Poliscan FM1: Verwertbar, auch wenn Daten nicht alle gespeichert werden

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.03.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|3710 Aufrufe

Es ist ärgerlich. Datenspeicher gibt es günstig und ausreichend. Daten werden von Poliscan FM1 umfassend erhoben. Gleichwohl wird nicht so gespeichert, dass nachträglich anhand der gespeicherten Daten eine Überprüfung der Messung möglich ist. Die OLG-Rechtsprechung (außer im Saarland) findet das ok. Hier etwa aktuell das OLG Düsseldorf:

 

 

 Die in zulässiger Weise erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

 a) Der Senat und andere Oberlandesgerichte haben bereits mehrfach entschieden, dass der Messvorgang nicht rekonstruierbar sein muss und die Verwertbarkeit des Messergebnisses nicht von der nachträglichen Überprüfbarkeit anhand gespeicherter Messdaten abhängt (vgl. Senat BeckRS 2020, 4049; OLG Köln BeckRS 2019, 23786; OLG Oldenburg BeckRS 2019, 20646; OLG Schleswig BeckRS 2019, 33009; BayObLG NZV 2020, 322 = BeckRS 2019, 31165; OLG Karlsruhe BeckRS 2020, 29; OLG Hamm BeckRS 2020, 550; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 1077; BeckRS 2020, 3291; BeckRS 2020, 4369; BeckRS 2020, 4376; OLG Zweibrücken BeckRS 2020, 5104; OLG Bremen BeckRS 2020, 5935; NStZ 2021, 114 = BeckRS 2020, 5965; OLG Jena BeckRS 2020, 24234; KG Berlin BeckRS 2019, 41508; BeckRS 2020, 6521; BeckRS 2020, 18283; OLG Dresden NJW 2021, 176; a. A. VerfGH Saarland NJW 2019, 2456 = NZV 2019, 414).

 An den in diesen Entscheidungen dargelegten Argumenten wird festgehalten. So besteht die Möglichkeit einer nachträglichen Überprüfung anhand gespeicherter Messdaten etwa auch nicht bei der als standardisiertes Messverfahren anerkannten Geschwindigkeitsmessung mit dem nicht dokumentierenden Lasermessgerät Riegl FG 21-P („Laserpistole“). Auch kennen andere Messmethoden wie etwa die Verwendung von digitalen Waagen, Entfernungsmessern, Thermometern und Geräten zur Bestimmung der Atemalkoholkonzentration in der Regel keine Speicherung von Messdaten, ohne dass Gerichte oder der Gesetzgeber (vgl. § 24a Abs. 1 StVG für die Atemalkoholkonzentration) deshalb zur Annahme eines rechtsstaatlichen Defizits gelangt wären.

OLG Düsseldorf Beschl. v. 22.2.2022 – 2 RBs 25/22, BeckRS 2022, 2799

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Es ist wirklich nicht nachzuvollziehen, dass seitens nahezu aller OLG immer noch steif und fest daran festgehalten wird, dass ein Messvorgang nicht rekonstruierbar sein muss.

Diese Auffassung ist nur bei Außerachtlassung des Sachverhalts möglich, dass inzwischen bei zwei zugelassenen und geeichten Messgeräten (eso und Leivtec XV3) Messwerte weit außerhalb der Verkehrsfehlergrenzen festgestellt werden konnten.

Auch bei Leivtec XV3 wurde jahrelang mit der nicht erforderlichen Nachvollziehbarkeit argumentiert, bis dann die Fehlmessungen festgestellt und das Gütesiegel "standardisiert" von den gleichen OLG entzogen wurde, die vorher ständig geurteilt hatten, eine Überprüfung sei nicht erforderlich. 

Dass selbst ein solcher Fall keinen Anlass zum Umdenken gibt, ist bei objektiver Sicht der Dinge kaum erklärbar. Oder nur dann, wenn solche das standardisierte Messverfahren generell infragstellenden Sachverhalte einfach ignoriert werden.

0

Wenn man solche Urteile liest, fragt man sich als kleiner Strafverteidiger ständig, ob die Richter/-innen bei den OLG nicht können oder nicht wollen.

Sicher, es ist es einfacher, sich auf schon ergangene Urteil zu stützen, anstatt selbst nachzudenken. Was es allerdings mit Rechtssprechung zu tun haben soll, technisch nachweisbar unsinnige Behauptungen ständig widerzukauen, ist schwer zu verstehen.

Der Unterschiede zwischen den Waagen/Thermometern und den Messgeräten im Straßenverkehr besteht nämlich darin, dass nur für letztere schon Messfehler nachgewiesen worden sind. Wissen die OLG-Richer/innen das nicht oder wollen sie es nur nicht wissen?

Da kann man nur hoffen, dass das BVerfG demnächst endlich dazwischengrätscht und dem unwürdigen Getue ein Ende bereitet.

0

Kommentar hinzufügen