OLG Frankfurt am Main: Keine erhöhte Gegenleistung gemäß § 31 Abs. 5 WpÜG und keine Pflicht zur Aktualisierung der Angebotsunterlage im Fall „STADA“

von Achim Kirchfeld, veröffentlicht am 17.12.2020

Unter welchen Voraussetzungen begründet der Abschluss eines Unternehmensvertrags nach einer öffentlichen Übernahme einen Anspruch auf Erhöhung der Gegenleistung? Dazu hat das OLG Frankfurt am Main mit Urteil vom 7. Juli 2020 (5 U 71/19; BeckRS 2020, 27170) Stellung genommen und im Ergebnis die Vorinstanz (LG Frankfurt am Main, 21.03.2019, 3-05 O 138/18) bestätigt.

Übernahmeangebot – BGAV – Delisting

Vorliegend hatte der Bieter zunächst per freiwilligem Übernahmeangebot die selbst gesetzte Mindestannahmeschwelle von 63 % bis Ende der Annahmefrist knapp erreicht. Zu den verbleibenden Minderheitsaktionären gehörte ein Verbund von Aktionären, die gemeinsam rund 13 % der Stimmrechte hielten. Kurz vor Ende der erweiterten Annahmefrist schloss der Verbund mit dem Bieter eine Vereinbarung („Irrevocable Commitment“), nach der sich die Verbundaktionäre verpflichteten, dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags (BGAV) zuzustimmen, wenn der BGAV eine bestimmte, über dem Angebotspreis liegende Mindestabfindung vorsah. Der BGAV wurde planmäßig beschlossen und eingetragen.

Die Verbundaktionäre nahmen die Abfindung nicht an, sondern verpflichteten sich in einer weiteren Vereinbarung dazu, ihre Aktien im Rahmen eines späteren, zum Delisting der Zielgesellschaft abzugebenden Erwerbsangebot anzudienen.

Kein Nacherwerb ohne dingliche Übereignung

In seiner Entscheidung verneint der Senat den Anspruch eines ehemaligen Aktionärs auf erhöhte Gegenleistung aus § 31 Abs. 5 S. 1 WpÜG. Danach muss ein Bieter, der binnen eines Jahres nach dem Angebot außerbörslich Aktien der Zielgesellschaft erwirbt und dabei eine höhere Gegenleistung als im Angebot zahlt oder vereinbart, den Ex-Aktionären, die das Angebot angenommen haben, den Unterschiedsbetrag nachzahlen. Ein solcher Nacherwerb, so der Senat, liege hier weder im BGAV noch im Commitment. Die Vorschrift beziehe sich grundsätzlich auf den dinglichen Erwerb der Aktien. Die Aktien der Verbundaktionäre seien aber weder aufgrund des BGAV noch im Zusammenhang mit dem Commitment übertragen worden.

Überdies sei eine Nachbesserung gemäß § 31 Abs. 5 S. 2 WpÜG ausgeschlossen. Danach bezieht sich die Nacherwerbsregel nicht auf gesetzliche Abfindungspflichten – zu denen der Senat auch die vorliegende BGAV-Abfindung zählt.

Put-Option keine gleichstehende Vereinbarung

Ebenso verneint der Senat einen Anspruch aus § 31 Abs. 6 S. 1 WpÜG. Danach zählen zu den relevanten Nacherwerben auch Vereinbarungen, auf Grund derer die Übereignung von Aktien verlangt werden kann. Eine solche Übereignungspflicht sei weder im BGAV noch im Commitment enthalten gewesen. Die mit dem BGAV entstandene Put-Option der Verbundaktionäre stehe dem nicht gleich; als gesetzliche Abfindungspflicht bleibe sie überdies wegen § 31 Abs. 5 S. 2 WpÜG auch im Rahmen des Abs. 6 außer Betracht.

Keine Pflicht zur nachträglichen Aktualisierung der Angebotsunterlage

Aus dem Commitment ergebe sich auch kein schadensersatzbegründender Fehler der Angebotsunterlage. Denn zu einer – in der Literatur teilweise geforderten – nachträglichen Aktualisierung der Unterlage sei der Bieter auch dann nicht verpflichtet gewesen, wenn man davon ausgehe, dass die Angebotsunterlage nachträglich unrichtig geworden sei. Die Nichtregelung einer Aktualisierungspflicht sei als beredtes Schweigen des Gesetzgebers zu verstehen, eine Analogie zum Prospektrecht daher nicht gerechtfertigt.

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