OLG Düsseldorf verurteilt "Kofferbomber von Kön" wegen versuchten Mords zu lebenslanger Freiheitsstrafe

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 09.12.2008

Nach einjähriger Verfahrensdauer hat der Staatsschutzsenat des OLG Düsseldorf den sog.  Kofferbomber von Köln, den 24-jährigen Libanesen Youssef al-Hajdib, wegen versuchten Mords antragsgemäß zu einer lebenslangen Freiheitsstrafeverurteilt.

Der Angeklagte bestreitet jede Mordabsicht, als er und Jihad Hamad , der wegen desselben Delikts bereits im Libanon zu zwölf  Jahren Haft verurteilt wurde, auf dem Kölner Hauptbahnhof zwei Kofferbomben in Regionalzügen nach Hamm und Koblenz deponierten, die aber nicht explodierten. Die Verteidigung hatte deshalb auf Freispruch plädiert.

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5 Kommentare

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Hier würde ich gerne die Urteilsbegründung im Volltext lesen. Die bisher bekannten Informationen sind höchst widersprüchlich. Einerseits haben sich die Täter aufwändig professioneller Zünder beschafft, andererseits kann man nicht ignorieren, dass sie keinen Oxidator (keine Sauerstoffquelle) in ihre "Bomben" eingebaut haben.

Dass eine Explosion eine exotherme chemische Reaktion mit extrem hoher Reaktionsgeschwindigkeit voraussetzt und diese wiederum in der Regel eine Oxidations-Reaktion ist, für die entweder ein technischer Sprengstoff, der beides vereint, oder getrennt ein Brennstoff und ein Sauerstoffspender vorhanden sein müssen, findet jeder, der auch nur daran denkt sowas zu bauen, innerhalb der ersten drei Minuten.

Das Fehlen jeder Sauerstoffquelle als "glücklichen Zufall" und "Fehler" der Bombenbauer darzustellen und wegen Versuchs zu verurteilen, halte ich für hochgradig problematisch. Der Vorsatz kann unter diesen Umständen wohl begründet bezweifelt werden.

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Herr Behrends,
Ihren Fragen nachgehend habe ich im Netz einmal nach den vormaligen Hinweisen zu den Sprengsätzen gesucht. Es gibt in der Tat ein paar offene Fragen. Einerseits wird auf die "Professionalität" des Bombenbaus hingewiesen, andererseits auf grobe Fehler. Auch wurden die Koffer auffällig "auffällig" platziert. Ich gehe aber davon aus, dass man in der langen Hauptverhandlung doch alles zur Sprache gebracht hat. Man kann dies ja von außen selten gut beurteilen. Leider sind die Presseberichte zum Prozess meist wenig detailliert.

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Die mündliche Urteilsbegründung liegt vor:
http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/presse/05presse2008/2008-12-09_pm_urt_...

Auszug (Seite 5/6):
"In Hamads Wohnung in Köln baute der Angeklagte mit Hamads Hilfe sodann die Sprengsätze und die Zeitzünder zusammen, wobei er sich
weitgehend an der im Internet gefundenen Bauanleitung orientierte. Da es dem Angeklagten jedoch nicht gelungen war, wie in dieser vorgesehen Sauerstoff auf eine der Gasflaschen zu pressen, beschloss er, der Einfachheit halber allein mit Propangas gefüllte Flaschen zu verwenden. Da der Angeklagte in dieser Hinsicht nicht über hinreichende chemische Kenntnisse verfügte, ging er aufgrund seiner laienhaften Vorstellung fälschlicherweise davon aus, dass auch Gasflaschen allein mit diesem Inhalt mittels der gebauten Zündvorrichtungen mit den beabsichtigten verheerenden Folgen zur Explosion gebracht werden könnten."

Das halte ich bei jemandem, der mit 19 Jahren nach Deutschland kam, um hier ein ingenieurwissenschaftliches Studium aufzunehmen, ohne weitere Ausführungen für problematisch. Mal sehen, ob die schriftliche Begründung hierzu ausführlicher sein wird.

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Die Anleitung aus dem internet muss trotzdem ungewöhnlich professionell gewesen sein, glaubt man der Aussage des Sprengstoff-Experten, der die Bombe "entschärft" hat (aus welt-online, 20.02.2008):
"Die Kofferbomben von Köln waren nach Aussage eines Sprengstoff-Experten sehr professionell konstruiert und außerordentlich gefährlich. Der Sprengsatz aus dem Regionalexpress nach Hamm, den er entschärft habe, zähle zu den ausgefeiltesten, die er in mehr als 25 Jahren als Entschärfer gesehen habe, sagte der Bundespolizist im Kofferbomber-Prozess am Düsseldorfer Oberlandesgericht.
Der Mechanismus hätte einen großen Feuerball auslösen können, sagte der Zeuge. "Auch im Nachgang komme ich zum Ergebnis, dass dieser Sprengsatz kein Spielzeug war." Die Bombe sei sehr geschickt konstruiert worden, betonte der Entschärfer mehrfach. "Diese handwerklichen Fähigkeiten schüttelt man nicht aus dem Ärmel. Das muss man vorher geübt haben", erklärte er. "Die Professionalität erkennt man an den kleinsten Details."

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Wenn ich sehe, dass der 24-jährige Libanese Youssef al-Hajdib für die deutsche Öffentlichkeit den Bildberichterstattern den "Mittelfinger" in die Linse gehalten hat, interessiert es mich in der Tat relativ wenig, mit welcher Begründung der Bombenleger zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Hier einen Freispruch zu beantragen, hat gewiss sehr viel Phantasie bedurft, um nicht von Wahnvorstellungen zu sprechen. Wer in Deutschland professionelle Bomben in einen Zug legt und der Öffentlichkeit seine Gesinnung unaufgefordert mit dem Mittelfinger präsentiert, verdient - ohne jedwede Diskussionsnotwendigkeit - die lebenslange Haftstrafe und die sofortige Abschiebung in den Libanon nach (hier) leider obligatorischer Strafaussetzung nach circa 15-18 Jahren.

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