

Ich vermute, dass Sie den Kernpunkt meiner Kritik nicht verstanden habe.

Ich halte es für medizinisch unredlich und für medizinisch absurd, dass Richter und Staatsanwälte von Gutachtern verlangen, dass sie medizinische Gutachten über Menschen erstellen sollen, von denen sie nicht wissen, ob sie die Taten überhaupt begangen haben oder nicht.

Ich wähle ein völlig neutrales Beispiel, um die Absurdität dieses Ansinnens zu erklären.

Das Wort "Tat" (§ 11 Nr. 5 StGB) ersetze ich durch "Urlaub", und das Wort "Störung" (§ 20 StGB) durch "Schnupfen".

Angenommen, ein Staatsanwalt hat den Verdacht, daß ich im letzten Jahr im "Urlaub" gewesen sein könnte. Nun beauftragt dieser Staatsanwalt einen medizinischen Gutachter, der ein Gutachten darüber erstatten soll, ob ich in diesem hypothetischen Urlaub "Schnupfen" gehabt haben könnte.

Kann sich ein Mediziner redlicherweise darüber auslassen, ob ich im Urlaub Schnupfen gehabt haben könnte, wenn nicht einmal seitens der Staatsanwaltschaft erwiesen ist, ob ich im Urlaub war oder nicht. Welchen medizinischen Wert soll ein derartiges Gutachten haben? Ein Mediziner, der sich zu derartigen Gutachten herablässt, missachtet die Standards der medizinischen Diagnostik.

@ noname:

So formuliert könnte man ja sagen, dass der Mediziner redlicherweise ja nur feststellen würde, ob Sie damals Schnupfen hatten ;-)

Wäre sein Auftrag allerdings festzustellen, ob Sie sich bei Ihrem Urlaub in Griechenland dort bei einem Einheimischen angesteckt haben, dann wären alle seine Untersuchungen von vornherein in eine bestimmte Richtung festgelegt und von nicht belegten Annahmen abhängig.

Was sie, auch meiner Meinung nach, in der Realität auch sind.

Das ergibt sich ja bereits daraus, dass GM noch weit vor einer Feststellung seiner Täterschaft zur Untersuchung in die Forensische Psychiatrie eingewiesen wurde.

Hier zur Verdeutlichung die Definition :

Die Forensische Psychiatrie ist ein Teilgebiet der Psychiatrie, das sich mit der Behandlung, der Begutachtung und mit der Unterbringung von psychisch kranken S T R A F T Ä T E R N befasst.

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Sehr geehrter Herr Lippke,

was die Einstellung anbelangt, so wollte ich mit meinem obigen Beitrag nur die allgemeine Möglichkeit der Verfahrensbeendigung aufzeigen - im Vergleich zu der von Ihnen angesprochenen und außerhalb des Strafrechts bekannten (Antrags-) Klagerücknahme. Natürlich denkt man - aus eben ökonomischen Gründen gerne - an die Einstellung mangels an Beweisen, wenn die Beweismittel immer knapper werden oder nicht das sind, was man sich von ihnen versprochen hatte. Ich habe es aber versäumt anzumerken, dass z.B. die Einstellung nach 170 II StPO im Hauptverfahren nicht mehr möglich ist. In diesem Verfahrensstadium muss dann freigesprochen werden. Theoretisch.

Bei den Möglichkeiten der Wiederaufnahmeentscheidung sollte man noch unbedingt den 171 RiStBV beachten, 

Abschnitt 171 RiStBV – Erneuerung der Hauptverhandlung

(1) Ist die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet, so muss in der Regel eine neue Hauptverhandlung stattfinden, weil nur so die meist vorhandenen Widersprüche geklärt und das gesamte Beweismaterial umfassend gewürdigt werden kann und weil nur dadurch gesichert ist, dass die Umstände, die für die frühere Verurteilung maßgebend waren, neben dem Ergebnis der neuen Beweisaufnahme gebührend berücksichtigt werden. Der Staatsanwalt wird deshalb einem Freispruch ohne neue Hauptverhandlung nur ausnahmsweise zustimmen können.

(2) Eine solche Ausnahme kann vorliegen, wenn einwandfrei festgestellt ist, dass der Verurteilte zur Zeit der Tat geisteskrank war, oder wenn seine Unschuld klar zu Tage tritt und es wegen der besonderen Umstände des Falles unzweckmäßig ist, die Hauptverhandlung zu erneuern; jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte mitunter ein berechtigtes Interesse daran hat, dass seine Ehre in öffentlicher Verhandlung wiederhergestellt wird.

der allein schon erheblich mehr hergibt als Wiki. Gerade im Zusammenhang mit der Sache Mollath halte ich diese Vorschrift für sehr hilfreich, weil sich aus ihr ausdrücklich ein Rehabilitationsanspruch des Angeklagten im Wiederaufnahmeverfahren ergibt. Diesem Anspruch wird die exotische Entscheidung des LG Regensburg zu Schuldfähigkeit nicht gerecht und verletzt den Angeklagten damit in seinem Recht. Auf diese Weise ließe sich m.E. sehr schön die Beschwer (19 IV GG) begründen, ohne in die Tiefe der theoretischen Grundlagen des Strafrechts einsteigen zu müssen.

Spannend finde ich außerdem noch die Frage, wie das Gericht im Fall von Abs. 2, 1. Hs, 1. Alt. freispricht: mit oder ohne 20 StPO?

Sehr geehrter Noname,

Sie schreiben:

ich danke Ihnen, dass Sie meinen gelöschten Beitrag kommentiert haben.

Ich vermute, dass Sie den Kernpunkt meiner Kritik nicht verstanden habe.

Ihr Beitrag ist nicht mehr gesperrt. Ich habe Sie sehr wohl verstanden.

Ich halte es für medizinisch unredlich und für medizinisch absurd, dass Richter und Staatsanwälte von Gutachtern verlangen, dass sie medizinische Gutachten über Menschen erstellen sollen, von denen sie nicht wissen, ob sie die Taten überhaupt begangen haben oder nicht. Ich wähle ein völlig neutrales Beispiel, um die Absurdität dieses Ansinnens zu erklären. Das Wort "Tat" (§ 11 Nr. 5 StGB) ersetze ich durch "Urlaub", und das Wort "Störung" (§ 20 StGB) durch "Schnupfen". Angenommen, ein Staatsanwalt hat den Verdacht, daß ich im letzten Jahr im "Urlaub" gewesen sein könnte. Nun beauftragt dieser Staatsanwalt einen medizinischen Gutachter, der ein Gutachten darüber erstatten soll, ob ich in diesem hypothetischen Urlaub "Schnupfen" gehabt haben könnte.

In einem Prozess steht aber NIE schon vorher rechtskräftig  fest, ob Beweisfragen, die in einem späteren Stadium eine Rolle spielen können, dann überhaupt noch relevant sind. Stellen sie sich vor, es gäbe den (hinreichenden) Verdacht, dass Sie im Urlaub jemanden umgebracht haben UND die Frage, ob Sie zeitgleich Schnupfen hatten, würde aus irgendeinem anderen Beweisgrund, z.B. für Ihre Verteidigung, eine Rolle spielen, aber nur, falls Sie am Tatort waren. Denken Sie, es sei sinnvoll, mit dem Gutachten über Ihren Schnupfen zur Tatzeit erst dann jemanden zu beauftragen, wenn zuvor rechtskräftig (also durch alle Instanzen hindurch!) Ihre Anwesenheit am Tatort festgestellt wurde? Und das sei dann bei jeder Beweisfrage so, die logisch nachgeordnet ist? Wie lange wollen Sie denn prozessieren oder z. B. mit Ihrer Verteidigung warten, während Sie in der Untersuchungshaft sitzen?

Sinnvollerweise ist es so, dass, wenn der hinreichende Tatverdacht (den prüfen StA und Gericht vor Eröffnung des Hauptverfahrens)  besteht, dass dann möglichst zeitgleich in einer konzentrierten Hauptverhandlung alle evtl relevanten Beweise zusammengetragen werden. Das setzt voraus, dass ein Sv  schon vorher beauftragt wird, auch wenn nicht sicher ist, ob diese Beweisfrage am Ende des Prozesses noch bedeutsam ist. Zur Frage der Schuldfähigkeit kann man durchaus vertreten, dass hierzu ein so genanntes Schuldinterlokut geregelt werden sollte, also erst nach Abschluss der Tatfrage ein Gutachter beauftragt wird und dann ggf. einige Wochen später noch einmal eine Verhandlung stattfindet. Dies ist aber derzeit in der StPO nicht so geregelt, wäre also eine Reform (die Vor- und Nachteile hat). Ein Richter könnte derzeit aber nicht einfach vom gesetzlich geregelten Weg abweichen, dürfte also z.B. nicht von § 246a StPO abweichen. 

Kann sich ein Mediziner redlicherweise darüber auslassen, ob ich im Urlaub Schnupfen gehabt haben könnte, wenn nicht einmal seitens der Staatsanwaltschaft erwiesen ist, ob ich im Urlaub war oder nicht. Welchen medizinischen Wert soll ein derartiges Gutachten haben? Ein Mediziner, der sich zu derartigen Gutachten herablässt, missachtet die Standards der medizinischen Diagnostik

Zum Vorwurf, es sei unredlich, von Gutachtern zu verlangen, medizinische Gutachten zu erstellen, "von denen sie nicht wissen" (was soll das heißen vor einer Verurteilung?), dass diese die Taten begangen haben. Unabhängig vom Fall Mollath, in dem dieser Vorwurf eine gewisse Berechtigung hat (Rückschau über mehrere Jahre), trifft dies generell nicht zu: Wenn es sachverständig überhaupt möglich ist, eine Aussage über einen früheren Zustand (Schnupfen/ psych. Störung) zu treffen, dann kann man dies auch hypothetisch begutachten für den Fall, dass der Beschuldigte die Tat wie in der Anklageschrift beschrieben, begangen hat. Natürlich wäre es unredlich, wenn es wissenschaftlich unmöglich ist, dazu etwas zu sagen, aber das ist dann die Verantwortung des Sachverständigen, dies zu äußern bzw. die Begutachtung abzulehnen. Aber es gibt diesbezüglich vielleicht doch einen Unterschied zwischen einem kurzfristigen Schnupfen und einer dauerhaften psychischen Störung.  Das ist eben bei jeder Beweisfrage anders. Andererseits kann ich mir viele Situationen vorstellen, in denen es sogar UNVERZICHTBAR ist, den Beweis sofort zu erheben, damit nicht Beweisverlust eingetreten ist, wenn man ihn braucht. Vielleicht kann der Arzt jetzt noch etwas zu Ihrem Infekt sagen, aber nicht mehr in drei Monaten, weil sich dann keine Bakterienkulturen mehr anlegen lassen etc.

Jetzt zum Grund der Moderation: Sie können gerne unten einmal die Moderationshinweise klicken. Richtern, die das Gesetz beachten, pauschal Rechtsbeugung vorzuwerfen, ist ein Grund, einen Beitrag zu sperren. Das Internet ist groß, es gibt genug Plattformen, auf denen unsachliche Beiträge willkommener sind.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Noname,

Sie schreiben:

ich danke Ihnen, dass Sie meinen gelöschten Beitrag kommentiert haben.

Ich vermute, dass Sie den Kernpunkt meiner Kritik nicht verstanden habe.

Ihr Beitrag ist nicht mehr gesperrt. Ich habe Sie sehr wohl verstanden.

Ich halte es für medizinisch unredlich und für medizinisch absurd, dass Richter und Staatsanwälte von Gutachtern verlangen, dass sie medizinische Gutachten über Menschen erstellen sollen, von denen sie nicht wissen, ob sie die Taten überhaupt begangen haben oder nicht. Ich wähle ein völlig neutrales Beispiel, um die Absurdität dieses Ansinnens zu erklären. Das Wort "Tat" (§ 11 Nr. 5 StGB) ersetze ich durch "Urlaub", und das Wort "Störung" (§ 20 StGB) durch "Schnupfen". Angenommen, ein Staatsanwalt hat den Verdacht, daß ich im letzten Jahr im "Urlaub" gewesen sein könnte. Nun beauftragt dieser Staatsanwalt einen medizinischen Gutachter, der ein Gutachten darüber erstatten soll, ob ich in diesem hypothetischen Urlaub "Schnupfen" gehabt haben könnte.

In einem Prozess steht aber NIE schon vorher rechtskräftig  fest, ob Beweisfragen, die in einem späteren Stadium eine Rolle spielen können, dann überhaupt noch relevant sind. Stellen sie sich vor, es gäbe den (hinreichenden) Verdacht, dass Sie im Urlaub jemanden umgebracht haben UND die Frage, ob Sie zeitgleich Schnupfen hatten, würde aus irgendeinem anderen Beweisgrund, z.B. für Ihre Verteidigung, eine Rolle spielen, aber nur, falls Sie am Tatort waren. Denken Sie, es sei sinnvoll, mit dem Gutachten über Ihren Schnupfen zur Tatzeit erst dann jemanden zu beauftragen, wenn zuvor rechtskräftig (also durch alle Instanzen hindurch!) Ihre Anwesenheit am Tatort festgestellt wurde? Und das sei dann bei jeder Beweisfrage so, die logisch nachgeordnet ist? Wie lange wollen Sie denn prozessieren oder z. B. mit Ihrer Verteidigung warten, während Sie in der Untersuchungshaft sitzen?

Sinnvollerweise ist es so, dass, wenn der hinreichende Tatverdacht (den prüfen StA und Gericht vor Eröffnung des Hauptverfahrens)  besteht, dass dann möglichst zeitgleich in einer konzentrierten Hauptverhandlung alle evtl relevanten Beweise zusammengetragen werden. Das setzt voraus, dass ein Sv  schon vorher beauftragt wird, auch wenn nicht sicher ist, ob diese Beweisfrage am Ende des Prozesses noch bedeutsam ist. Zur Frage der Schuldfähigkeit kann man durchaus vertreten, dass hierzu ein so genanntes Schuldinterlokut geregelt werden sollte, also erst nach Abschluss der Tatfrage ein Gutachter beauftragt wird und dann ggf. einige Wochen später noch einmal eine Verhandlung stattfindet. Dies ist aber derzeit in der StPO nicht so geregelt, wäre also eine Reform (die Vor- und Nachteile hat). Ein Richter könnte derzeit aber nicht einfach vom gesetzlich geregelten Weg abweichen, dürfte also z.B. nicht von § 246a StPO abweichen. 

Kann sich ein Mediziner redlicherweise darüber auslassen, ob ich im Urlaub Schnupfen gehabt haben könnte, wenn nicht einmal seitens der Staatsanwaltschaft erwiesen ist, ob ich im Urlaub war oder nicht. Welchen medizinischen Wert soll ein derartiges Gutachten haben? Ein Mediziner, der sich zu derartigen Gutachten herablässt, missachtet die Standards der medizinischen Diagnostik

Zum Vorwurf, es sei unredlich, von Gutachtern zu verlangen, medizinische Gutachten zu erstellen, "von denen sie nicht wissen" (was soll das heißen vor einer Verurteilung?), dass diese die Taten begangen haben. Unabhängig vom Fall Mollath, in dem dieser Vorwurf eine gewisse Berechtigung hat (Rückschau über mehrere Jahre), trifft dies generell nicht zu: Wenn es sachverständig überhaupt möglich ist, eine Aussage über einen früheren Zustand (Schnupfen/ psych. Störung) zu treffen, dann kann man dies auch hypothetisch begutachten für den Fall, dass der Beschuldigte die Tat wie in der Anklageschrift beschrieben, begangen hat. Natürlich wäre es unredlich, wenn es wissenschaftlich unmöglich ist, dazu etwas zu sagen, aber das ist dann die Verantwortung des Sachverständigen, dies zu äußern. Und es gibt diresbezüglich vielleicht doch einen Unterschied zwischen einem Schnupfen und einer psychischen Störung.  Das ist bei jeder Beweisfrage anders. Und ich kann mir viele Situationen vorstellen, in denen es sogar UNVERZICHTBAR ist, den Beweis sofort zu erheben, damit nicht Beweisverlust eingetreten ist, wenn man ihn braucht. Vielleicht kann der Arzt jetzt noch etwas zu Ihrem Infekt sagen, aber nicht mehr in drei Monaten, weil sich dann keine Bakterienkulturen mehr finden lassen etc.

Jetzt zum Grund der Moderation: Sie können gerne unten einmal die Moderationshinweise klicken. Richtern, die das Gesetz beachten, pauschal Rechtsbeugung vorzuwerfen, ist ein Grund, einen Beitrag zu sperren. Das Internet ist groß, es gibt genug Plattformen, auf denen unsachliche Beiträge willkommen sind.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Prof. Müller!

Bzgl. zu erhebender Beweise verstehe ich das alles wirklich und macht es auch echt Sinn bzw. wäre es sicherlich nicht im Sinne des Angeklagten, mit der Beweiserhebung bis zum Tatnachweis zu warten.

Aber, und gerade dieses Aber sollte doch gerade bei einer seriösen Diskussion in einem seriösen Blog berücksicht werden:

Der Tatverdächtige wird ja im Verlauf dieser Untersuchung/Begutachtung mit seiner (angeblichen) Tat konfrontiert und dazu befragt. Sowie mit einer ihm unterstellten Störung.

Ist er nicht der Täter und weist er keine entsprechenden Symptome auf, kann er ja alle diesbezüglichen Fragen nur verneinen bzw. nicht inhaltlich sinnvoll beantworten.

Sie (seine Antworten) werden aber trotzdem, und genau DAS hat man doch bei GM perfekt gesehen, sowohl in einen Tatzusammenhang (zersticht Reifen von Leuten, die auf seiten der Frau stehen, denen er deswegen schaden will) gerückt bzw. diesem zugeordnet sowie der (oder irgendeiner) behaupteten psychsichen Störung (Ich höre die Stimme in meinem Inneren, dass ich ein guter Mensch bin=> Anhalt für schizophrene Symptomaik, passt ins unterstellte (Schwarzgeld-)Wahn geschehen.)

Dabei werden zeitgleich, wie ja auch wiederholt von Ihnen selbst angemerkt, absolut nachvollziehbare, keineswegs unvernünftige Zuordnungen (Nachbar Wörthmüller-Roggenhöfer) ins Gegenteil uminterpretiert und als weiterer Beweis (für die psychische Erkrankung und schlussendlich auch die angelasteten Taten) gewertet.

Und das kommt zwangsläufig dabei raus, wenn man einen Tatverdächtigen bereits weit vor dem Tatnachweis dem forensischen Prozedere ausliefert.

Und erst recht wenn dazu eine ausschließlich auf Behauptungen der Beschuldigerin ausgestellte "fachärztliche Stellungnahme " vollkommen kritiklos akzeptiert wird, wie hier geschehen.

Denn spätestens ab da greift dann zwangsläufig das Prinzip, dass da keiner der nachfolgenden Gutachter mehr widersprechen wird.

Erstens würde er direkt zum "Nestbeschmutzer " erklärt und faktisch entsprechend "sanktioniert" und zweitens ist es unglaublich schwer, etwas zu widerlegen, das man ja schon gar nicht mal belegen kann.

Wenn man sich auch nur ansatzweise näher mit psychischen Erkrankungen befasst, weiß man, wie schwammig da komplett alles "definiert" wird.

Und zwar genau SO schwammig, dass da als Krankheitsbeweis sogar eine innere Stimme drunter passt, die mir sagt, dass ich ein guter Kerl bin ;-)

Aus dieser Grundkonstellation folgt einfach zwangsläufig, dass die normative Kraft des Faktischen mit einer a priori Unschuldsvermutung nicht mehr kompatibel werden bzw sein KANN.

Diese, also die Unschuldsvermutung, sollte, allzumal in einem Rechtsstaat, auf eben diesem Weg auch nicht durch einen h i n r e i c h e n d e n Tatverdacht ausgehebelt werden können.

In diesem Sinne

f&f

4

f&f schrieb:
[...]Aber, und gerade dieses Aber sollte doch gerade bei einer seriösen Diskussion in einem seriösen Blog berücksicht werden: Der Tatverdächtige wird ja im Verlauf dieser Untersuchung/Begutachtung mit seiner (angeblichen) Tat konfrontiert und dazu befragt.[...]

Aber eben doch nur, wenn der Beschuldigte/Angeklagte dem zustimmt. Soweit ich die bisherige Diskussion hier und das BVerfG Urteil aus 2001 verstanden habe, besteht gerade keine Pflicht, sich so einer Untersuchung bzw. Begutachtung auszusetzen. Genauso wie keine Pflicht besteht, vor Gericht etwas zur Tat zu sagen.

BVerfG schrieb:

Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt (vgl. BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden (§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Beschuldigten zu erwarten ist (vgl. OLG Celle, StV 1985, S. 224; StV 1991, S. 248).

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20011009_2bvr152...

4

MT schrieb:

f&f schrieb:
[...]Aber, und gerade dieses Aber sollte doch gerade bei einer seriösen Diskussion in einem seriösen Blog berücksicht werden: Der Tatverdächtige wird ja im Verlauf dieser Untersuchung/Begutachtung mit seiner (angeblichen) Tat konfrontiert und dazu befragt.[...]

Aber eben doch nur, wenn der Beschuldigte/Angeklagte dem zustimmt. Soweit ich die bisherige Diskussion hier und das BVerfG Urteil aus 2001 verstanden habe, besteht gerade keine Pflicht, sich so einer Untersuchung bzw. Begutachtung auszusetzen. Genauso wie keine Pflicht besteht, vor Gericht etwas zur Tat zu sagen.

BVerfG schrieb:

Eine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Beobachtung kann danach nicht erfolgen, wenn der Beschuldigte sich weigert, sie zuzulassen bzw. bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung des Beschuldigten voraussetzt (vgl. BGH, StV 1994, S. 231 f.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Beschuldigten verweigert wird und ein Erkenntnisgewinn deshalb nur bei Anwendung verbotener Vernehmungsmethoden (§ 136 a StPO) oder einer sonstigen Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Beschuldigten zu erwarten ist (vgl. OLG Celle, StV 1985, S. 224; StV 1991, S. 248).

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20011009_2bvr152...

Dann hätte es ja NIE, auch nicht in der WAV ein Gutachten geben DÜRFEN, das i r g e n d etwas über GM zu egal welchem Zeitpunkt und unter egal welchen Aspekten aussagt.

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f&f schrieb:
Dann hätte es ja NIE, auch nicht in der WAV ein Gutachten geben DÜRFEN, das i r g e n d etwas über GM zu egal welchem Zeitpunkt und unter egal welchen Aspekten aussagt.

"So eine Untersuchung" war auf das Konfrontieren und Befragen aus Ihrem vorherigen Beitrag bezogen. Es ist mir nicht bekannt, dass Herr Mollath sich im Wiederaufnahmeverfahren zwecks Begutachtung von einem Gutachter befragen lassen musste. Genauso hätte auch keine Unterbringung zum Zweck der Begutachtung erfolgen dürfen. Eine Begutachtung, die keine Mitwirkung erfordert, ist dadurch aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Ob sie in dem Fall sinnvoll war, ist eine andere Frage.

5

@ #27, MT vom 12.02.2015

atropa belladonna schrieb:

Wie wird so eine Einstellung denn im allgemeinen begründet?

......

Das hängt vom Einzelfall ab. Man kann die Einstellung als "kleinen Deal" bezeichnen. Das Verfahren kann im Einvernehmen aller Beteiligten (inkl. Angeklagter) gegen bestimmte Auflagen (z.B. Zahlung eines Geldbetrages) eingestellt werden, wenn dadurch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt wird und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht, s. § 153a Abs. 2 iVm Abs. 1 StPO.

Sind die Voraussetzungen für eine Einstellung nicht gegeben, gibt es noch die Möglichkeit der Verständigung, § 257c StPO ("großer Deal"). Dabei wird meist vom Angeklagten ein Geständnis in Aussicht gestellt und im Gegenzug grenzt das Gericht den zu erwartenden Strafrahmen näher ein. Das Einverständnis des Angeklagten ist auch hier erforderlich.

Zitat:

Welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen hat eine Einstellung für den Angeklagten?

Keine. Der Angeklagte ist bei Einstellung meines Wissens nach noch nicht einmal vorbestraft.

Zitat:

Könnte er bei einer Verfahrenseinstellung dann ggf. dagegen vorgehen, dass im möglicherweise bis zu diesem Verfahren wegen der gefährlichen KV Unterhalt und Versorgungsausgleich versagt worden sind (auf Grund von Härtefallklauseln/Unzumutbarkeit)?

Dafür kenne ich mich zu wenig im Familienrecht aus, außerdem hängt das sehr vom Einzelfall ab. Etwa ob ein Vergleich bzgl. der Scheidung geschlossen wurde und ggf. dessen Wortlaut.

………

Nachdem was ich in den letzten Tagen diesbezüglich gelesen habe, befürchte ich, dass der Inhalt der Scheidungsvereinbarung vernichtend für Mollath war. – Er selber war ja beim Termin nicht anwesend, fatalerweise, entweder aus eigenem Impetus, oder weil man ihm das als günstig vermittelt hatte. Er hat mal erwähnt, er wäre nicht zum Termin gegangen, aus Angst, dass man ihm wieder etwas anhängen könnte. Nach dem Termin hat er sich mit der Scheidungsanwältin überworfen, habe ich einmal gelesen. Ich glaube, das war sogar eine Bemerkung von P3M.

Ein reiner Verzicht auf gegenseitigen Unterhalt auch in Zeiten von Not wäre das Papier nicht wert gewesen, auf dem er gedruckt worden wäre.

Mit einer gefährlichen KV käme man einer gewünschten nachehelichen Unterhaltsentpflichtung schon näher, desgleichen einem Verzicht auf Versorgungsausgleich.

Letzterem muss der Richter zustimmen und das macht er i. a. auch, aber nur bei Fällen, in denen der berechtigte Partner eine eigene ausreichende Säule der Altersversorgung nachweisen kann, was aber bei Mollath nicht der Fall war.

Die Schuldunfähigkeit wurde auch erst später festgestellt, hätte aber, sofern man sie prophylaktisch bereits in Betracht gezogen hätte, die Entpflichtung von Unterhalt und Versorgungsausgleich gefährden können.

Das Scheidungsurteil und ggf. eine Scheidungsvereinbarung hat in kein Verfahren Eingang gefunden.

Der Inhalt wäre möglicherweise auch für Mollath belastend gewesen wurde hier im Blog angemerkt.

Fazit: Im schlimmsten Fall hat Mollaths Scheidungsanwältin die gefährliche KV als gegeben zugestanden. Das würde meiner Meinung nach einiges erklären.

Noch einmal zur Erinnerung:

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-LG-Regensburg-2013-05-01.pdf , Seite 4:

Letzteres Motiv ergibt sich bereits aus ihrem Schreiben vom 27.4.2004, in dem sie ihre Scheidungsanwältin, Frau Woertge, darum bittet, vorzutragen, der Versorgungsausgleich ihres Mannes sei wegen der gegen sie angeblich begangenen Straftaten verwirkt (802 Js 4743/03 Staatsanwalt-

schaft Nürnberg-Fürth, Bl. 146 d.A.).

 

 

 

 

4

Mein obiger Kommentar bezieht sich auf den Beitrag 41 von atropa belladonna. Dieser Text steht ohne Bezug auf atropa belladonna im oberen Teil meines Kommentars. Dies war mein Fehler beim teilweisen Zitieren des Kommentars 41

0

"Denken Sie, es sei sinnvoll, mit dem Gutachten über Ihren Schnupfen zur Tatzeit erst dann jemanden zu beauftragen, wenn zuvor rechtskräftig (also durch alle Instanzen hindurch!) Ihre Anwesenheit am Tatort festgestellt wurde?" (Prof. Müller)

Welche Tatzeit? Welcher Tatort?

Wenn die Tat niemals begangen wurde, gibt es weder eine Tatzeit noch einen Tatort.

Wenn man solche Fälle wie den des Opfers Horst Arnold und seines Gutachters Lothar Staud zukünftig verhindern will, wenn man also nicht will, dass Richter unschuldige Menschen jahrelang wegsperren, dann muss man zukünftig ("de lege ferenda") anders verfahren.

Die Lösung besteht darin, dass man dem Gutachter die Ermittlungsakte NICHT aushändigt und ihn auch NICHT mündlich über die Ermittlungen unterrichtet, damit er völlig objektiv ein Gutachten erstellen kann. Der Gutachter begutachtet dann nicht mehr in Kenntnis der Ermittlungsakte, ob der Täter zur Tatzeit schuldunfähig war, sondern der Gutachter begutachtet ohne Kenntnis der Ermittlungsakte, ob eine bestimmte Person (nicht Täter) zum einem bestimmten Zeitpunkt (nicht Tatzeit) eine Störung der Geistestätigkeit hatte, wobei der Gutachter nicht wissen darf, welche Tat die Staatsanwaltschaft der Person vorwirft.

Dann kann der Fall nicht mehr passieren, dass ein Gutachter vom Typus Lothar Staud in bezug auf den unschuldigen Horst Arnold sich zu der Prognose verstiegen hatte, von Horst Arnold seien "auch in Zukunft ähnliche rechtswidrige Taten" zu erwarten (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79973982.html), obwohl Horst Arnold niemals rechtswidrige Taten begangen hatte.

Eine derartige Änderung der bisherigen Gutachterpraxis setzt aber voraus, dass Staatsanwälte und Richter ernsthaft verhindern wollen, dass Unschuldige verurteilt werden.

4

Sehr geehrter Nonam,

sie schreiben:

Welche Tatzeit? Welcher Tatort?

Wenn die Tat niemals begangen wurde, gibt es weder eine Tatzeit noch einen Tatort.

Ein Strafverfahren beginnt IMMER unter der (bis zur Rechtskraft des Urteils) vorläufigen Annahme, dass eine Straftat begangen wurde, also einem bloßen Tatverdacht. Sie wollen mit Ermittlungen erst beginnen, wenn die Tat schon feststeht? Am besten soll das dann wohl "Noname" allein entscheiden?

Wenn man solche Fälle wie den des Opfers Horst Arnold und seines Gutachters Lothar Staud zukünftig verhindern will, wenn man also nicht will, dass Richter unschuldige Menschen jahrelang wegsperren, dann muss man zukünftig ("de lege ferenda") anders verfahren.

100% kann man die Verurteilung Unschuldiger nur verhindern, wenn man das Strafrecht abschafft. Ihre Alternative lautet so:

Die Lösung besteht darin, dass man dem Gutachter die Ermittlungsakte NICHT aushändigt und ihn auch NICHT mündlich über die Ermittlungen unterrichtet, damit er völlig objektiv ein Gutachten erstellen kann. Der Gutachter begutachtet dann nicht mehr in Kenntnis der Ermittlungsakte, ob der Täter zur Tatzeit schuldunfähig war, sondern der Gutachter begutachtet ohne Kenntnis der Ermittlungsakte, ob eine bestimmte Person (nicht Täter) zum einem bestimmten Zeitpunkt (nicht Tatzeit) eine Störung der Geistestätigkeit hatte, wobei der Gutachter nicht wissen darf, welche Tat die Staatsanwaltschaft der Person vorwirft.

Hinweise auf eine Störung (z.B. eine Psychose) lassen sich häufig gerade aus dem Tatablauf ablesen. Mit Ihrer Methode würden Sie eher erreichen, dass unschuldige (schuldunfähige) Menschen bestraft werden weil dem Gutachter wesentliche  Informationen nicht zur Verfügung stehen. Richtig an Ihrem Vorschlag  ist, dass der Gutachtenauftrag nicht eine noch nicht festegestellte  Täterschaft unterstellen darf.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

 

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Nonam,

sie schreiben:

Welche Tatzeit? Welcher Tatort?

Wenn die Tat niemals begangen wurde, gibt es weder eine Tatzeit noch einen Tatort.

Ein Strafverfahren beginnt IMMER unter der (bis zur Rechtskraft des Urteils) vorläufigen Annahme, dass eine Straftat begangen wurde, also einem bloßen Tatverdacht. Sie wollen mit Ermittlungen erst beginnen, wenn die Tat schon feststeht? Am besten soll das dann wohl "Noname" allein entscheiden?

Wenn man solche Fälle wie den des Opfers Horst Arnold und seines Gutachters Lothar Staud zukünftig verhindern will, wenn man also nicht will, dass Richter unschuldige Menschen jahrelang wegsperren, dann muss man zukünftig ("de lege ferenda") anders verfahren.

100% kann man die Verurteilung Unschuldiger nur verhindern, wenn man das Strafrecht abschafft. Ihre Alternative lautet so:

Die Lösung besteht darin, dass man dem Gutachter die Ermittlungsakte NICHT aushändigt und ihn auch NICHT mündlich über die Ermittlungen unterrichtet, damit er völlig objektiv ein Gutachten erstellen kann. Der Gutachter begutachtet dann nicht mehr in Kenntnis der Ermittlungsakte, ob der Täter zur Tatzeit schuldunfähig war, sondern der Gutachter begutachtet ohne Kenntnis der Ermittlungsakte, ob eine bestimmte Person (nicht Täter) zum einem bestimmten Zeitpunkt (nicht Tatzeit) eine Störung der Geistestätigkeit hatte, wobei der Gutachter nicht wissen darf, welche Tat die Staatsanwaltschaft der Person vorwirft.

Hinweise auf eine Störung (z.B. eine Psychose) lassen sich häufig gerade aus dem Tatablauf ablesen. Mit Ihrer Methode würden Sie eher erreichen, dass unschuldige (schuldunfähige) Menschen bestraft werden weil dem Gutachter wesentliche  Informationen nicht zur Verfügung stehen. Richtig an Ihrem Vorschlag  ist, dass der Gutachtenauftrag nicht eine noch nicht festegestellte  Täterschaft unterstellen darf.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

 

Sehr geehrter Prof. Müller,

Noname spricht hier ernsthafte Konsequenzen von Fehlentscheidungen an und Sie flaxen dazu. Ihre 100%-Aussage zu Abschaffung des Strafrechts macht mich wirklich betroffen. Die Aussage stimmt sicherlich und ließe sich vermutlich sogar wissenschaftlich beweisen. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Fehlurteils? Liegt sie nachweislich unter 50 %? Man könnte wirklich das Strafrecht  abschaffen und stattdessen würfeln. Nur wer akzeptiert würfeln? Denn die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1/n, als mit n=2 bei 50% (Ja/Nein-Fragen). Also Würfeln mit 3,4,5,6 Seiten? Was kommt der Zuverlässigkeit der Strafjustiz nahe?

Gibt es aus Steuermitteln finanzierte Rechtswissenschaftler, die hierzu Untersuchungen anstellen? Ich fragte das schön öfter. Es besteht die Freiheit der Lehre. Warum interessiert das keinen Strafrechtswissenschaftler? Warum kennt man keinerlei Methoden, wie man dazu Daten erheben oder diese besser sogar aus theoretischen Modellen ermitteln kann? Verschiedene Vorgehensweisen in Ermittlungs- und Strafverfahren müssen doch Auswirkungen auf diese Wahrscheinlichkeiten haben. Wo findet man wissenschaftliche Methode in der Rechtslehre?

Es gibt offensichtlich für das Strafrecht und die Rechtslehre allgemein keine wissenschaftlichen Grundlagen. Alles nur Historie, ein akademisiertes Meinen und Glauben im Auftrage des Staates. Womit und wofür dann die Unabhängigkeit der Justiz? Als willkürliche Parallelmacht, als "bad cop" zum Absichern der demokratiegesichtigen Machtausübung des Großkapitals? Alles nur Geschwafel und Größenwahn-Blasen wie im Derivatezirkus der Banken? Da hätte es gerechterweise im Fall Mollath zum institutionellen Treffen der heimlichen Schnorrer am Gemeinwesen kommen können oder sogar müssen.

Zurück zu Angeklagtenrechten: Es wäre schon hilfreich eine deutlich höhere Sicherheit vor Fehlurteilen anzustreben. Niemand weiß, wie hoch die ist. Ich erinnere an das "gefühlte Wissen" zu Datenbanken und die persönlich durch GStA und OStA vorgenommen forensischen Untersuchungen der Atteste. Das kann man bis zur totalen Verkennung der Realität hochrechnen. Wo beginnt die Absicherung gegen solche Amokläufe von Juristen.  Juristen bilden sich offensichtlich ein, dass sie selbstgenügsam über die Wirklichkeit entscheiden können. Die Sachkunde dafür fällt ihnen nach eigenem Ermessen und per gedeuteltem Gesetz zu. Das ist ERSCHRECKEND, ABSTOSSEND und WILLKÜRLICH. Es ist Meinungsjustiz und Unrecht mit Ansage. Prof Müller, das ist die Realität Ihrer Branche und damit ist diese wohl eher eine Brache, zumindest aus Sicht des Volkes.

Lutz Lippke

 

 

 

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Lutz Lippke schrieb:

Henning Ernst Müller schrieb:

Sehr geehrter Nonam,

sie schreiben:

Welche Tatzeit? Welcher Tatort?

Wenn die Tat niemals begangen wurde, gibt es weder eine Tatzeit noch einen Tatort.

Ein Strafverfahren beginnt IMMER unter der (bis zur Rechtskraft des Urteils) vorläufigen Annahme, dass eine Straftat begangen wurde, also einem bloßen Tatverdacht. Sie wollen mit Ermittlungen erst beginnen, wenn die Tat schon feststeht? Am besten soll das dann wohl "Noname" allein entscheiden?

Wenn man solche Fälle wie den des Opfers Horst Arnold und seines Gutachters Lothar Staud zukünftig verhindern will, wenn man also nicht will, dass Richter unschuldige Menschen jahrelang wegsperren, dann muss man zukünftig ("de lege ferenda") anders verfahren.

100% kann man die Verurteilung Unschuldiger nur verhindern, wenn man das Strafrecht abschafft. Ihre Alternative lautet so:

Die Lösung besteht darin, dass man dem Gutachter die Ermittlungsakte NICHT aushändigt und ihn auch NICHT mündlich über die Ermittlungen unterrichtet, damit er völlig objektiv ein Gutachten erstellen kann. Der Gutachter begutachtet dann nicht mehr in Kenntnis der Ermittlungsakte, ob der Täter zur Tatzeit schuldunfähig war, sondern der Gutachter begutachtet ohne Kenntnis der Ermittlungsakte, ob eine bestimmte Person (nicht Täter) zum einem bestimmten Zeitpunkt (nicht Tatzeit) eine Störung der Geistestätigkeit hatte, wobei der Gutachter nicht wissen darf, welche Tat die Staatsanwaltschaft der Person vorwirft.

Hinweise auf eine Störung (z.B. eine Psychose) lassen sich häufig gerade aus dem Tatablauf ablesen. Mit Ihrer Methode würden Sie eher erreichen, dass unschuldige (schuldunfähige) Menschen bestraft werden weil dem Gutachter wesentliche  Informationen nicht zur Verfügung stehen. Richtig an Ihrem Vorschlag  ist, dass der Gutachtenauftrag nicht eine noch nicht festegestellte  Täterschaft unterstellen darf.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

 

 

 

 

Sehr geehrter Prof. Müller,

Noname spricht hier ernsthafte Konsequenzen von Fehlentscheidungen an und Sie flaxen dazu. Ihre 100%-Aussage zu Abschaffung des Strafrechts macht mich wirklich betroffen. Die Aussage stimmt sicherlich und ließe sich vermutlich sogar wissenschaftlich beweisen. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Fehlurteils? Liegt sie nachweislich unter 50 %? Man könnte wirklich das Strafrecht  abschaffen und stattdessen würfeln. Nur wer akzeptiert würfeln? Denn die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1/n, als mit n=2 bei 50% (Ja/Nein-Fragen). Also Würfeln mit 3,4,5,6 Seiten? Was kommt der Zuverlässigkeit der Strafjustiz nahe?

Gibt es aus Steuermitteln finanzierte Rechtswissenschaftler, die hierzu Untersuchungen anstellen? Ich fragte das schön öfter. Es besteht die Freiheit der Lehre. Warum interessiert das keinen Strafrechtswissenschaftler? Warum kennt man keinerlei Methoden, wie man dazu Daten erheben oder diese besser sogar aus theoretischen Modellen ermitteln kann? Verschiedene Vorgehensweisen in Ermittlungs- und Strafverfahren müssen doch Auswirkungen auf diese Wahrscheinlichkeiten haben. Wo findet man wissenschaftliche Methode in der Rechtslehre?

Es gibt offensichtlich für das Strafrecht und die Rechtslehre allgemein keine wissenschaftlichen Grundlagen. Alles nur Historie, ein akademisiertes Meinen und Glauben im Auftrage des Staates. Womit und wofür dann die Unabhängigkeit der Justiz? Als willkürliche Parallelmacht, als "bad cop" zum Absichern der demokratiegesichtigen Machtausübung des Großkapitals? Alles nur Geschwafel und Größenwahn-Blasen wie im Derivatezirkus der Banken? Da hätte es gerechterweise im Fall Mollath zum institutionellen Treffen der heimlichen Schnorrer am Gemeinwesen kommen können oder sogar müssen.

Zurück zu Angeklagtenrechten: Es wäre schon hilfreich eine deutlich höhere Sicherheit vor Fehlurteilen anzustreben. Niemand weiß, wie hoch die ist. Ich erinnere an das "gefühlte Wissen" zu Datenbanken und die persönlich durch GStA und OStA vorgenommen forensischen Untersuchungen der Atteste. Das kann man bis zur totalen Verkennung der Realität hochrechnen. Wo beginnt die Absicherung gegen solche Amokläufe von Juristen.  Juristen bilden sich offensichtlich ein, dass sie selbstgenügsam über die Wirklichkeit entscheiden können. Die Sachkunde dafür fällt ihnen nach eigenem Ermessen und per gedeuteltem Gesetz zu. Das ist ERSCHRECKEND, ABSTOSSEND und WILLKÜRLICH. Es ist Meinungsjustiz und Unrecht mit Ansage. Prof Müller, das ist die Realität Ihrer Branche und damit ist diese wohl eher eine Brache, zumindest aus Sicht des Volkes.

Lutz Lippke

 

 

 

@ LL: Zustimmung auf der ganzen Linie. Zum Glück leben wir in einer Demokratie, wo man auch so kritische Gedanken offen äußern kann. Sozusagen: Sumus Charlie ! :-)

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"Hinweise auf eine Störung (z.B. eine Psychose) lassen sich häufig gerade aus dem Tatablauf ablesen." (Prof. Müller)

In dem zitiertem Horst-Arnold-Fall hatte die Justiz, konkret der Darmstädter Richter Christoph Trapp, dem Gutachter Lothar Staud einen frei erfunden "Tatablauf" präsentiert, der von einer Denunziantin ersonnen worden war. Auf der Basis dieses frei erfundenen "Tatablaufs" ließ Richter Trapp dann den Gutachter Lothar Staud die "Störung ablesen", also die Störung erfinden, worauf dann Richter Trapp den unschuldigen Horst Arnold jahrelang in der Psychiatrie verschwinden ließ.

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#Prof. Müller # Noname # Waldemar Kolos # f&f

Sehr geehrter Herr Prof. Müller,

wenn ich Sie um Verständnis bitten darf, wenn engagierte Aussagen getroffen werden, die nicht im vornherein dem "Status quo" der Jurisprudenz entsprechen und ggf. juristisch nicht korrekt sind.

Sie führen aus: Sinnvollerweise ist es so, dass, wenn der hinreichende Tatverdacht   besteht, dass dann möglichst zeitgleich in einer konzentrierten Hauptverhandlung alle evtl relevanten Beweise zusammengetragen werden. Das setzt voraus, dass ein Sachverständiger  schon vorher beauftragt wird, auch wenn nicht sicher ist, ob diese Beweisfrage am Ende des Prozesses noch bedeutsam ist und nehmen Bezug auf:

In § 246a der Strafprozessordnung heißt es: „Kommt in B e t r a c h t, dass die U n t e r b r i n g u n g des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet oder vorbehalten wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen.“

Eindeutig besagt der § 246a StPO und ist darauf ausgerichtet, „wenn eine U n t e r b r i n g u n g in Betracht kommt“.

Im Fall Mollath war die angebliche Körperverletzung im Aug. 2001. G.M. hat sich bis zur AG-Verhandlung 2004 und bis zur LG-Verhandlung also drei bzw. fünf Jahre nichts Schwerwiegendes zu Schulden kommen lassen. Es handelte sich um einen so oft vorkommenden Ehekonflikt, allerdings mit einer gesellschaftlichen Brisanz..... Aus welchen Gründen sollte im Jahre 2004 eine Unterbringung bei G.M. in Betracht kommen? Es gab keine Anzeichen für eine Gemeingefährlichkeit. Erst durch die Sachbeschädigungen bei den Reifen ergab sich vor der LG-Verhandlung 2006 merkwürdigerweise ein vager Verdacht auf Gemeingefährlichkeit, von der GM im WA-Verfahren entlastet wurde.

Ich kann gegenwärtig beim besten Willen nicht nachvollziehen, mit welcher Begründung der Amtsrichter 2004 einen Gutachter beauftragt hat und es zu ließ, dass G.M. während der Gerichtsverhandlung zwangsbeobachtet wurde. Bekanntlich hätte die Möglichkeit bestanden, das Verfahren mit einer Strafe von 1000 Euro einzustellen.

Sie führen weiter aus:“Ein Richter könnte derzeit aber nicht einfach vom gesetzlich geregelten Weg abweichen, dürfte also z.B. nicht von § 246a StPO abweichen.“ 

In der Verfahrensvorschrift des §246a StPO heißt es                                „wenn eine Unterbringung in Betracht kommt“.“In Betracht kommt“ ist m.E. eine sehr auslegungsbedürftige Formulierung und dürfte m.E. ein „ unbestimmter Rechtsbegriff“ sein über dessen Auslegung sicherlich ein Ermessen des damals befassten Richters bestand. Vermutlich ist nicht einmal in der Rechtsprechung definiert, wann und nach welchen Kriterien „eine existenzvernichtende Unterbringung in Betracht kommt“. Insofern kann sehr leicht die fatale Weichenstellung der Pathologisierung, der Psychiatrisierung eingeschlagen werden, insbesondere bei inkompetenten und inhumanen Sachverständigen.

Im Gabriele Wolff Blog wurde die Ansicht vertreten, dass vom Amtsrichter die psychiatrische Begutachtung eingeleitet wurde, um den Fall Mollath zuständigkeitshalber an das Landgericht abgeben zu können.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Richter des AG das Zustandekommen des fragwürdigen Attestes von Dr. Krach ohne persönliche Untersuchung nicht ausreichend geprüft hat.

Es bleibt festzustellen, dass m.E. 2004 eine Einbeziehung eines psychiatrischen Gutachters von der gegebenen Gesamtsituation nicht notwendig war und auch m.E. nicht durch die Vorschrift des § 246StPO gedeckt war, da nur der vage Verdacht einer Körperverletzung und einer psychischen Erkrankung und kein Verdacht auf Gemeingefährlichkeit vorlag, bei dem eine Unterbringung in Betracht gekommen wäre.

„Noname“ führt im humanistischen Sinn, aus der Vernunft und auch seinem Rechtsempfinden heraus u.a. als Argument für die Notwendigkeit eines vorherigen Urteils über die Tatbegehung die materiell rechtliche Vorschrift des § 2O StGB auf. Dem steht die verfahrensrechtliche Vorschrift des § 247a StPO in gewisserweise gegenüber. Soweit es überhaupt in diesem Zusammenhang von Bedeutung ist und ich dies beurteilen kann, steht das materielle Recht über dem nachrangigen Verfahrensrecht. A l l e die bereits kommentierten Gründe führen in der Gesamtbewertung dazu , dass der § 247a StPO von der Rechtspraxis juristisch höchst problematisch und u.U. auch verfassungswidrig ist. Das Wegräumen von Gustl Mollath in den dunklen Ort des Rechts und auch die unrechtmäßige Psychiatrisierung von vielen Betroffenen spricht eine deutliche Sprache. Es kann und darf nicht sein, dass Angeklagte vorzeitig aus prozessökonomischen Gründen aufgrund einer überholten obrigkeitsstaatlichen Verfahrensvorschrift vorzeitig pathologisiert werden.

Herr Prof. Müller Sie schreiben, dass der Gutachtenauftrag eine Ermittlungs-maßnahme sei und die Ergebnisse Beweise sind. Beweise im engeren Sinn sind sicherlich Tatbestände bei denen es um die Tatbegehung, den Tatnachweis geht. Ein Gutachten geht weit über normalen klassischen Tat-Ermittlungs-maßnahmen hinaus und beurteilt die Individualität eines Menschen insgesamt in seiner menschlichen, seelischen, sozialen Identität und Integrität und stellt zweifelsohne einen tiefgreifenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar.

Und dies ohne ausreichende Notwendigkeit, wenn dies gesetzlich vernünftig, human geregelt und praktiziert  würde !

Ein schwerwiegender Eingriff paradoxerweise bei Menschen für die zu diesem Zeitpunkt die Unschuldsvermutung gilt .

Herr Mollath wurde bis zur Hauptverhandlung 2006, also v o r Urteilsfindung über die angebliche Körperverletzung insgesamt 5 mal und über einen Zeitraum von drei Jahren zwangsbegutachtet und zwangsbeobachtet (beim AG und LG-Verfahren,im BKH Erlangen, BKH Bayreuth und Straubing. Nach der Verurteilung 2006 nochmals 6 mal (Dr. Simmerl, Prof. Kröber, Bayreuth, Prof. Pfäfflin, Dr. Weinberger, Prof. Nedopil). Insgesamt also 11 mal. Wenn das kein Psychiatrisierungswahn ist, um bei den Worten von Dr. Strate in seinem Buch zu bleiben.

Dieser ganze inhumane gesellschaftliche Aufwand hätte in die Wahrheits- und Rechtsfindung der angeblichen Körperverletzung, einer möglichen Falschbeschuldigung und der tatsächlichen Hintergründe im Fall Mollath verwendet werden können. All diese psychiatrischen Begutachtungen waren m.E. nicht notwendig , wie der Freispruch hinsichtlich der Sachbeschädigungen und der Gemeingefährlichkeit und die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Nedopil  bewiesen hat.

Und dieser wahnwitzige juristische Aufwand mit ca. zehn Nebenprozessen insbesondere auch aus den verfahrensrechtlichen Gründen nach § 247a StPO, weil der Gesetzgeber den prozessökonomischen Vorteilen einer sofortigen Gutachtenerstellung gegenüber den legitimen Rechten der Staatsbürger aus einer überholten obrigkeitsstaatlichen Gesinnung heraus den Vorrang gibt.

Diese furchtbaren juristischen Missstände sprechen eindeutig und dringend für eine Reform des § 247a StPO und für das von Ihnen angesprochene S c h u l d i n t e r l o k u t  in dem erst nach Abschluss der Tatfrage ein Gutachter beauftragt wird und dann ggf. einige Wochen später noch einmal eine Verhandlung stattfindet.

Die konsequente, eindeutige und klare Trennung Urteil über eine Tat und anschließende Beurteilung der Schuldfähigkeit würde sehr viele unmenschliche Justizirrtümer, unrechtmäßige elende Unterbringungen verhindern und den Psychiatrisierungswahn unserer Gesellschaft wirksam eindämmen.

Sehr geehrter Herr Prof. Müller, wenn ich Sie bitten darf auf dieses Statement einzugehen. Dieses Anliegen geht auch an Herrn Waldemar Kolos.

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Wieviele Fehleinweisungen gibt es im statistischen Durchschnitt?

In dem 2012 erschienenen StPO-Kommentar von Gercke, Julius et al. lesen wir zu § 246a StPO:

"Die Qualität forensisch-psychiatrischer Einweisungsdiagnosen wird allerdings zunehmend kritisch beurteilt (vgl. empirisch Konrad NStZ 1991, 315: 27 % Fehleinweisungen)"

Im statistischen Durchschnitt wird also jeder vierte Angeklagte von Gerichten zu Unrecht in die Psychiatrie eingewiesen.

Zu Details siehe Norbert Konrad, Fehleinweisung in den psychiatrischen Maßregelvollzug, NStZ 1991, Seiten 315-321.

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Schuldinterlokut

In Ausland ist das Interlokut bzw. die Interlokution in einigen Ländern gesetzlich vorgesehen, z.B. in der Schweiz:

Artikel 342 der StPO in der Schweiz:

"Art. 342 Zweiteilung der Hauptverhandlung

1 Das Gericht kann auf Antrag der beschuldigten Person oder der Staatsanwaltschaft oder von Amtes wegen die Hauptverhandlung zweiteilen; dabei kann es bestimmen, dass:

a. in einem ersten Verfahrensteil nur die Tat- und die Schuldfrage, in einem zweiten die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden; oder

b. in einem ersten Verfahrensteil nur die Tatfrage und in einem zweiten die Schuldfrage sowie die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden.

2 Die Entscheidung über die Zweiteilung der Hauptverhandlung ist nicht anfechtbar.

3 Bei einer Zweiteilung dürfen die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person nur im Falle eines Schuldspruchs zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden, es sei denn, dass sie für die Frage des objektiven oder subjektiven Tatbestandes von Bedeutung sind.

4 Die Entscheide über die Tat- und die Schuldfrage werden nach ihrer Beratung eröffnet, sind jedoch erst mit dem gesamten Urteil anfechtbar."

Übertragen auf die deutsche StPO würde dies bedeuten, dass zuerst die "Begehung der Tat" (§ 20 StBG) feststehen müsste, bevor der psychiatrische Gutachter beauftragt wird zu prüfen, ob "bei Begehung der Tat" eine Störung vorlag.

Die deutsche StPO ist ein psychiatrisches Hysteron-Proteron.

Man stelle sich einmal vor, ein Strafrichter müsste zuerst das Strafmaß festlegen, bevor er urteilt, ob eine Straftat überhaupt begangen wurde. Dann wird einem die Absurdität der deutschen StPO bewusst.

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Noname schrieb:
Schuldinterlokut In Ausland ist das Interlokut bzw. die Interlokution in einigen Ländern gesetzlich vorgesehen, z.B. in der Schweiz: Artikel 342 der StPO in der Schweiz:

"Art. 342 Zweiteilung der Hauptverhandlung 1 Das Gericht kann auf Antrag der beschuldigten Person oder der Staatsanwaltschaft oder von Amtes wegen die Hauptverhandlung zweiteilen; dabei kann es bestimmen, dass: a. in einem ersten Verfahrensteil nur die Tat- und die Schuldfrage, in einem zweiten die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden; oder b. in einem ersten Verfahrensteil nur die Tatfrage und in einem zweiten die Schuldfrage sowie die Folgen eines Schuld- oder Freispruchs behandelt werden. 2 Die Entscheidung über die Zweiteilung der Hauptverhandlung ist nicht anfechtbar. 3 Bei einer Zweiteilung dürfen die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person nur im Falle eines Schuldspruchs zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden, es sei denn, dass sie für die Frage des objektiven oder subjektiven Tatbestandes von Bedeutung sind. 4 Die Entscheide über die Tat- und die Schuldfrage werden nach ihrer Beratung eröffnet, sind jedoch erst mit dem gesamten Urteil anfechtbar."

Übertragen auf die deutsche StPO würde dies bedeuten, dass zuerst die "Begehung der Tat" (§ 20 StBG) feststehen müsste, bevor der psychiatrische Gutachter beauftragt wird zu prüfen, ob "bei Begehung der Tat" eine Störung vorlag. Die deutsche StPO ist ein psychiatrisches Hysteron-Proteron. Man stelle sich einmal vor, ein Strafrichter müsste zuerst das Strafmaß festlegen, bevor er urteilt, ob eine Straftat überhaupt begangen wurde. Dann wird einem die Absurdität der deutschen StPO bewusst.

Danke für diesen wichtigen Beitrag. Das "S c h u l d i n t e r l o k u t " anderer europäischer Länder, wie die Schweiz beweist, dass eine rationale, vernünftige und logische gesetzliche Regelung möglich und auch humaner ist.

Bei der psychiatrischen Stellungnahme von Prof. Dr. Nedopil und auch der schriftlichen Urteilsbegründung im Rahmen des WA-Verfahrens wird offenbar, dass die Regelung in der deutschen Strafprozessordnung (Begutachtung vor dem

weder objektiv, noch fair und juristisch nicht korrekt ist und auch nicht sein kann. So ist die sehr fragwürdige vorausschauende (p r o s p e k t i v e)Betrachtung von Prof. Nedopil und die unkritische Übernahme des WA-Gerichts zu erklären, die ich im Kommentar # 9 vom 10.2.2015 kritische dargestellt habe:

                                            prospektiv-retrospektiv-okkult-

Im Urteil des WA-Verfahrens wurde Herrn Mollath nur die Körperverletzung angelastet. Die Feststellung der Schuldunfähigkeit kann und darf sich nur auf die psychische Verfassung zum Zeitpunkt der KV, also im August 2001 beziehen.

Prof. Nedopil bezieht sich jedoch eindeutig auf Ereignisse vor und nach der Körperverletzung. Wie ist dieser eklatante Widerspruch zu erklären? Die psychiatrische Zwangsbeobachtung wurde vom Gericht angeordnet bezüglich sämtlicher Anschuldigungen (KV, Freiheitsberaubung, Sachbeschädigungen, Gemeingefährlichkeit). Deshalb bezieht sich die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Nedopil auf die psychische Verfassung zu den Zeiten aller dieser Anschuldigungen, also bis zu den angeblichen Sachbeschädigungen im Jahr 2006. Dies ist nach den fragwürdigen Regeln der Strafprozessordnung systemimmanent nach 3 247a StPO vorgegeben. Über die Anschuldigungen bezüglich der einzelnen vorgeworfenen Taten wurde vor Abgabe der psychiatrischen Stellungnahme im WA-Verfahren noch nicht geurteilt.

Das Gericht hätte m.E.bei der Urteilsfindung und Begründung die rechtsstaatliche Aufgabe gehabt, alle prospektiven (ab 2002 vorausschauenden) Betrachtungsweisen mit der Prof. Nedopil einen möglichen Wahn begründet hat, zu eliminieren. Es kann und darf nicht sein, dass Herr Mollath zum Zeitpunkt der KV für schuldunfähig erklärt wird und zur Begründung spätere und auch frühere Ereignisse zur Pathologisierung „prospektiv und retrospektiv“ herangezogen werden.

Auch im Hinblick auf das "Schuldinterlokut" in anderen europäischen Ländern, dass konsequent rechtsstaatlichen Normen und Grundrechten entspricht, besteht m.E. die Notwendigkeit, die Regelung des § 274a StPO und die deutsche Rechtspraxis vor dem Bundesverfassungsgericht oder notfalls vor dem Europäischen Menschengerichtshof klären zu lassen.

 

 

 

 

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@ # 1 Menschenrechtler, @ 2 Noname:

 

Besonders interessant finde ich den Hinweis, dass seinerzeit vom Amtsrichter die psychiatrische Begutachtung eingeleitet worden sein soll um den Fall Mollath zuständigkeitshalber an das Landgericht abgeben zu können.

 

Kann das rechtlich so gewesen sein?

 

Kleine Berichtigung:

 

Die Begutachtung durch Dr. Weinberger wurde vom Unterstützerkreis (UK) Mollath in Auftrag gegeben und war deshalb keine Zwangsbegutachtung. Nachdem das Ergebnis dieses Gutachtens nicht genehm war, vermutlich weil es der Realität am nächsten kam, wurde es im Anschluss von Mollaths Gegenspielern als unqualifiziert abgetan.

 

Ich habe alle vorliegenden Gutachten gelesen und war, auf Grund der negativen Berichterstattung über dieses Gutachten, positiv überrascht wie kohärent und einleuchtend es mir erschien. – Vergleichbar nur mit dem Gutachten Pfäfflin, welches im Hauptteil auch nachvollziehbar war, dann aber in der Schlussphase auf die Schiene der Mollathfeinde umgeschwenkt ist. Das Simmerlgutachten bezog sich ja nur auf die Frage der Betreuungsnotwendigkeit, war aber auch nachvollziehbar und realistisch.

 

Das mit dem Schuldinterlokut erscheint mir auch dringend erforderlich, als Verbesserung der juristischen und humanistischen Situation.

 

Es ist ja etwas anderes wenn die Ermittlungsbehörden vor einer Verhandlung bestimmte Dinge feststellen, meist mit wissenschaftlich sinnvollen Methoden, wie Spurensicherungen, eruieren des strafrechtlichen Vorlaufs, Tatnachstellung, Auswertung von Handydaten etc. als wenn ein Gutachter auftaucht, der von vorne herein weiß welche Richtung der Richter von ihm erwartet und der dann sozusagen wunschgemäß aus der Glaskugel liest.

Und was die ins Feld angeführte Prozessökonomie angeht so sollte man sie in Vergleich stellen zu den Kosten, die jährlich anfallen im Falle einer unberechtigten Unterbringung im Maßregelvollzug, nämlich 100.000,-- €, wobei es meist zu 7 - 8 Jahren Unterbringung kommt, durchschnittlich. Hinzu kommt, dass ein Mensch nach 7 - 8 jährigem Aufenthalt in der Zwangspsychiatrie nicht mehr arbeitsfähig sein wird, sondern weitere hohe Kosten verursachen wird, bis an sein Lebensende, siehe Wörz und Arnold.

 

 

 

 

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atropa belladonna schrieb:

Und was die ins Feld angeführte Prozessökonomie angeht so sollte man sie in Vergleich stellen zu den Kosten, die jährlich anfallen im Falle einer unberechtigten Unterbringung im Maßregelvollzug, nämlich 100.000,-- €, wobei es meist zu 7 - 8 Jahren Unterbringung kommt, durchschnittlich. Hinzu kommt, dass ein Mensch nach 7 - 8 jährigem Aufenthalt in der Zwangspsychiatrie nicht mehr arbeitsfähig sein wird, sondern weitere hohe Kosten verursachen wird, bis an sein Lebensende, siehe Wörz und Arnold.

 

 

 

 

hmmmm, vielleicht sollte man die vielzitierte Gesamtschau eben nicht nur auf Prozess- sondern Gesamtökonomie anwenden.

Und da sichert das ja auch absolut langfristig und sehr stabil Arbeitsplätze, sowohl in den psychiatrischen Krankenhäusern als auch in der Pharmaindustrie, die auf dem Weg sichere Abnehmer für diverse Medikamente bekommen, die kaum einer freiwillig nehmen würde und die dermaßene Nebenwirkungen haben, dass man zu deren Linderung dann auch noch mal x Medikamente verkaufen kann.

Vor allem Letzteres ist aufgrund der oft mangelhaften Compliance bei in Freiheit befindlichen Patienten ja so gar nicht zu erzielen.

Daher kann ich Ihnen da nicht zustimmen, ich denke, das geht sich gesamtökonomisch mehr als aus ;-)

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"Besonders interessant finde ich den Hinweis, dass seinerzeit vom Amtsrichter die psychiatrische Begutachtung eingeleitet worden sein soll um den Fall Mollath zuständigkeitshalber an das Landgericht abgeben zu können. Kann das rechtlich so gewesen sein?" (atropa belladonna)

Ein Amtsrichter darf zwar als Grenzfall höchstens noch eine "Unterbringung zur Beobachtung" anordnen (§ 81 StPO), aber die Anordnung der "Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus" ist einem Amtsrichter verboten (§ 24 Abs. 2 GVG).

Dieser AG-Richter Armin Eberl durfte zwar gemäß StPO (was aber hier im konkreten Fall ein Verstoß gegen die BVerfG-Rechtsprechung war, siehe http://www.chillingeffects.de/eberl.pdf) Herrn Mollath 6 Wochen zur Beobachtung wegsperren, aber die dauerhafte Wegsperrung in einem psychiatrischen Krankenhaus durfte er als AG-Richter in keinem Fall anordnen. Das durfte nur ein LG-Richter.

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Noname schrieb:
"Besonders interessant finde ich den Hinweis, dass seinerzeit vom Amtsrichter die psychiatrische Begutachtung eingeleitet worden sein soll um den Fall Mollath zuständigkeitshalber an das Landgericht abgeben zu können. Kann das rechtlich so gewesen sein?" (atropa belladonna)

Ein Amtsrichter darf zwar als Grenzfall höchstens noch eine "Unterbringung zur Beobachtung" anordnen (§ 81 StPO), aber die Anordnung der "Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus" ist einem Amtsrichter verboten (§ 24 Abs. 2 GVG).

Dieser AG-Richter Armin Eberl durfte zwar gemäß StPO (was aber hier im konkreten Fall ein Verstoß gegen die BVerfG-Rechtsprechung war, siehe http://www.chillingeffects.de/eberl.pdf) Herrn Mollath 6 Wochen zur Beobachtung wegsperren, aber die dauerhafte Wegsperrung in einem psychiatrischen Krankenhaus durfte er als AG-Richter in keinem Fall anordnen. Das durfte nur ein LG-Richter.

kleine Korrektur, es handelte sich dabei nicht um Richter E. 2004, sondern um Richter H. 2003, der erstzuständige Richter, der vor dem U-Ausschuss ausgesagt hatte, dass GM ja mit nem Strafbefehl unter 1.000e davon gekommen wäre, wenn er sie denn bezahlt hätte. Dem wurde das, durch PM inspirierte, Kra-O "Gutachten" zugereicht, woraufhin die erste Verhandlung dazu erstmal beendet und GM eine Untersuchung bei Gutachter Lippert (ohne Dr.) "anempfohlen" wurde.

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Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Schuldunfähigkeit, sofern man den Angeklagten nicht in den Maßregelvollzug schicken kann, zumindest von bayerischen Gerichten äußerst restriktiv angewendet wird.

 

Man will ja keine Präzedenzfälle schaffen, durch „vorübergehende Steuerungsunfähigkeiten“, die kein Mensch, nicht einmal der qualifizierteste Gutachter beweisen kann.

 

Ich habe beispielsweise einmal in den Medien den Fall eines jungen Mannes verfolgt, der ein einwandfreies Vorleben hatte, also beruflich und sozial bestens integriert war und sich strafrechtlich noch nie etwas hatte zuschulden kommen lassen. Er litt auch an keiner geistigen Krankheit, war also noch nie in entsprechender therapeutischer Behandlung.

 

Dann hatte er seine erste und bis dato einzige Alkoholpsychose, und zwar ohne dass er alkoholabhängig, oder alkoholkrank war und ging auf einen wildfremden Mann, von hinten, mit einer Stange los, und wollte diesen aus Panik umbringen, wie er später erklärte.

 

Selbst der gerichtlich bestellte Gutachter hielt eine Alkoholpsychose für denkbar. Maßregelvollzug wäre nicht in Frage gekommen, weil der Täter nicht alkoholkrank war und es absehbar war, dass sich (z. B. durch Alkoholabstinenz) eine derartige Panikattacke in Zukunft verhindern ließ. Gemeingefährlichkeit war also auch nicht gegeben.

 

Das Gericht hat diesem Mann die Alkoholpsychose, also die Schuldunfähigkeit nicht zugestanden, sondern hat ihn lieber ganz am untersten Strafrahmen wegen eines Mordversuchs verurteilt und für Jahre in den Strafvollzug gesteckt.

 

Da fragt man sich schon warum hier bei Mollath ausnahmsweise die „nicht ausschließbare Steuerungsunfähigkeit“ für einen Freispruch herhalten darf. – Auf jeden Fall widerspricht es der Methodik der bayerischen Gerichte, soweit ich das beurteilen kann.

 

 

 

 

 

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Eine verfahrensrechtliche Frage aus Sicht eines Nichtjuristen:

 

Für den Fall, dass eine Revision zugelassen werden würde, die Revision erfolgreich wäre und es in der Folge zu einer Neuauflage des Strafprozesses käme, wie könnte denn da eine Entscheidung überhaupt aussehen, theoretisch?

 

Einmal könnte das Gericht die Tat als nicht begangen, oder als nicht nachweisbar ansehen und dann entweder aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen freisprechen, denke ich.

 

Was aber, wenn das Gericht sich darauf versteifen würde, dass Mollath die gefährliche KV begangen hat, dann könnte es doch wieder nur wegen Schuldunfähigkeit freisprechen (ein Freispruch müsste ja sein) und das wäre dann wieder die (doppelte) Beschwer, mit der aktuell vermutlich argumentiert wird.

 

Die Lösung wäre hier vermutlich, dass das Gericht einfach nur die Schuldunfähigkeit erneut für gegeben ansieht und eine Einstellung wegen der Straftat veranlasst. Das ist aber auch wieder nicht so einfach, weil Mollath damit einverstanden sein müsste, wie ich die Mitkommentatoren verstanden habe.

 

Ich persönlich halte es allerdings für ausgeschlossen, dass das Gericht, welches auch immer, von der gefährlichen KV abrücken wird, weil sonst die Gefahr besteht, dass die nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen von P3M wieder aufleben würden, und außerdem müsste der Versorgungsausgleich doch noch durchgeführt werden. In diesem Fall bestünde dann die Gefahr dass P3M über etwaige Machenschaften und Helfer auspacken könnte, die vermutlich besser nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollen.

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atropa belladonna schrieb:

Eine verfahrensrechtliche Frage aus Sicht eines Nichtjuristen:

 

Für den Fall, dass eine Revision zugelassen werden würde, die Revision erfolgreich wäre und es in der Folge zu einer Neuauflage des Strafprozesses käme, wie könnte denn da eine Entscheidung überhaupt aussehen, theoretisch?

Dazu Prof. Müller (Hervorhebungen von mir):

Henning Ernst Müller schrieb:

Zur Frage, was die Revision (maximal) bewirken kann.

[...]

Falls (was ich für nicht besonders wahrscheinlich halte, aber immerhin möglich ist), die Revision gegen einen Freispruch zugelassen wird, dann könnte der BGH Rechtsfehler feststellen. Worüber wir hier am meisten diskutieren, ist die  Frage, ob in der Beweiswürdigung  der herabgesetzte Wert der früheren Aussage der Nebenklägerin als Beweismittel genügend berücksichtigt wurde. Möglicherweise rügt der neue Verteidiger Mollaths auch noch weitere Verfahrensfehler oder Sachfehler.

Beim BGH kann es NICHT zu einer Verschlechterung (sprich: zu einer Bestrafung wegen schuldhafter Körperverletzung) kommen, weil nur zugunsten des  Angeklagten Revison eingelegt wurde (selbst wenn ja schon aufgrund § 373 Abs. 2 StPO ohnehin keine Strafe mehr resultieren kann); d. h. es kann ohnehin nur wieder ein Spruch ohne Strafe erfolgen (§ 358 StPO).

Wenn er infolge von Fehlern der Beweiswürdigung die Feststellungen des Tatgerichts aufhebt, kann der BGH-Senat aber KEINE EIGENE  Beweiswürdigung vornehmen und damit an Stelle des Tatgerichts urteilen (§ 354 StPO). In diesem Fall wird die Sache an eine andere Kammer des LG Regensburg oder an ein anderes LG in Bayern zurückverwiesen.

Vom "Makel der Wahnerkrankung" kann Herr Mollath nicht befreit werden, weil ein solcher Makel vom LG Regensburg gar nicht festgestellt wurde, sondern allenfalls von dem Makel, eine Störung sei "nicht ausschließbar". Es kann aber dazu kommen, dass die neue Kammer nach neuer Hauptverhandlung (mit allen Zeugen, möglicherweise auch neuen, zu diesem Tatvorwurf!) schon die Tat nicht als  nachweisbar ansieht. Zu einer 2001 gegebenen Wahnerkrankung wird sich diese neue Kammer dann gar keine Gedanken mehr machen, also auch nicht ausdrücklich sagen, diese sei nicht vorhanden gewesen. Selbst wenn es irgendeine Methode der Welt gäbe - mir ist keine bekannt -, eine solche Feststellung 14 Jahre nach einem Ereignis zu treffen, würde eine solche Feststellung nicht erfolgen.

Weitere Hervorhebungen von mir:

atropa belladonna schrieb:

Einmal könnte das Gericht die Tat als nicht begangen, oder als nicht nachweisbar ansehen und dann entweder aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen freisprechen, denke ich.

 

Was aber, wenn das Gericht sich darauf versteifen würde, dass Mollath die gefährliche KV begangen hat, dann könnte es doch wieder nur wegen Schuldunfähigkeit freisprechen (ein Freispruch müsste ja sein) und das wäre dann wieder die (doppelte) Beschwer, mit der aktuell vermutlich argumentiert wird.

Ja, nach dem oben angesprochene § 358 StPO gilt für das Gericht, an das zurückverwiesen würde:

Quote:

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte [...] Revision eingelegt hat.

http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__358.html

atropa belladonna schrieb:

Die Lösung wäre hier vermutlich, dass das Gericht einfach nur die Schuldunfähigkeit erneut für gegeben ansieht und eine Einstellung wegen der Straftat veranlasst. Das ist aber auch wieder nicht so einfach, weil Mollath damit einverstanden sein müsste, wie ich die Mitkommentatoren verstanden habe.

Richtig, eine Einstellung kann nicht ohne Einverständnis des Angeklagten erfolgen.

Quote:

Ich persönlich halte es allerdings für ausgeschlossen, dass das Gericht, welches auch immer, von der gefährlichen KV abrücken wird, weil sonst die Gefahr besteht, dass die nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen von P3M wieder aufleben würden, und außerdem müsste der Versorgungsausgleich doch noch durchgeführt werden. In diesem Fall bestünde dann die Gefahr dass P3M über etwaige Machenschaften und Helfer auspacken könnte, die vermutlich besser nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollen.

Mal davon abgesehen, dass Sie viel spekulieren: Wie bereits mehrfach hier festgestellt, ist ein Ausschluss der Unterhaltsverpflichtungen (und ich vermute auch des Versorgungsausgleichs) aufgrund der Verurteilung (2006) oder des Freispruchs von der Körpververletzung allein aufgrund möglicher Schuldunfähigkeit (2014) materiell-rechtlich nicht zwingend, wenn nicht sogar wegen der zivilgerichtlichen Rechtsprechung weniger wahrscheinlich. Jedenfalls hängt die Beurteilung durch ein Zivilgericht nicht unmittelbar von der des Strafgerichts ab. Ein automatisches "Wiederaufleben" durch Strafurteil gibt es nicht.

Ob prozessual noch eine Wiederaufnahme möglich ist (bzw. wo das Scheidungsverfahren überhaupt steht), lässt sich nicht beurteilen (und ist auch Privatsache der Parteien).

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@ MT 11:

 

Vielen Dank für Ihre verständliche und ausführliche Antwort.

 

Sollte der BGH die Revision nicht zulassen, könnte dann eine Verbesserung der strafrechtlichen Ausgangslage (gefährliche KV) auch über ein Zivilverfahren erreicht werden?

 

Im Fall Wörz waren die strafrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und dann hat Wörz Schwiegervater Schadenersatzforderungen gestellt und dann wurde im Zivilverfahren festgestellt, dass die Tat, die man Wörz vorgeworfen hatte, so gar nicht stattgefunden haben kann und dann wurde in der Folge die strafrechtliche Seite doch noch einmal aufgerollt, zu Gunsten von Wörz.

 

Oder könnte man alternativ die Situation in Bezug auf die gefährliche KV, angeblich begangen durch Mollath, noch einmal aufrollen indem Mollath die Exfrau strafrechtlich angreift, betreffend beispielsweise den Vorwurf einer falschen Beschuldigung o. ä., oder ist diese Möglichkeit verjährt?

 

Sie schreiben, ich würde in Bezug auf die Scheidungsfolgen spekulieren. Also wenn man sich beispielsweise die Seite 20 aus Dr. Strates Schreiben an die StA Augsburg vom 26.03.13 ansieht, dann kann man erkennen, dass der Versorgungsausgleich mit Hinweis auf durch Mollath angeblich begangene Straftaten abgewehrt werden sollte, und des Weiteren, dass Unterhalt verweigert worden ist, verbunden mit der Ankündigung dies auch weiterhin zu tun.

 

http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-StA-Augsburg-2013-03-26.pdf#page=1&zoom=auto,0,-171

 

Im Übrigen spricht auch Dr. Strate für die Verfahren von dem WAV von Justizmord an Mollath, und Herr Bixler weist aktuell gerade nach welch aufwändiges Komplott in Bezug auf den Vorwurf der Reifenstechereien zu Lasten von Mollath in Szene gesetzt worden ist.

 

Da braucht man nicht viel spekulieren.

 

Man muss sich nur wundern, dass das WAG bei dieser Informationslage keinen Grund für eine etwaige Falschbeschuldigung von P3M zu Lasten Mollaths erkennen konnte, zumindest nicht abgestellt auf den Zeitpunkt 14.08.01 und das obwohl die Ehe da bereits am Ende war, und P3M von Januar bis August 2001 bereits das dritte Mal vom Ehemann misshandelt worden sei, laut dem Attest vom 14.08.01.

 

 

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Dieser Tage stand ein interessanter, ganzseitiger Bericht in der Tageszeitung (Münchner Merkur vom 16.02.15). Es ging vor allem um Bisse von Hund, Katze und Mensch.

Gerade die Bisse von Katze und Mensch seien ein Fall für die Ärzte in der Notfallambulanz. Generell würde der Impfstatus (Tetanus/Wundstarrkrampf) abgefragt und bei Bissen von Katze und Mensch würde regelmäßig vorbeugend ein Antibiotikum gegeben, im Gegensatz zu Hundebissen, oder den ebenfalls relativ harmlosen Bissen von Nagern (Hamster, Ratten, Mäuse).

Antibiotikum: „…vorbeugend ein Antibiotikum. Das ist bei einem Katzenbiss immer nötig,…Übrigens auch wenn der Beißer ein Mensch war“.

Ein Biss würde mit antiseptischer Lösung gespült, man würde evt. eine Röntgenaufnahme in Auftrag geben (um zu sehen ob ein Stück Zahn in der Wunde steckenblieb), die Ärzte würden überprüfen ob Gefäße, Nerven, Knochen, Sehnen und Gelenke verletzt worden sind. Beschädigtes Gewebe würde behutsam entfernt, das würde die Gefahr einer Infektion um den Faktor 30 verringern.

Beim Biss eines Menschen müsse man zudem an Hepatitis B und HIV denken.

Bisse könnten, auch durch die auf der Haut des Gebissenen zahlreich vorhandenen Keime (Staphylokokken, Streptokokken, Escherichia Colikeime…) zu Infektionen und in der Folge sogar zu Amputationen führen, oder zu einer tödlichen Blutvergiftung.

Jedes Jahr würden in Europa etwa 800 Menschen an den Folgen einer Infektion durch einen Biss sterben.

Besonders bei Bissen, die von Menschenzähnen rühren gelten die Wunden als „risikoreich“, weil es oft zu einer Infektion durch einen Keim namens Eikenella corrodens käme.

Ein hohes Risiko würde bestehen wenn der Biss schon länger als 6 Stunden zurückliegt und/oder wenn sich die Wunde bereits geschlossen hätte und bislang nicht von einem Arzt versorgt wurde.

Besonders bei Bissen im Bereich von Hand, Unterarm, Fuß und Gelenknähe würden sich generell öfter Infektionen bilden, weil Sehnen und Gelenke kaum durchblutet wären, im Gegensatz zu Oberschenkel oder Gesicht.

Bei der Exfrau von Mollath wurde laut der elektronischen Patientenakte allerdings nur nach dem Tetanusschutz gefragt („Pulmo o. B. Tetanusschutz besteht“), sonst ist nichts vermerkt, also kein Hinweis auf ein bei Menschenbissen indiziertes Antibiotikum, oder eine der sonst üblichen Maßnahmen und das obwohl der angebliche Biss, bzw. die damit verbundene blutende Wunde zwei Tage zurück lag
und vor allem auch noch im Bereich des Ellenbogens, also in einem der prekären, weil schlecht durchbluteten Bereiche lag. Weiteres Zitat aus dieser Akte „von Ihrem Ehemann…über längere Zeit bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und gebissen worden…“. Da weiß man eigentlich gar nicht ob der Biss eventuell sogar so schmerzhaft war, dass sie davon bewusstlos geworden ist, was ja wieder auf eine besondere Gefahrensituation in Bezug auf den Biss hindeuten würde.

Der Biss wird also immer unglaubwürdiger, auch wenn man hier im Forum nachliest, dass die Patientenakte erst im Nachhinein erstellt worden sei, weil man laut dem Arzt 2001 noch mit handschriftlichen Akten gearbeitet habe. Des Weiteren soll das Datum der Erstellung durch einen Eingriff in die Software, bzw. durch einen BIOS-Eingriff verändert worden sein.

Vielleicht sollte der Biss einfach auch der vorbereitenden Psychiatrisierung Mollaths dienen, nachdem „irre Tatumstände“ dazu führen, dass bei Prozessen psychiatrische Gutachter bestellt werden können.

Seltsam ist auch, dass sich der aktuelle Ehemann von Mollaths Exfrau nicht entsinnen kann die Bissnarbe jemals gesehen zu haben, wohingegen das Gericht in Regensburg genau zu dieser Schlussfolgerung kommt.

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Nachtrag:

Mein persönlicher Eindruck in Bezug auf die Beweiskraft der elektronischen Patientenakte ist denkbar schlecht, nach allem was ich hier gelesen habe.

Selbst wenn sich der Arzt vor Jahren dazu entschlossen haben sollte von Hunderten von Patienten, die er von seiner Mutter übernommen hatte, die alten handschriftlichen Unterlagen für seine neue EDV verfügbar zu machen, so wird das nicht wieder aufwändig "händisch" erfolgt sein, sondern man hätte die alten Unterlagen eingescannt, was seinerzeit bereits problemlos möglich war.

Im Falle der Patientenakte von Mollaths Exfrau wäre aber genau die zeitaufwändige, umständliche Methode angewandt worden, die vom Arzt handschriftlich verfasste Patientenakte wäre händisch abgeschrieben worden.

Beim Scannen kann man schlecht manipulieren beim abschreiben natürlich sehr wohl.

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In seinem Buch „ Der Fall Mollath“ bezeichnet der Verteidiger, Herr Dr. Strate es als einen Erfolg,dass das WA-Gericht die Schwarzgeldvorwürfe von Herrn Mollath als w a h r unterstellt hat.

Diese s e h r  e i n f a c h e Vorgehensweise des Gerichts hat nicht zur Wahrheitsfindung beigetragen, aber zur Folge, dass das Gericht , wichtige Zeugen aus dem Bankenbereich nicht vorgeladen hat. Dadurch wurden höchst peinliche Fragen in Bezug auf deren Beteiligung an den illegalen Schwarzgeld-geschäften verhindert .

Der Effekt war mit dem Gerichtsverfahren 2006 sehr ähnlich. Richter Brixner untersagte rigoros Herrn Mollath über das Hauptthema des Fall Mollaths, die Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau und auch der Bank zu sprechen. 2014 wurde dies einfach als wahr unterstellt. Eine juristische, gesellschaftspolitische Aufarbeitung und eine kritische Berichterstattung über das Versagen der HVB wurde dadurch vermieden. Dies war im Interesse der Bank. 

Außerdem konnte niemand kritisch fragen, warum die Verantwortlichen den HVB-Revisionsbericht nicht zu Mollaths Gunsten an die Behörden gegeben hatten, frühzeitig, nachdem der Fall über die Medien bekannt war.

Und auch nicht beizutragen den langjährigen Forensikaufenthalt zu beenden und nicht zuzugeben, dass die Feststellung Herrn Mollaths der Wahrheit entsprachen.

Dies stellt ein schwerwiegendes moralisches Versagen gegenüber dem Opfer dar und wirft die berechtigte Frage auf, ob die HVB zumindest aus ethischen Gründen zu einer Wiedergutmachung verpflichtet ist.

Mögliche und naheliegende Verwicklungen bei der Verräumung von Herrn Mollath von Bankmitarbeitern und der sich sich strafbar gemachten, möglicher-weise prominenter Schwarzgeldkunden wurden durch diese Gerichts-entscheidung verhindert.

Der Fall Mollath war sicherlich nicht nur ein „Rosenkrieg“ zwischen einem Ehepaar, sondern von Anfang bestand das legitime Anliegen von Herrn Mollath darin beizutragen, die gesellschaftszerstörerischen Schwarzgeldgeschäfte zu beenden und erwiesenermaßen nicht darin seine Frau zu schaden.

Diese Dimension und dieses ethische Motiv wurde im WA-Verfahren bewusst sowohl vom Oberstaatsanwalt und auch dem Richterkollegium negiert und der Fall Mollath höchst unpolitisch auf ein individuelles, persönliches möglicherweise pathogenes Versagen des eigentlichen Opfers, Herrn Gustl Mollath reduziert.

Dies steht im völligen Widerspruch zu der Bestimmung in der Strafprozess-ordnung sich konstruktiv und angemessen mit der Persönlichkeit, den Wertvorstellungen des Angeklagten auseinanderzusetzen, aber im Gegensatz dazu  völlig einseitig und deshalb destruktiv dem Verdacht  nachzugehen eine psychische Krankheit anzunehmen.

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@gast

"die Beweiskraft der elektronischen Patientenakte ist denkbar schlecht"

Damit haben Sie sehr recht. Die Entscheidungserheblichkeit der fehlenden Beweiskraft wurde aber nicht nur im Verfahren, sondern auch hier im Blog mehrfach verleugnet. Was die Umstellungsaufwände beim Übergang zur eAkte betrifft, ist das Einscannen nur ein Teil der notwendigen Arbeit. Es gibt sicher verschiedene Strategien, um zu einem geordneten, effizienten Tagesablauf zu kommen. Um hierzu Aussagen treffen zu können, sollte man jedoch nicht von Einzelkanzleien/-praxen oder auf der anderen Seite großen Institutionen wie Gerichten ausgehen. Es geht um effiziente Arbeitsteilung, Stellplatz und insgesamt Systematik in der Zusammenarbeit von einigen wenigen bis mehreren Dutzend Mitarbeitern. Auch ist die Kommunikation mit Externen, wie Kassen, Apotheken, anderen Praxen, Lieferanten und nicht zuletzt den Patienten neu und klar zu ordnen. Um diesen Aufwand kommt man nicht herum, man kann ihn höchstens strecken. Das schafft aber auch dauerhaft Mehrarbeit. Dafür gibt es einen Fachbegriff: Migration. Die kann geordnet oder ungeordnet vollzogen werden. Vermeidbar ist sie bei einer Umstellung nicht. In der Praxis Dr. R. wurde sie nach den vorliegenden Informationen ungeordnet mit erheblichem Aufwand und Irritationen vollzogen. Das ist sicher bei der Betriebsgröße auch nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist allerdings, dass ein Dr. ohne berufliche Erfahrung und erforderliche Kenntnisse sich zum Geldverdienen vollkommen allein im Umfeld von forensischen Begutachtungen von Gewaltopfern und Falschbeschuldigern tummelt und dann mit mangelhafter Dokumentation als Zeuge zu einem entscheidungserheblichen Faktor zumindest in einer Strafsache wird. Die Analogie zur forensischen Betätigung der StA und dem selbstetikettierten Sachverstand des Gerichts in IT-Fragen ist allerdings evident. Man versteht sich also in der Selbstüberhebung.

@Paradigma

Selbst wenn man hinnimmt, dass das Strafverfahren nicht der Aufdeckung der Schwarzgeldschieberei diente, dann wurde trotzdem die Bedeutung zur Einschätzung von Angeklagten und Nebenklägerin bzw. deren Konflikt unterschlagen. Die Zeugenaussage von KHK Feldmann macht es allein schon deutlich. Angeblich war es der berufliche Erfolg der Bankerin, der Mollath zu schaffen machte. Das wurde nicht hinterfragt, obwohl sich diese Behauptung jeder Logik verschließt. Der Mann lebte nach Aussage der Frau gegenüber den KHK vollkommen von derem Einkommen. Er neidete das nicht nur, sondern er versuchte diese "Einnahmequelle" nachweislich stillzulegen. Um dann was?

Weiterhin erklärt KHK Feldmann, dass die Anzeigende bereits bei den Vorkommnissen vor dem Auszug, damit also 2001 die Absicht zum Auszug und dem Verlassen des Ehemannes hegte. Die Festsetzung des Auszugstages als 1. Tag eines möglichen Belastungsmotivs durch das Gericht ist also hanebüchener Unsinn und nicht nur eine Ermessensfrage.

Das Attest wird bei der Vernehmung erwähnt, aber nicht vorgelegt und nicht abgefordert. Gibt es dafür eine sinnvolle Erklärung im Sinne der Nebenklägerin?

Und im Sinne des KHK? Dass er die KV mitbearbeitete, erklärt er mit Bürokratievermeidung. Gehört der Verzicht auf Beweissicherung zur Bürokratievermeidung?  

Die Aktivierung einer Hausdurchsuchung durch eine vollkommen undefinierte Mitteilung zu Waffenbesitz ist ein weiterer Punkt der Aufmerken lässt. Dass dann nach erfolgloser Verletzung der Privatsphäre dies nicht zu deutlichen Nachfragen und Argwohn des/der Ermittler zu Falschbeschuldigungstendenzen der Anzeigenden führte, ist mit sachlichem Verstand nicht mehr zu erklären. Für den OStA und das Gericht im WAV ist das scheinbar so üblich. Wer sich die Investigativfragen u.a. des OStA anliest, hat keine Illusionen mehr. Damit wären wir wieder einmal bei der Dysfunktionalität der üblichen Praxis. Es sei denn, man definiert die Aufgaben intern anders, als man sie öffentlich behauptet. Denn man braucht gar keine unbestechliche und funktionierende Justiz. Nicht einmal oder sogar vor allem die Juristen brauchen das nicht. Es wäre wohl auch nicht gerade geschäftsfördernd. Unter anderem DAS ist wohl der Kern des Problems, dem man gern ausweicht, auch hier im Blog.  

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@ 15 Paradigma.

 

Sie haben vollkommen recht. Das Wiederaufnahmegericht hat einfach das kleinere Übel gewählt und das bestand darin, die von Mollath immer wieder thematisierten Schwarzgeldgeschäfte der Banken als wahr anzusehen.

 

Natürlich wäre es bei weitem unangenehmer gewesen Strates Zeugenbankerwunschliste abzuarbeiten, weil dann, wie Sie aufzeigen folgende drei Bereiche im Raum gestanden wären:

 

  • Inwieweit waren die Banker selber in die seinerzeitigen Schwarzgeldaktivitäten involviert? Haben sie sich strafbar gemacht?

 

  • Warum haben sie Mollath nicht früher aus der Psychiatrie gerettet, indem sie den HVB-Revisionsbericht, der seine Aussagen stützt und eben den „Schwarzgeldwahn“ widerlegt, rechtzeitig an die zuständigen Behörden gegeben haben? Haben sie sich hier Mollath gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht?

 

  • Welche Bankkundin ist so sakrosankt, dass sie nicht einmal in einem internen Bankenrevisionsbericht und im Gegensatz zu allen anderen betroffenen Bankkunden mit ihrem Namen genannt werden darf, sondern mit „prominenter Kundin“ umschrieben werden muss?

 

Diese Dame war die Kundin von Wolfgang D., der für sie Schwarzgeld getauscht hatte, dem Kollegen von Mollaths Exfrau, der genau wie sie selber seinen Job bei der HVB verloren hat, wegen Mollaths Aktivitäten, bzw. dessen Hinweis auf die Abwerbung von Bankkunden und der Weiterleitung von Bankkunden an fremde Banken gegen Provisionszahlungen.

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Gast. schrieb:

@ 15 Paradigma.

 

Sie haben vollkommen recht. Das Wiederaufnahmegericht hat einfach das kleinere Übel gewählt und das bestand darin, die von Mollath immer wieder thematisierten Schwarzgeldgeschäfte der Banken als wahr anzusehen.

 

Natürlich wäre es bei weitem unangenehmer gewesen Strates Zeugenbankerwunschliste abzuarbeiten, weil dann, wie Sie aufzeigen folgende drei Bereiche im Raum gestanden wären:

 

  • Inwieweit waren die Banker selber in die seinerzeitigen Schwarzgeldaktivitäten involviert? Haben sie sich strafbar gemacht?

 

  • Warum haben sie Mollath nicht früher aus der Psychiatrie gerettet, indem sie den HVB-Revisionsbericht, der seine Aussagen stützt und eben den „Schwarzgeldwahn“ widerlegt, rechtzeitig an die zuständigen Behörden gegeben haben? Haben sie sich hier Mollath gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht?

 

  • Welche Bankkundin ist so sakrosankt, dass sie nicht einmal in einem internen Bankenrevisionsbericht und im Gegensatz zu allen anderen betroffenen Bankkunden mit ihrem Namen genannt werden darf, sondern mit „prominenter Kundin“ umschrieben werden muss?

 

Diese Dame war die Kundin von Wolfgang D., der für sie Schwarzgeld getauscht hatte, dem Kollegen von Mollaths Exfrau, der genau wie sie selber seinen Job bei der HVB verloren hat, wegen Mollaths Aktivitäten, bzw. dessen Hinweis auf die Abwerbung von Bankkunden und der Weiterleitung von Bankkunden an fremde Banken gegen Provisionszahlungen.

„Too big to fail“ Egal wie groß eine Bank ist, sie müsse mit Strafverfolgung rechnen, wenn sie Gesetze bricht. Dies ist eine aktuelle Aussage des ausscheidenden amerikanischen Justizministers Eric Holder. „Too big to jail“ gebe es unter seiner Ägide nicht, sagte er in Abwandlung des aus für Bankenrettungen bekannten Spruchs „Too big to fail“ (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 19.Febr.2015) Galt dieser Rechtsgrundsatz „Vor dem Gesetz sind alle gleich“ auch im Fall Mollath? Die Hauptursache des Falls Mollaths, die illegalen Schwarzgeldgeschäfte im Verfahren 2006 nicht zur Sprache kommen zu lassen und im WA-Verfahren einfach als wahr anzunehmen, keine Aufklärung und damit Wahrheitsfindung zu zulassen, erweckt den nachhaltigen Eindruck, dass dieser elementare rechtsstaatliche Grundsatz nicht umgesetzt , sondern dem „Too big to fail“ zu Lasten von Herrn Gustl Mollath nachgegeben wurde.

Es ist völlig paradox, dass ein Bürger, der nachweislich die gesellschaftszerstörenden Schwarzgeldgeschäfte angeprangert  und politisch Verantwortliche darüber informiert hat, zum Opfer wurde, der fragwürdigen Klägerin die darin verwickelt war geglaubt wird und weitere Verantwortliche zu groß sind, um zur Verantwortung gezogen zu werden.

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Paradigma schrieb:

 

  • Warum haben sie Mollath nicht früher aus der Psychiatrie gerettet, indem sie den HVB-Revisionsbericht, der seine Aussagen stützt und eben den „Schwarzgeldwahn“ widerlegt, rechtzeitig an die zuständigen Behörden gegeben haben? Haben sie sich hier Mollath gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht?

Sie müssten beweisen, dass die Bank von dem Strafverfahren gewusst hat.

Selbst wenn Sie das könnten, können Sie nicht darstellen, dass die Erkenntnisse der Bank in irgendeinem Zusammenhang mit den Tatvorwürfen der KV und Sachbeschädigung stehen. 

Daher ist es unmöglich, dass die Bank in irgendeiner Weise zu verpflichten wäre, ihre Erkenntnisse offenzulegen.

Es ist eben ein medizinisches Problem, kein juristisches...

 

astroloop schrieb:

Paradigma schrieb:

 

  • Warum haben sie Mollath nicht früher aus der Psychiatrie gerettet, indem sie den HVB-Revisionsbericht, der seine Aussagen stützt und eben den „Schwarzgeldwahn“ widerlegt, rechtzeitig an die zuständigen Behörden gegeben haben? Haben sie sich hier Mollath gegenüber schadenersatzpflichtig gemacht?

Sie müssten beweisen, dass die Bank von dem Strafverfahren gewusst hat.

Selbst wenn Sie das könnten, können Sie nicht darstellen, dass die Erkenntnisse der Bank in irgendeinem Zusammenhang mit den Tatvorwürfen der KV und Sachbeschädigung stehen. 

Daher ist es unmöglich, dass die Bank in irgendeiner Weise zu verpflichten wäre, ihre Erkenntnisse offenzulegen.

Es ist eben ein medizinisches Problem, kein juristisches...

 

L e b e n s n ä h e  und Realismus, wurde angeblich im Plädoyer des Herrn Oberstaatsawalts angewandt. Dies gilt auch für die Informiertheit der HVB über die Verräumung von Herrn Gustl Mollath. Mehrere  in gut situierten Kreisen stadtbekannte Anlageberater  u.a. P3M wurden  fristlos entlassen. Herr G.M. wandte sich an die Manager der Bank in Nürnberg und auch München sowie an den Ministerpräsidenten Stoiber und auch an Herrn Beckstein.Der jetzige Ehemann war bei der HVB und später bei einer Tochtergesellschaft der Hypo-Real-Estate beschäftigt. Die Mutter von P3M ist über eine Stadträtin mit einem maßgeblichen Vertreter der politischen Prominenz bekannt. Nürnberg ist eine überschaubare Community, insbesondere  in den Kreisen, die materiell in der Lage sind, Schwarzgeld anzulegen. Mit ziemlicher Sicherheit hat sich in dieser gesellschaftlichen Ebene die äußerst ungewöhnliche Unterbringung in die Forensik herumgesprochen.

Herr Mustermann glauben Sie wirklich, dass in diesen gut informierten Kreisen geglaubt wurde, dass G.M. nur wegen eines Ehekonfliktes und einer angeblichen Körperverletzung weggeräumt wurde. Mit Sicherheit konnte man einen Zusammenhang herstellen und dazu waren nsbesondere  die Manager der Bank in der Lage.Man hat einfach weggeschaut, aus Eigeninteresse, Opportunismus, Feigheit. Zum Glück wurde der Revisionsbericht, leider viel zu spät bekannt.Spätestens seit der Berichterstattung über den Fall Mollath ist und war die HVB  verpflichtet eine Wiedergutmachung zu leisten.

Dies ist weniger ein juristisch nachzuweisendes Problem, sondern wie der ganze Fall Mollath eine Herausforderung an die Ethik und Moral unserer Gesellschaft.

Die Wahrheit kommt ans Licht, auch wenn es oft längere Zeit dauert.

 

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@ 15 paradigma + @ 17 gast

 

Glückwunsch Paradigma, "gut aufgemerkt", würde der Lehrer sagen.

 

Und dieses Zugeständnis des Regensburger Gerichts wurde den weniger aufmerksamen Zuschauern dann noch als Zugeständnis in Richtung Mollaths Person verkauft.

 

Die Banker, die nicht erscheinen mussten werden dankbar gewesen sein.

 

 

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Die elektronische Krankenakte ist eine falsche Datenurkunde, weil sie so behandelt wurde als seien die in ihr enthaltenen Eintragungen   durch den Zeugen unmittelbar während der Untersuchung der Nebenklägerin vorgenommen worden. Tatsächlich sind sie aber handschriftlich auf eine Karteikarte gemacht worden, weil die Praxis über eine elektronische Aktenführung noch nicht verfügt habe. Wie, wann und von wem die Eintragungen von der handschriftlichen in die elektronische Datei übertragen wurden und inwieweit sie übereinstimmen, darüber ist nichts bekannt. Wie auch immer, das Urteil des LG Regensburg beruht auf einer falschen Urkunde. Gibt es Vorschläge, wie man diesen Umstand in der Revision mit Erfolg rügt?

WR Kolos schrieb:

Die elektronische Krankenakte ist eine falsche Datenurkunde, weil sie so behandelt wurde als seien die in ihr enthaltenen Eintragungen   durch den Zeugen unmittelbar während der Untersuchung der Nebenklägerin vorgenommen worden. Tatsächlich sind sie aber handschriftlich auf eine Karteikarte gemacht worden, weil die Praxis über eine elektronische Aktenführung noch nicht verfügt habe. Wie, wann und von wem die Eintragungen von der handschriftlichen in die elektronische Datei übertragen wurden und inwieweit sie übereinstimmen, darüber ist nichts bekannt. Wie auch immer, das Urteil des LG Regensburg beruht auf einer falschen Urkunde. Gibt es Vorschläge, wie man diesen Umstand in der Revision mit Erfolg rügt?

Dazu noch die Frage von mir wg Zulassung der Revision:

Im Bezug auf den Raucher, der gekündigt wurde, wurde eine Revision zum BGH mit der Begründung zugelassen, dass das Urteil öffff, also entweder hieß es "grundsätzliche Bedeutung habe" oder "von allgemeinem Interesse sei" (was ja unterm Strich auch einigermaßen deckungsgleich wäre)

Ist diese Begründung zur Zulassung der Revision (die ja wohl im Allgemeinen nicht grade leicht ist und im Speziellen durch vorherige "Abdichtung" im WAV Urteil erst recht nicht erleichtert werden sollte) nicht eigentlich auch perfekt auf den Mollath Fall anzuwenden, da ja hier an verschiedenen Punkten gelinde gesagt "Mängel" offenkundig werden, die allem Anschein nach aber bei weitem nicht nur im Einzelfall Mollath so massiv negativ gegen sowohl die Unschuldsvermutung als auch den in Dubio Grundsatz verstoßen?

P.S: Für die, die es nicht mitverfolgt haben, im Raucher Urteil wurde vom BGH ans vorher zuständige Gericht zurückverwiesen, weil diese NICHT ausreichend ermittelt hatte (keine Ortsbegehehung, kein Schadstoffgutachten, nur ein einziger (vermutlich voreingenommer) Zeuge .....)
Und die müssen jetzt erstmal, durch BGH Anweisung, "gescheit ermitteln", bevor sie wieder urteilen dürfen, mit meinen Laienworten zusammengefasst ;-)

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WR Kolos schrieb:

 Tatsächlich sind sie aber handschriftlich auf eine Karteikarte gemacht worden, weil die Praxis über eine elektronische Aktenführung noch nicht verfügt habe. Wie, wann und von wem die Eintragungen von der handschriftlichen in die elektronische Datei übertragen wurden und inwieweit sie übereinstimmen, darüber ist nichts bekannt. 

Es ist noch nicht einmal bekannt, ob diese Schlussfolgerung richtig ist.

Grundlage dieser Spekulation ist ein Zeitungsinterview und eine unvollständige Nacherzählung einer Vernehmung durch Meindl.

Sicher ist nur, dass der Arzt nach Auffinden der Dokumentation die StA diesbezüglich unterrichten wollte, woran diese aber ersichtlich kein Interesse hatte.

Daher können Sie nicht hinreichend belegen, dass es sich um eine falsche Urkunde handelt.

@ 23 Max Mustermann, schön, dass Sie wieder da sind, ich habe Ihnen aus lauter Freude gleich 5 Punkte gegeben, ohne den betreffenden Kommentar 21 vorher gelesen zu haben.

Aber zu Ihrem Kommentar 23:

Ja, Sie haben recht es ging um das medizinische Problem, und wenn die Banker, nachdem der Fall Mollath seit 2011 über die Medien bekannt wurde, ihren Revisionsbericht ordnungsgemäß und umgehend an die Behörden gegeben hätten, wäre Mollath eben vom Vorwurf der Wahnhaftigkeit ("Schwarzgeldwahn") sozusagen spontan geheilt gewesen.

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@f&f,

Sie fragen:

Dazu noch die Frage von mir wg Zulassung der Revision:

Im Bezug auf den Raucher, der gekündigt wurde, wurde eine Revision zum BGH mit der Begründung zugelassen, dass das Urteil öffff, also entweder hieß es "grundsätzliche Bedeutung habe" oder "von allgemeinem Interesse sei" (was ja unterm Strich auch einigermaßen deckungsgleich wäre)

Ist diese Begründung zur Zulassung der Revision (die ja wohl im Allgemeinen nicht grade leicht ist und im Speziellen durch vorherige "Abdichtung" im WAV Urteil erst recht nicht erleichtert werden sollte) nicht eigentlich auch perfekt auf den Mollath Fall anzuwenden, da ja hier an verschiedenen Punkten gelinde gesagt "Mängel" offenkundig werden, die allem Anschein nach aber bei weitem nicht nur im Einzelfall Mollath so massiv negativ gegen sowohl die Unschuldsvermutung als auch den in Dubio Grundsatz verstoßen?

Die Zivilprozessordnung regelt das Rechtsmittel der Revision völlig anders als die StPO. Nach der ZPO muss die Revision von der Vorinstanz zugelassen werden, das ist nach der StPO nicht der Fall. Die Zulässigkeit einer Revision ist insofern verschieden geregelt, so dass die Fälle kaum vergleichbar sind.

 

@Mustermann und g ast,

Es ist relativ schwierig nachträglich einzuschätzen, was passiert wäre, wenn die HVB ihrem Bericht früher bekannt gegeben hätte. Gegen die These von g_ast, man hätte GM dann umgehend als nicht wahnhaft freigelassen, spricht der reale Verlauf ab Herbst 2012: Die Justiz hat sich dennoch mit großer Vehemenz gegen die Vorstellung gewehrt, man habe einen gesunden Mann jahrelang untergebracht. Die Rechtskraft wurde mit Zähnen und Klauen verteidigt. Wäre der Bericht viel früher herausgekommen (als der Fall Mollath noch nicht beaknnt war), hätte es womöglich eine geringere Reaktion gegeben, da die Öffentlichkeit den Fall noch gar nicht wahrgenommen hatte. Aber dass der Bericht gar keine Bedeutung gehabt hätte, lässt sich wohl auch nicht gut behaupten.

 

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Henning Ernst Müller schrieb:

Aber dass der Bericht gar keine Bedeutung gehabt hätte, lässt sich wohl auch nicht gut behaupten.

 

Behauptet doch auch keiner.

Gast stellt die Frage einer Schadesnersatzpflicht der Bank in den Raum, weil man einen internen Revisionsbericht nicht den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt hat.

Paradigma träumt von Wiedergutmachung.

Können Sie denn schuldhaftes Handeln der Bank erkennen?

 

Exkurs: Mag ja sein, dass Edward Snowden ein Dokument nach dem anderen leakt, aber wird deswegen auch nur ein Verfolgungswahn in D wegdiagnostiziert?

Sehr geehrter Herr Kolos,

Sie schreiben:

Die elektronische Krankenakte ist eine falsche Datenurkunde, weil sie so behandelt wurde als seien die in ihr enthaltenen Eintragungen   durch den Zeugen unmittelbar während der Untersuchung der Nebenklägerin vorgenommen worden. Tatsächlich sind sie aber handschriftlich auf eine Karteikarte gemacht worden, weil die Praxis über eine elektronische Aktenführung noch nicht verfügt habe. Wie, wann und von wem die Eintragungen von der handschriftlichen in die elektronische Datei übertragen wurden und inwieweit sie übereinstimmen, darüber ist nichts bekannt. Wie auch immer, das Urteil des LG Regensburg beruht auf einer falschen Urkunde. Gibt es Vorschläge, wie man diesen Umstand in der Revision mit Erfolg rügt?

Wahrscheinlich meinen Sie mit "falscher Urkunde", dass ihr Wahrheitgehalt falsch beurteilt wurde. Eine unwahre Urkunde (der trotzdem geglaubt wurde), ist genauso zu beurteilen, wie einer falschen Zeugenaussage, der geglaubt wurde. Wurden bei der Würdigung  Denkgesetze verletzt, ist genau das der Ansatz für die Revision. Ist das nicht der Fall, gehört das zur freien Beweiswürdigung, an die man mit der Revision nicht herankommt.

Ob der Inhalt des Krankenblatts falsch ist, wissen wir nicht. Sie sprechen ja auch primär über das Zustandekommen dieser Urkunde, nicht über dessen Inhalt. Im Urteil steht, Herr Reichel habe die Eintragungen in das elektronische Krankenblatt direkt und persönlich gemacht. Das hat er auch so ausgesagt (lt. Mitschrift 3. tag HV). Dem wurde offenbar auch geglaubt. D.h. die Einschätzung, dass das Krankenblatt von Herrn Reichel stammt, beruht auf seiner Zeugenaussage, nicht auf dem Inhalt des Krankenblatts. Sie müssten also sagen: "falsche Aussage", nicht "falsche Urkunde".

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

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