Extrem dumm gelaufen

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 13.02.2012
Rechtsgebiete: VersorgungsausgleichFamilienrecht11|5668 Aufrufe

 

Zu Beginn ihrer Ehe im Jahr 1995 hatten die Beteiligten Gütertrennung vereinbart. Zum Versorgungsausgleich äußerte sich der entsprechende Ehevertrag nicht.

Im Jahr 2004 wurde eine bereits vorehelich abgeschlossene Kapitallebensversicherung der Ehefrau fällig und sie erhielt 150.000 € ausgezahlt.

Und was machte sie mit dem Geld?

Sie zahlte die 150.000 € in eine private Rentenversicherung ein.

Dann Trennung und Scheidung (Ehezeitende 28.02.2010).

Die Rentenversicherung der Frau wurde im Versorgungsausgleich von AG und OLG vollständig einbezogen. Die Rechtsbeschwerde zum BGH war erfolglos.

Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs unterscheidet. Daher kommt es nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Ehefrau stammte. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG ist nur erforderlich, dass das Geld, mit dem der Ehegatte die Beiträge entrichtete, zu seinem Vermögen gehörte, während es auf die Herkunft des Geldes nicht ankommt. Insbesondere wird nicht danach gefragt, ob es sich um Vermögen handelt, das ein Ehegatte vor oder während der Ehe erworben hatte. Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die - wie hier - mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden

BGH Beschluss vom 18.01.2012 - XII ZB 213/11

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11 Kommentare

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Da hat der BGH mal wieder sprachliche Probleme, dies nach dem Desaster mit der "Anrechnung" des VIII. Senats.

Jetzt geht es um den Begriff des "Erwerbens". § 1 sagt grundlegend:

Im VA sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile zu teilen.

Darunter haben wir wohl alle stets die erwirtschafteten Anteile verstanden, die man sich mit der -unterstellten- Unterstützung des Ehepartners erarbeitet hat.

Jetzt sagt BGH: "... kommt es nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Ehefrau stammte."

Statt dessen stellt er auf den Erwerbsvorgang als Einzelgeschäft der Begründung des Anspruchs aus der privaten Rentenversicherung ab. (Erwerb durch Einzahlung)

Nun sind die vor der Ehezeit erworbenen Mittel durch Einzahlung während der Ehezeit in dieser "erworben". Lt BGH. Er meint dazu, es komme nicht darauf an, aus welchen Quellen das Vermögen stamme.

§ 2 sagt aber, ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es durch Vermögen geschaffen wurde. Durch Vermögen geschaffen wird aber nur ein Vermögensertrag, nicht das Vermögen selbst. Die Alternative ist: durch Arbeit geschaffen. Also ebenfalls der Ertrag.

Bei diesem Sprachverständnis - wie würde der BGH die alte Weisheit darstellen:

"Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen"?

Hoffentlich geht die Frau zum BVerfG.

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Manfred Claes schrieb:

Da hat der BGH mal wieder sprachliche Probleme, dies nach dem Desaster mit der "Anrechnung" des VIII. Senats.

Vielleicht liegt das ja hieran:

" Der Richterwahlausschuss wählte sie, obwohl die Stellungnahme des Präsidialrats des Bundesgerichtshofs lautete: "Fachliche Eignung wird nicht bejaht."

 

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Birgit_V%C3%A9zina

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Sie täuschen sich.

Wird Gütertrennung vereinbart, gelten die Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand (Zugewinn) nicht (§ 1414 BGB). Es findet dann kein Zugewinnausgleich statt.

Dies bringt der Gesetzgeber ganz klar in § 2 I zum Ausdruck, indem nur durch Vermögen geschaffene Anrechte geteilt werden. Damit sind Erträge gemeint, nicht das Vermögen selbst.

Mit dieser Auffassung stehen Sie - soweit ich sehe - ziemlich allein.

Im Ergebnis richtig, Herr Untermann. Bringen Sie jetzt bloss nicht die Begriffe Eigentum und Besitz durcheinander.

 

Im VA geht es um Anrechte, die durch den Einsatz der Arbeitskraft oder des Vermögens erworben worden sind. Ab- und ausgegrenzt werden sollen nach dem Willen des Gesetzgebers damit solche Anrechte, die ausschließlich auf Gesetz beruhen. Anrechte aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Gesetzes wegen (ohne Einsatz von Arbeit und Vermögen) erworben. Sie fallen daher nicht in den VA.

Sie hatten doch erst einen Fall besprochen, in dem ausschliesslich Anrechte aus Erziehungszeiten erworben wurden, die bei der Scheidung ebenfalls dem Versorgungsausgleich unterworfen und übertragen wurden. Diese Anrechte stammen weder aus Arbeitsverhältnissen noch aus Vermögen.

Richtig. Der Gesetzgeber fingiert Kindererziehungszeiten als Arbeitszeiten. Nicht nur für den VA, sondern als sozialrechtliche Wohltat für die ges. Rentenversicherung allgemein.

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