Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow in Moskau erschossen

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 20.01.2009

Die Meldung erinnert stark an die Ermordung der mutigen Journalistin Anna Politkovskaja: Gestern nachmittag sind im Zentrum Moskaus auf offener Straße der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow und die Journalistin Anastasja Baburowa von einem unbekannten Täter ermordet worden (Video).

Russland verliert nach diesem Anschlag einen mutigen Anwalt, der die "Degradierung des Rechtssystems" in Russland kritisierte und die Interessen von Bürgern vertrat, die Opfer der Willkür von Staatsbediensteten waren. Immer wieder sprach er von Tätern in Uniform, die in Tschetschenien Zivilisten ermordet hatten.

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8 Kommentare

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In diesem Zusammenhang sei auf Art. 6 Abs. 1 des auch für Russland geltenden IPbpR verwiesen. Er schützt das Recht auf Leben. Art. 2 Abs. 1 und 2 IPbpR verpflichten den Staat u.a. zu einer wirksamen Strafverfolgung. Diese Regelung ist notwendig, weil es mitunter reichen kann, (stillschweigend) zu kommunizieren, dass Taten gegen bestimmte Personen nicht verfolgt werden.
Im Fall von Frau Politkowskaja wurde die Tat verfolgt, hoffentlich auch im besten Bemühen um die Aufklärung. Viele haben da Zweifel.

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Besten Dank für den wichtigen Hinweis!

Der ebenso kaltblütig wie professionell durchgeführte Dopppelmord geschah, nachdem beide Opfer eine Pressekonferenz verlassen hatten, auf der Stanislaw Markelow als Anwalt der Familie Kungajew über die skandalöse Freilassung des ehemaligen Panzerobristen Budanow geredet hatte. Dieser hatte vor neun Jahren in Tschetschenien die Tochter Elsa der Eheleute Kungajew verschleppt, vergewaltigt und getötet. Budanow wurde 2003 zu einer 10jährigen Freiheitsstrafe verurteilt, degradiert und ihm wurde die Tapferkeitsmedaille aberkannt. Vor wenigen Tagen ist Budanow vorzeitig aus der Haft entlassen worden.

Durch Berichte über den Fall Budanow ist die ermordete Journalistin Anastasja Baburowa bekannt geworden. Als erste Journalistin hatte Anna Politkovskaja in der "Nowaja Gaseta" berichtet; die Zeitung, für die auch Baburowa arbeitete.

Budanow bestreitet in die beiden Morde verwickelt zu sein.

Der Generalstaatsanwalt ermittelt. Gleichwohl befürchte ich, dass auch dieser brutale Angriff auf die Meinungsfreiheit nicht geklärt wird (womit wir wieder bei dem Blogbeitrag von Herrn Giesen wären).

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Mich schockieren diese Meldungen aus Russland immer sehr und erwecken bei mir immer den Eindruck, als ob sich seit Ende des Kalten Krieges nicht viel geändert hat. Wieso kommt Russland damit durch auch im Hinblick auf Völkerrecht? Nur wegen Gaspipelines?

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Die aktuelle NJW Heft 8/2009 enthält im Mantel S. XII ff ein Interview mit Rechtsanwalt Bernd Häusler, Vizepräsident und Menschenrechtsbeauftragter der Rechtsanwaltskammer Berlin. Er befaast sich mit dem Anschlag sowie der grundsätzlichen Problematik der Gewalteinwirkung auf Justizorgane (für Nicht-NJW-Bezieher: Mit unserem Blog-Manager stehe ich in Kontakt, wie wir per Link das Interview hier einbauen können).

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Vielen Dank für den Hinweis! Findet sich darin auch etwas zur EMRK? Die hatte ich in meinem ersten Post ausgelassen, jedoch ist sie mit gerichtlicher Durchsetzung einschließlich Individualbeschwerde das naheliegendere Instrument. Der EGMR hat schon mit Urteilen zu Ereignissen im Tschetschenien-Krieg bewiesen, dass er bereit ist, solch heiße Eisen anzupacken. Die Pflicht zur wirksamen Strafverfolgung dürfte auch unter der EMRK gelten. Entsprechende Rspr kann ich auf Anhieb nicht nennen. Bei der American Convention on Human Rights weiß ich, dass der dortige Gerichtshof entsprechend geurteilt hat (Inter-American Court of Human Rights, International Legal Materials 28 (1989), 294-334, S. 325 Tz. 176 – Velásquez Rodriguez v. Honduras).

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Das Interview - auf das wir leider immer noch nicht verlinken können, obwohl Herr Zosel heute an dem Problem dran war - befasst sich mehr mit den tatsächlichen Hintergründen der Übergriffe auf unabhängige Rechtsanwälte. Einen Hinweis auf die EMRK enthält es nicht. Deshalb bin ich umso dankbar für Ihren Hinweis!

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