Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 25.04.2016
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtInsolvenzKündigung|5656 Aufrufe

Nach § 113 InsO kann ein Arbeitsverhältnis im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers vom Insolvenzverwalter (und vom Arbeitnehmer) ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Dem gekündigten Arbeitnehmer steht zwar ein Schadensersatzanspruch zu, der aber nur als einfache Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann.

Das LAG Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob dieses Sonderkündigungsrecht sich auch gegenüber einem Sanierungstarifvertrag durchsetzt. Ende 2013 hatte die insolvente Arbeitgeberin mit der IG Metall einen Firmentarifvertrag abgeschlossen, in dem sie sich verpflichtete, bis zum 31.12.2014 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Und weiter: "Sollte es aus unvorhergesehenen, dringenden wirtschaftlichen Gründen notwendig sein betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, so sind diese nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates und der IG Metallzulässig." Am 1.9.2014 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Arbeitgeberin erhielt das Recht zur Eigenverwaltung, schloss mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich (§ 112 BetrVG) mit Namensliste (§ 1 Abs. 5 KSchG) ab und kündigte 19 Arbeitnehmern, darunter dem Kläger. Dieser rügte u.a. die fehlende Zustimmung der IG Metall zur Kündigung. Seine Klage blieb beim Arbeitsgericht ohne Erfolg. Das LAG Düsseldorf hat die Berufung zurückgewiesen:

Die Vereinbarung in einem Sanierungstarifvertrag, dass betriebsbedingte Kündigungen befristet ausgeschlossen sind und nur in unvorhergesehenen, wirtschaftlich dringenden Fällen mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrats und der Gewerkschaft zulässig sind, wird vom Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 113 Satz 1 InsO verdrängt (Abgrenzung zu BAG v. 19.1.2000 - 4 AZR 911/98, BeckRS 2009, 68954).

LAG Düsseldorf, Urt. vom 18.11.2015 - 4 Sa 478/15, BeckRS 2016, 66767

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