Eckpunktepapier zum Arbeitnehmer-Datenschutz vorgelegt

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 12.04.2010

Das Bundesministerium des Innern hat ein Eckpunktepapier für eine Regelung des Arbeitnehmer-Datenschutzes vorgelegt. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich CDU/CSU und FDP darauf verständigt, den Beschäftigtendatenschutz in einem eigenen Kapitel im BDSG gesetzlich zu regeln. Ein Gesetzentwurf soll nach Abstimmung mit den Bundesministerien bis zur Sommerpause dem Kabinett zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Das Eckpunktepapier sieht vor:

  • Datenerhebung im Einstellungsverfahren

Das Fragerecht des Arbeitgebers soll gesetzlich geregelt werden. Der Arbeitgeber soll nur die Beschäftigtendaten erfragen dürfen, die er benötigt, um die Eignung des Bewerbers für eine in Betracht kommende Tätigkeit festzustellen.

  • Gesundheitliche Untersuchungen

Gesundheitliche Untersuchungen oder Prüfungen sollen nur zulässig sein, wenn sie erforderlich sind, um die Eignung für eine konkret vorgesehene Tätigkeit festzustellen. Sie sollen nur mit Einwilligung des Betroffenen und nach den Regeln der Fachkunde durchgeführt werden dürfen. Dem Arbeitgeber soll nur das Ergebnis mitgeteilt werden dürfen, ob der Beschäftigte für die zu besetzende Stelle geeignet ist, nicht jedoch die genaue ärztliche Diagnose im Einzelnen.

  • Korruptionsbekämpfung/Durchsetzung von Compliance-Anforderungen

Die Korruptionsbekämpfung und die Durchsetzung von Compliance-Anforderungen sollen aufgrund klarer gesetzlicher Grundlagen erfolgen können. Der Arbeitgeber soll grundsätzlich vorhandene Beschäftigtendaten verwenden dürfen, soweit dies erforderlich und verhältnismäßig ist, um die Begehung von Vertragsverletzungen zu seinen Lasten, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten durch den Beschäftigten im Beschäftigungsverhältnis zu verhindern oder aufzudecken. Nur wenn ein konkreter Verdacht gegenüber einem Beschäftigten besteht, soll der Arbeitgeber zusätzliche Daten unter erhöhten Voraussetzungen erheben dürfen. Sonderregelungen sollen für die Kontrolle der Nutzung von Telekommunikationsdiensten und Telemedien am Arbeitsplatz sowie für die Videoüberwachung von nicht öffentlich zugänglichen Betriebsstätten getroffen werden.

  • Videoüberwachung

Ganz allgemein soll die Videoüberwachung von nicht öffentlich zugänglichen Betriebsstätten nur zulässig sein, soweit sie zur Wahrung wichtiger betrieblicher Interessen erforderlich und verhältnismäßig ist. Eine heimliche Videoüberwachung eines Beschäftigten soll nur unter erschwerten Voraussetzungen (bei konkreten Verdachtsfällen) zugelassen werden. Die Videoüberwachung von Betriebsräumen, die überwiegend zur privaten Lebensgestaltung des Beschäftigten dienen, soll untersagt werden.

  • Ortungssysteme

Die Erhebung von Beschäftigtendaten durch Ortungssysteme (z.B. GPS) soll nur während der Arbeits- und Bereitschaftszeiten zur Sicherheit des Beschäftigten oder zur Koordinierung des Einsatzes des Beschäftigten zugelassen werden. Die Ortung soll zudem nur zulässig sein, wenn schutzwürdige Interessen des Beschäftigten am Ausschluss der Datenerhebung nicht überwiegen. Wird ein Ortungssystem zur Diebstahlsicherung von Sachen (z.B. Kfz) eingesetzt, soll eine personenbezogene Ortung verhindert werden.

  • Biometrische Verfahren

Biometrische Merkmale eines Beschäftigten soll der Arbeitgeber elektronisch nur erheben und verwenden dürfen, soweit dies aus betrieblichen Gründen zu Autorisierungs- und Authentifikationszwecken erforderlich ist und keine schutzwürdigen Belange des Beschäftigten entgegenstehen. Eine Verwendung zu anderen Zwecken soll ausgeschlossen werden.

  • Nutzung von Telefon, E-Mail und Internet

Der Arbeitgeber soll – insbesondere zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen technischen Betriebs, zu Abrechnungszwecken sowie zu Zwecken der Korruptionsbekämpfung/Compliance – die Nutzung von Telekommunikationsdiensten und Telemedien am Arbeitsplatz im erforderlichen Maß kontrollieren dürfen. Dabei sind die berechtigten schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten zu beachten. Die Inhalte von Telefonaten sollen einem besonderen Schutz unterliegen.

  • Kollektivrechtliche Vereinbarungen

In Betriebs-/Dienstvereinbarungen oder Tarifverträgen sollen wie bisher eigenständige Grundlagen und Einschränkungen für eine zulässige Datenerhebung und -verwendung im Beschäftigungsverhältnis vorgesehen werden können. Die vorgesehenen Regelungen sind daher im Rahmen der grundgesetzlichen Wertungen, zwingenden Gesetzesrechts und den sich aus allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts ergebenden Beschränkungen dispositiv.

  • Beteiligungsrechte, insbesondere Mitbestimmungsrechte der Interessenvertretungen

Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten sollen durch die Neuregelungen nicht beeinträchtigt werden. Das bedeutet, dass das bestehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistung eines Beschäftigten zu überwachen (§ 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG), unangetastet bleiben soll.

  • Einwilligung

Die Zulässigkeit der individuellen Einwilligung des Beschäftigten in die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten soll auf ausdrücklich geregelte Fälle beschränkt werden, um der besonderen Situation des Beschäftigten im Arbeitsverhältnis Rechnung zu tragen.

  • Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis

Der Arbeitgeber darf Beschäftigtendaten auch erheben, verarbeiten und nutzen soweit deren Kenntnis erforderlich ist, um nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bestehende Pflichten – etwa buchhalterische oder steuerliche Nachweiszwecke – zu erfüllen. Werden die Daten nicht mehr für den Zweck benötigt, für den sie gespeichert wurden, sind sie zu löschen.  

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