Praktische Grenzen der Regulierung im EG-Beihilfenrecht

von Dr. Ludger Giesberts, LL.M., veröffentlicht am 17.10.2008

Das EU-Beihilfenrecht soll sicherstellen, dass der Wettbewerb zwischen Unternehmen nicht seitens des Staates verzerrt wird. Beschließt der Staat Fördermaßnahmen, so müssen diese am EU-Beihilfenrecht gemessen werden. Werden die rechtlichen Anforderungen erfüllt, so ist die Beihilfe rechtmäßig, ist dies nicht der Fall, so ist die Beihilfe rechtswidrig. Bevor eine staatliche Begünstigung jedoch anhand des EU-Beihilfenrechts gemessen wird, ist die Frage zu klären, ob dieses überhaupt anwendbar ist. Agiert der Staat nämlich nicht als Staat, sondern wie ein Privater, so findet das Beihilfenrecht keine Anwendung. Immer dann, wenn der Staat also wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber auftritt, bedarf es der staatlichen Kontrolle nicht, weil sich der Staat marktkonform verhält. Er agiert entsprechend den Regeln des Markts. Die durchzuführende Prüfung wird auch als der sog. „Private Investor Test" bezeichnet (siehe nur v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Kommission, Bd. II, 36. Ergänzungslieferung, Art. 87 EGV, Rn. 32 ff.).

Über die Anforderungen des sog. Private Investor Tests herrscht große Rechtsunsicherheit. Alle beteiligten Seiten, angefangen vom gewährenden Staat und dem Begünstigten bis hin zur Europäischen Kommission stehen vor der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Private Investor Test durchzuführen ist. Dementsprechend ist u.a. auf dem diesjährigen Deutschen Juristentag in Erfurt die Forderung laut geworden, den Private Investor Test zu verrechtlichen. Ein höheres Maß an Rechtssicherheit durch Regeln ist sicherlich begrüßenswert. Allerdings ist die Frage aufzuwerfen, welche rechtlichen Regeln überhaupt aufgestellt werden können. Dies ist bislang - soweit ersichtlich - nicht näher spezifiziert worden. Im Kern des Private Investor Tests geht es um eine kaufmännische Betrachtung. Daher dürften rechtliche Spezifikationen wohl allein Anforderungen an Verfahren und Methode sein. Diese könnten indes nur einen Teil der identifizierten Rechtsunsicherheit beseitigen. Der Kern der Rechtsunsicherheit liegt in der Frage begründet, ob ein Privater genauso gehandelt hätte. Eine Antwort darauf dürfte sich kaum verrechtlichen lassen, weil es eben im Kern um eine kaufmännische Betrachtungsweise geht. Aus meiner Sicht ist deshalb das Bestreben einer Verrechtlichung für Zwecke der Schaffung größerer Rechtssicherheit zwar vollumfänglich zu begrüßen. Allerdings muss sich jeder von vornherein vergegenwärtigen, dass keine vollständige Rechtssicherheit erreicht werden kann. Im eigentlichen Kernbereich des Private Investor Tests bleibt Ungewissheit, ob des Ausgangs dieses Prüfverfahrens, bestehen.

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