Generalanwalt beanstandet tarifvertragliche Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 21.05.2011

 

Die Piloten der Lufthansa haben mit ihren Klagen gegen die tarifvertraglich festgesetzte Altersgrenze von 60 Jahren gute Erfolgsaussichten. Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof Pedro Cruz Villalón hat in seinen gestern veröffentlichen Schlussanträgen (vom 19.5.2011 - Az.: 447/09) die Ansicht vertreten, dass eine im Tarifvertrag vereinbarte Altersgrenze gegen europäisches Recht verstößt. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, insbesondere Art. 2 Abs. 5, Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1, ausgelegt im Licht von Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, verbiete es, in einem Tarifvertrag die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Piloten einer kommerziellen Fluggesellschaft mit Vollendung des 60. Lebensjahrs vorzusehen. Eine solche Altersgrenze sei auch für die Gewährung der öffentlichen Sicherheit oder zum Schutz der Gesundheit nicht notwendig. In der deutlichen Mehrzahl der Fälle folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts. Diese sind vorliegend vor allem deshalb bemerkenswert, weil der Generalanwalt der Rechtsansicht des BAG (vom 17.6.2009, NZA 2009, 1355) widerspricht. Das BAG hatte in seinem Vorlagebeschluss ausgeführt, es wolle an seiner bisherigen Rechtsprechung zu tariflichen Altersgrenzen von 60 Jahren für Piloten auch für die nach Inkrafttreten des AGG geltende Rechtslage festhalten. Gleichsam um diese Position abzusichern, hatte es den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Anders hat das BAG (vom 16.8.2008, NZA 2009, 378) übrigens für eine Altersgrenze von 60 Jahren für das Kabinenpersonal entschieden. Diese hält es wegen Fehlens eines sie rechtfertigenden Sachgrundes für unwirksam. 

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