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Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Stadler,
danke für ihren ausführlichen Kommentar. Es wird Sie nicht verwundern, dass Sie mich in dem Punkt, in dem wir uneins sind, weiterhin nicht überzeugen - ich halte die ersten posts auf internet-law und datenschutzbeauftragter-online und insbesondere das Hervorheben des Kausalitäts-Zitats nicht für einen korrekte Wiedergabe des Geschehenen. Das gilt ausdrücklich nicht für Ihre späteren (zeitlich nach meinem hiesigen Eintrag liegenden) Ausführungen in den Kommentaren zu Ihrem post.
Die Gesetzeslage ist bei § 184 b StGB, wie Sie wissen, außerordentlich streng. Ebenso strenge Folgen ergeben sich aus § 27 StGB (denken Sie an die psychische Beihilfe, bei der die Rechtsprechung nicht einmal Kausalität für die Tatbegehung verlangt). Unterstellt jemand wolle einem KiPo-Verbreiter tatsächlich Aufmerksamkeit verschaffen und ihm beim Zugänglichmachen von KiPo helfen, könnte der Tatbestand einer Beihilfe durch eine Kettenverlinkung erfüllt sein. Die Darlegung der Kausalität ist m. E. nicht die Sensation dieses Beschlusses.
Ich teile Ihre Kritik an der Sachverhaltsaufklärung des LG, bin aber nicht sicher, warum man dann ohne Aktenkenntnis dem Sachverhalt des AG Richtigkeit unterstellen kann. Ob die Verlinkung heute noch dieselbe ist wie vor der Durchsuchung, wie Sie sagen, konnte und kann ich ebenfalls nicht beurteilen, es erschien/erscheint mir jedenfalls wahrscheinlich, dass der Blogger seinen Link, der ihm eine Durchsuchung eingebracht hat, mittlerweile verändert hat.
Bei der Kritik an der Durchsuchungsanordnung selbst (und den Folgen einer Angstmache per Durchsuchungsanordnung) bin ich ganz einverstanden mit Ihnen. Man muss allerdings auch klar sagen, dass es sich nicht um ein "Urteil" handelt, das unmittelbar alle Blogger jetzt sofort betrifft, auch nicht um eine Entscheidung über die Strafbarkeit des Betroffenen, sondern um eine Entscheidung im Einzelfall zum Bestehen eines Tatverdachts. (Hart ist es dennoch, klar.)
Besten Gruß
Henning Ernst Müller
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr ralf,
ich stimme Ihnen zu - die Annahme, Täter würden sich vor der Tat Gedanken über die Wahrscheinlichkeit einer Verfahrenseinstellung machen, ist relativ fernliegend. Meine von Ihnen zitierte Annahme, dass der Rational Choice Ansatz bei Vermögensdelikten noch einigermaßen plausibel ist, bezog sich auch mehr darauf, dass Kosten/Nutzen-Überlegungen bei (besonders schwerem) Diebstahl wohl noch naheliegend erscheinen - Welchen Wert hat die Beute? Wie groß ist das Risiko erwischt zu werden? - wobei letzteres Risiko ebenso schwer einzuschätzen ist, wie das Risiko diverser in die Globalpleite führender Finanzoperationen, bei denen viele Ökonomen ja auch immer sagten, dies ließe sich alles ganz genau vorab berechnen.
Besten Gruß
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Es gibt jetzt einen ausführlichen Bericht, nämlich hier sowie einen längeren Artikel in der New York Times hier.
Nach Auskunft des Berichts wurden die leute vom Munk Centre von den Tibetern beauftragt, ihre Computersysteme zu untersuchen. Laut Untersuchungsergebnis bekamen sie (und der Dalai Llama selbst) eine sorgfältig komponierte E-mail in ihre Büros geschickt mit einem unverdächtigen word-doc als Anhang. Die darin enthaltene malware wurde von der vorhandenen Antivirussoftware nicht erkannt und so der Trojaner "ghOst RAT" beim Öffnen des Anhangs installiert. Die Kontrollserver seien sämtlich in China lokalisierbar.
Auch die deutsche Botschaft in Australien und das NATO Hauptquartier sollen betroffen sein.
Der Bericht räumt ein, dass diese Art von Cybercrime nichts Ungewöhnliches mehr sei, allerdings seien hier gezielt politische Organisationen und Staaten angegriffen worden.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Soweit ich einen Überblick über die hier in englischer Sprache veröffentlichte Studie gewinnen konnte, ist der kriminaltheoretische Ausgangspunkt (wie auch der Wirtschaftstheorie im allg.) der Rational-Choice-Ansatz, wonach Menschen ihr Verhalten jeweils nach Kosten-Nutzen-Analysen ausrichten. Es wird also davon augegangen, Menschen machten sich über die Folgen ihres Verhaltens vor einer Straftat realistische Gedanken über das Risiko einer evtl. Bestrafung ("Kosten") und den evtl. "Erfolg" ihrer Tat ("Nutzen"). Die Studie erfolgte im volkswirtschaftlich-mathematische Methodenansatz. Dabei wurden die statistischen Daten der polizeilichen Statistiken (= Anzeigestatistiken) mit den Strafverfolgungsstatistiken in jedem Bundesland in Beziehung gesetzt. Es ergab sich (insofern wenig überraschend), dass die Budnesländer mit höheren Aufklärungs- und geringeren Einstellungsquoten (insbes. BaWü und Bayern) im Vergleich mit Bundesländern mit geringeren Aufklärungs- und höheren Einstellungsquoten im Langzeitvergleich weniger polizeilich registrierte Kriminalität aufwiesen.
Der Studie können aus meiner Sicht erhebliche Einwände entgegengebracht werden. Der Rational-Choice-Ansatz ist zwar im Bereich der Wirtschaftskriminalität und bei Eigentums/Vermögensdelinquenz noch einigermaßen plausibel (auch hier allerdings hat eine rein ökonomische Betrachtungsweise ihre Einschränkungen), trifft jedoch bei Gewaltdelikten nur sehr eingeschränkt zu, insbesondere bei Körperverletzungen (dafür kann als Beleg sogar eine frühere Studie derselben Forscher angeführt werden: (S. 30: "The results confirm Becker's (1968) deterrence hypothesis for crime against property, though only weak support can be observed for crime against the person". Gerade die Diebstahlskriminalität ist in den letzten 15 Jahren erheblich zurückgegangen. Bei der Gewaltkriminalität ist unter Kriminologen Allgemeingut, dass die Polizeistatistik kein Maßstab für die Kriminalität ist, sondern die Anzeigequote kulturell flexibel ist und möglicherweise die reale Kriminalität sich sogar entgegengesetzt entwickelt. Um die Frage zu klären, inwieweit Verfahrenseinstellungen mit Kriminalität zusammenhängen, hätte man deshalb bei Gewaltkriminalität unbedingt Dunkelfeldstudien heranziehen müssen. Sonst misst man nicht, ob (aufgrund Verfahrenseinstellungen oder aus welchen Gründen auch immer) mehr Körperverletzungen begangen werden, sondern warum mehr Körperverletzungen angezeigt werden.
Schließlich: Für die Behauptung, die Kriminalität steige wegen der Verfahrenseinstellungen an, müssten wesentlich mehr andere mögliche "Ursachen" ausgeschlossen werden.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Vor allem werden diejenigen Abteilungen der Behörden lernen, die beim Einkauf stets das billigste Angebot bevorzugen. Wie nun berichtet wird, war offenbar die schwäbische und österreichische Sparsamkeit dafür verantwortlich, dass man für die Spurensicherung Wattestäbchen einkaufte, die für DNA-Aufnahme gar nicht geeignet waren.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Wie gesagt, ich hatte noch nicht die Gelegenheit, die Studie selbst zu lesen, aber ich denke, es geht hier nicht um die Prävention bei den von eienr Verfahrenseinstellung Betroffenen. Hier haben entsprechende Untersuchungen immer wieder ergeben, dass eine Einstellung im Jugend- wie im Erwachsenenstrafrecht spezialpräventiv (also im Hinblick auf Rückfälle des Betroffenen) im Vergleich zur Bestrafung nicht nachteilig ist. Wahrscheinlich geht es den Forschern um den generalpräventiven Effekt der Strafe bzw. der Verfahrenseinstellung.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sie nennen einen ebenfalls interessanten Vorschlag v.a. die "Vermarktung" von Straftaten betreffend, den ich bislang nicht kannte. Jedoch geht mein Ansatz wesentlich weniger weit und auch in eine andere Richtung. Ein "geistiges Eigentum an Straftaten" halte ich auch für eher befremdlich.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Der DNA-Beweis ist keineswegs so sicher, wie er meist dargestellt wird. So wird behauptet, eine Übereinstimmung der DNA-Sequenzen belege mit Sicherheiten von eins zu mehreren Milliarden Fällen die Identität der Spurenleger. Aber die Sicherheit der Identitätsfeststellung kann nicht höher sein als die Zuverlässigkeit der untersuchenden Labors, keine Fehler zu machen (insbes. inkl. der Unwahrscheinlichkeit einer Verunreinigung durch Fremdspuren). Diese Fehlerunwahrscheinlichkeit erreicht (Irren ist eben menschlich) nie den Wert von eins zu einer oder gar mehrerer Milliarden.
Hinzu kommt, dass auch die Ausgangsannahme der Unwahrscheinlichkeit übereinstimmender DNA-Kriterien sich nicht unbedingt bestätigt. Tatsächlich sind etwa in der FBI-Datenbank durchaus Fälle von Übereinstimmungen von mehreren Personen bekannt geworden, die vor Gericht als identisch gewertet worden wären, darunter ein Fall, indem die Personen unterschiedliche Hautfarbe hatten, Hinweis hier. Wie es in dem verlinkten Bericht der LA Times aus dem vergangenen Jahr heißt, wurden mehrere Dutzend solcher Fälle in dieser Datenbank gefunden. Das FBI versuchte anfangs sogar, die Forschungsergebnisse zu unterdrücken, weil es um den Ruf der Zuverlässigkeit einer bislang fast unangefochtenen Beweismöglichkeit fürchtete.
Auch Polizeisachverständige in Deutschland, die bisher meist unangefochten die Sicherheit der DNA-Beweise vor Gericht vertreten konnten, werden künftig unangenehme Fragen der Strafverteidiger zu hören bekommen. Und die Gerichte mit Beweisanträgen konfrontiert werden.
Dennoch sind die Beweismöglichkeiten mittels DNA natürlich vergleichsweise sehr gut, aber eben nicht vollkommen.
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Sehr geehrte/r Frau/Herr beyond,
auch in diesem Fall käme meine strafrechtliche Würdigung zum Ergebnis, dass nicht § 303a StGB verwirklicht wäre. Allerdings könnte es gut sein, dass dann eine zivilrechtliche Pflichtverletzung des access providers vorläge. Das Ausnutzen einer Monopolstellung zur unterdrückung von Kritik könnte auch wettbewerbsrechtliche Folgen haben. Zudem würde ein solches Wettbewerbsverhalten sicherlich diesen acess provider am Markt "unmöglich" machen. Nicht jedes (zivil-)rechtswidrige Verhalten ist auch strafbar. (Analog: das bloße Zustellen einer Werbeplakattafel eines Konkurrenten, so dass dessen Werbung nicht mehr vom breiten Publikum wahrgenommen werden kann, ist nicht nach § 303 StGB tatbestandsmäßig, könnte aber einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch nach sich ziehen).
Prof. Dr. Henning Ernst Müller kommentiert am Permanenter Link
Ob hier eine Strafbarkeit nach § 303a StGB gegeben wäre, halte ich für fraglich. Schon oben wurde darauf hingeweisen, dass die Provider im Zweifel ihre Kunden in ihren AGB darauf hinweisen, dass Seiten, die das BKA als kinderpornographisch bzw. als solche mit strafbarem Inhalt einstuft, nicht aufgerufen werden können (#10). Dann wäre die Umleitung und die damit einhergehende Unterdrückung von Daten nicht unbefugt.
(Nicht im Inhalt aber in der Form analog einer Bestimmung der Post, die Versendung von explosiven Materialien sei ausgeschlossen und im Falle, dass diese trotzdem zur Post gegeben werden, selbige sofort entsorgt werden)
Hinzu kommt, dass die Sperre die allgemein angenommene Schutzrichtung des § 303a StGB wohl nicht betrifft. Denn nicht derjenige, der die Daten abruft, sondern derjenige, der eine "eigentümerähnliche" Verfügungsberechtigung hat, soll durch § 303a StGB vor Unterdrückung/Veränderung/Löschen seiner Daten geschützt werden. Aber derjenige wird durch eine Sperre wie sie hier vorgesehen ist, nicht betroffen.
Problematisch ist es aber, dem BKA ohne eindeutige Rechtsgrundlage die Entscheidung darüber zu geben, welche Webseiten auf diese Art "gesperrt" werden - im Zweifel können dann die Gründe für die Sperrung auch nicht mehr überprüft werden, es entsteht eine Art "Polizeizensur" extra legem. Wie hier auch schon angemerkt wurde, gibt es im Ausland eine Tendenz dazu, auch diejenigen Seiten zu sperren, auf denen über die Sperre diskutiert wird. Damit erhielte die Polizei die Möglichkeit, eine Diskussion über ihre Arbeit zu unterdrücken. Nach wie vor gelten zudem die verfassungrechtlichen Bedenken einer Sperrmöglichkeit ohne gesetzliche Grundlage auf Vertragsbasis zwischen Providern und Staat.
Die Befürchtung auch andere von der Exekutive als "strafbar", "jugendgefährdend" oder "urheberrechtlich bedenklich" angesehene Inhalte zu sperren, wenn diese Möglichkeit einmal eröffnet wurde, ist naheliegend.
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