BGH zur nicht geringen Menge von 3-CMC

von Prof. Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 24.08.2024
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|1104 Aufrufe

3-CMC (Clophedron, 3-Chlormethcathinon) ist ein Cathinon-Derivat, das mit der 33. BtMÄndVO v. 16.12.2022 in das BtMG aufgenommen worden ist.

Das Landgericht Münster hat den Grenzwert der nicht geringen Menge von 3-CMC sachverständig beraten bei 25 Gramm festgelegt (LG Münster Urt. v. 6.2.2024 – 240 Js 675/23, BeckRS 2024, 4802). Aus dem zugrundeliegenden Behördengutachten des BKA hat es wie folgt zitiert:

3-CMC gehört nach dem vorgenannten Gutachten der Gruppe der synthetischen Cathinone an. Chemisch leite sich 3-CMC, wie alle synthetischen Cathinone, von der Verbindung Cathinon ab, welche natürlicherweise im Kathstrauch vorkomme, dessen Blätter etwa im Jemen, Äthopien oder Somalia wegen ihrer anregenden Wirkung gekaut werden. 3-CMC werde sowohl oral (z.B. Tabletten oder Kapseln oder als Pulver aufgelöst in Getränken) als auch nasal als Pulver („sniffen“) konsumiert. Auch ein Konsum mittels Injektion einer 3-CMC-haltigen Lösung sei denkbar. Eine Aufnahme von 3-CMC durch Rauchen sei nicht üblich. 3-CMC besitze als Amphetaminderivat eine psychostimulierende Wirkung. Die psychoaktiven Effekte würden durch eine Wechselwirkung von 3-CMC mit dem zentralen Nervensystem verursacht. Es komme durch die Anbindung an bestimmte Rezeptoren zu einer Freisetzung der körpereigenen Botenstoffe Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Konsumenten berichten nach den Darlegungen des Gutachtens von Symptomen wie Euphorie, gesteigerter Energie bzw. Wachheit, verringertem Schlafbedürfnis, gesteigerter Soziabilität, Stimmungsaufhellung, gesteigerter Sexualdrang, Logorrhöe (Rededrang), Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Schwitzen, Schlafstörungen, Zähneknirschen, audiovisuellen Halluzinationen, Jucken, Aggressivität, Stimmungsschwankungen bis hin zu Tachykardie (Herzrasen), Bluthochdruck, Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen und Krampfanfällen. Außerdem sei von einem starken Drang des Nachdosierens beim Nachlassen der Wirkung die Rede (sog. „Craving“). Wissenschaftlichexperimentelle Erkenntnisse über Wirkungseffekte, -stärke und -dauer gebe es nicht. In einschlägigen Internetforen fänden sich jedoch Berichte, die hinsichtlich der oralen und nasalen Aufnahme sowie der Wirkungsstärke unterteilt in leicht, mittel und stark unterschieden. Bei nasaler Einnahme soll die Wirkung bei 20-40 Milligramm leicht, bei 40-80 Milligramm mittel und bei 80-100 Milligramm stark sein. Bei der oralen Aufnahme sollen die Mengen 30-60 Milligramm für eine leichte, 60-100 Milligramm für eine mittlere und 100-180 Milligramm für eine starke Wirkung betragen. Die höheren Dosen bei oraler Aufnahme sollen sich damit begründen, dass der Wirkstoff nicht direkt über die Nasenschleimhaut ins Blut gelange, sondern zunächst den Magen passieren müsse und erst über den Darm in das Blut gelange. Bei oraler Aufnahme trete nach den Berichten eine Wirkung nach 30 bis 90 Minuten ein und halte für zwei bis vier Stunden an mit möglichen Nachwirkungen von vier bis zu 12 Stunden nach dem Konsum. Für die nasale Aufnahme werde von einem Wirkungseintritt nach 10 bis 30 Minuten, anhaltend für ein bis zwei Stunden berichtet, wobei für drei bis sechs Stunden Nachwirkungen auftreten könnten.

Der 4. Strafsenat des BGH hat diese Grenzwertfestlegung bestätigt (BGH Beschl. v. 2.7.2024 – 4 StR 181/24, BeckRS 2024, 20111):

Die von der Strafkammer in Bezug auf § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zugrunde gelegte Annahme, eine nicht geringe Menge 3-CMC liege ab einem Grenzwert von 25 g der wirkungsbestimmenden Base vor, beschwert den Angeklagten jedenfalls nicht. Das Landgericht stützt sich hierbei auf das in den Urteilsgründen ausführlich dargestellte Gutachten der Sachverständigen F., wonach der Grenzwert – mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Dosierung, Wirkungseffekte, -stärke und -dauer von 3-CMC – nur anhand eines Vergleichs mit strukturverwandten Cathinonen (vgl. allgemein hierzu BGH, Beschluss vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24 Rn. 10; Urteil vom 10. August 2023 – 3 StR 462/22 Rn. 7; Urteil vom 5. November 2015 – 4 StR 124/14 Rn. 14; jeweils mwN) bemessen werden könne. Die auf diese Weise von der Strafkammer bestimmte Grenzmenge von 25 g steht überdies im Einklang mit dem von der Sachverständigen F. in ihrem Gutachten bereits angeführten (damals aber noch nicht veröffentlichten) Vorschlag einer Projektgruppe aus Vertretern kriminaltechnischer Institute von Bund und Ländern (Bork/Dahlenburg u.a., Toxichem Krimtech 2024, Sonderheft, 65, 68).

Zu der genannten Publikation von Borg et. al. siehe meinen Blogbeitrag vom 23.07.2022.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen