Hü und Hott bei den Pensionsrückstellungen

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 20.12.2016
Verhältnis von Pensionsrückstellungen zu Marktwert bei Fluggesellschaften.

Mit dem Referentenentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz ist die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung wieder auf der Agenda des Gesetzgebers.

Im kürzlich geänderten § 253 HGB steckt im Rechnungszins für Pensionsrückstellungen eine versteckte Begünstigung für Unternehmen, die Betriebsrenten zugesagt haben. Der Diskontierungszins wird auf Basis des Durchschnitts der Marktzinsen der vergangenen zehn anstatt der vergangenen sieben Jahre ermittelt. Dadurch liegt der Zinssatz höher als bei der Abzinsung anderer Rückstellungen. Denn es ist nicht nur die aktuelle Niedrigstzinsphase, sondern ein paar Jahre mit höheren Zinsen enthalten. Ein höherer Zinssatz bei der Abzinsung bedingt eine niedrigere Zuführung zur Pensionsrückstellung und damit weniger Personalaufwand bei der Zusage von Betriebsrenten.

Steuerrechtlich hat der Fiskus aber den Diskontierungszinssatz bei 6% belassen (§ 6a EStG). Damit wird für die Steuerbilanz angenommen, die Gelder für die Betriebsrenten könnten zu diesem Zinssatz angelegt werden. 'Marktfern' sagt das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) zutreffenderweise in seiner Eingabe an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Eingabe vom 24.11.2016, www.idw.de, WPg 2016, S. 1392). Der Gesetzgeber solle das Gesetzgebungsverfahren zum Betriebsrentenstärkungsgesetz nutzen, um auch die steuerliche Gewinnermittlung an die niedrigen Zinssätze auf dem Kapitalmarkt anzupassen.

Die Herausforderung der Betriebsrenten ist für deutsche Unternehmen aber ein viel größeres. Dies lässt sich exemplarisch an einer Grafik aus der US-amerikanischen Tagespresse zeigen (siehe Abbildung; Quelle: bloomberg businessweek Dec. 12-18, S. 19). Der Wert der Pensionsrückstellungen übersteigt den Markwert, gemessen am Börsenkurs, beispielsweise bei der Lufthansa oder Air France-KLM um ein Vielfaches. Fragen an der Berechnung einmal außen vor gelassen, für die größte deutsche Fluggesellschaft rechnen die US-amerikanischen Journalisten vor, dass die Pensionsrückstellungen ungefähr das Sechsfache des Ergebnisses der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit betragen. Plakativ übersetzt in eine einfache Sprache heißt das: die Airline muss sechs Jahre für die Betriebsrenten fliegen. Im Gegensatz dazu betrügen die Belastungen aus den Betriebsrenten bei US-amerikanischen Fluggesellschaften nur einen Bruchteil des Marktwertes (siehe Grafik). Der Verfasser darf aus seinem Kenntnisstand aus den Tagesmedien hinzufügen: US-amerikanische Fluggesellschaften konnten sich in den vergangenen Jahren immer wieder durch Insolvenzverfahren eines Teils ihrer Schulden entledigen.

Das ändert aber wenig an zwei grundsätzlichen Aussagen: (a) Die Zusage von Betriebsrenten belastet die Bilanzrelationen - ob der Innenfinanzierungseffekt positiv genug ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In Zeiten niedriger Zinsen ist es aber meist günstiger, mit Fremdkapital zu finanzieren. (b) Der Rechnungszinssatz von 6% für das Steuerrecht führt zu einer steuerlichen Belastung der Unternehmen. Dem Petitum der Wirtschaftsprüfer ist daher zuzustimmen, wenn - wie vom Gesetzgeber angestrebt - die betriebliche Altersvorsorge auch steuerlich begünstigt werden soll. Die im Betriebsrentenstärkungsgesetz vorgeschlagenen lohnsteuerlichen und beitragsrechtlich vorgesehenen Erleichterungen scheinen dem Verfasser hier kein betriebswirtschaftlich ausreichendes Incentive zu sein.

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