BAG: Ehrenamtlich Tätige sind keine Arbeitnehmer

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.09.2012
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtBAGArbeitnehmerEhrenamt|10477 Aufrufe

 

Ein neueres Judikat (Urteil vom vom 29. August 2012 - 10 AZR 499/11, Pressemitteilung 62/12) des BAG lenkt den Blick auf einen gesellschaftlich eminent wichtigen Sektor, die ehrenamtliche Beschäftigung. Diese kann in vielfältigen Formen erfolgen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht stellt sich hier die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen solche Beschäftigungsverhältnisse dem Arbeitsrecht unterfallen (zum weiter ausgreifenden Sozialversicherungsrecht vgl. etwa Ruppelt, Personalhandbuch, 19. Aufl. 2012, Stichw. Ehrenamtliche Rdnr. 31 ff.). Ausgangspunkt ist die tradierte Arbeitnehmerdefinition. Diese wird bei ehrenamtlicher Tätigkeit in der Regel in mehreren Punkten nicht erfüllt sein. Denn die ehrenamtliche Tätigkeit wird meistens nicht auf vertraglicher Grundlage, außerdem weisungsunabhängig und unentgeltlich (ausgenommen Aufwandsentschädigung) verrichtet. So war es auch in dem vom BAG entschiedenen Fall. Hier war der Beklagte Träger einer örtlichen Telefonseelsorge. Zu diesem Zweck unterhielt er Räumlichkeiten, in denen ein hauptamtlicher und rund fünfzig ehrenamtliche Mitarbeiter den Seelsorgedienst verrichteten. Nach der Dienstordnung für die ehrenamtlichen Kräfte wurde deren regelmäßige Beteiligung erwartet. Jeweils im Vormonat legte der Beklagte Dienstpläne für den Folgemonat aus, in die sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter eintragen sollten. Die Klägerin war auf der Grundlage von schriftlichen „Beauftragungen“ seit knapp acht Jahren als ehrenamtliche Telefonseelsorgerin unentgeltlich im Umfang von zehn Stunden im Monat für den Beklagten tätig. Die Klägerin erhielt lediglich einen Unkostenersatz von 30,00 Euro monatlich. Anfang 2010 wurde sie mündlich von ihrem Dienst entbunden. Die von ihr erhobene Kündigungsschutzklage blieb in allen Instanzen erfolglos. Zwischen den Parteien bestand – so das BAG -kein Arbeitsverhältnis. Die Vereinbarung der Unentgeltlichkeit von Dienstleistungen sei - bis zur Grenze des Missbrauchs - rechtlich zulässig, wenn eine Vergütung, wie bei ehrenamtlicher Tätigkeit, nicht zu erwarten ist. Die Ausübung von Ehrenämtern diene nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz. Sie sei Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen. Im Streitfall bestehe kein Anhaltspunkt für die Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften. Mit diesem Urteil wird die Rechtssicherheit erhöht. Weitere Urteile werden vielleicht noch die angedeutete Missbrauchsgrenze verdeutlichen.

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