Morgengabe in Hamm

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 19.01.2011
Rechtsgebiete: MorgengabeBrautgeldFamilienrecht1|4313 Aufrufe

Unter anderem bei Beck-aktuell findet sich folgende Pressemitteilung des OLG Hamm:

Eine im Rahmen einer Eheschließung von Angehörigen yezidischen Glaubens getroffene Brautgeldabrede, die eine Geldzahlung als Voraussetzung für die Eheschließung vorsieht, ist nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig, weil sie die Freiheit der Eheschließung und die Menschenwürde verletzt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 13.01.2011 entschieden und die gegen den Vater der Braut gerichtete Klage der Familie des Bräutigams abgewiesen, die nachdem die Ehe nach kurzer Zeit gescheitert war, das nach yezidischem Glauben übliche sogenannte «Brautgeld» zurückverlangt hatte (Az.: I-18 U 88/10).

Die Beteiligten sind Angehörige des yezidischen Glaubens. Die Kläger, der Bruder und die Schwägerin des Bräutigams, zahlten an den Vater der Braut vor der Eheschließung 8.000 Euro. Noch vor Ablauf eines Jahres nach Eheschließung mit der damals 19-jährigen verließ die Tochter des Beklagten ihren Ehemann, der sie in der Ehe vergewaltigt hatte. Das so genannte «Brautgeld» verlangten die Kläger nunmehr mit der Behauptung zurück, es habe entsprechend des yezidischen Glaubens eine Abrede gegeben, nach der das Geld als Voraussetzung für die Ehe gezahlt und zurückgewährt werde, wenn die Eheleute weniger als ein Jahr zusammenleben. Das OLG Hamm hat entschieden, dass das so genannte «Brautgeld» nach hier anzuwendendem deutschem Recht nicht zurückzuzahlen ist. 

Da beiden Seiten ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last falle, bestehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, so das Gericht. Dieser sei nach der Sperrvorschrift des § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, die auch im vorliegenden Fall greife. Es solle kein Anreiz zum Abschluss von Brautpreisabreden nach yezidischem Vorbild mehr bestehen, was am besten gewährleistet werde, wenn die Leistung aufgrund einer solchen Abrede auf eigenes Risiko erfolge.

Ich bin auf die Begründung gespannt, denn so eindeutig ist die Nichtigkeit eines Brautgeldes (Morgengabe) nicht. Zum Beispiel sagt das OLG Saarbrücken (NJW-RR 2005, 1306) unter Berufung auf den BGH:

Der Senat schließt sich insoweit der zwischenzeitlich wohl h.M. an, die im hier gegebenen Fall, dass das Brautgeld erst nach der Scheidung verlangt wird, dieses dem Unterhaltsrecht zuordnet (vgl. BGH, NJW 1987, 2161, und NJW 1999, 574  jeweils m.w. Nachw.). Danach soll das Brautgeld der Absicherung des Unterhalts der Ehefrau dienen, da nach islamischen Rechtsvorstellungen keine nachehelichen Unterhaltsansprüche bestehen. Demnach ist das Brautgeld von der Funktion her vergleichbar mit den nach deutschem Recht bestehenden Trennungs- und nachehelichen Unterhaltsansprüchen.

Ob es an der Zahlungspflicht vor der Hochzeit lag?

PS: Die  Jesiden (auch Yeziden) sind eine kurdische Volksgruppe und Anhänger einer eigenständigen Religion und haben mit dem Islam nichts zu tun. Das Jesidentum ist eine ausschließlich bei ihnen verbreitete monotheistische Religion.

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Nach dem Sachverhalt und den Parteien selbst handelt es sich bei der Zahlung um keine Morgengabe sondern um einen Kaufpreis, dessen Abrede für eine Braut wohl schon eindeutig nichtig ist. Ein Brautgeld wird im Fall der Eheschließung gezahlt, ist aber nicht kausale Voraussetzung für sie. Es wird vom Bräutigam an die Braut zu deren freien Verfügung geleistet und nicht an den Vater der Braut.

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