BGH bestätigt Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 3 StGB bei Sexualstraftäter

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 18.09.2008

Der BGH bestätigt mit Beschluss vom 10.9.2008 Az. 2 StR 320/08 (der Beschluss liegt noch nicht gedruckt vor; Pressemiteilung) die Unterbringung eines Sexualmörders in der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 3 StGB, die das LG Frankfurt a.M. nachträglich angeordnet hat, weil die Gefahr bestehe, dass der Mann weitere sexuelle motivierte Tötungsdelikte liegt jede. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 66b Abs. 3 StGB kann dann, wenn bei Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus der krankhafte Zustand, auf dem die Unterbringung ursprünglich beruhte, nicht besteht, unter bestimmten formellen Voraussetzungen eine Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet werden. Voraussetzung ist, dass der Betroffene mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Straftaten begehen wird, durch die die Opfer körperlich oder seelisch schwer geschädigt werden. Die Vorschrift wurde 2004 eingeführt.

Sachverhalt

Der heute 40 Jahre alte Betroffene war durch Urteil des LG Frankfurt a. M. 1992 wegen Mordes in drei Fällen und wegen versuchten Mordes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden. Zugleich hatte das LG seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Der Täter hatte in den Jahren 1988 und 1989 aus sexuellen Motiven eine Anhalterin und zwei Prostituierte in seinem Auto erwürgt. Im März 1990 war er bei dem Versuch, eine weitere Prostituierte zu töten, durch eine Zeugin gestört und am Tag darauf festgenommen worden. Nach den damaligen Feststellungen des LG war die Steuerungsfähigkeit des Betroffenen in allen vier Fällen auf Grund eines hirnorganischen Psychosyndroms erheblich vermindert gewesen. Das LG hatte sich dabei auf die Diagnose eines Sachverständigen gestützt.

Staatsanwaltschaft hatte nachträgliche Sicherungsverwahrung beantragt

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde bis 1994 vollstreckt. Da sich in dieser Zeit kein Therapieansatz ergeben hatte, verbüßte der Betroffene auf Anordnung der zuständigen Strafvollstreckungskammer danach die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe. Nachdem diese vollständig vollstreckt war, wurde er wieder in den Vollzug der Maßregel überführt. Mit Beschluss vom 05.04.2007 erklärte die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt, da ein krankhafter Zustand des Betroffenen nicht vorliege und auch nie vorgelegen habe. Zugleich erließ sie gegen den Betroffenen einen Unterbringungsbefehl zur vorläufigen Sicherung der von der Staatsanwaltschaft beantragten nachträglichen Sicherungsverwahrung.

LG führte hohe Wahrscheinlichkeit künftiger Tötungsdelikte an

Das LG Frankfurt hat die Anordnung der nachträglichen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung damit begründet, es sei auch künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Betroffene sexuell motivierte Tötungsdelikte begehen werde. Einer therapeutischen Aufarbeitung seiner Taten habe der Betroffene sich seit seiner Inhaftierung vor 18 Jahren stets verweigert. Der Betroffene hat mit seiner Revision die Auffassung vertreten, § 66b Abs. 3 StGB sei verfassungswidrig.

Zur BGH-Entscheidung

Der Zweite Strafsenat des BGH hat die Revision als unbegründet verworfen. Die Nachprüfung des Urteils habe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Insbesondere hege der Senat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift. Anlass, zunächst die anstehende Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zu § 66b Abs. 3 StGB abzuwarten, habe nicht bestanden. Die dem Großen Senat mit Beschluss des Vierten Strafsenats vorgelegte Rechtsfrage zur Anwendung des § 66b Abs. 3 StGB betreffe eine andere Vollstreckungssituation, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar sei, so die Karlsruher Richter. Die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung sei damit rechtskräftig

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

1 Kommentar

Kommentare als Feed abonnieren

Literaturhinweis: Mit der Frage "Verfahrensidentität und Prozessgegenstand des Verfahrens zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung" befasst sich der Beitrag von Wiss. Ass. Dr. Friedrich-Carl von Dreier in ZStW 2008, 273.

0

Kommentar hinzufügen