AGG/Rechtsmissbrauch II
von , veröffentlicht am 27.06.2023Das ArbG Berlin hat die Klage eines Bewerbers auf Entschädigung (§ 15 Abs. 2 AGG) in Höhe von 5.400 Euro wegen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) abgewiesen. Der Mann hatte sich wiederholt auf Stellen beworben, in denen Unternehmen eine "Sekretärin" suchten. Innerhalb von 15 Monaten erhob er elf Klagen vor dem ArbG Berlin. Im Streitfall war seiner Bewerbung weder ein Motivationsschreiben noch ein Lebenslauf beigefügt.
Der Kläger hat die Beklagte in seiner E-Mail vom 25.11.2021 ausdrücklich gefragt, ob sie ausschließlich eine Frau suche und dabei zugleich selbst festgestellt, dass die Beklagte das so angegeben habe. Die Frage war daher unnötig und sollte die Beklagte nur darauf hinweisen, dass es sich bei dem Kläger als Bewerber um einen Mann handelt. Dementsprechend nennt sich der Kläger auch nicht mit seinem vollen Namen, sondern als „Herr B“. Nach dem Lesen des Bewerbungsschreibens musste die Beklagte daher für die Absage nur noch bestätigen, dass sie eine Frau suchen. So ist es auch geschehen. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger mit dieser Absage Tatsachen schaffen wollte, eine Entschädigung nach § 15 Absatz 2 AGG gegen die Beklagte geltend zu machen.
Hinzu kommt vorliegend, dass der Kläger auf den Hinweis der Kammer im Kammertermin auf die gegen die Ernsthaftigkeit der Bewerbung bestehenden Zweifel sowie die Vermutung der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht etwa Tatsachen dargetan hat, um diese Zweifel und die Vermutung auszuräumen. Er hat sich vielmehr auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen, wonach er aus seiner Sicht einen Anspruch auf Entschädigung habe. Dass er sich mit der Bewerbung keinen Entschädigungsanspruch sichern, sondern die Stelle in Berlin bei der Beklagten entgegen dieser Vermutung antreten wollte, hat er selbst weder schriftsätzlich noch im Termin nach entsprechendem Hinweis der Kammer behauptet.
Nach alledem ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger nicht ernsthaft an einer Anstellung interessiert ist, sondern sich durch die Bewerbung auf bestimmte Stellenanzeigen eine weitere Einnahmequelle erschließen will.
ArbG Berlin, Urt. vom 23.6.2022 - 42 Ca 716/22, BeckRS 2022, 30247
Die Berufung des Klägers hat das LAG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen (Urt. vom 20.1.2023 - 3 Sa 898/22, BeckRS 2023, 12149). Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen hat der Kläger beim BAG Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (8 AZN 173/23).
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1 Kommentar
Kommentare als Feed abonnierenWie geil. Niemand interessiert sich für den 'Rechtsmissbrauchs-Quatsch' mehr, weil es einfach ein viel zu durchsichtiger Versuch ist, die gesetzlichen Wertungen zu unterbinden. Wer sich heute noch auf Rechtsmissbrauch beruft, handelt seinerseits rechtsmissbräuchlich