BAG zur nicht nur "vorübergehenden" Überlassung von Leiharbeitnehmern

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 11.12.2013

"Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend." So bestimmt es seit 01.12.2011 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Seitdem ist heftig umstritten, welche Überlassungsdauer noch als "vorübergehend" angesehen werden kann und welche Rechtsfolgen sich für den Fall einer dauerhaften Überlassung ergeben.

Die erste Frage soll nach dem Willen der Großen Koalition - wenn sie denn zustande kommt - künftig dahingehend präzisiert werden, dass die Überlassungsdauer auf maximal 18 Monate begrenzt wird (siehe zum Arbeitsrecht im Koalitionsvertrag diesen Beitrag von Herrn Stoffels im BeckBlog). Das aber ist noch Zukunftsmusik und besagt nichts darüber, was für die Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes gilt.

Zur zweiten Frage ist in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Auffassung vertreten worden, bei dauerhafter Überlassung werde ein Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit dem Entleiher begründet, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG analog  (so z.B. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 09.01.2013 - 15 Sa 1635/12, NZA-RR 2013, 234 mit zustimmender Besprechung Ludwig, BB 2013, 1276). Dem ist der Neunte Senat des BAG in einem Urteil vom gestrigen Tage entgegen getreten: Für eine entsprechende Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG sei kein Raum. Die Vorschrift betreffe ausschließlich den Fall, dass der Verleiher nicht die nach dem AÜG erforderliche Erlaubnis besitze. Es bestehe keine planwidrige Regelungslücke, die durch Analogie geschlossen werden könne. Auch das Unionsrecht (Richtlinie 2008/104/EG über die Leiharbeit) gebiete eine solche Analogie nicht. Auch bei einer dauerhaften Überlassung an das Entleiher-Unternehmen wird also kein Arbeitsverhältnis mit diesem begründet. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Arbeitnehmer vertragliche Beziehungen allein zu dem Zeitarbeitsunternehmen (Verleiher) hat.

Wann eine Überlassung dauerhaft, also nicht mehr nur "vorübergehend" ist, brauchte das BAG nicht zu entscheiden (BAG, Urt. vom 10.12.2013 - 9 AZR 51/13).

Es erstaunt, dass das BAG sich in der Pressemitteilung überhaupt zu der derzeitigen Rechtslage äußert. Denn der Kläger, der ein Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Krankenhausträger festgestellt wissen wollte, hatte dort im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses von 2008 bis zum 31.10.2011 gearbeitet. Seine Überlassung erfolgte also zu einem Zeitpunkt, da § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der heute (seit 01.12.2011) geltenden Fassung noch nicht in Kraft war und das AÜG gar keine zeitliche Beschränkung der Leiharbeit kannte.

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2 Kommentare

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LeiharbeitnehmerInnen sind Arbeiter zweiter Klasse. Das BAG hat es sich nicht nehmen lassen, diesen Status Quo aufrecht zu erhalten.

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Christian.Rolfs schrieb:
Es erstaunt, dass das BAG sich in der Pressemitteilung überhaupt zu der derzeitigen Rechtslage äußert.

Das BAG wollte wohl darauf hinweisen, dass die Einfügung der "vorübergehend"-Passage durch Schwarzgelb nichts anderes als die Vortäuschung einer Gesetzesänderung war, ohne jeden Effekt (außer Propaganda).

Dies so deutlich anzusprechen kann man nur als Ohrfeige für die verstehen, die hohle Phrasen als Ersatz für echte Gesetzgebung verkaufen wollen.

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