LEIVTEC XV3: Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.03.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|2212 Aufrufe

Verteidiger*innen können ihren Mandanten Erfreuliches berichten: Wer mit XV3 gemessen und rechtskräftig geahndet wurde, kann sich Hoffnung auf eine erfolgreiche Wiederaufnahme machen. Jedenfalls beim AG Cloppenburg hat das geklappt. Die Entscheidung ist mir erst gerade angezeigt worden im Rahmen von Recherchen für die Neuauflage des Krenberger/Krumm, OWiG.

 

Auf den Antrag d. Betroff. vom 09.07.2021 wird das Verfahren gemäß §§ 85, 68 f. OWiG, 359 ff. StPO wiederaufgenommen.

 Gründe: 

 Mit Bußgeldbescheid vom 03.01.2019 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeld von 180 Euro sowie ein Fahrverbot festgesetzt.

 Dagegen wurde kein Einspruch eingelegt, sodass der Bescheid bestandskräftig ist.

 Der nunmehr beantragten Wiederaufnahme des Bußgeldverfahrens war stattzugeben, da die Voraussetzungen der §§ 85, 68 f. OWiG, 359 ff. StPO vorliegend erfüllt sind.

 Die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Betroffenen, die auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützt wird (§ 359 Nr. 5 StPO), ist zulässig, insbesondere da gegen den Betroffenen eine Nebenfolge in Form des Fahrverbots angeordnet ist. Insoweit ist nach Auffassung des Gerichts die Wiederaufnahme stets zulässig.

 Die Wiederaufnahme des Verfahrens wird auch auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützt. Gemäß §§ 85 OWiG, 359 Nr. 5 StPO müssen dazu neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sein, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Betroffenen zu begründen geeignet sind. Das Vorliegen solcher Tatsachen ist im Rahmen der Prüfung des Wiederaufnahmeantrags zu bejahen. Insoweit schließt sich das Gericht der zutreffenden Auffassung des Oberlandesgerichts Oldenburg zu der Problematik des hier verwendeten Messgeräts LEIVTEC XV3 an:

 Der Senat sieht die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens derzeit nicht mehr als gegeben an, so dass ihm die Einstellung des Verfahrens - von besonderen Konstellationen, wie Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch oder extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen abgesehen - auch in Fällen, in denen sich das Kennzeichen vollständig im Messfeldrahmen des Messung-Start-Fotos befindet, geboten erscheint. Ansonsten käme nämlich nur der Versuch einer Aufklärung im Einzelfall durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht.

 (OLG Oldenburg Beschluss vom 20.4.2021 - 2 Ss(OWi) 92/21, BeckRS 2021, 7922, beck-online, Ergänzung zu OLG Oldenburg, Beschluss vom 16.3.2021, 2 Ss 67/21).

 Demnach war dem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben.

AG Cloppenburg Beschl. v. 6.8.2021 – 18 OWi 775 Js 46945/21 (611/21), BeckRS 2021, 34311 

 

Ach so. Zur Wiederaufnahme gibt es in meinem Buch "Fahrverbot in Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2022" ein eigenes Kapitel mit Mustern!

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2 Kommentare

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Ähnlich das AG Bad Saulgau: https://verkehrsrecht.gfu.com/2022/02/ag-bad-saulgau-leivtec-xv3-verfahren-mit-fahrverbot-koennen-wiederaufgenommen-werden/

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Man sollte vielleicht – wie im Original – durch ein Einrücken kenntlich machen, dass weite Teile der Entscheidung aus einem Zitat des OLG Oldenburg bestehen, vgl. hier.

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