Zwingende Einziehung von Wertersatz in Jugendsachen? Der Große Senat des BGH für Strafsachen schafft Klarheit

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 14.07.2021

Unter den Strafsenaten des BGH ist umstritten, ob eine Einziehungsanordnung gem. §§ 73 Abs. 1, 73c StGB auch im Jugendverfahren zwingend ist, oder ob das Tatgericht hiervon nach eigenem Ermessen absehen kann. Der 1. Strafsenat hat zur Klärung der Rechtsfrage mit Beschluss vom 8.7.2020 (Aktenzeichen: 1 StR 467/18) den Großen Senat für Strafsachen angerufen (s. meinen Beitrag vom 7.8.2020). Der Große Senat hat nun abschließend wie folgt entschieden (BGH Beschl. v. 20.1.2021 – GSSt 2/20, BeckRS 2021, 17905):

„Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) steht auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht nicht im Ermessen des Tatgerichts.“

Zur Begründung führt er u.a. aus:

„Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) rechtfertigt nicht die Annahme, Einziehungsanordnungen nach § 73c Satz 1 StGB stünden bei Anwendung von Jugendstrafrecht - anders als im allgemeinen Strafrecht - nunmehr im Ermessen der Jugendgerichte. Eine Statuierung von Ermessensentscheidungen findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr rechnet der zwingend ausgeformte § 73c Satz 1 StGB zu den „allgemeinen Vorschriften“, die nach § 2 Abs. 2 JGG unverändert auch im Jugendstrafrecht anzuwenden sind, sofern nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung enthält das Jugendgerichtsgesetz nicht. Eine solche ist namentlich nicht in der lediglich die Kumulation von Rechtsfolgen betreffenden Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG zu erblicken.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die neue Gesetzeslage keiner bewussten gesetzgeberischen Entscheidung entsprungen ist, sind nicht vorhanden. Die neuen Bestimmungen werfen auch keine derart gewichtigen jugendspezifischen Probleme auf, dass eine sich in den Gesetzesmaterialien widerspiegelnde Diskussion zwingend zu erwarten gewesen wäre, mangels derer von einer planwidrigen Gesetzeslücke ausgegangen werden müsste, die durch richterliche Rechtsfortbildung im Sinne des Vorlegungsbeschlusses gefüllt werden könnte. …“

Die Rechtsfrage ist damit eindeutig geklärt!

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