Der Opa soll mit 96 dann doch lieber kein Auto mehr fahren....

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.08.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1572 Aufrufe

Deutschland wird älter. Und der Opa hier sogar 96 Jahre. Vielleicht ist Opa ja auch Privatpatient. Er hat nämlich einen Hausarzt, der ihm ein Gefälligkeitsattest schreibt: "Opa ist noch fit für`s Autofahren!" Aber: Dummerweise fährt Opa dort, wo man 50 km/h fahren kann nur 15 km/h, weiß nicht dass er in Dachau ist und erkennt auch die Polizei nicht mehr - dabei gab es die Polizei doch früher auch schon! Der VGH München fand die Fahrerlaubnisentziehung der Fahrerlaubnisbehörde da schon ganz richtig:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 9. Februar 2024 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 6.250,- EUR festgesetzt.

 Gründe: 

 I.

 Der im Jahr 1928 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der ihm am 3. Juni 1965 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt).

 Durch polizeiliche Mitteilung vom 19. Juli 2022 wurde dem Landratsamt M. bekannt, dass der Antragsteller am Vortag gegen 21:15 Uhr aufgrund seiner unsicheren und langsamen Fahrweise (falsche Einordnung in eine Abbiegespur, Abbiegen in die Gegenrichtung, plötzliches Halten mitten auf der Fahrbahn in einer Einmündung, sehr langsame Fortsetzung der Fahrt) aufgefallen sei und bei der daran anknüpfenden polizeilichen Kontrolle einen verwirrten Eindruck gemacht habe. Er habe die Beamten nach seinem Standort gefragt und angegeben, auf dem Weg von Aichach zu seiner Wohnung in Garching zu sein, aber die falsche Strecke genommen zu haben und sich nun nicht mehr auszukennen. Daraufhin habe man die Weiterfahrt unterbunden.

 Der schriftlichen Aufforderung zur Vorsprache am 17. August 2022 und zur Vorlage eines aktuellen ärztlichen Befundberichts, der eine Demenzerkrankung ausschließen sollte, kam der Antragsteller nicht nach. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23. August 2022 ließ er einen mit „Dauerdiagnose behandlungsrelevant“ überschriebenen Befundbericht seines Hausarztes vom 8. August 2022 vorlegen, wonach eine fortgeschrittene dementielle Erkrankung ausgeschlossen werden könne. Ein MMS (Mini Mental Status)-Test und ein Uhrentest seien vollkommen unauffällig verlaufen. Der Antragsteller befinde sich in guter psychischer Verfassung. Eine Dauermedikation sei ebenso wenig bekannt wie eine über das Alter hinaus bedingte Fahreinschränkung. Zum Vorfall am 18. Juli 2022 ließ der Antragsteller mitteilen, er habe auf dem Rückweg von seinem Grundstück in A. zu seinem Wohnsitz in G. wegen einer Sperrung der üblichen Auffahrt zur Bundesautobahn eine ihm bislang unbekannte Route genommen und zunächst angenommen, bereits am B2. Weg rechts abbiegen zu müssen, dann allerdings gesehen, dass ihn dieser Weg wieder Richtung A1. führen würde. Deshalb sei er der A. Straße weiter gefolgt, ohne sich allerdings sicher zu sein, dass diese Wegführung tatsächlich die richtige sei. Deshalb sei er zunächst nur langsam gefahren, um zu prüfen, wo er mit seinem Fahrzeug samt Anhänger ggf. umkehren könnte. Es sei während des gesamten Vorgangs kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet oder behindert worden. Die polizeilichen Ausführungen, wonach er einen verwirrten Eindruck gemacht habe, seien nicht nachvollziehbar. Es seien auch keine konkreten Tatsachen zu der angeblich „unsicheren Fahrweise“ genannt worden. Der Antragsteller habe sich nicht anders verhalten als ein anderer Fahrer, der eine unbekannte Strecke zurücklege. Insbesondere stehe sein Fahrverhalten nicht im Zusammenhang mit seinem hohen Alter.

 Mit Schreiben vom 29. August 2022 bat das Landratsamt den Antragsteller um Mitteilung des im MMS-Test erzielten Punktwerts sowie um Durchführung eines ergänzenden DemTect-Tests.

 Mit Schreiben vom 6. September 2022 teilte die Polizei auf Anfrage ergänzend mit, die Streife habe sich am 18. Juli 2022 aufgrund der sofort auffallenden sehr langsamen und unsicheren Fahrweise des Antragstellers entschlossen, diesem zu folgen. Er sei mitten im Einmündungsbereich plötzlich auf der Fahrbahn stehen geblieben und habe die Fahrt nach zehn bis fünfzehn Sekunden sehr langsam fortgesetzt. Den Anhaltesignalgeber („Stopp Polizei“) habe er etwa 700 m nicht beachtet. Er sei mitten auf der Fahrspur mit etwa 15 km/h statt der erlaubten 50 km/h gefahren. Erst nach Einschalten des Blaulichts habe er zögerlich angehalten. Bei der Verkehrskontrolle habe er nicht gewusst, dass er sich in Dachau befinde und etwa zehn bis fünfzehn Minuten den Führerschein und die Zulassungsbescheinigung I gesucht. Schließlich hätten die Beamten die Dokumente im Fahrzeug gefunden. Der Sohn des Antragstellers, der ihn abgeholt habe, habe angegeben, dass er seinen Vater nur selten beim Autofahren beobachte. Bisher sei ihm noch keine unsichere Fahrweise aufgefallen. Die Weiterfahrt habe man nicht nur wegen der unsicheren Fahrweise (Verhinderung eines möglichen Verkehrsunfalls) unterbunden, sondern auch, weil der Antragsteller den Weg nach Hause nicht mehr gefunden habe.

 Nach zwei unbeantworteten Erinnerungen an die Aufforderung vom 29. August 2022 ordnete das Landratsamt gestützt auf § 46 Abs. 3, § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV mit Schreiben vom 24. April 2023 die Beibringung eines Gutachtens bis zum 28. Juni 2023 zur Klärung der Fragen an, ob beim Antragsteller eine Erkrankung vorliege, die nach Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung infrage stelle, falls ja, ob er inzwischen wieder in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 vollständig gerecht zu werden und ob eine ausreichende Adhärenz vorliege. Ferner sollten ggf. erforderliche Beschränkungen und/oder Auflagen und Nachuntersuchungen geprüft werden.

 Hierauf und auf das Anhörungsschreiben vom 24. Mai 2023 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgte keine Reaktion.

 Mit Bescheid vom 4. Juli 2023 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein spätestens innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.

 Am 10. Juli 2023 ließ der Antragsteller Widerspruch einlegen und beim Verwaltungsgericht München am 11. Juli 2023 beantragen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Polizei habe den Antragsteller erst nach dem negativen Ergebnis eines Atemalkoholtests plötzlich als verwirrt bezeichnet. Es treffe nicht zu, dass er zehn bis fünfzehn Minuten nach seinem Führerschein und dem Fahrzeugschein gesucht habe. Die Papiere hätten sich im Heck des Jeeps befunden, weshalb er zunächst habe aussteigen und zur Rückseite des Fahrzeugs gehen müssen. Da er einen Anhänger mit sich geführt habe, habe er über dessen Haltevorrichtung und -stange steigen müssen, um die Hecktüre zu öffnen, Dort habe sich etliches Werkzeug befunden, das er beiseite geräumt habe, um Zugriff auf seine Papiere zu haben. Diese habe er anschließend sofort ausgehändigt. Der Vorgang möge etwas länger gedauert haben, aber keinesfalls zehn bis fünfzehn Minuten. Der im Bescheid erweckte Eindruck, der Antragsteller habe seine Dokumente erst finden müssen, werde zurückgewiesen. Dem Anhaltesignal sei er nicht sofort nachgekommen, weil an der Stelle rechts ein Haltverbot gegolten habe und er mit einem Pkw samt Anhänger eine Behinderung des nachfolgenden Verkehrs möglichst habe vermeiden wollen. Dies habe er der Polizei auch unmittelbar nach dem Anhalten erklärt. Daher habe der Polizeibeamte auch vergeblich versucht, das Fahrzeug umzuparken. Dabei habe er den Motor abgewürgt und die Hinweise des Antragstellers, wie das Fahrzeug zu starten sei, ignoriert. Die später eingetroffene Ehefrau des Antragstellers habe das Fahrzeug ohne die angeblich nötige „Starthilfe“ starten können. Unzutreffend sei auch, dass der Antragsteller mitten auf der Fahrbahn gefahren sei. Mit der ärztlichen Stellungnahme vom 8. August 2022 seien mögliche Zweifel an seiner Fahreignung ausgeräumt gewesen. Für die Aufforderung, einen DemTect-Test vorzulegen, habe es keine hinreichende Rechtsgrundlage gegeben. Es sei nicht Aufgabe der Fahrerlaubnisbehörde, dem Arzt die anzuwendenden diagnostischen Mittel und genauen Untersuchungsmethoden vorzugeben. Sie dürfe nicht einfach davon ausgehen, dass die entsprechenden Befunde fehlerhaft seien. Der Arzt kenne die Stärken und Schwächen der entsprechenden Untersuchungsmethoden und könne daher aufgrund seiner Ausbildung, seiner Erfahrung und seines Wissens beurteilen, ob weitere Untersuchungen überhaupt noch notwendig seien oder ob bereits anhand der durchgeführten Diagnostik ein zweifelfreies Ergebnis vorliege. Auch die Interpretation der Untersuchungsergebnisse sei Aufgabe des Arztes und nicht der Behörde, sodass es nicht darauf ankomme, welche Punktzahl der Antragsteller im MMS-Test erzielt habe. Im Übrigen könne auch der von der Behörde aufgeführte DemTect-Test zu falschen Resultaten führen. Beim MMS-Test seien nur dann weitere Untersuchungen notwendig, wenn dieser Anzeichen auf kognitive Defizite geliefert habe. Die Fahrerlaubnisbehörde lasse völlig außer Betracht, dass das Landratsamt den Jagdschein des Antragstellers nach Vorsprache Ende Januar 2023 problemlos verlängert habe. Es treffe auch nicht zu, dass der Antragsteller unentschuldigt zu der Vorsprache im August 2022 nicht erschienen sei. Bereits mit E-Mail des Bevollmächtigten vom 4. August 2022 sei hinreichend deutlich gemacht worden, dass er zu diesem Termin nicht erscheinen werde. Er habe auch, anders als behauptet, keinen Ersatztermin telefonisch vereinbart. Die Gutachtensanordnung sei auch deshalb rechtswidrig, weil damit im wesentlichen nur habe überprüft werden sollen, ob eine Erkrankung nach Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV, also entweder eine schwere Altersdemenz oder schwere Persönlichkeitsveränderungen durch pathologische Alterungsprozesse, vorlägen. Hieran sei der Gutachter gebunden. Davon, dass eine solche schwere Erkrankung beim Antragsteller vorliege, sei aber die Fahrerlaubnisbehörde selbst nicht ausgegangen. Vielmehr sei sie davon ausgegangen, dass bei ihm womöglich eine angehende Demenzerkrankung gegeben sein könnte. Hierfür sei aber die gewählte Fragestellung nicht geeignet. Milderes Mittel wäre zunächst die Anordnung einer fachärztlichen medizinischen Begutachtung zur Klärung, ob ein dementielles Syndrom bzw. eine Demenz vorliege, nicht aber eine schwere Altersdemenz oder schwere Persönlichkeitsveränderung. Es sei auch nicht Aufgabe des Gutachters zu erforschen, welche Erkrankung die Behörde eigentlich habe aufklären wollen. Schließlich sei die Gutachtensanordnung auch insoweit unklar, ob ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten beigebracht werden sollte. Während es auf Seite 6 oben heiße, der Antragsteller müsse ein Gutachten „eines Arztes bei einer Begutachtungsstelle für Fahreignung“ nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV vorlegen, sei später die Rede davon, dass ein „Gutachten einer amtlichen Begutachtungsstelle für Fahreignung“ vorgelegt werden müsse und „von der zu benennenden Begutachtungsstelle“ seien die folgenden Fragen zu beantworten. Hierdurch werde jedenfalls der Eindruck erweckt, es müsse ein Gutachten nach § 11 Abs. 3 FeV vorgelegt werden, zumal mit der Formulierung „Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung“ auch die Legaldefinition für das medizinisch-psychologische Gutachten verwendet worden sei.

 Mit Beschluss vom 9. Februar 2024 lehnte das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung ab, die Entziehung der Fahrerlaubnis werde sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen, da die Behörde aus der Nichtbeibringung des gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV rechtmäßig angeforderten ärztlichen Gutachtens nach § 11 Abs. 8 FeV auf das Fehlen der Fahreignung habe schließen dürfen. Aus dem polizeilichen Einsatzbericht über den Vorfall am 18. Juli 2022 hätten sich Tatsachen für eine mögliche beginnende Demenzerkrankung des Antragstellers ergeben, die berechtigten Anlass für die Anforderung eines MMS-Tests geboten hätten. Polizeilichen Aussagen kämen nach der Rechtsprechung im Fahrerlaubnisrecht regelmäßig erhöhte Bedeutung zu. Sie müssten jedenfalls substantiiert bestritten werden. Dies sei dem Antragsteller nicht gelungen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Begutachtungsanordnung habe der polizeilichen Schilderung lediglich der Vortrag aus dem Schreiben des Bevollmächtigten vom 23. August 2022 entgegengestanden. Sofern unterstellt werde, dass dieser wahr sei, sei damit jedenfalls nicht erklärt, weshalb der Antragsteller – was unbestritten geblieben sei – bei der Polizeikontrolle trotz der Beschilderung nicht gewusst habe, dass er sich in Dachau befinde. Auch die übrigen Ausfallerscheinungen seien dadurch nicht erklärt. Insbesondere würde ein geeigneter Kraftfahrzeugführer auch auf einem unbekannten Weg, selbst wenn er die richtige Einmündung suche, nicht über eine längere Strecke und auf der Mitte der Fahrspur mit 15 km/h statt der erlaubten 50 km/h fahren. Soweit der im Einsatzbericht geschilderte Sachverhalt in der Begründung des Eilantrags vom 11. Juli 2023 im Übrigen bestritten werde, könne dies bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Begutachtungsanordnung nicht berücksichtigt werden. Dem Antragsteller sei vor deren Erlass mehrfach die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Er hätte die polizeiliche Schilderung rechtzeitig bestreiten können. Zudem sei sein spätes und weitreichendes Bestreiten erst im gerichtlichen Verfahren wenig glaubhaft, zumal seine Angaben in weiten Teilen unschlüssig seien. So erkläre ein Haltverbot am rechten Fahrbahnrand nicht, warum er über eine Strecke von ca. 700 m nicht zu erkennen gegeben habe, das Anhaltesignal der Polizei bemerkt zu haben. Diese Tatsachen hätten die Annahme einer beginnenden Demenz und die Anforderung eines MMS-Tests als milderes Mittel zur Anordnung eines ärztlichen Gutachtens gerechtfertigt. Zwar umfasse die Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV nur die schwere Altersdemenz. Doch könne die Behörde mangels eigener Fachkenntnisse ohne Einholung medizinischer Nachweise nicht beurteilen, welcher Schweregrad der Demenz vorliege, sodass sie unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in einem ersten Schritt einen MMS-Test habe anfordern dürfen. Da der Antragsteller trotz mehrfacher Aufforderung nur die ärztliche Schlussfolgerung aus dem MMS-Test, nicht jedoch das konkrete Testergebnis (erreichter Punktwert) mitgeteilt habe, hätten in Verbindung mit dem Vorfall am 18. Juli 2022 Fahreignungszweifel bestanden, die einen hinreichenden Anlass für die Beibringungsanordnung geboten hätten. Es bedürfe hier daher keiner Entscheidung, ob die zusätzliche Anforderung eines DemTect-Tests zeitgleich mit der Aufforderung zur Vorlage des Punktwerts des MMS-Tests rechtmäßig sei, namentlich, ob darin eine unzulässige Vorgabe diagnostischer Methoden gegenüber dem Arzt zu sehen sei. Würden angeforderte medizinische Unterlagen zum Schweregrad der Demenz nicht vorgelegt und im Verhältnis zur Beibringungsanordnung mildere Aufklärungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen, könne die Fahrerlaubnisbehörde eine schwere Demenz nicht selbstständig ausschließen. Dies gelte auch dann, wenn sie wie hier eher von einer leichten Demenz ausgegangen sei. Komme der Betroffene einer möglichen und zumutbaren Mitwirkung nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG nicht nach, berechtige dies die Behörde zu einer für ihn nachteiligen Beweiswürdigung. Dies bedeute zwar nicht, dass die Behörde die mangelnde Mitwirkung sanktionieren und allein deshalb eine negative Entscheidung treffen dürfe. Blieben jedoch aufgrund der mangelnden Mitwirkung entscheidungserhebliche Umstände aus der Sphäre des Antragstellers unaufgeklärt, gehe dies zu seinen Lasten. Das hausärztliche Attest, wonach „der MMS-Test vollkommen unauffällig verlaufen sei“, stehe dem nicht entgegen. Die Einschätzung des Facharztes ersetze mit Blick auf § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV nicht die Vorlage der medizinischen Untersuchungsergebnisse. Ärztliche Beurteilungen müssten nachvollziehbar sein, was die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde erfordere. Es dürften keine Restzweifel mehr verbleiben. Aus den hierzu vorgelegten Unterlagen müsse eindeutig, auch für den (medizinisch und psychologisch nicht geschulten) Laien nachvollziehbar hervorgehen, dass die ursprünglichen Bedenken unbegründet seien. Gemessen hieran habe das ärztliche Attest die durch den Vorfall vom 18. Juli 2022 aufgeworfenen Eignungszweifel nicht ausräumen können. Die Weigerung, den konkreten Punktwert mitzuteilen, habe diese sogar verstärkt. Das Verhalten des Antragstellers lege nahe, dass ihm an einer Verdeckung der medizinischen Testergebnisse gelegen sei und eine fahreignungsrelevante Demenzerkrankung vorliege; darüber hinaus ein mangelndes Problembewusstsein und fehlende Einsichtsfähigkeit, was in Verbindung mit einer (nur) beginnenden Demenz unterhalb der Schwelle der Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV ebenfalls Fahreignungszweifel begründen könne. Eine Prüfung seiner Zuverlässigkeit durch die Jagdbehörde habe andere Aspekte zum Gegenstand als die Prüfung der Fahreignung. Das Landratsamt habe auch sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Beibringungsanordnung sei verhältnismäßig und formell nicht zu beanstanden, insbesondere hinreichend bestimmt. Wenn auch die Formulierung „Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung“ missverständlich sei, so sei aufgrund der genannten Rechtsgrundlage des § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV klar, dass ein ärztliches Gutachten beizubringen gewesen und der Gutachter auf die Untersuchung einer schweren Altersdemenz oder Persönlichkeitsveränderung durch pathologische Alterungsprozesse beschränkt sei. Damit seien die Voraussetzungen des § 11 Abs. 8 FeV erfüllt.

 Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, bestreitet der Antragsteller, dass zum Zeitpunkt der Begutachtungsanordnung Tatsachen vorlagen, die auf eine Erkrankung im Sinne der Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV hinwiesen. Solche Tatsachen hätten sich insbesondere nicht aus der unterlassenen Mitteilung des Punktwerts des MMS-Tests, auch nicht in Verbindung mit dem Vorfall vom 18. Juli 2022, und aus dem Verhalten des Antragstellers im Fahrerlaubnisverfahren ergeben. Im Verfahren zur Verlängerung des Jagdscheins seien etwaige Zweifel ausgeräumt worden, was die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Begutachtungsanordnung hätte berücksichtigen müssen. Das Verwaltungsgericht verkenne bereits, dass die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller nicht zur Beibringung eines MMS-Tests, sondern eines aktuellen Befundberichts seines behandelnden Arztes aufgefordert habe. Sie habe es damit ins Ermessen des Arztes gestellt, welche Untersuchungsmethoden er anwende, wobei aus der Formulierung „behandelnder Arzt“ freilich zu entnehmen sei, dass sie offenbar von einer behandlungsbedürftigen Demenzerkrankung ausgegangen sei. Der Antragsteller sei nicht verpflichtet gewesen, den Punktwert des MMS-Tests mitzuteilen. Dies hätte vorausgesetzt, dass sich aus der ärztlichen Beurteilung tatsächlich eine Demenzerkrankung ergeben hätte, deren Schweregrad nicht habe offenbart werden sollen. Aus Sicht des Hausarztes habe aber überhaupt keine Demenzerkrankung vorgelegen. Sonst wäre der durchgeführte Test nicht vollkommen unauffällig gewesen. Aus seiner Stellungnahme ergebe sich, dass nicht einmal eine leichte Demenz vorliege. Entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts hätten auch nicht deshalb Zweifel an der Fahreignung vorgelegen, weil nur der Hausarzt und nicht ein Klinikarzt den Antragsteller untersucht habe, da die Fahrerlaubnisbehörde hierzu keine Vorgabe gemacht habe. Es sei nur vom „behandelnden Arzt“ die Rede gewesen. Nachdem die Behörde ergänzend von diesem einen DemTect-Test gefordert habe, habe sie offenbar nicht an dessen Kompetenz und Einschätzung gezweifelt, sondern allein daran, dass ein MMS-Test zum Ausschluss einer Demenz methodisch ausreiche. Die Vertrauenswürdigkeit des Arztes könne nicht im Nachhinein grundsätzlich in Zweifel gezogen werden. Die vorgelegten Unterlagen seien auch nachvollziehbar. Die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde beinhalte die Mitteilung der Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen. Habe ein Befund Krankheitswert, spreche man von ärztlicher Diagnose. Daran gemessen habe der Hausarzt des Antragstellers den Befund und das Untersuchungsergebnis in seinem Befundbericht mitgeteilt. Insofern sei die Argumentation des Verwaltungsgerichts auch teilweise widersprüchlich. Es führe einerseits aus, der Befundbericht müsse für einen nicht geschulten Laien nachvollziehbar sein, meine aber andererseits, hierfür sei das genaue Punktergebnis des MMS-Tests erforderlich, obwohl der Antragsgegner davon ausgehe, dieser schließe eine Demenzerkrankung nicht sicher aus. Es erschließe sich nicht, wie ein medizinischer Laie den Sachverhalt unter Kenntnis des Punktwerts besser einschätzen können solle als der dafür ausgebildete Arzt. Da der Antragsteller zur Mitteilung des erzielten Punktwerts rechtlich nicht verpflichtet gewesen sei, könne ihm die unterlassene Mitteilung auch nicht vorgehalten und hieraus auf Uneinsichtigkeit und mangelndes Problembewusstsein geschlossen werden. Weiter verkenne das Verwaltungsgericht, dass wegen der Verlängerung des Jagdscheins durch die Waffenbehörde einige Monate nach dem Vorfall im Juli 2022 auch im Fahrerlaubnisverfahren nicht von einer möglichen Demenzerkrankung ausgegangen werden könne. Auch wenn hier andere Aspekte im Vordergrund der Prüfung stünden, dürfte die Frage der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung deutlich höher anzusiedeln sein als im Fahrerlaubnisrecht. Der Waffenbehörde sei der Vorfall vom 18. Juli 2022 bekannt gewesen, was wiederum der Fahrerlaubnisbehörde bekannt gewesen sei. Letztere hätte daher vor Erlass der Beibringungsanordnung Erkundigungen bei der Waffenbehörde nach näheren Informationen zu einer möglichen Demenzerkrankung einholen müssen. Im Falle der Gutachtensanordnung durch die Waffenbehörde wäre eine Gutachtensanordnung durch die Fahrerlaubnisbehörde unverhältnismäßig gewesen. Eine entsprechende Anfrage sei hier nicht erfolgt, was zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsanordnung führe. Vorliegend hätte sich der Fahrerlaubnisbehörde eine weitere Sachverhaltsaufklärung unter Beteiligung der Waffenbehörde geradezu aufdrängen müssen, zumal sie gewusst habe, dass auch diese die Tauglichkeit des Antragstellers voraussichtlich überprüfen würde. Es komme somit nicht darauf an, dass nur der Tatbestand (gemeint sein dürfte der Tenor) eines Verwaltungsakts Tatbestandswirkung für weiteres Behördenhandeln entfalte und nicht dessen Begründung. Vorliegend gehe es um die – zu verneinende – Frage, ob es zum Zeitpunkt der Gutachtensanordnung überhaupt noch Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers gegeben habe. Soweit das Verwaltungsgericht offengelassen habe, ob die Fahrerlaubnisbehörde zusätzlich einen DemTect-Test habe anfordern dürfen, werde auf die Ausführungen in erster Instanz verwiesen.

 Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

 II.

 Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

 Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.

 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2023 (BGBl I Nr. 315), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2024 (BGBl 2024 I Nr. 109), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV ist die Fahreignung im Fall einer schweren Altersdemenz und schweren Persönlichkeitsveränderungen durch pathologische Alterungsprozesse nicht gegeben. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde im Falle auf Tatsachen gegründeter Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 = juris Rn. 19). Dies war hier der Fall.

 Das Verwaltungsgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass die polizeiliche Mitteilung des Vorfalls vom 18. Juli 2022 einen hinreichenden Anlass bot, die Fahreignung des Antragstellers zu überprüfen und dahingehende Ermittlungen einzuleiten. Insoweit wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO (S. 11 f.) Bezug genommen. Da das Landratsamt objektiv Anlass hatte, in Richtung einer dementiellen Erkrankung zu ermitteln, ist es ohne Belang, ob der Sachbearbeiter – wie der Antragsteller meint – subjektiv vom Vorliegen einer derartigen Erkrankung bereits überzeugt war. Ohne eine fachliche Bestätigung dieses Verdachts hätte das Landratsamt die Fahrerlaubnis nicht nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen können, was auch nicht Gegenstand der Beschwerde ist. Davon abgesehen handelt es sich hierbei auch um eine Unterstellung. Aus der Formulierung „behandelnder Arzt“ ist nach den Grundsätzen des auch im Verwaltungsrecht geltenden objektivierten Empfängerhorizonts (entsprechend § 157 BGB; vgl. BVerwG, B.v. 14.12.2023 – 2 B 42.22 – juris Rn. 19) lediglich herauszulesen, dass der Bericht eines Arztes, bei dem sich der Antragsteller bereits in Behandlung befindet oder zu dem er sich ggf. in Behandlung begibt, vorzulegen ist. So haben der Antragsteller und sein Bevollmächtigter die Aufforderung auch ganz offensichtlich verstanden, denn sie haben den von der Behörde in erster Linie gemeinten Befundbericht des Hausarztes ohne Rückfrage vorgelegt.

 Rechtlich unerheblich ist, dass das Gericht angenommen hat, das Landratsamt habe einen MMS-Test angeordnet, oder ob das Landratsamt die von dem behandelnden Arzt anzuwendende Untersuchungsmethode offengelassen hat. Denn rechtlich entscheidend sind die vom Verwaltungsgericht zutreffend bejahten Fragen, ob das Landratsamt nach Mitteilung der ärztlichen Schlussfolgerung aus dem Testergebnis die Mitteilung der bei dem MMS-Test erzielten Punkte fordern und bei Verweigerung dieser Mitteilung ein ärztliches Gutachten einer amtlichen Begutachtungsstelle anordnen durfte. Die Ansicht des Antragstellers, er sei vor Erlass der Beibringungsanordnung nicht zu einer weiteren Mitwirkung an der Aufklärung einer etwaigen psychischen Erkrankung (Demenz) verpflichtet gewesen zu sein, geht fehl.

 Wie der Antragsgegner zutreffend geltend macht, hat das Landratsamt mit seinem ersten Schreiben vom 28. Juli 2022 nicht darauf verzichtet, bei Bedarf weitere Ermittlungen anzustellen. Das Schreiben legt auch nicht, wie etwa eine förmliche Begutachtungsanordnung, den Untersuchungsgegenstand abschließend fest, sondern sollte den Antragsteller über den Anlass des Verfahrens und die Art der (ersten) Ermittlungen informieren. Im Übrigen kannauch eine Beibringungsanordnung nach § 11 Abs. 2 und 3 FeV bei Bedarf ergänzt werden.

 Der Antragsgegner hält den hausärztlichen Bericht vom 8. August 2022 zu Recht für nicht nachvollziehbar, was nichts mit Zweifeln an der Kompetenz des Arztes und seiner Vertrauenswürdigkeit zu tun hat. Derartige Zweifel hat auch das Verwaltungsgericht nicht geäußert. Die Vorlage des Befundberichts musste das Landratsamt wegen der fehlenden Nachvollziehbarkeit zu weiteren Ermittlungen veranlassen. Abgesehen davon, dass zu den durchgeführten Untersuchungen keine weiteren Einzelheiten mitgeteilt werden, lässt jener nicht erkennen, ob die „behandlungsrelevante Dauerdiagnose“ etwas mit dem Anlass der Anforderung dieses Berichts zu tun hat. Die Formulierung „eine über das Alter hinaus bedingte Fahreinschränkung“ legt nahe, dass eine durch das Alter bedingte Fahreinschränkung durchaus vorhanden sein könnte, ohne dass deren Art dargelegt wird. Soweit festgestellt wird, dass ein MMS- und ein Uhrentest „vollkommen unauffällig verlaufen“ verlaufen seien, fragt sich, weshalb dann lediglich eine fortgeschrittene dementielle Erkrankung ausgeschlossen wird. In dem Schreiben vom 28. Juli 2022 hatte das Landratsamt nicht nach dem Schweregrad der Erkrankung differenziert. Schließlich deutet die Formulierung, dass eine Dauermedikation nicht bekannt sei, darauf hin, dass der Arzt über ggf. von anderen Ärzten verschriebene Medikamente nicht orientiert ist.

 Das Landratsamt war nicht verpflichtet, die Aussage des Hausarztes seiner Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen. Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG bestimmt die Behörde Art und Umfang der Ermittlungen, wobei sie an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden ist. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes trägt sie die (Letzt-)Verantwortung für die Richtigkeit des Sachverhalts. Sie hat daher das Vorbringen eines Beteiligten nach den allgemeinen Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu würdigen und die von einem Beteiligten vorgelegten Ermittlungsergebnisse nachzuvollziehen (vgl. Schneider in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand November 2023 § 26 Rn. 38 ff., § 24 Rn. 104 ff.; Engel/Pfau in Mann/ Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 24 Rn. 49 zur nachvollziehenden Amtsermittlung). Sie darf und muss daher verlangen, eine von einem Beteiligten beigebrachte fachliche oder sachverständige Aussage nachvollziehen zu können. Diese ist so substantiiert darzulegen, dass sich die Behörde eine eigene Überzeugung bilden kann, ggf. unter Amtshilfe einer Fachbehörde, hier z.B. eines Arztes des staatlichen Gesundheitsamts. Es liegt kein Widerspruch im Fehlen medizinischen Fachwissens und dem behördlichen Verlangen nach Mitteilung medizinischer Einzelheiten.

 Dem Antragsteller hat nicht zum Nachteil gereicht, dass er zunächst nur den die medizinischen Erkenntnisse zusammenfassenden Befundbericht seines Hausarztes vorgelegt hat, sondern vielmehr, dass er die nachfolgende Bitte der Behörde um Mitteilung weiterer medizinischer Erkenntnisse ignoriert hat. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Fachbegriff „Befund“ nur ärztliche Schlussfolgerungen oder auch die im Vorfeld erzielten Messergebnisse und sonstige Feststellungen umfasst. Denn das Landratsamt hat eindeutig und unmissverständlich die Mitteilung des Punktwerts des MMS-Tests verlangt.

 Nachdem der Antragsteller sich der weiteren Mitwirkung verschlossen und nicht mehr reagiert hatte, hat das Verwaltungsgericht es zu Recht für nicht mehr entscheidungserheblich gehalten, ob das Landratsamt berechtigt war, mit dieser Mitteilung zugleich die Durchführung eines DemTect-Tests zu verlangen.

 Die Fahrerlaubnisbehörde war auch nicht wegen der Erteilung eines Jagdscheins Ende Januar 2023 am Erlass der Beibringungsaufforderung vom 24. April 2023 oder an sonstigen Ermittlungen gehindert. An der Verlängerung des Jagdscheins lässt sich zwar ablesen, dass die Jagdbehörde keinen Anlass für die Annahme gesehen hat, dass – was hier allein in Betracht kommt – der Antragsteller psychisch krank ist oder aufgrund in seiner Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren kann (vgl. § 6 Abs. 1 WaffG, § 4 AWaffV). Allerdings hat er im jagdrechtlichen Verfahren nach Aktenlage kein Gutachten beigebracht, dem sich im fahrerlaubnisrechtlichen Verfahren sachdienliche Erkenntnisse entnehmen ließen, sondern lediglich vorgesprochen. Im Gespräch können medizinische Laien, außer in Extremfällen, jedoch selten Hinweise auf relevante Störungsbilder psychischer Beeinträchtigungen erkennen (vgl. Schulz/Karamatskos, NJOZ 2023, 1344/1347). Außerdem sind der jagd- und fahrerlaubnisrechtliche Eignungsbegriff nicht deckungsgleich, wie ein Vergleich der Anlage 4 zur FeV und § 6 Abs. 1 WaffG, § 4 AWaffV zeigen, sodass die Fahrerlaubnisbehörde auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gehalten war, sich die Ermittlungsergebnisse der Jagdbehörde zu eigen zu machen oder sich mit dieser abzustimmen. Im Übrigen entfalten die im Vorfeld der Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen verschiedener Behörden keine bindende Wirkung für das jeweils andere behördliche Verfahren, sofern dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Dies gilt erst recht für etwa unterlassene oder fehlerhafte Ermittlungen einer anderen Behörde. Mit Erteilung des Jagdscheins steht lediglich fest, dass der Antragsteller zur Ausübung der Jagd berechtigt ist, nicht aber, dass er nicht an psychischen Beeinträchtigungen leidet, die seine Kraftfahreignung in Frage stellen. Das Verwaltungsgericht hat richtig darauf hingewiesen, dass prinzipiell nur der Tenor eines Verwaltungsakts Tatbestandswirkung entfaltet und nicht dessen Begründung (Goldhammer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand November 2023, § 43 Rn. 77).

 Die Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.2, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Anlage 3 zu § 6 Abs. 6 FeV, Abschnitt A I, Nr. 17 [Erteilung der Fahrerlaubnis der Klasse 3 vor dem 1.4.1980]; BayVGH, B.v. 15.12.2014 – 11 CS 14.2202 – juris Rn. 7). Die vor dem 1. April 1980 erteilte Fahrerlaubnisklasse 3 (alt) umfasst die Fahrerlaubnisklassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, CE und L. Hiervon sind nur die Fahrerlaubnisklassen A1, BE und C1E für die Streitwertberechnung maßgeblich. Für die Klassen BE und C1E sind nach Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs jeweils 5.000,- EUR anzusetzen. Die Klasse CE wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, weil sie durch die Schlüsselzahl 79 (vgl. Anlage 9 zur FeV Nr. 48) lediglich die Befugnis zum Führen bestimmter Anhänger mit einem Zugfahrzeug der Klasse C1 im Verhältnis zu der durch eine Fahrerlaubnis der Klasse C1E verliehenen Befugnis erweitert. Die Fahrerlaubnisklasse A wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, weil sie nach der Anlage 3 zur FeV mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 der Anlage 9 (Nr. 53 und 54: Begrenzung auf dreirädrige Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen) eingeschränkt ist. Die vor dem 1. April 1980 erteilte Fahrerlaubnisklasse A1 ist demgegenüber mit der Schlüsselzahl 79.05 versehen und gilt daher (vgl. Anlage 9 zur FeV Nr. 55) für Krafträder der Klasse A1 mit einem Leistungsgewicht von mehr als 0,1 kW/kg, sodass zusätzlich der Streitwert nach Nr. 46.2 des Streitwertkatalogs von 2.500,- EUR anzusetzen ist. Der sich daraus ergebende Gesamtstreitwert von 12.500,- EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Die Befugnis zur Änderung des Streitwerts in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

VGH München Beschl. v. 18.6.2024 – 11 CS 24.441, BeckRS 2024, 15381

 

 

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