OLG Jena: Zur Abgrenzung zwischen Änderung und Neuabschluss eines Unternehmensvertrags

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 22.10.2021

Das OLG Jena hat in einem Beschluss vom 17. Februar 2021 (2 W 31/21; BeckRS 2021, 23569) die Streichung der Beherrschungsklausel eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags als Aufhebung des Gesamtvertrags und Abschluss eines neuen Unternehmensvertrags ausgelegt.

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wird zu reinem Gewinnabführungsvertrag

Gegenstand der Entscheidung ist eine Vereinbarung zur „Änderung“ eines zwischen zwei GmbHs geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags. Die abhängige GmbH meldete zum Handelsregister an, dass der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag durch ersatzloses Streichen der Vertragspassage zur Beherrschung geändert worden sei. Ausdrückliche Angaben zum Zeitpunkt der Wirksamkeit enthielt die Anmeldung nicht.

Die Entscheidung des Registergerichts, die Anmeldung zurückzuweisen, wird vom Senat bestätigt.

Materiellrechtliche Einordnung als Aufhebung und Neuabschluss

Materiellrechtlich handele es sich bei der „Änderung“ um eine Aufhebung des bestehenden Vertrags und einen Neuabschluss entsprechend §§ 296, 298 AktG. Hierfür spreche die Bedeutung der Beherrschungsklausel, mit deren Beendigung ein Eingriff in die Struktur der abhängigen GmbH erfolge. Für die Anwendung der Regeln über die Beendigung spreche ferner die Publizität der Anmeldung entsprechend § 298 AktG. Nach der Vorschrift sind die Beendigung eines Unternehmensvertrags sowie der Grund und der Zeitpunkt der Beendigung zum Handelsregister anzumelden. Hierdurch werde der Wegfall der Weisungsbefugnis den interessierten Verkehrskreisen gegenüber zweifelsfrei offengelegt. In zeitlicher Hinsicht sei die Vereinbarung als Beendigung zum Geschäftsjahresende entsprechend § 296 Abs. 1 S. 1 AktG auszulegen.

Anforderungen an wirksame Anmeldung nicht erfüllt

Die Anforderungen an die Anmeldung gemäß § 298 AktG seien jedoch nicht erfüllt. Es fehlten hinreichende Angaben zu Grund und Zeit der Beendigung. Gehe man davon aus, dass eine Beendigung zum Jahresende vereinbart worden sei, so sei die Anmeldung zudem zu früh – nämlich schon im Dezember – erfolgt.

Abgrenzung nicht abschließend geklärt

Bei dem Beschluss handelt es sich um eine der wenigen instanzgerichtlichen Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen Änderung und Aufhebung/Neuabschluss eines Unternehmensvertrags (siehe ferner OLG Frankfurt am Main, 5. Juli 2004, 20 W 414/92, BeckRS 2004, 14732, und BayObLG, 15. November 2001, 3Z BR 175/00, BeckRS 2001, 30219731). Eine höchstrichterliche Stellungnahme existiert – soweit ersichtlich – noch nicht. In der Literatur ist die Frage umstritten.

Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen, wurde jedoch nicht eingelegt. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig.

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