Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes im Versorgungsausgleich

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 08.07.2011

 

Das ursprünglich bestehende Gesamtversorgungssystem der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (ZVöD) wurde Ende 2000 aufgegeben und mit Wirkung ab 2002 durch ein reines kapitalgedecktes Betriebsrentensystem abgelöst. Für die am 31.12.2001 festgestellten Versorgungsrenten wurden den Versicherten so genannte „Startgutschriften“ gutgeschrieben. Diese Regelung wurde durch den BGH (NJW 2008, 1378) mit dem Gleichheitssatz für unvereinbar erklärt, die notwendige Änderung der Satzungen der Versorgungsträger steht noch aus.

Seitdem ist die Behandlung von Anrechten in der ZVöD für rentenferne Jahrgänge (anders für rentennahe Jahrgänge; BGH, BeckRS 2010, 06679) umstritten:

Das OLG München (BeckRS 2010, 21153, bespr. von Bergmann, FamFR 2010, 466) meint, das Anrecht sei der Höhe nach noch nicht hinreichend verfestigt (§ 19 II Nr. 1 VersAusglG) und verweist das Anrecht – bei Durchführung des Versorgungsausgleichs im Übrigen – in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Andere Gerichte setzen den Versorgungsausgleich hinsichtlich des Anrechts in der Zusatzversorgung aus und führen ihn im Übrigen durch Teilentscheidung durch (OLG Brandenburg, NJW 2011, 159; OLG Düsseldorf, BeckRS 2010, 29105). Schließlich wird vertreten, das Verfahren über den Versorgungsausgleich sei insgesamt auszusetzen (OLG Karlsruhe, BeckRS 2011, 00133).

Das OLG Rostock hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Eine Verweisung auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich bedeute für den Ausgleichsberechtigten erhebliche, nicht zu rechtfertigende Nachteile, da er keine gesicherte Rechtsposition erlange.

An einer Teilaussetzung sieht sich der Senat gehindert, da § 21 FamFG ausweislich des Wortlauts nur eine Aussetzung insgesamt vorsehe. Bereits nach der alten Rechtslage habe der BGH (NJW-RR 2009, 1081) eine Teilentscheidung nur zugelassen, wenn der Versorgungsfall bereits eingetreten sei oder bald bevorstehe.

Nach dem alten Versorgungsausgleichsrecht war eine Teilaussetzung hinsichtlich der Anrechte in der ZVöD schon deshalb ausgeschlossen, weil ihre Einbeziehung die Ausgleichsrichtung ändern konnte. Nach dem neuen Recht mit seiner Einzelbilanzierung der Anrechte scheint dieser Aspekt auf den ersten Blick keine Rolle mehr zu spielen. Eine solche Sichtweise übersieht jedoch die Regelung des § 31 VersAusglG. Verstirbt ein Ehegatte nach Rechtskraft der Scheidung, aber vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, so darf gem. § 31 II VersAusglG der überlebende Ehegatte nicht besser gestellt werden, als wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Es ist deshalb ausnahmsweise eine Gesamtbilanzierung der Anrechte vorzunehmen. Hat der Überlebende insgesamt die höheren Anrechte, findet ein Versorgungsausgleich nicht statt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, FamilienR, 5. Aufl., § 31 VersAusglG Rdnr. 3). Eine Teilaussetzung hinsichtlich der Anrechte in der ZVöD würde diesem Grundsatz zuwiderlaufen.

Sind im Versorgungsausgleich auch Anrechte aus einer privaten Rentenversicherung oder einer betrieblichen Altersversorgung auszugleichen, ist gem. § 225 I FamFG, § 32 VersAusglG zu beachten, dass eine Abänderung der Entscheidung hinsichtlich dieser Anrechte ausgeschlossen ist. Bei einer späteren Wiederaufnahme der teilausgesetzten Anrechte in der ZVöD wären auch gravierende Änderungen bei der privaten Rentenversicherung und/oder der betrieblichen Altersversorgung ausgeschlossen. Auch deshalb verbietet sich die Teilaussetzung der Anrechte aus der ZVöD.

Ein klärendes Wort des BGH zu dieser Problematik steht noch aus. Vermutlich wird sie die Familiengerichte aber noch länger beschäftigen, denn es ist nicht erkennbar, dass die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes sich alsbald auf die notwendige Satzungsänderung der Versorgungsträger der ZVöD einigen würden.

 

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Die ZVöD haben sich am 30.05.2011 auf den Änderungstarifvertrag Nr. 5 verständigt, der ( mit Ausnahme der durch die Entscheidung des BVerfG vom 28.4.2011 ( 1 BvR 1409/10 - Mutterschutzzeiten in der ZV - ) neu zu klärenden Fragen bestehende Bewertungsschwierigkeiten beseitigt. Ab September 2011 dürften mithin VA-Fälle unter Beteiligung von VBL und der übrigen ZVöD entscheidungsreif sein.

 

www.vbl.de/aktuelles

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