Die Bundesregierung fasst sich ein Herz

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 29.08.2024
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Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf zum „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) beschlossen. Denn Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Sie kosten rund 350.000 Menschen jährlich das Leben. Durch das Gesetz sollen Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen möglichst früh erkannt und bekämpft werden, heißt es auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit. Dafür sieht es den Ausbau von Früherkennungsuntersuchungen, neu strukturierten Behandlungsprogrammen und die Verbesserung von Therapiemöglichkeiten vor.

Was heißt das konkret?

Kinder und Jugendliche haben künftig einen Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Kinder- und Jugenduntersuchungen. Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren sollen von den Kassen zu Untersuchungen und Analysen von Risikofaktoren eingeladen werden. Bei den Erwachsenen werden die bereits bestehenden Gesundheitsuntersuchungen durch die Einführung von Check-ups für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erweitert. Sie erhalten Einladungen zu Check-ups von ihrer jeweiligen Krankenkasse oder Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den Apotheken. Die Apotheken sollen eine größere Rolle bei den Beratungen spielen. Dafür werden neue pharmazeutische Dienstleistungen etabliert.

Die Arzneimittelgabe wird ausgeweitet. Da in mehreren großen Studien nachgewiesen wurde, dass Lipidsenker (Arzneimittel bei Fettstoffwechselstörungen) das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und die Lebenserwartung verlängern können, wurde ein gesetzlicher Anspruch auf Versorgung mit Lipidsenkern geregelt.

Außerdem wird die medikamentöse Therapie zur Tabakentwöhnung ausgeweitet. Sie soll nicht mehr nur auf eine „schwere Tabakabhängigkeit“ beschränkt sein.

Weiterhin ist eine extrabudgetäre Vergütung von ärztlichen Präventionsempfehlungen zur Tabakentwöhnung und zum Ernährungsverhalten vorgesehen.

Lauterbachs Gesetz erhält viel Gegenwind.

Die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen kostet jedes Jahr etwa 57 Milliarden Euro. Die Massen-Früherkennungsuntersuchungen werden von Fachleuten kritisch gesehen. Sie kosten viel Geld. Besonders kritisch sehen Mediziner die geplante Verschreibung von Cholesterinsenkern, die zwar bei der Behandlung früh erkannter familiär bedingter Erkrankungen zwingend ist, aber nicht mannigfach verordnet werden sollte. Stattdessen sollte, so die Mediziner, lieber ein gesunder Lebensstil gefördert werden.

In der offiziellen Stellungnahme der Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschuss zum "Gesundes-Herz-Gesetz" heißt es, es sei „fachlich fraglich, ob die in dem vorgelegten Referentenentwurf festgelegten Maßnahmen den angestrebten Zweck überhaupt erreichen können, weil sie die überragend wichtige Primärprävention nicht nur völlig außer Betracht lassen, sondern sogar sekundärpräventive zusätzliche Diagnose- und Medikationskosten mit ohnehin knappen Mitteln zur Förderung der Primärprävention gegenfinanzieren“. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien die Inhalte der gesundheitlichen Versorgung näher und entscheidet, welche Leistungen von der Gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden. Es bleibt ja noch etwas Zeit um eine gemeinsame Strategie zu finden.

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