Ab hier ist jeder für sich selbst verantwortlich (Corona-Schutz am Arbeitsplatz nach dem "Freedom Day")

von Martin Biebl, veröffentlicht am 16.03.2022
Rechtsgebiete: ArbeitsrechtCorona2|3001 Aufrufe

Was auch immer ein Freedom-Day während einer Pandemie sein soll, gekommen ist er offenbar doch noch nicht. Zahlreiche Bundesländer wollen die Corona-Maßnahmen über den 20.03.2022 hinaus zumindest befristet verlängern. Das betrifft vor allem die Maskenpflicht in Innenräumen, den Einzelhandel und die Gastronomie. Und am Arbeitsplatz? Dort sollen künftig die Unternehmen je nach Pandemiegeschehen selbst entscheiden. Wenn der Entwurf der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung heute so durchs Kabinett kommt, dann ändert sich einiges:

- Die Pflicht zur Ermöglichung von Homeoffice entfällt. Da es keinen gesetzlichen Anspruch gibt, ist die Rückkehr ins Büro erstmal der Normalfall.

- Die 3-G-Regelung fällt ebenfalls weg. Arbeitgeber können den Status (geimpft/genesen/getestet) ihrer Arbeitnehmer nicht mehr auf gesetzlicher Grundlage erfragen und erfassen. Tests, die vom Arbeitgeber weiterhin angeboten werden, müssen von den Arbeitnehmern nicht in Anspruch genommen werden. Ob Arbeitgeber selbst ein 3-G-Konzept einführen können, ist umstritten und datenschutzrechtlich besonders heikel.

- Die generelle Maskenpflicht entfällt. Ob der Arbeitgeber die Maskenpflicht einseitig anordnen darf, ist auch unklar. Das Bundesarbeitsministerium geht wohl davon aus. Das bestätigte ein Sprecher zumindest gegenüber der FAZ. Eine Klarstellung in der Verordnung wäre aber angebracht, um einer betrieblich angeordneten Maskenpflicht zu mehr Akzeptanz zu verhelfen.

Unklar bleibt auch, wo genau Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bestehen und wie weit diese im Einzelnen greifen. Eine Diskussion über die Existenz und die Reichweite von Mitbestimmungsrechten führt häufig zu extremen Verzögerungen bei der Einführung von Maßnahmen. Im Ergebnis droht einmal mehr ein Flickenteppich verschiedener Regelungen oder auch regelungsfreier Zustände in Zeiten täglicher Rekordinzidenzen. Für einen Ort wie den Arbeitsplatz, an dem täglich viele Menschen aufeinandertreffen, ist das kein optimaler Zustand.

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Bei einer 7-Tages-Inzidenz von 1500 erkranken pro Woche 1,5% der Bevölkerung. Man kann von mindestens 2 Wochen Erkrankung ausgehen. Also sind bei einer Inzidenz von 1500 vorhersehbar 3% aller Beschäftigten erkrankt. Die meisten Arbeitgeber möchten nicht, dass in Quarantäne befindliche Arbeitnehmer in den Betrieb kommen und stellen frei bzw. schicken bei einem Krankheitsfall in der Familie sofort ins Home Office, falls das möglich ist. Daher gehe ich von einem durch Corona hervorgerufenem Ausfall von mindestens 5% der Beschäftigten aus. In meinem direkten beruflichem Umfeld sehe ich eher 20% Ausfall. Ich bin übrigens im Engineering tätig mit ohnehin mindestens 50 % Homeoffice-Anteil. Mit Ende der Sicherheitsmaßnahmen dürfte sich die Sutuation nicht verbessern. Hinzu kommt der langfristige Ausfall der Beschäftigten, die an Long Covis erkrankt sind.

Ich vermute, dass der Jubel über den "Freedom Day" gering ausfällt und die Arbeitgeberverbände relativ schnell Maßnahmen fordern werden, die vorhersehbar den Ausfall an Beschäftigten bremsen. Das Wesen von Pandemien ist, dass man handeln muss, bevor es zu spät ist. Und nach dem "Freedom Day" ist es zu spät.

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Die Neufassung, die nun bis 25.05. gilt, kann hier abgerufen werden. Geändert hat sich auf den letzten Metern nichts mehr. Der Arbeitgeber ist nun offenbar verantwortlich für die Pandemiebekämpfung.

 

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