BMJ: Gesetzentwurf für erweitertes Führungszeugnis auf den Weg gebracht

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 28.11.2008

Nach geltendem Recht erscheinen im Führungszeugnis Erstverurteilungen nur bei einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten. Von diesen Grenzen sind derzeit nur bestimmte schwere Sexualstraftaten (§§ 174 bis 180 oder 182 StGB) ausgenommen, insbesondere sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung, nicht aber alle anderen kinder- und jugendschutzrelevanten Sexualdelikte.

Mit dem vom BMJ am 26.11.2008 auf den Weg gebrachten Gesetzesentwurf soll durch eine Änderung des BZRG sichergestellt werden, dass sexualstrafrechtliche Verurteilungen auch im untersten Strafbereich in einem so genannten erweiterten Führungszeugnis aufgenommen werden. Nicht selten seien Täter, die wegen Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch straffällig würden, bereits zuvor wegen anderer Sexualstraftaten wie Herunterladen von Kinderpornographie zu geringeren Strafen verurteilt worden. Personen, die bei ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen regelmäßig keinen Kontakt aufnehmen können, betreffen die neuen Regelungen nicht.

Das erweiterte Führungszeugnis soll nach dem neuen § 30a BZRG erteilt werden, wenn dies in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Die praktisch bedeutsamste Vorschrift sei § 72a SGB VIII. Diese richte sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe keine Person beschäftigen oder vermitteln dürften, die rechtskräftig wegen einer bestimmten Straftat verurteilt worden sei (in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung: Straftaten nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184f oder den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB). Ein vergleichbares Beschäftigungsverbot enthalte auch § 25 JArbSchG, zum Beispiel für Personen, die Lehrlinge ausbildeten, wie das Justizministerium mitteilte. Das Bundeskabinett wird sich voraussichtlich im Januar 2009 mit dem Gesetzentwurf befassen.

Bayerns Justizministerin Beate Merk begrüßte zwar den Fortschritt für den Schutz der Kinder, bemängelte jedoch, dass erhebliche Schutzlücken offen bleiben, da der Regierungsentwurf - anders als eine ähnliche bayerische Initiative (BT-Drs 16/9021)- vorsehe, dass die Aufnahme der Sexualdelikte im Führungszeugnis auf bestimmte Berufsgruppen beschränkt bleibe: "Was ist z.B. nicht berufstätigen Eltern, die ein Kindermädchen beschäftigen wollen? Oder mit dem Bäckermeister, dessen Angestellter Backwaren in Schulen verkaufen soll? Sie werden das erweiterte Führungszeugnis wohl nicht zu sehen bekommen."

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