Betriebsratsmitglieder müssen sich grundsätzlich abmelden

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.07.2011
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtBetriebsratBAGAbmeldung|5161 Aufrufe

 

Das BAG (Beschluss vom 29. Juni 2011 - 7 ABR 135/09, Pressemitteilung Nr. 54/11) bestätigt in seiner neuesten Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Betriebsratsmitglied, das an seinem Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigt, grundsätzlich verpflichtet ist, sich beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Zweck der Meldepflicht sei es, dem Arbeitgeber die Überbrückung des Arbeitsausfalls zu ermöglichen. Daher bestehe keine vorherige Meldepflicht in Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls. Dazu gehörten insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung. In Fällen, in denen sich das Betriebsratsmitglied nicht vorher abmelde, sei es verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Insofern verfolgt das BAG ersichtlich eine den Umständen des Einzelfalles angepasste pragmatische Mittellösung. Im konkreten Fall wollte der neunköpfige Betriebsrat eines Unternehmens für automobile Marktforschung mit ca. 220 Arbeitnehmern gerichtlich festgestellt wissen, dass seine Mitglieder nicht verpflichtet sind, sich bei Ausführung von Betriebsratstätigkeit, die sie am Arbeitsplatz erbringen, zuvor beim Arbeitgeber abzumelden. Der Antrag hatte letztlich keinen Erfolg, da er sich infolge seiner weiten Fassung auch auf Fallgestaltungen erstreckte, in denen er unbegründet war. Die Redaktion des Nachrichtenmagazins Focus nennt in ihrem Bericht zwei instruktive Beispiele, wann eine Abmeldepflicht bejaht bzw. abgelehnt werden muss: “Nach dieser Rechtsprechung müsste ein Fluglotse sicherlich Bescheid sagen, wenn er sich vorübergehend nicht dem Luftverkehr, sondern seinen Betriebsratsaufgaben widmet. Ein Entwicklungsingenieur, der allein ein bestimmtes Projekt verfolgt, müsste dies dagegen wohl nicht. Nach dem Erfurter Urteil müsste er dem Arbeitgeber aber nachträglich Rechenschaft darüber abgeben, in welchem Umfang er Arbeitszeit in Anspruch genommen hat.“

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen