Würgeschlangen als Kündigungsgrund?

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 02.09.2015

Wer die Kommentierungen zu § 1 KSchG und § 626 BGB - etwa in den Großkommentaren „KR“ oder „Ascheid/Preis/Schmidt“ – zur Hand nimmt und den Blick über die möglichen Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung schweifen lässt, dem erschließt sich die pralle Lebenswirklichkeit, die breite Palette aller denkbaren menschlichen Verfehlungen. Ein neuer Fall, der gerade beim Arbeitsgericht Bonn anhängig ist, bereichert die schon beeindruckende Sammlung um eine weitere exotische Rarität: „Würgeschlangen als Kündigungsgrund“. Der General-Anzeiger Bonn und der Express, deren Darstellung hier auszugsweise übernommen wird, berichten über einen Gütetermin, in dem es um die Kündigungsschutzklage eines seit 14 Jahren beim Museum Koenig in Bonn beschäftigten 39-jährigen Tierpflegers geht. Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig ist eines der großen naturgeschichtlichen Forschungsmuseen in Deutschland in der Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts. Dem Kläger ist vom Museum – mit Zustimmung des Personalrats - fristlos gekündigt worden, weil er Boas und Königpythons im Tierhaus des Museums privat gezüchtet und gehalten und mit den Reptilien auch im Internet gehandelt haben soll. Dabei habe der Kläger auch Fotos vom Museum Koenig ins Netz gestellt. Der Beklagtenvertreter listet eine Reihe von Verstößen auf, die teilweise auch in den letzten Jahren mit Abmahnungen geahndet worden seien: Verstöße gegen die Registrierung und bei der Haltung der Museumstiere, Verstoß gegen Hygienevorschriften, verbotene Nebentätigkeit. Der beim Gütetermin nicht anwesende Kläger bestreitet die Vorwürfe weitgehend. Der Kammervorsitzende konnte ihm indes nicht viel Hoffnung machen: „Nach 14 Jahren Betriebszugehörigkeit hatte ich zunächst Zweifel, ob es für eine außerordentliche Kündigung reicht.“ Doch nach Studium der Akte könne er bestenfalls zu einem Vergleich raten. Der Museums-Anwalt schlug vor, dass man dem Tierpfleger zum Jahresende ordentlich kündigt, bis dahin freistellt. Darüber will die Prozessbevollmächtige des Klägers nun mit diesem nachdenken. Wird man sich nicht einig, steht Ende Oktober der Kammertermin an.

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