Wichtige Änderungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) treten heute in Kraft – Teil 1: Wegfall der Höchstmengenbeschränkung (betrifft alle Ärzte)

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 08.04.2023

Heute treten wichtige Änderungen der BtMVV durch die Verordnung zur Änderung der BtMVV und der Tierärztegebührenordnung v. 15.3.2023 (BGBl. I Nr. 70 v. 17.3.2023) in Kraft. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werde ich die Änderungen in zwei Teilen vorstellen.

Beginnen möchte ich mit dem Wegfall der Beschränkung der Verschreibungsmenge in den §§ 2 bis 4 BtMVV. Diese Änderung betrifft Humanmediziner, Zahnärzte und Tierärzte gleichermaßen. Bislang sahen die §§ 2 bis 4 BtMVV a.F. für bestimmte Betäubungsmittel eine Verschreibungshöchstmenge innerhalb von 30 Tagen vor. Hiervon durfte von Humanmedizinern und Tierärzten nur unter engen Voraussetzungen abgewichen werden. Diese Beschränkungen in den § 2 Abs. 1 a, § 3 Abs. 1 a und § 4 Abs. 1 a BtMVV a.F. fallen nun weg.

Mit dem Wegfall der Höchstverschreibungsmengenregelungen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Ärzte die Verschreibung von Betäubungsmitteln im Versorgungsalltag ohnehin verantwortungsvoll zu prüfen haben; die rechtlichen und medizinisch-pharmakologischen Rahmenbedingungen seien angemessen und ausreichend, um die notwendige Kontrolle und Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs bei der Verschreibung und Anwendung von Betäubungsmitteln nach Anl. III des BtMG zu gewährleisten (BR-Drs. 680/22, 13). In der Verordnungsbegründung wird dazu ausgeführt, dass die wissenschaftliche Begründbarkeit für verordnungsrechtliche Höchstverschreibungsmengen in vielen Fällen nicht mehr gegeben sei, weil die verordnungsrechtliche Bemessung der Höchstverschreibungsmengen bislang für ein Betäubungsmittel unabhängig von der jeweiligen Darreichungsform erfolgt sei. Dies hätte zur Folge, dass z.B. die Höchstverschreibungsmenge für ein Fentanyl-Pflaster zutreffend, für ein Fentanyl-Injektionspräparat jedoch um ein Vielfaches zu hoch gewesen sei. Im Verordnungsgebungsverfahren war die Streichung der Höchstmengenregelung für Ärzte und Zahnärzte noch umstritten: Im Gesundheitsausschuss des Bundesrates erfolgte der Einwand, dass dies zu einer Bagatellisierung der Verordnung von Betäubungsmitteln beitragen könne; die Opioid-Krise in den USA habe deutlich gezeigt, dass die bagatellisierte Anwendung dieser Arzneimittel große Risiken berge und dass die im Umlauf befindlichen Mengen auf das notwendige Maß beschränkt werden müssten (BR-Drs. 680/1/22 [Ausschussempfehlung], 3). Der Bundesrat stimmte dem Wegfall der Höchstmengenregelungen schließlich mit der Bitte an die Bundesregierung zu, zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regelung über Änderungen bei den Verordnungszahlen sowie Abgabemengen zu berichten und diese zu bewerten (BR-Drs. 680/22 [B], 2).

In der Konsequenz fällt damit nun auch die A-Kennzeichnung für eine Verschreibung unter Überschreitung der Höchstmengenbeschränkung weg (§ 2 Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 2 S. 2 BtMVV a.F.).

Ärzte können nun alle Betäubungsmittel der Anlage III zum BtMG in der therapeutisch zulässigen Menge patientenbezogen verschreiben, ausgenommen sind nur die in § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 BtMVV aufgeführten Betäubungsmittel. Die Verschreibungshöchstmenge für den Praxisbedarf bleibt von den Änderungen unberührt (§ 2 Abs. 2, § 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 BtMVV n.F.).

Der Wegfall der Höchstmengenbeschränkung ist jedoch kein unbeschränkter Freibrief für Ärzte. Eine Verschreibung, Verbrauchsüberlassung oder Verabreichung von Betäubungsmitteln der Anlage III über das therapeutisch indizierte Maß hinaus ist unbegründet i.S.d. § 13 Abs. 1 BtMG und damit strafbar nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 a oder Nr. 6 b BtMG.

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