Auch Eva Herman kann einen Sieg verbuchen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 28.07.2009

Eva Herman, die mit der Klage gegen ihre Kündigung durch den NDR beim LAG Hamburg gescheitert war (Urt. vom 1.4.2009 - 3 Sa 58/08, dazu BeckBlog vom 1.4.2009), kann heute ebenfalls einen Sieg verbuchen: Das OLG Köln hat dem Axel-Springer-Verlag verboten, die Moderatorin weiter falsch in der Weise zu zitieren, wonach sie den Nationalsozialismus in Teilen gutgeheißen habe, nämlich in Bezug auf die Wertschätzung der Mutter. Außerdem muss der Springer-Verlag eine Geldentschädigung von 25.000 Euro zahlen und in einer weiteren Veröffentlichung richtig stellen, dass Frau Herman die Äußerung so nicht getätigt hat (Urt. vom 28.7.2009 - 15 U 37/09).

Zum Hintergrund: Im Rahmen einer Pressekonferenz am 6.9.2007 in Berlin hatte Frau Herman gemeinsam mit ihrem Verleger ihr Buch "Das Prinzip Arche Noah - warum wir die Familie retten müssen" präsentiert und sich dazu auch auf Fragen der anwesenden Journalisten geäußert. Darüber schrieb das von Springer verlegte "Hamburger Abendblatt" in seiner Print- sowie Internetausgabe: "Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter." Frau Herman hat den Axel-Springer-Verlag daraufhin auf Unterlassung und auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch genommen. Sie sah ihr Persönlichkeitsrecht dadurch schwer beeinträchtigt, dass sie durch das Falschzitat als Sympathisantin der NS-Familienpolitik dargestellt werde. In Wahrheit habe sie sowohl im Verlauf der Pressekonferenz als auch bei anderen öffentlichen Auftritten stets deutlich gemacht, dass sie den Nationalsozialismus verabscheue.

Das OLG Köln gab heute - wie in der Vorinstanz schon das LG Köln - im Wesentlichen der Fernsehmoderatorin Recht. Das Zitat, das ihr in dem Artikel im "Hamburger Abendblatt" als eigene Äußerung in den Mund gelegt werde, sei falsch und entspreche nicht den tatsächlichen Äußerungen Hermans während der Pressekonferenz. In Wahrheit habe es sich um eine Interpretation bzw. eine Auslegung der tatsächlich von Herman anlässlich der Pressekonferenz gemachten mehrdeutigen Äußerung gehandelt. Dies hätte in dem Artikel aber deutlich gemacht werden müssen. Die der Fernsehmoderatorin mit dem Falschzitat zugeschriebene Aussage und Einstellung beeinträchtigte sie massiv in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und lasse sie in negativem Licht erscheinen, da die Äußerung letztlich den Unrechtscharakter des NS-Regimes bagatellisiere, indem sie diesen auf ein in jedenfalls Teilen erträgliches, in Wirklichkeit dann doch nicht so schlechtes Maß reduziere. Mit dem Falschzitat werde Frau Herman auch die inhaltliche Billigung der NS-Mutterrolle als Gebärerin arischen Nachwuchses zugeschrieben. Dadurch werde sie in ihrer sozialen Wertgeltung massiv beeinträchtigt und herabgewürdigt, was insofern besonders schwer wiege, als Frau Herman als Nachrichtensprecherin eine hohe Bekanntheit und Vorbildfunktion genoss und besonderen Anforderungen an Seriosität und Neutralität zu genügen hatte.

Mit Rücksicht auf die schwer wiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung und das Maß des Verschuldens auf Seiten des Verlags hat der Senat auch eine Geldentschädigung in Höhe von 25.000 Euro zugesprochen. Da die Aussage in hohem Maße geeignet gewesen sei, das öffentliche Ansehen Eva Hermans massiv zu beschädigen, hätten die verantwortlichen Redakteure des Beitrags sich durch einfache und zeitnahe Nachfrage vergewissern können und müssen, ob die Äußerung Hermans tatsächlich so bei der Pressekonferenz gefallen war, zumal dort keine vorbereitete Erklärung verlesen worden sei, sondern freie Redebeiträge gewechselt worden seien. Auch hätte leicht klargestellt werden können, dass es sich um eine Interpretation der Äußerung Hermans gehandelt habe. Bei der Bemessung der Entschädigung hat das OLG allerdings nicht berücksichtigt, dass die dem Artikel nachfolgende Medienkampagne die berufliche und private Existenz Hermans erheblich beeinträchtigt hat. Für diese weiteren Auswirkungen sei nicht allein der Springer-Verlag verantwortlich zu machen.

Die Revision gegen das heutige Urteil wurde nicht zugelassen.

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