Aufsichtsrat im Wandel: Ein Gastbeitrag von den Autoren Prof. Dr. Michael Arnold und Prof. Dr. Wulf Goette zum Handbuch Aufsichtsrat

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 24.06.2024
Rechtsgebiete: Verlag|1266 Aufrufe
Aufsichtsrat im Wandel: Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Michael Arnold und Prof. Dr. Wulf Goette zum Handbuch Aufsichtsrat

Das Beständige des Aktienrechts – nicht nur in Zeiten, in denen eine Große Aktienrechtsreform angemahnt wird (Habersack/Vetter FAZ v. 13.6.2024 S. 6 zu VGR Bd. 30 „Reformbedarf im Aktienrecht“) – ist der Wandel. Umso wichtiger ist angesichts der ständig erweiterten Aufgabenzuweisungen und der anhaltend steigenden Herausforderungen durch nationale, europäische und geopolitische Entwicklungen die Stärkung der Aufsichtsratsexpertise; sie ist das Gebot der Stunde.

Überwachung
Kernaufgabe des Aufsichtsrats ist die Überwachung des Vorstands der Gesellschaft. Sie besteht aus zwei Elementen: 
Einmal geht es um die eher ex post orientierte Kontrolle, ob der Vorstand das durch Gesetz, Satzung und Geschäftsordnung festgelegte Legalitätsprinzip selbst und in der von ihm geleiteten Organisation gewahrt, seine Kompetenzen – auch bei Wahrnehmung unternehmerischen Ermessens – eingehalten und bei seinen Entscheidungen mit glücklicher Hand das Wohl des Unternehmens gewahrt und gemehrt hat.

Wichtiger dagegen ist der Teil der Überwachungsaufgabe, bei dem es um die zukunftsorientierte beratende Begleitung des Vorstands geht. Sie sichert die langfristige Prosperität des Unternehmens, sein Ansehen nach außen und die Wahrung des inneren Friedens in der Gesellschaft. Mittel dieser beratenden Überwachungsaufgabe ist ein enger Informationsaustausch mit dem Vorstand, die beratende Mitwirkung bei strategischen Entscheidungen und die verantwortungsvolle Anordnung von Zustimmungserfordernissen. Zwischen den Sitzungen der Hauptversammlung werden den Aktionären auf diese Weise Einflussmöglichkeiten auf das Handeln des Vorstands eröffnet, und die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei den mitbestimmten Aktiengesellschaften stellt sicher, dass auch den Interessen der von den Vorstandsentscheidungen nicht weniger als die Aktionäre betroffenen Arbeitnehmern Rechnung getragen werden kann. Beratende Überwachung bedeutet aber nicht, dass der Aufsichtsrat an Stelle des nach dem AktG zur selbständigen Leitung der Gesellschaft berufenen Vorstands Entscheidungen treffen darf; die Einhaltung der nach dem Gesetz bestehenden Kompetenzgrenzen ist eine der besonders anspruchsvollen Aufgaben des Aufsichtsrats.

Das über die gesetzlichen Vorgaben (zB Prüfungsausschuss) hinausgehende Selbstorganisationsrecht des Aufsichtsrats stellt sicher, dass er sachgerecht seine Arbeit aufteilen und die gesamte Expertise aller Mitglieder für die Gesellschaft fruchtbar werden lassen kann.

Personalverantwortung und Mitwirkungskompetenzen
Zur Erfüllung seiner fordernden Aufgaben hat der Gesetzgeber des AktG den Aufsichtsrat mit verschiedenen Kompetenzen ausgestattet.
Im Mittelpunkt steht die Personalkompetenz, also die Bestellung, Abberufung, Anstellung und uU Sanktionierung der Vorstandsmitglieder. Hier gilt es zahlreiche, komplizierte Regeln zu beachten, denen nur ein erfahrenes, kenntnisreiches und gut beratenes Gremium gerecht werden kann. Das betrifft die Auswahl der Kandidaten, die Wahrung der Frauenquote oder die schwierige Gestaltung der Vergütung mit allen ihren Facetten (vor allem Festgehalt und variable Vergütungsbestandteile, Aufwandsentschädigungen, Nebenleistungen, Pensionszusagen). Das Ergebnis der kontrollierenden Überwachung fließt hier insofern ein, als der Aufsichtsrat sich mit der Frage einer Abberufung oder der Versagung einer Wiederbestellung zu beschäftigen oder zu prüfen hat, ob ein Vorstandsmitglied wegen pflichtwidrig schädigen Verhaltens in Regress genommen werden muss.

Die Mitwirkungskompetenz betrifft zB die Hauptversammlung, den Prüfungsausschuss, die Entscheidung zu Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen, die Abgabe der Entsprechenserklärung zum DCGK, die Einbindung in gerichtliche Verfahren oder Fragen der Investorenkommunikation.

Fazit
Schon dieser knappe Überblick zeigt die Größe der Aufgabe und das hohe Maß an Verantwortung, der nur ein informierter und gut beratener Aufsichtsrat gerecht werden kann.

Von Prof. Dr. Wulf Goette (Foto links) und Prof. Dr. Michael Arnold (Foto rechts)

Jetzt das Werk Handbuch Aufsichtsrat, 2. Auflage 2024, im beck-shop bestellen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen