Arbeiten bei Hitze

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 29.06.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|3794 Aufrufe

Die gegenwärtige Hitzewelle macht vielen Arbeitnehmern, die in nicht klimatisierten Räumen arbeiten oder gar im Freien ihre Arbeit zu erbringen haben, zu schaffen. Das wirft auch arbeitsrechtliche Fragen auf:

Nach § 618 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsplatz so einzurichten, dass für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer keine Gefahr besteht. Konkretere Hinweis gibt die Arbeitsstättenverordnung: Der Arbeitgeber muss dafür Sorge tragen, dass das nicht passiert und daher den Arbeitsplatz so einrichten, dass keine Gefährdungen durch Hitze vom Arbeitsplatz ausgehen (§ 3a ArbStättV). Er muss für eine »gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur« sorgen. So steht es in Ziff. 3.5. des Anhangs zur neuen Arbeitsstättenverordnung. Was allerdings eine »zuträgliche Raumtemperatur« genau ist, sagt das Gesetz nicht. Allerdings gibt es Vorgaben in den sogenannten »Technischen Regeln für Arbeitsstätten« (ASR A), hier in Ziffer 3.5., die die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisieren und viele detaillierte Hinweise für die Raumtemperatur in den Arbeitsstätten eines Betriebs enthalten. Danach gilt für Büroräume eine Raumtemperatur von maximal 26 Grad noch als „zuträglich“. Bei Temperaturen darüber muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen (z.B. Jalousien herunterlassen, Ventilatoren aufstellen, kostenlose Kaltgetränke zur Verfügung stellen; Verlegung der Arbeitszeiten; bei Arbeiten im Freien: Sonnencreme, Kopfbedeckung, Sonnenbrillen etc.). Ein allgemeines „Recht auf Hitzefrei“ oder gar auf eigenmächtiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz bei Überscheiten bestimmter Temperaturen gibt es hingegen nicht.

Sofern ein Betriebsrat besteht, können sich die Beschäftigten mit ihrem Verlangen nach Schutzmaßnahmen gegen zu hohe Temperaturen auch an den Betriebsrat wenden. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Regelungen über den Gesundheitsschutz. Insoweit steht ihm auch ein Initiativrecht zu.

Übrigens: Beitrag geschrieben bei einer Raumtemperatur von 28 Grad.

 

Ich füge mal zum genaueren Nachlesen einen Auszug von Abschnitt 4 ASR A3.5 der Technische Regeln für Arbeitsstätten Raumtemperatur (ASR A3.5) an:

"4.2 Lufttemperaturen in Räumen

3) Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen und den in Absatz 4 genannten Räumen soll +26 °C nicht überschreiten.

4.4 Arbeitsräume bei einer Außenlufttemperatur über +26 °C

(1) Wenn die Außenlufttemperatur über +26 °C beträgt und unter der Voraussetzung, dass geeignete Sonnenschutzmaßnahmen nach Punkt 4.3 verwendet werden, sollen beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von +26 °C zusätzliche Maßnahmen, z. B. nach Tabelle 4, ergriffen werden. In Einzelfällen kann das Arbeiten bei über +26 °C zu einer Gesundheitsgefährdung führen, wenn z. B.:

- schwere körperliche Arbeit zu verrichten ist,

- besondere Arbeits- oder Schutzbekleidung getragen werden muss, die die Wärmeabgabe stark behindert oder

- hinsichtlich erhöhter Lufttemperatur gesundheitlich Vorbelastete und besonders schutzbedürftige Beschäftigte (z. B. Jugendliche, Ältere, Schwangere, stillende Mütter) im Raum tätig sind.

In solchen Fällen ist über weitere Maßnahmen anhand einer angepassten Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden.

(2) Bei Überschreitung der Lufttemperatur im Raum von +30 °C müssen wirksame Maßnahmen gemäß Gefährdungsbeurteilung (siehe Tabelle 4) ergriffen werden, welche die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. Dabei gehen technische und organisatorische gegenüber personenbezogenen Maßnahmen vor.

Tabelle 4: Beispielhafte Maßnahmen

Beispielhafte Maßnahmen

a) effektive Steuerung des Sonnenschutzes (z. B. Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten)

b) effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen (z. B. Nachtauskühlung)

c) Reduzierung der inneren thermischen Lasten (z. B. elektrische Geräte nur bei Bedarf betreiben)

d) Lüftung in den frühen Morgenstunden

e) Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung

f) Lockerung der Bekleidungsregelungen

g) Bereitstellung geeigneter Getränke (z.B. Trinkwasser)

(3) Wird die Lufttemperatur im Raum von +35 °C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne technische Maßnahmen (z. B. Luftduschen, Wasserschleier), organisatorische Maßnahmen (z. B. Entwärmungsphasen) oder persönliche Schutzausrüstungen (z. B. Hitzeschutzkleidung), wie bei Hitzearbeit, nicht als Arbeitsraum geeignet.

 

 

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1 Kommentar

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Lieber Herr Stoffels,

da liegen sie falsch, bei Raumtemperaturen größer 26 Grad soll der Arbeitgeber Linderungsmaßnahmen veranlassen, erst ab größer 30 Grad ist es ein muss!!

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