Gesetzlicher Schutz von whistleblowing auch in Deutschland?

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 10.07.2008

von Bernd Frischhut, Rechtsreferendar Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Der angloamerikanische Begriff des whistleblowing hat auch in deutschen Unternehmen immer mehr Bedeutung gewonnen. Ein befriedigendes deutsches Pendant des Begriffs gibt es allerdings nicht. Die oftmals verwendete Übersetzung von whistleblowing als "verpfeifen" vermittelt eine ungewollte Wertung, da der Begriff seiner eigentlichen Bedeutung nach für die Aufdeckung von Missständen, illegalem Handeln oder allgemeinen Gefahren steht. Der Informant handelt dabei regelmäßig nicht aus Eigennutz und geht zudem ein hohes persönliches Risiko ein, um ein Unternehmen (i.d.R. seinen Arbeitgeber), die Gesellschaft oder die Umwelt vor Schäden zu bewahren.

In den USA wurde mit Einführung des Sarbanes-Oxley Act (SOX) in 2002 eine wesentliche Grundlage zum Schutz von Hinweisgebern geschaffen. So verlangt Section 301 explizit die Einrichtung von whistleblowing-Prozessen und Section 806 schafft Regelungen zum Schutz des Informanten.

Da die SOX-Normen von allen Unternehmen - auch nicht-amerikanischen - einzuhalten sind, die den öffentlichen Kapitalmarkt der USA in Anspruch nehmen, sind dessen Regelungen und Anforderungen insbesondere auch von international tätigen deutschen Unternehmen zu erfüllen.

In Deutschland ist zu diesem Themengebiet die Einführung des § 612a n.F. BGB in Planung. Dieser stellt im Wesentlichen die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v. 25.02.1987 - 1 BvR 1086/85 - NJW 1987, 1929 und vom 02.07.2001 - 1 BvR 2049/00 - NJW 2001, 3474) und des Bundesarbeitsgerichtes (Urteil vom 03.07.2003 - 2 AZR 235/02 - NZA 2004, 427) auf eine klare und für die Arbeitnehmer und den Arbeitgeber verlässliche Rechtsgrundlage. Die vorgesehene Regelung schreibt den von der Rechtsprechung aufgestellten allgemeinen Vorrang der innerbetrieblichen Klärung ausdrücklich fest und ermächtigt Arbeitnehmer nur ausnahmsweise, sich unmittelbar an die zuständigen Behörden zu wenden.

Die tatsächliche Umsetzung des Gesetzentwurfs bleibt indes abzuwarten, da beispielsweise der Deutsche Anwaltverein in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf massive Bedenken geäußert hat. Ebenso sieht die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände die Regelung als Förderung des Denunziantentums.

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2 Kommentare

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Die obige Darstellung ist m.E. doch etwas einseitig. Beim Vergleich der genannten Urteile zeigt sich, dass das BAG das BVerfG hinsichtlich des Schutzes von Whistleblowern zumindest äußerst einschränkend interpretiert, wenn nicht gar dessen grundsätzliche Freigabe auf den Kopf gestellt hat.

Ausweislich der Stellungnahme nahezu sämtlich Experten bei der Bundestagsanhörung (http://www.bundestag.de/ausschuesse/a10/anhoerungen/a10_81/index.html) wäre der § 612a BGB im übrigen, wenn er so wie er jetzt vorliegt beschlossen würde, alles andere als eine "klare ... verlässliche Rechtsgrundlage". Dies gibt allenfalls die Gesetzesbegründung vor, der Text wird dem aber nicht gerecht.

Schließlich gibt es auf der o.g. Webseite des Bundestages noch andere, wesentlich differenziertere Stellungnahmen, als die beiden zitierten, die sich mehr oder weniger in einer Denunziantenpolemik erschöpfen.

Mehr zum Thema auch unter: http://whistleblower-netz.de

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