Zur notwendigen Reform des § 63 StGB - Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 17.08.2013

Im Zuge der Affäre um Gustl Mollath richtet sich der Blick auf verschiedene Bereiche des Straf- und Strafprozessrechts, die mit der Entstehung des Skandals und der Verzögerung bei dessen justizieller Aufklärung bzw. Korrektur zusammenhängen.

Heraus sticht die jetzt auch politisch neu belebte Diskussion über die §§ 63 ff. StGB, also den Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und deren Beendigung.

Der strafrechtssystematische Hintergrund dieser Vorschriften ist allerdings schon für sich für Viele problematisch, denn die Unterbringung schließt faktisch die  Lücke, die aus dem Schuldprinzip des Strafrechts entsteht, wenn ein Mensch mangels (nachweisbarer) Schuldfähigkeit wegen seiner Tat freizusprechen ist, aber man wegen der Gefährdung der Allgemeinheit dennoch ein Bedürfnis sieht, diesen Menschen einzusperren. (vgl. Breivik-Diskussion hier im Blog).

§ 63 StGB lautet:

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

Das BMJ hat – ausdrücklich unter Hinweis auf die Mollath-Affäre - einige Vorschläge gemacht, wie § 63 und § 67 d StGB verändert werden könnten, einerseits, um die Anordnungsschwelle zu erhöhen, andererseits, um die Überprüfungen der Fortdauer der Unterbringung engmaschiger zu gestalten. Konkret wird Folgendes vorgeschlagen:

I. In § 63 StGB soll durch den Zusatz

„erhebliche rechtswidrige Taten, namentlich solche, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird,“

eine Beschränkung auf schwerwiegende Prognosen erreicht werden.

II. In § 67 d Abs.6 StGB soll durch die Einfügung eines abgestuften Erledigungssystems eine Begrenzung der Unterbringungsdauer erreicht werden:

„Das Gericht erklärt die Unterbringung nach Ablauf von vier Jahren für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte aufgrund seines Zustands außerhalb des Maßregelvollzugs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird. Sind acht Jahre der Unterbringung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte aufgrund seines Zustands außerhalb des Maßregelvollzugs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.“

Im Ansatz halte ich das für richtig, allerdings entspricht die erste Stufe (nach vier Jahren) im Wortlaut der (neuen) Anordnungsvoraussetzung in § 63 StGB. Eigentlich müsste daher eine Erledigung ohnehin schon erfolgen, wenn diese Prognose nicht mehr zutrifft, nicht erst nach vier Jahren. Zudem verbirgt sich hier noch ein Problem: Die prognostizierten möglichen Taten orientieren sich faktisch fast immer an den begangenen Straftaten. Diese stehen jedoch von Anfang an fest und ändern sich nicht mit Zeitablauf. Man sollte erwägen, die Unterbringungszeit von vornherein anhand der verwirklichten Straftaten in der Höchstdauer zu beschränken.

III. In § 67 e Abs. 2 StGB soll nunmehr das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen erheblich engmaschiger überprüft werden:

„Die Fristen betragen bei der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bei der erstmaligen Überprüfung vier Monate, bei der folgenden Überprüfung acht Monate, sodann jeweils ein Jahr.“

Ziel ist es, eine Fehleinweisung frühzeitig zu erkennen.

IV. Nach § 463 Abs.4 StPO n. F. soll nun die Einholung externer Sachverständigengutachten schon nach zwei Jahren Unterbringung obligatorisch sein, nach sechs Jahren müssten dann zwei externe Gutachter gehört werden.

Die Erhöhung der Frequenz (externer) Begutachtung soll v. a. die bloße Fortschreibung der vorherigen Einschätzung der behandelnden Ärzte ver- bzw. behindern. Ein Grundproblem wird damit allerdings weniger berücksichtigt. Derzeit gibt es nur eine überschaubare Anzahl an psychiatrischen Gutachtern, die regelmäßig für Gerichte tätig werden. Das vom BMJ vorgeschlagene System würde v.a. die Gutachtenhäufigkeit erhöhen. Das eigentliche Problem ist aber nicht die mangelnde Quantität, sondern Mängel der Qualität der Gutachten. Durch eine Erhöhung der Gutachtenfrequenz wird aber die Qualität der einzelnen Gutachten eher noch sinken, wenn man nicht gleichzeitig dafür sorgt, dass es mehr geeignete Gutachter gibt. Dringend erforderlich wäre also eine Stärkung der Qualität der Begutachtung, nicht deren bloße Frequenzerhöhung.

Ein damit zusammenhängendes Problem habe ich im taz-Interview  angesprochen und es ist durch die Angaben der Psychiaterin Hanna Ziegert in der Beckmann-Talkshow  einem allgemeinen Publikum bekannt gemacht worden: Schon seit Jahrzehnten weisen kritische Beobachter darauf hin, dass die Beziehungen von Gutachtern zu bestimmten Gerichten nicht die erforderliche Unabhängigkeit aufweisen: Es gibt einerseits eine wirtschaftliche Abhängigkeit von regelmäßigen Gutachtenaufträgen – andererseits den Wunsch der Gerichte, möglichst schnell und unaufwändig zu klaren Entscheidungen zu gelangen. Die daraus entstehende Symbiose unterläuft den Gesetzeszweck, nämlich die gegenseitige kritische Überprüfung: Gutachter und Gerichte bestätigen sich häufig nur gegenseitig. Nur gelegentlich „störte“ die höchstrichterliche Rechtsprechung (z.B. BGH 2 StR 367/04 - Beschluss vom 12. November 2004 ) diese Zusammenarbeit und hat immerhin veranlasst, dass Juristen und Psychiater Mindestanforderungen der Gutachtenerstattung formuliert haben (Schuldfähigkeitsgutachten bzw. Prognosegutachten). Allerdings sind die Mindestanforderungen nur „Empfehlungen“ geblieben. Näheres zu dieser Thematik findet sich auf der Seite von Dr. Sponsel. Es wäre aus meiner Sicht eine zentrale Aufgabe des Gesetzgebers bei einer Reform der §§ 63 ff. StGB dafür zu sorgen, dass symbiotische Beziehungen zwischen Gerichten und Psychiatern nicht entstehen können. Auswahl und Überwachung des psychiatrischen Gutachters müssen objektiviert werden, d. h. von der bloßen Kontrolle des entscheidenden Gerichts gelöst werden. Würde ewa eine Zufallsauswahl über die Begutachtung im Einzelfall entscheiden, dann könnte dies auf beiden Seiten einen disziplinierenden Effekt auslösen: Ein Gutachter müsste sich viel mehr an allgemeine und überprüfbare Standards halten, ein Gericht müsste die Begutachtungen anhand dieser Standards prüfen, bevor darauf gestützt eine Unterbringung angeordnet wird. Insbesondere wäre der Gutachter davon befreit, so arbeiten zu müssen, dass er künftig vom selben Gericht wieder beauftragt wird. Eine von der Justiz unabhängige Stelle müsste die Psychiater, die Gutachtenaufträge übernehmen wollen, auswählen und ggf. weiterbilden.

Nach einem Vorschlag aus der SPD soll v.a. die zwingende Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ersetzt bzw. ergänzt werden durch Optionen, die Maßregel in anderen, weniger eingreifenden  Institutionen zu vollstrecken.

Ich bin sicher, nicht alle Aspekte dieser wichtigen und notwendigen Diskussion angerührt zu haben und bitte wie immer um sachliche Diskussion.

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46 Kommentare

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Was ich ganz allgemein zu bemängeln habe, ist die Tatsache, dass offenbar nur an dem § 63 was geändert werden soll.

 

Dieselben Gutachter sind aber auch für Sozialgerichte tätig, oder in Strafverfahren, die nicht zwingend zum § 63 führen müssen. Mal laienhaft ausgedrückt.

 

Auch hier haben die Gutachter alles andere im Sinn, als objektiv zu begutachten, wenn es im Sinne der Gerichte oder eines der Sozialversicherungsträger ist.

 

Robert Stegmann

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Sehr geehrter Herr Stegmann,

 

woher weiß der Gutachter eigendlich schon vorher, was das Gericht hören will.

 

In Strafverfahren werden die meisten Gutachten bereits von der StA in Auftrag gegeben. Im üblichen Turnussystem kann der Gutachter gar nicht Wissen, welcher Richter oder welche Kammer zuständig werden sein werden. Wenn es an einem LG nur eine Schwurgerichtskammer oder eine Jugendkammer eingerichtet ist, ist es natürlich anders.

 

Bei vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten ist der zukünftige Richter bekannt. Wenn ein Gutachter aber in mehreren LG Bezirken arbeitet, glauben Sie wirklich, er kann die Einstellung der jeweiligen Richter z.B  zum Komplex Schuldfähigkeit bei Persönlichkeitsstörungen und GefKV unter Alkoholeinfluss vorher wissen. Das "gewünschte Ergebnis" ist eine irrige Vorstellung.

 

Ihr Beitrag unterstellt, dass alle Strafrichter eine gleiche Haltung oder Einstellung haben, die der Sachverständige gleichsam telepathisch erahnen kann. Das geht nicht. Es sei denn man geht davon aus, dass eine (geheime) Institution alle Richter "fernsteuert".

 

 

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Heinz B. schrieb:
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Sehr geehrter Herr Stegmann,

 

woher weiß der Gutachter eigendlich schon vorher, was das Gericht hören will.

 

In Strafverfahren werden die meisten Gutachten bereits von der StA in Auftrag gegeben. Im üblichen Turnussystem kann der Gutachter gar nicht Wissen, welcher Richter oder welche Kammer zuständig werden sein werden. Wenn es an einem LG nur eine Schwurgerichtskammer oder eine Jugendkammer eingerichtet ist, ist es natürlich anders.

 

Bei vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten ist der zukünftige Richter bekannt. Wenn ein Gutachter aber in mehreren LG Bezirken arbeitet, glauben Sie wirklich, er kann die Einstellung der jeweiligen Richter z.B  zum Komplex Schuldfähigkeit bei Persönlichkeitsstörungen und GefKV unter Alkoholeinfluss vorher wissen. Das "gewünschte Ergebnis" ist eine irrige Vorstellung.

 

Ihr Beitrag unterstellt, dass alle Strafrichter eine gleiche Haltung oder Einstellung haben, die der Sachverständige gleichsam telepathisch erahnen kann. Das geht nicht. Es sei denn man geht davon aus, dass eine (geheime) Institution alle Richter "fernsteuert".

 

 

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Heinz B. schrieb:

Sehr geehrter Herr Stegmann,

 

woher weiß der Gutachter eigendlich schon vorher, was das Gericht hören will.

 

Indem dem gerichtlich bestellten Gutachter Beweisfragen gestellt werden, die nur zu einer Verurteilung führen können.

Heinz B. schrieb:

In Strafverfahren werden die meisten Gutachten bereits von der StA in Auftrag gegeben. Im üblichen Turnussystem kann der Gutachter gar nicht Wissen, welcher Richter oder welche Kammer zuständig werden sein werden. Wenn es an einem LG nur eine Schwurgerichtskammer oder eine Jugendkammer eingerichtet ist, ist es natürlich anders.

 

In meinem Fall war es so, dass mein Verteidiger den Antrag auf ein Gutachten stellte. Die Staatsnwaltschaft sah dazu keine Veranlassung.

Heinz B. schrieb:

Bei vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten ist der zukünftige Richter bekannt. Wenn ein Gutachter aber in mehreren LG Bezirken arbeitet, glauben Sie wirklich, er kann die Einstellung der jeweiligen Richter z.B  zum Komplex Schuldfähigkeit bei Persönlichkeitsstörungen und GefKV unter Alkoholeinfluss vorher wissen. Das "gewünschte Ergebnis" ist eine irrige Vorstellung.

Wenn der Gutachter dann nur der Aktenlage heraus begutachten, dazu nicht mal alle vorhergegangen Gutachten in sein Gutachten mit einbezieht, wenn die persönliche Exploration dann aus einer Entfernung von 20 Metern im Gerichtssaal statt findet, wie es Frau Dr. Hanna Ziegert bei "Beckmann" so schön ausgedrückt hat, dann muss man davon ausgehen, dass es ein dem Gericht gefälliges Gutachten war.

 

Heinz B. schrieb:

Ihr Beitrag unterstellt, dass alle Strafrichter eine gleiche Haltung oder Einstellung haben, die der Sachverständige gleichsam telepathisch erahnen kann. Das geht nicht. Es sei denn man geht davon aus, dass eine (geheime) Institution alle Richter "fernsteuert".

 

Nicht nur die Strafrichter, auch die Sozialrichter.

 

Meine beiden  Sozialgerichtverfahren laufen in der ersten Instanz inzwischen schon seit zwei Jahren, da das Sozialgericht weiss, ich gehe nötigenfalls bis zum Bundesverfassungsgericht, wenn ich das Ende der Ausschöpfung desa Rechtswqeges noch erlebe.

 

Dabei sprechen die Befundberichte eindeutig für meinen Klageantrag. Der Erstgutachter hat noch angeregt ein weiteres Gutachten einzuholen, da ein Teil meiner Behinderung nicht sein Fachgebiet ist. Aber nein, Das Soziagericht sützt sich auf die Aussagen des Erstgutachters, der sich nur auf den Gutachter des Versorgungsamtes stützen konnte, der auch nur nach Aktenlage begutachte hat. Die Befundberichte meiner Ärzte scheinen die Gutachter des Versorgungsamtes überhaupt nicht zu interessieren. Ich gelte als querulatorisch. Punkt.

 

Robert Stegmann

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Heinz B. schrieb:

Sehr geehrter Herr Stegmann,

 

woher weiß der Gutachter eigendlich schon vorher, was das Gericht hören will.

 

In Strafverfahren werden die meisten Gutachten bereits von der StA in Auftrag gegeben. Im üblichen Turnussystem kann der Gutachter gar nicht Wissen, welcher Richter oder welche Kammer zuständig werden sein werden. Wenn es an einem LG nur eine Schwurgerichtskammer oder eine Jugendkammer eingerichtet ist, ist es natürlich anders.

 

Bei vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten ist der zukünftige Richter bekannt. Wenn ein Gutachter aber in mehreren LG Bezirken arbeitet, glauben Sie wirklich, er kann die Einstellung der jeweiligen Richter z.B  zum Komplex Schuldfähigkeit bei Persönlichkeitsstörungen und GefKV unter Alkoholeinfluss vorher wissen. Das "gewünschte Ergebnis" ist eine irrige Vorstellung.

 

Ihr Beitrag unterstellt, dass alle Strafrichter eine gleiche Haltung oder Einstellung haben, die der Sachverständige gleichsam telepathisch erahnen kann. Das geht nicht. Es sei denn man geht davon aus, dass eine (geheime) Institution alle Richter "fernsteuert".

 

Da lesen Sie sich mal in die Causa Kachelmann ein.

Professor Rainer Mattern, Heidelberg: „Ich habe mich natürlich gefragt, was will der Richter von mir hören!“ Professor Rainer Mattern 1990 bei einem Prozess in Darmstadt!

 

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Henning Ernst Müller schrieb:

...  Voraussetzungen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und deren Beendigung.

Der strafrechtssystematische Hintergrund dieser Vorschriften ist allerdings schon für sich für Viele problematisch, denn die Unterbringung schließt faktisch die  Lücke, die aus dem Schuldprinzip des Strafrechts entsteht, wenn ein Mensch mangels (nachweisbarer) Schuldfähigkeit wegen seiner Tat freizusprechen ist, aber man wegen der Gefährdung der Allgemeinheit dennoch ein Bedürfnis sieht, diesen Menschen einzusperren. (vgl. Breivik-Diskussion hier im Blog)...

Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang lautet: Stellen die Erkenntnisse der Hirnforschung die moralische Grundlage unserer Rechtssysteme in Frage?

http://www.mwv-berlin.de/buecher-bestellen/product_info.php?info=p510_Der-freie-Wille-und-die-Schuldfaehigkeit.html

... dann geht es nämlich nur noch um die Gefährdung der Allgemeinheit.

Sehr geehrter Herr Sobottka,

Sie schreiben:

Es wäre besser gewesen, einen Thread zum Klageerzwingungsantrag aufzumachen.

Der Klageerzwingungsantrag von Herrn Strate spricht doch erst einmal für sich selbst. Und dann gibt es sicherlich noch eine Menge Themen, die auch ganz wichtig sind.

Solange Richter und Gutachter machen können, was sie wollen, solange ist es auch egal, wie der § 63 StGB formuliert wird. Es soll nur wieder Seife in Augen geschmiert und der Mollath-Skandal unter den Teppich geschoben werden.

Es geht ja gerade darum, das Gesetz so zu gestalten, dass Missbräuche minimiert werden - dass das Gesetz im Fall Mollath, in dem Richter zur Rechtsbeugung bereit waren, auch nicht geholfen hätte, ist mir klar.

Was "erheblich" ist, soll auch nicht wirklich geklärt werden, sondern nach wie vor subjektiven Urteilen überlassen bleiben: Selbst öffentlich erhobene Kritik kann erhebliche Folgen haben, auf die Psyche und die Lebensumstände.

Worüber scheinbar niemand nachdenkt, weil niemand darüber nachdenken will:  Nehmen wir einmal an, von X ginge irgendeine Gefahr aus. Natürlich könnte man diese Gefahr beseitigen, indem man X erschießen oder einsperren würde.  aber womöglich gibt es auch verschiedene andere Möglichkeiten, diese Gefahr zu beseitigen, und zwar mit weitaus geringeren Eingriffen in das Leben des X?

Dass darüber niemand nachdenkt, ist unrichtig: Solche Überlegungen sind Gegenstand der oben verlinkten SPD-Vorschlags!

Das aus dem Verkehrziehen eines unschuldigen  / schudlosen Menschen darf im Grunde nur die Ultima Ratio sein, nicht das generelle Mittel der Wahl. Das gehörte jedenfalls ins Gesetz geschrieben, und zwar mit klaren Worten: "wenn es nicht möglich ist, die Gefahr mit geringeren Mitteln abzuwehren."

Guter Vorschlag, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (der eigentlich auch schon Inhalt des § 62 StGB ist) zu konkretisieren. 

Außerdem müssen die Bedingungen für Untergebrachte verbessert werden. Kontingentierung von Telefonaten und Verbot der PC- / Internetnutzung können einfach keinen vernünftigen Sinn machen, so etwas ist Maulkorbpolitik und Schikane!

Ebenfalls Zustimmung!

Gruß

Henning Ernst Müller

#3

Lutz Breunig

Herausgeber servicereport.eu

17.08.2013

 

Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang lautet: Stellen die Erkenntnisse der Hirnforschung die moralische Grundlage unserer Rechtssysteme in Frage?

 

==Formulierung von Susanne Stetter vom 28.01.2013===========================================================

Definition von "krankheitsbedingte Unfähigkeit zu verhaltenswirksamer Einsicht -- kurz: krankheitsbedingte Einsichtsunfähigkeit" :

Die Erfassung der Bedeutung und Tragweite von Entscheidungen kann nicht verhaltenswirksam gesteuert werden. Dies ist die erkenntnisgesteuerte Handlung des Menschen, die nicht funktioniert und nicht die Handlung wie sie von anderen Menschen erwartet wird. Diese erkenntnisgesteuerte Handlung ist auch nicht die Handlung wie sie antrainiert oder gar erzwungen worden ist. Im Rechtsbegriff der allgemeinen Handlungsfreiheit natürlicher Personen kommt dies zum Ausdruck.

Erläuterung: Nach dem deutschen Rechtssystem ist der "Wille" eine Handlungsanordnung und nicht (wie vielfach behauptet wird) eine Handlungsursache (freier/nichtfreier natürlicher Wille). Dies belegt sehr klar der Ausdruck "Mein letzter Wille" für Testament. Das Testament ist die Anordnung des Erblassers, wie nach seinem Tod mit seinem Vermögen und seinen sonstigen Rechtsgütern und Rechtsansprüchen umzugehen ist. Die Rechtfertigung für die Annahme einer "krankheitsbedingten Einsichtsunfähigkeit/Nichteinsichtsfähigkeit" ist das Fehlen der Testierfähigkeit. Den Begriff der vorhandenen oder fehlenden "Krankheitseinsicht" kennt das Recht nicht und benötigt das Recht auch nicht. Im Testat kommt der Wille natürlicher Personen zum Ausdruck. Was der Wille im rechtlichen Sinne ist, ist eine Konvention, eine Übereinkunft. Das Recht ist nicht der Ort an dem nach Willensursachen geforscht wird. Das Recht überprüft nur, ob die Handlungsanordnungen normenkonform sind oder nicht. Vollführte Handlungen können auf deliktische Verfehlungen hin gerichtlich überprüft werden. Rechtskonventionen sind nicht an Hirnforschungsergebnisse anzupassen, sondern an gesellschaftliche übernationale Fortentwicklungen der Wertmaßstäbe.

===============================================

=======================================

--> Bei der Gelegenheit: Die Bitte um Kommentierung. Der gesamte blog-Eintrag: <a href="http://freiheit-zur-krankheit.blog.de/2011/12/05/einsichtsfaehigkeit-ein... im Recht sind für Hirnforscher tabu<a/>

 

==============================

0

Susanne Stetter schrieb:

#3

Lutz BreunigHerausgeber servicereport.eu, 17.08.2013 : Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang lautet: Stellen die Erkenntnisse der Hirnforschung die moralische Grundlage unserer Rechtssysteme in Frage?

 

...  Nach dem deutschen Rechtssystem ist der "Wille" eine Handlungsanordnung und nicht (wie vielfach behauptet wird) eine Handlungsursache (freier/nichtfreier natürlicher Wille). ...  Das Recht überprüft nur, ob die Handlungsanordnungen normenkonform sind oder nicht ...

 

 

... das würde allerdings bedeuten, dass jemand, der gegen das Gesetz verstossen hat, sich keineswegs "schuldig" gemacht hat sondern sich lediglich "nonkonform" verhalten hat. Damit wäre es auch gleichgültig, ob jemand mit "krimineller Energie" handelt - was in der Regel zu verschärftem Urteil führt - oder aufgrund von "Zwangshandlungen", was in die Psychiatrie führt.

Es ist doch völlig gleich, und bloßes Wortspiel (wenn es doch um die Ideen dhinter geht) ob nun im Willen (der so oder so als frei anzunehmen ist) die Ursache mitgedacht wird, oder die Ursache per Begriff ausgelagert wird - solange man nicht fälschlicher Weise annimt, die Herausnahme der Ursache aus dem Willen meint auch die Herausnahme des freien Willen aus dem Menschen.

 

Tippen meine Finger den Text? Ja und Nein. Ja, wenn dahinter all der Wille und die Ursache für den Willen etc mitgedacht und belassen werden, oder nein, wenn aus einem anderen Grunde, der Willen von den bloßen Fingerbewegungen argumentativ getrennt werden muss.

 

Völlig belangloses Verschieben von Tatsachen - außer man will mit solchen Taschenspielertricks reale Tatsachen unter den Tisch fallen lassen.

 

 

Es gibt immer eine Instanz, die, wie der freie Wille oder die Würde anzunehmen ist, welche in der Therapie fähig sein soll, sich gegen die B eeinflussung von Krankheit zu stellen. Und wenn es dieser Instanz - egal wo man sie verordnet, solange man sie nicht übergeht - nicht möglich ist, dann bedeutet das trotzdem nicht, dass sie nicht da wäre.

 

Juristisch relevant kann nur sein, dass - auf welche Weise auch immer - Ressourcen in der Person vorhanden sind (Erziehungsmuster, Moral, Hemmung), die dazu führen, dass illegale Handlungen unterbunden bleiben. Keine Tat, keine psycho-Übergriff seitens der Jutiz, möchte man meinen. Es gibt aber eben unanständige Richter/Gutachter, die gerne übergriffig werden, und die scheren sich nicht um Gesetze und schon gar nicht um die Integrität von Personen. (Und das obwohl sie angeblich gesund sind)

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Korrektur im vorletzten Absatz: ...verordnet... sollte verortet heißen, aber manchmal bringen solche Verschreiber ungeahnte Nebenbedeutungen hinein...

 

Und weil ein anderer Kommentar anscheinend gelöscht wurde:

 

Ich halte es fraglich ob Schuldminderung bis zur total-absoluten Schuldunfähigkeit approximiert werden kann, weil (auch) später in der Therapie immer eine restliche Instanz zur Heilung angenommen wird, die durch winzigste Einsichtsschritte der Krankheit begegnen können soll.

 

Aber diese Frage stellt sich nicht mehr, wenn man berrücksichtigt, dass Strafunfähigkeit ein humanistisches (bloß abmilderndes) Konzept sein soll, welches nicht als Danaer-Geschenk missbraucht werden will. Es sollte eigentlich völlig klar sein, dass das Letzte Wort bei der jeweiligen Person liegen sollte, ob es das trojanische Pferd annehmen, oder schuldfähig ins Gefängnis gehen möchte.

 

Wir bräuchten darüber auch gar nicht so ausgiebig zu diskutieren, würde die Verjährungsfristen und vor allem die Möglichkeit, Rechtsbeugung adäquat zu begegnen, real und ausreichend existieren. Kurz und knapp.

Aber da man die Rechtsbeugungen juristisch nicht zu fassen kriegt, weil auf dreisteste Art Richter und co Recht beugen (und "Beugen" als intuitiver Begriff trifft schon gar nicht mehr den Sachverhalt), wird außen herum gewerkelt.

 

Und wie dreist das geschieht, hätte ich mir niecht so leicht träumen lassen, aber egal welche Antworten auf die Eingaben und Anzeigen von Herrn Strate derzeit angefertigt werden, es ist ganz klipp und klar: dreist.

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@Lutz Breunig: Bitte! "Normenkonform" heißt niemals 'nonkonform'. Gesetze sind Rechtsnormen.

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Susanne Stetter schrieb:

@Lutz Breunig: Bitte! "Normenkonform" heißt niemals 'nonkonform'. Gesetze sind Rechtsnormen.

 

... ich meinte "nonkonformes Verhalten gegenüber Rechtsnormen", das - nach ihrer Darstellung - eine Zuweisung von Schuld ausschliessen würde. 

Die ganze Diskussion - und in Teilen auch der hier besprochene Entwurf - krankt zunächst einmal daran, dass zwei Punkte nicht zur Kenntnis genommen werden.

 

Wer regelmäßig mit Entscheidungen zum § 63 StGB zu tun hat, weiß zum einen, dass der BGH sehr streng über die Anwendung dieser Norm wacht und deshalb auch regelmäßig entsprechende Unterbringungsanordnungen aufgehoben werden, weil die Gerichte diese nicht hinreichend begründet haben. Entgegen anderer Thesen, wie sie an dieser Stelle und anderswo verbreitet werden, ist der Strafjustiz insgesamt und ihren "Aufpassern" in Karlsruhe sehr wohl klar, mit was für einem Instrument man da hantiert und welche Monstrositäten angerichtet werden können, wenn man da nicht genau hinsieht. Die Aufregung um die ganze Mollath-Geschichte sollte den Blick hierfür nicht verstellen.

 

Darüber hinaus fällt auf, dass sich niemand - anscheinend auch nicht das BMJ - mit der Frage auseinandersetzt, wie lange eine Unterbringung im Normalfall denn nun tatsächlich andauert. Das würde nämlich die Erkenntnis zu Tage fördern, dass ein Großteil der Untergebrachten nach drei bis vier Jahren(!) das Krankenhaus wieder verlassen kann, wobei hier die noch nicht berücksichtigt sind, bei denen die Unterbringung vorzeitig beendet wird (was dann z. B. Eintritt des Strafvollzuges bedeuten kann). Will heißen: Der vorgeschlagene neue § 67 d Abs. 6 StGB ist Symbolpolitik, da er die meisten Fälle absehbar gar nicht erst erfassen wird.

Außerdem würde mich mal eine Erklärung interessieren, welches Interesse ausgerechnet eine behandelnde Klinik denn daran haben sollte, jemanden "drin" zu behalten, der alle Anzeichen dafür zeigt, nicht (mehr) krank oder nicht (mehr) gefährlich zu sein. Die forensischen Klinken leiden sicherlich an einigem, aber gewiss nicht daran, dass sie unterbelegt wären. Oder anders gesagt: Kein psychiatrisches Krankenhaus behält einen Patienten länger als unbedingt nötig bei sich. Vor diesem Hintergrund braucht man sich auch vor dem Erfordernis, nach zwei Jahren einen externen Gutachter beizuziehen, keine Wunderdinge versprechen (dass eine solche Regelung zu begrüßen wäre, um bereits dem bösen Schein der Betriebsblindheit zu begegnen, ist eine andere Sache).

Der Glaube, dass forensische Klinken vor lauter Personen überquellen, die ohne Nachprüfung auf Jahrzehnte in klandestinen Einrichtungen verschwinden, ist eine unzutreffende Vorstellung (um drastischere, wenn auch zutreffendere Vokabeln zu vermeiden).

 

 

Einige kurze Anmerkungen noch zu dem Beitrag:

 

- Ich stimme ihrer tendenziellen Skepsis bezüglich häufigerer Überprüfungen zu - allein dadurch, dass noch mehr Papier vollgeschrieben wird, ist keinem geholfen, schon gar nicht einem Untergebrachten. Zu Einzelheiten s. o.

 

- Bereits jetzt sieht das Gesetz das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit für Unterbringungen vor, insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Aussetzung der Unterbringung (§ 67b StGB). Ich darf mich hierzu auf obiges beziehen: So etwas in einem Urteil nicht zu thematisieren (und nein, damit meine nicht bloß eine Ansammlung von Worthülsen und nichtssagenden Textbausteinen), ist ein sicherer Weg, in der Revision eine Urteilsaufhebung zu kassieren.

 

- Dass ein Gericht möglichst schnell ein Gutachten haben will, wird bereits durch den Beschleunigungsgrundsatz und seine einfach-rechtlichen Ausprägungen erzwungen, da sich viele Beschuldigte in Untersuchungshaft befinden oder eine vorläufige Unterbringung besteht. Aus diesem Befund grundsätzliche Bedenken gegen die Begutachtungspraxis zu konstruieren, ist - vornehm formuliert - einer sachorientierten Auseinandersetzung nur bedingt dienlich.

 

- Angesichts der Tragweite, die eine Unterbringung nach § 63 StGB für den Betroffenen haben kann, erfordert das - wie Sie sagen - auf Seiten des Sachverständigen profunde Sachkunde und Verantwortungsbewusstsein. Weiterhin muss dem Gutachter der grundsätzliche Unterschied zwischen der therapeutischen und der gutachterlichen Perspektive bewusst sein. Dass man dann nicht mal schnell jeden x-beliebigen Psychiater, der sich um die Ecke niedergelassen hat, da dranlassen kann, und dass man statt dessen Gutachter mit möglichst großer Erfahrung in der stationären Behandlung psychisch Erkrankter braucht, sollte auf dieser Grundlage ebenso klar sein wie der Umstand, dass all diese Aspekte die Zahl der in Frage kommenden Sachverständigen eher klein sein lassen. Deshalb würde auch eine Auslosung der Sachverständigen, wie sie hier propagiert wird, wahrscheinlich kaum großartige Änderungen bewirken. Man kann sich halt keinen Gutachter schnitzen.

Es trieft daher vor Unsachlichkeit, den heute tätigen Gutachtern nur aufgrund eines Interviews mal schnell im Vorbeigehen pauschal zu unterstellen, sie schlamperten bei ihrer Arbeit herum, nur um dem Gericht zu Willen zu sein. (Vielleicht treibt die Dame ja auch nur der Futterneid, weil sie selbst nicht genug Aufträge abbekommt (wenn wir schon allen Leuten jede Schlechtigkeit der Welt unterstellen, dann bitte auch konsequent und nicht nur so, wie es einem in den Kram passt)). Woher kommt überdies eigentlich der damit einhergehende Glaube, die Strafkammern gierten nur danach, möglichst viele Leute psychiatrieren zu lassen? Auch an dieser Stelle wird ein Mangel an Substanz durch polemisierende Thesen ersetzt. Und jetzt komme mir keiner mit dem Nack-Vortrag - studentisches Publikum zu belustigen, ist verständlich, aber ebenso wohlfeil - und natürlich keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.

 

Abschließend: Wenn man grundsätzlich das Erfordernis einer Maßnahme in Frage stellt, wie sie § 63 vorsieht, dann wäre es ehrlicher, das auch offen zu sagen, statt dafür so hohe Hürden zu propagieren, dass diese in Theorie und Praxis unüberwindbar werden.

 

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Sehr geehrter Scharfrichter (hoffentlich ist der Name nicht Programm),

Sie ignorieren leider die Fakten. Wie in vielen anderen Fällen war auch im Fall Mollath die von Ihnen geschilderte BGH-Kontrolle fast nicht vorhanden. Hinsichtlich der unschlüssigen Begutachtung wurde nämlich durchaus in der Revision vorgetragen, der BGH hat das für irrelevant gehalten und die Revision ohne Begründung abgelehnt. Warum meinen Sie muss das BVerfG gerade in den vergangenen Jahren mehrfach eingreifen, weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz offenbar unbeachtet blieb? Die bayerischen Gerichte haben sich mehrfach "weggeduckt", offenbar mit (bisheriger) Billigung der bayrischen Landesregierung.

Wie erklären Sie massiv steigenden Unterbringungszahlen seit einigen Jahren?

Ich habe nirgendwo unterstellt, dass die Psychiater daran interessiert seien, die (schon überfüllten) Kliniken weiterhin "voll" zu halten.

Ich habe auch nicht unterstellt, die Gutachter schlamperten immer herum - das ist eine punktuelle Beobachtung aus dem Fall Mollath, die offenbar das BMJ dazu inspiriert hat, hier Verschärfungen im Gesetz vorzusehen. Wäre es nur ein Einzelfall, dann bestünde dazu kein Anlass. Die Entscheidung des BGH von 2004 und die daraufhin erstellten Mindestanforderungen wurden ja auch nicht deshalb vorgenommen, weil im Gutachtenwesen alles in Ordnung war. Diese Mindestanforderungen sind ein Schritt in die richtige Richtung.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Nur am Rand.

 

Nach geltendem Recht kann das Jugendschöffengericht bei Jugendlichen und Heranwachsenden die Unterbringung nach § 63 StGB anordnen.

 

Dies Kompetenz darf zukünftig nur die Jugendkammer (in Dreierbesetzung!) haben.

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Hallo auch sehr geehrter Herr Prof. Müller.

Schön, dass Sie Gustl Mollaths Anliegen hier sachlich juristisch und im Sinn auch rechtsstaatlich vertreten. Auf die unsäglichen Rechtsverweigerungen haben Sie ja von Anfang an hingewiesen.

Nun darf man auch fragen: Es ist ja seit ca. 15 Jahren sehr viel Geld in den Ausbau von forensich-psychiatrischen BKHs geflossen, und die operieren ja exorbitant sehr erfolgreich, gradezu eine Erfolgsgeschichte...

Die Frage ist also: Sollten das Fehlbauten gewesen sein, dann müssten die doch zurückgebaut werden können?

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Gefahren missbräuchlicher Deals um den §63?

 

Wer verschwenderisch lebte (Pfeifenorgel in der Villa, …) und mit einem Psychiater eigener Wahl kooperiert, bekommt zum passenden Zeitpunkt eine Psychose bescheinigt. Das reduziert die Strafe des bayerischen Richters dann auf eine Lachnummer für einen Großverdiener.  Wird solch Urteil rechtskräftig, könnte der freiwillige Patient als Sahnehäubchen dann nach wenigen Wochen  "spontan geheilt" sein.

Die Fallnformation ist allerdings noch wenig verläßlich:

http://www.wochenblatt.de/nachrichten/regensburg/regionales/Strafbefehl-...

Ist das Urteil veröffentlicht oder für Prof.Müller einsehbar?

Brisant ist auch, dass die StA Ermittlungen hier wohl bereits einstellte, bevor irgendein §63-Gutachten überhaupt erstellt war.  Die „Bereitschaft“ der Klinik, den Beschuldigten zu begutachten und zur Beobachtung in die Klinik aufzunehmen, reichte der StA wohl aus. Zuviel legaler "Spielraum" für StA?  Gefahren missbräuchlicher Deals um den §63?

Neutralität und Unbefangenheit der Gutachter

Vielen Dank für die Einrichtung dieser Seite zur Reform des § 63 StGB. Ich hoffe, es gelingt, an vielen Orten und auf vielen Ebenen die Reform zu diskutieren.

Der Bereich ist aus meiner Sicht inzwischen recht komplex. Aber ich denke und hoffe, dass wir während des Diskussionsprozesses lernen werden, ihn angemessen zu gestalten. Ich arbeite derzeit auch an einer FAQ-Seite mit inzwischen 30 Fragen zum Thema.

Am sinnvollsten scheint mir im Moment, einen Themenkomplex nach dem andern abzuhandeln. Wie dem Titel entnehmbar fange ich einfach mal mit dem Problemkomplex Neutralität und Unbefangenheit der Gutachter an.

Hierzu scheinen einige Fallunterscheidungen förderlich. Meine Vorschläge lauten:

UntGA: Unterbringungsgutachten (§ 63 StGB)

PrüGA: Überprüfungsgutachten (§ 67e StGB)

ExtGA: Externes Gutachten (§ 463 Abs 4 StPO)

MRVE: Maßregelvollzugseinrichtung, in der sich der Untergebrachte befindet.

Hierzu möchte ich folgende Vorschläge / Thesen in die Diskussion bringen, um fehlende oder mangelnde Neutralität und Befangenheit im Vorfeld schon zu begrenzen:

(1) Der UntGA darf nicht in die eigene MRVE einweisen

(2) Der PrüGA darf nicht aus der MRVE sein

(3) Der PrüGA muss wechseln

(4) Der ExtGA (§ 463 Abs 4 StPO) muss enger gefasst werden, so dass es z.B. nicht möglich ist, dass der Chef von Taufkirchen jemand aus dem 70 km entfernten Straubing "extern" begutachten kann. Das ist kein "Externer", sondern einer aus dem engsten System.

So viel erst mal.

 Vorschlag zur Neuregelung des § 63 StGB in Anlehnung an § 66 StGB.

 

Das Gericht ordnet im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 21 StGB neben der Strafe im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 20 StGB ohne zusätzliche Strafe die Unterbringung im Psychiatrischen Krankenhaus an, wenn

 

jemand eine rechtswidrige Handlung im Zustand der Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldunfähigkeit begangen hat die

 

1. sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
 
2 .unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
 
3. den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,   und zu erwarten ist, dass er auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Straftaten im Sinne der Sätze 1 - 3 begehen wird.              

 

 
 
3

@ Prof. Dr. Henning Ernst Müller:
Sie schrieben:
"könnte ... auf beiden Seiten einen disziplinierenden Effekt auslösen: Ein Gutachter müsste sich viel mehr an allgemeine und überprüfbare Standards halten"

Der Skandal im Zusammenhang mit dem Maßregelvollzug ist doch der, dass die Psychiater generell und keinesfalls "allgemeine und nachprüfbare" verwenden ode jemals verwendeten.
Das, was Geisteskrankheit sein soll, ist doch noch nie nachprüfbar gewesen und beruht auf subjektiven Einschätzungen.
Siehe:
http://www.szasz-texte.de/texte/mythos-geisteskrankheit.html
Oder aktueller (vom NImH):
http://pflasterritzenflora.ppsk.de/validitat-psychiatrischer-diagnosen/
Der § 20 StGB (und damit auch § 21 StGB) ist ja nur so gespickt mit unbestimmten Rechtsbegrieffen:
Um ihn sie zu benennen: "krankhaften seelischen Störung".  "tiefgreifende Bewußtseinsstörung",  "Schwachsinn" (sic!) oder "schwere seelischen Abartigkeit"

"Es geht ja gerade darum, das Gesetz so zu gestalten, dass Missbräuche minimiert werden"

Wie, Herr Müller, soll denn von Ihnen und nicht nur Ihnen so genannte "Mißbräuche" (?) verhindert werden, wenn die Voraussetzungen der Anwendung des § 63 derart schwammig sind? Der § 63 muß weg !
(Das schreibt im Übrigen auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte.)
Da helfen auch nicht noch mehr und häufiger erstellte "Gutachten".

Zum "Kampf der Psychiatrie gegen die strafrechtliche Verantwortlichkeit":
http://www.szasz-texte.de/texte/der-kampf-der-psychiatrie-gegen-strafrechtliche-verantwortlichkeit.html

@ Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka:
Winfried Sobottka schrieb:
"Das aus dem Verkehrziehen eines unschuldigen  / schudlosen Menschen darf im Grunde nur die Ultima Ratio sein"

Das Aus-dem-Verkehrziehen eines Unschuldigen darf in keinem Fall, auch nicht als "Ultima Ratio" müglich sein.
Es darf GAR NICHT möglich sein.

Mit Gruß

K. Kommentar

P.S.:
Gegen ungeollte medizinsche "Gutachten" jedweder Couleur könnte eine PatVefü (spezielle Patientenverfügung gegen psychiatrische Zwangsmaßnahmen) helfen:

Geisteskrank? Ihre eigenen Entscheidung!
http://www.patverfue.de/
PatVerfü - Die schlaue Patientenverfügung.

4

@deali

 

Der Richter will eine Antwort auf die gestellten Fragen hören. Nicht mehr und nicht weniger.

 

Offenbar wird völlig ausgeblendet, dass im Strafverfahren es auch noch andere Beteiligte gibt (Beisitzende Richter, Schöffen, Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter mit Fragerecht, ggf. Nebenkläger mit Vertreter).

 

Völlig ignoriert wird, dass seit Jahrzehnten eine Beteiligung des Volkes am Strafverfahren (ab Schöffengericht) durch die gleichberechtigte Mitwirkung zweier ehrenamtlicher Richter gesetzlich vorgeschrieben ist.

 

Allen Personen, die offenbar eine vorgefertigte Meinung vom Ablauf von Strafverfahren in deutschen Gerichten haben, wird empfohlen einfach mal eine Hauptverhandlung zu verfolgen. (Der Eintritt ist frei). Auffallend ist das derartige Verhandlungen - außer gegen Ende des Schuljahres, wenn Schulklassen in die Gerichte drängen - meist vor leeren Zuhörerbänken stattfinden.

 

Offenbar ist es leichter am heimischen Rechner sich eine Meinung zu bilden, als sich mit Realität auseinander zu setzten.

3

Heinz B. schrieb:

@deali

 

Der Richter will eine Antwort auf die gestellten Fragen hören. Nicht mehr und nicht weniger.

Der Richter will oft eine passende Antwort.

Heinz B. schrieb:

Offenbar wird völlig ausgeblendet, dass im Strafverfahren es auch noch andere Beteiligte gibt (Beisitzende Richter, Schöffen, Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter mit Fragerecht, ggf. Nebenkläger mit Vertreter).

Wo waren die denn als Brixner den Tasmanischen Teufel gespielt hat? Es muss schon ziemlich schlimm gewesen sein wenn sogar eine Zuschauerin einen Brief dazu schreibt.

Heinz B. schrieb:

Völlig ignoriert wird, dass seit Jahrzehnten eine Beteiligung des Volkes am Strafverfahren (ab Schöffengericht) durch die gleichberechtigte Mitwirkung zweier ehrenamtlicher Richter gesetzlich vorgeschrieben ist.

das sind doch nur Statisten

Heinz B. schrieb:

Allen Personen, die offenbar eine vorgefertigte Meinung vom Ablauf von Strafverfahren in deutschen Gerichten haben, wird empfohlen einfach mal eine Hauptverhandlung zu verfolgen. (Der Eintritt ist frei). Auffallend ist das derartige Verhandlungen - außer gegen Ende des Schuljahres, wenn Schulklassen in die Gerichte drängen - meist vor leeren Zuhörerbänken stattfinden.

Der Großteil der Bevölkerung ist der Meinung das alles bestens sei mit unserem Justizsystem.

Heinz B. schrieb:

Offenbar ist es leichter am heimischen Rechner sich eine Meinung zu bilden, als sich mit Realität auseinander zu setzten.

Die Realität sieht so aus das es im Zeitalter des Internet sehr einfach ist sehr viele Quellen zu analysieren. Siehe die Strate-Dokumentation oder die Offenlegung der Dokumente bei "http://www.gustl-for-help.de/".

Auch beim Kachelmann-Prozess, der ja sehr öffentlichkeitsfern ablief,  gab es eine umfassende Information von Prozessbeobachtern. Die haben teilweise Wort für Wort mitgeschrieben und im Internet gepostet.

Ohne diese Öffentlichkeit wäre Kachelmann mit Sicherheit verurteilt worden und Gustl Mollath würde in der Psychiatrie verrotten.

Es wird endlich Zeit das in den Gerichtssälen Videoprotokolle angefertigt werden die vom Volk abgerufen werden können.

Schließlich werden die Urteile ja im Namen des Volkes gesprochen.

Aber davor haben die ehrenwerten Richter panische Angst!

5

Ich werde nie verstehen, dass es Schuldunfähigkeit (§ 20) oder verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) gibt.

Ein Mensch , der im Suff oder sonstigen Rausch (oder schwerer psychischer Störung ) ein Menschen totfährt ( oder totschlägt ), ist nur vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig, obwohl er genau weis , dass sein selbst hergeführter Zustand zu Fahrunfähigkeit führt. Es ist eigenartig, dass die Firma , die Alkoholgetränke oder andere Drogen herstellt oder verkauft nicht auch zur Rechenschaft gezogen wird. 

 

 

 

3

@ Prof. Müller

 

Sie schlagen vor, psychiatrische (und psychologische) Sachverständige nach objektiven Kriterien (welchen ?) auswählen zu lassen.

 

Soll dies auch für andere Sachverständige im Strafverfahren gelten? Wenn man ein derartiges Verfahren (Auslosung?, Turnusliste? Ausschreibung?) zur Anwendung bringt, müsste es doch auch für Rechtsmediziner, Brandsachverständige, Unfallanalytiker, DNA-Sachverständige etc. etc. angewendet werden.

 

Ich sehe hier nur praktische Probleme. Bis der nach "objektiven" Kriterien bestimmte Sachversändige gefunden ist, ist die zu untersuchende Leiche schon verwest und die Unfallstelle auf der Autobahn schon längst geräumt.

 

Was wäre davon zu halten, wenn im Vorverfahren der SV grundsätzlich vom Ermittlungsrichter bestellt wird. Notwendig wäre dann für Eilfälle aber auch eine 24h Erreichbarkeit des Ermittlungsrichters. Dies dürfte doch organisatorisch kein Problem sein.

 

Nach Anklageerhebung muss dann  der zuständige Richter - nach Absprache mit StA und Verteidiger - den SV bestimmen. Ob man den Richter Vorschriften machen kann, nach welchen Kriterien, bedarf weiterer Diskussion.

2

## Aktenzusammenstellung ist kein Gutachten. Dieser Etikettenschwindel muss beseitigt werden ##

 

Ein ärztliches med. Gutachten ohne Untersuchung, ist und kann kein Gutachten sein, sondern bestenfalls eine Aktenzusammenstellung.

Deswegen sollten die gesetzlichen Regelungen zur Tatsachenfeststellung (Beweiserhebung) dahingehend konkretisiert werden, dass nur Gutachten im gerichtl. Verfahren verwertet werden können. Eine Aktenzusammenstellung reicht nicht aus.

 

Wenn ich heute in Der Welt lese, dass die Krankenkassen in 2012 Leistungen hunderttausendfach abgelehnt haben, weil 1,5 Millionen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), die Leistungen für nicht erforderlich hielten, dreht es einem die Haare auf. Speziell dann, wenn man weiter liest, dass diese Gutachten nach Aktenlage erstellt wurden.

 

Mir ist ein Fall aus dem Jahr 2008 bekannt. Hier wurde ein Rentner der zu 100% Gehbehindert war und auf einen Rollstuhl angewiesen war (inz. Verstorben) vom MDK für lauffähig begutachtet. Erst der Kampf bis zum Landessozialgericht und einem weiteren Gutachten, hob die Folgen des Erstgutachtens auf. 

Die tatsächlich bestehenden symbiotischen Beziehungen zwischen Gerichten und Psychiatern muss dringend ausgelöst werden. Das muss nicht unbedingt gleich mehr kosten. Auch max. Transparenz würde die Lage verbessern, als erster Schritt.  

 

Auch sollten Gutachter jedes Jahr belegen müssen, das sie mindestens 4 Auftraggeber aufweisen und keine Scheinselbstständigen sind. Ein Gutachter der zu mehr als 50% seiner Einnahmen durch nur ein Gericht erwirtschaftet, gilt aus meiner Sicht als    

Scheinselbstständiger. 

5

Nico Frank schrieb:

Wenn ich heute in Der Welt lese, dass die Krankenkassen in 2012 Leistungen hunderttausendfach abgelehnt haben, weil 1,5 Millionen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), die Leistungen für nicht erforderlich hielten, dreht es einem die Haare auf. Speziell dann, wenn man weiter liest, dass diese Gutachten nach Aktenlage erstellt wurden.

 

Mir ist ein Fall aus dem Jahr 2008 bekannt. Hier wurde ein Rentner der zu 100% Gehbehindert war und auf einen Rollstuhl angewiesen war (inz. Verstorben) vom MDK für lauffähig begutachtet. Erst der Kampf bis zum Landessozialgericht und einem weiteren Gutachten, hob die

 

Sag ich doch. Es darf nicht nur um den § 63 gehen, sondern Begutachtungen im Allgemeinen.

 

Hier müssen Gutachter gezwungen werden, nicht nur nach Aktenlage zu begutachten, sondern immer dann, wenn ein Gutachten fällig wird, den Antragsteller/Angeklagten persönlich begutachten. Nicht nur im Gerichtssaal, sondern in einem längeren Gespräch.

 

Die Befundebrichte der Ärzte müssen zumindest gewürdigt werden. Ob positiv oder negativ bleibt dahingestellt. Aber die Befundeberichte der Ärzte, die den Antragsteller/Angeklagten unter Umständen schon Jahre kennen beiseite zu schieben, das spottet jeder Beschreibung.

Auch die Versorgungsmedizin-Verodrnung wird von den Sozialgerichten mit Verweis auf die Gutachten immer wieder umgangen.

 

Robert Stegmann

 

 

4

Das gesamte medizinische Gutachterwesen gehört auf den Prüfstand

Robert Stegmann schrieb:

Sag ich doch. Es darf nicht nur um den § 63 gehen, sondern Begutachtungen im Allgemeinen.

Ich stimme Ihnen zu. Dennoch sollten wir uns hier vielleicht erstmal auf die Entwicklung eines akzeptablen neuen § 63 StGB kümmen. Das ist ein wichtiger Brückenkopf.

Wenn wir z.B. das Fass zivilrechtliche Unterbringung und Betreuungsrecht aufmachten, würde es total uferlos.

 

4

Gast schrieb:

Das gesamte medizinische Gutachterwesen gehört auf den Prüfstand

Ich stimme Ihnen zu. Dennoch sollten wir uns hier vielleicht erstmal auf die Entwicklung eines akzeptablen neuen § 63 StGB kümmen. Das ist ein wichtiger Brückenkopf.

Wenn wir z.B. das Fass zivilrechtliche Unterbringung und Betreuungsrecht aufmachten, würde es total uferlos.

 

Ein wichtiger Brückenkopf? Der § 63 StPO könnte gar nicht so rigide ausgelegt werde, wenn gleichzeitig ein Zweiter Gutachter nach § 109 SGG begutachtet.

 

Dann erst kann sich ein Richter ein Urteil bilden. Von einer Behinderung, ob geistiger, körperlicher oder seelischen Art spricht man erst, wenn der Zustand voraussichtlich länger als 6 Monate anhält.

 

Sagt der Gutachter nach 106 SGG, es gibt keinen Zustand geistiger oder seelischer Art, der länger als 6 Monate anhält, dann darf der Verurteilte auch nicht länger als 6 Monate in die forensische Psychiatrie gesteckt werden.

 

Er kann für die Tat dann zwar frei gesprochen werden, weil er im Zustand momentaner Schuldunfähigkeit gehandelt hat, aber keinesfalls auf Jahre hinaus in die forensische Psychiatrie.

 

Robert Stegmann

 

3

Robert Stegmann schrieb:

Sagt der Gutachter nach 106 SGG, es gibt keinen Zustand geistiger oder seelischer Art, der länger als 6 Monate anhält, dann darf der Verurteilte auch nicht länger als 6 Monate in die forensische Psychiatrie gesteckt werden.

 

Robert Stegmann

 

Sorry, es muss natürlich § 109 SGG heissen.

 

Ob das funktioniert kann ich natürlich nicht sagen.- Ich bin weder Politiker, der die Gesetze  gestaltet, noch bin ich Jurist, der die Gesetze auslegen kann.

 

Aber ein Verbindung des § 63 mit dem § 109 SGG und einem Einzelbehinderunsgrad von mindestens 80 für eine geistige oder seelische Behinderung kann ich mir durchaus vorstellen.

 

Die Mehrkosten für den zweiten Gutachter können locker eingespart werden, wenn der Gutachter nach dem SGG feststellt, dass ein Behinderungsgrad vorliegt, der keinen Aufenthalt in der forensischen Psychiatrie nötig macht.

 

Robert Stegmann

2

@ K. Kommentar

 

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihre Aussage konkretisieren könnten. Für eine Reform nach der Wahl ist das doch ein wesentlichen Ansatz.

mkv

 

"Der § 63 muß weg !
(Das schreibt im Übrigen auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte.)"

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Denken russische Psychiater anders ?

 

Der Psychiater Michail Winogradow ist  der Meinung, dass man dieses Verbrechen ( russischer Breivik ) hätte verhindern können, wenn die Gesetzgebung es erlauben würde, in psychischer Hinsicht gefährliche Menschen einer Zwangstherapie zu unterziehen. „Ein Mensch, der davon besessen ist, jemanden zu erschießen und manische Ideen hat, kann derzeit einfach eine Erklärung verfassen, dass er nicht mehr behandelt werden möchte. Man darf ihn dann nicht dazu zwingen, sich einer Therapie zu unterziehen und er wird aus dem Krankenhaus entlassen. Es ist nun an der Zeit die Gesetzgebung hinsichtlich des Verzichts auf psychologische Hilfe zu verschärfen", fordert Michail Winogradow. In diesem Punkt stimmt ihm auch Sergej Enikolopow zu. Er ist der Auffassung, dass russische Wissenschaftler sich eben mit solchen Fällen befassen und eine Möglichkeit zur Feststellung und Frühdiagnose von Gewaltneigungen finden sollten.

 

http://russland-heute.de/gesellschaft/2013/08/19/gerichtsverfahren_eroeffnet_russischer_breivik_winogradow_gesteh_25519.html

5

Gast schrieb:

Denken russische Psychiater anders ?

Nö, die ticken überall auf der Welt gleich.

Ich finde wir sollten an §1 StGB festhalten und nicht nach Lust und Laune Menschen wegsperren, nur weil sie den Fehler gemacht haben, jemals in irgendeiner Weise ihre Gedanken preis zu geben.

 

Und der russische Breivik ist doch 1A abgeurteilt worden. Nur weil jemand ein krudes Weltbild hat oder psychisch krank ist, kann der doch voll schuldfähig sein. Warum denn nicht?

 

Die wissen doch, was sie tun. Sind ja keine Schlafwandler.

 

Warum man nicht mehr Angst vor Menschen hat, die kaltblütig und entschlossen morden, erschliesst sich mir nicht. Wer das einmal schafft, kann das ja jederzeit wieder tun.

 

Und die Frage der Verhältnismässigkeit kann eigentlich nur derart sauber gelöst werden, dass man erstmal normal aburteilt und dann die Unterbringung auf die ausgesprochene Strafdauer reduziert.

 

So fallen die Bagatellfälle raus und die harten Fälle erklären sich selbst. Missbrauch ausgeschlossen.

 

Wer mehr will, hebelt entweder §1 StGB aus oder fällt in die Begründungsfalle. Unwiderlegt unterstellen können wir unseren Mitmenschen alles, besonders die Gefährlichkeit.

 

Man müsste sich halt endlich vom Schuldstrafrecht verabschieden. 

Schuld. Völlig unzeitgemäss mit Begriffen aus der klerikalen Mottenkiste zu arbeiten. Wer weiss denn in der Postmoderne noch, was Schuld sein soll? Soll der Prof. mal seine Studenten bei Gelegenheit nach fragen. Die Streber werden irgendetwas Wiedergekäutes aus dem Lehrbuch von sich geben. Mit Inhalt werden die hohlen Birnen den Begriff aber nicht füllen können.

 

Das muss alles über den Vorsatz abgewickelt werden. Ohne Psychiater. Mit juristischem Werkzeug. Und dann wird sehr schnell klar, dass man über die Zukunft nur mutmassen kann.

5

Zur Förderung einer breiten öffentlichen Diskussion

Im Zuge der Beschäftigung mit dem Thema ist mir die Idee von “Internet-Mahnwachen” gekommen. Das könnte vielleicht für eine gewisse permanente Öffentlichkeit sorgen, wenn sich viele beteiligen. Noch besser wäre natürlich, wenn sich jeweils vor Ort ein paar Aktivisten, die einmal die Woche 1-2 h eine reale Mahnwache evtl. unter Begleitung von Medien vor den Gerichtsgebäuden abhalten. Am dingendsten scheint mir im Moment das Landgericht Frankfurt Bedarf zu haben. Hier eine Realisation:

Internet Mahnwachen zur Reform des Rechtswesens, der forensischen Psychiatrie und des Maßregelvollzuges.
http://www.sgipt.org/forpsy/Reform/Mahnwache/Mahnw01.htm

 

@Winfried Sobottka:
Winfried Sobottka schrieb:  
> K. Kommentar schrieb:
> Das Aus-dem-Verkehrziehen eines Unschuldigen darf ... GAR NICHT möglich sein.
 
"Gar nicht? Wenn jemand wirklich meint, der Teufel ... ist dieser Mensch nach meiner Überzeugung schuldunfähig"
 
Das ist eben der Unterschied zwischen Ihnen und mir.
Sie, Herr Sobottka gehen von der Möglichkeit der "Unschuldigkeit wegen Geisteskrankheit" aus.
Ich nicht.  
 
Deshalb widersprechen Sie sich auch selbst, wenn Sie schreiben:  
 
"Was die Kritik von K_Kommentar an den angeblichen Geisteskrankheiten angeht und an der Tauglichkeit von Diagnoseverfahren, so teile ich diese."
 
Weshalb sollten denn Ihrer Meinung nach psychiatrische "Gutachten" über angebliche Geisteskrankheit unzutreffender sein als psychiatrische "Gutachten" zur angeblich möglichen Prognostizierung der zukünftigen "Gefährlichkeit aufgrund von Geisteskrankheit" (Stichwort: Selbst- und/oder Fremdgefährdung) (oder generell über zukünftige Gefährlichkeit) ?  
Der für die Psychiatrie hochnotpeinliche 'Fall Schmökel' lehrt anderes:  
Noch gefährlicher durch Therapie
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25554388.html

---
 
@ RA Veits:
RA Veits schrieb:
"... Ihre Aussage konkretisieren könnten. Für eine Reform nach der Wahl ist das doch ein wesentlichen Ansatz.
"Der § 63 muß weg !
(Das schreibt im Übrigen auch das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte.)""
 
Die sogenannte "insanity defense" ist SEIT 2009 ILLEGAL!
(Auch, wenn "defense" hier wohl eher aus historischen Gründen "defense" genannt wird.)  

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte verlangt (Dokument A/HRC/10/48) die
"Abschaffung der Verteidigung auf der Grundlage der Negation strafrechtlicher Verantwortung aufgrund des Vorliegens einer psychischen oder geistigen Behinderung"
schreibt weiter vor, es
"müssen behinderungsunabhängige Maßstäbe für das subjektive Element von Straftaten mit der Berücksichtigung der Situation der einzelnen Beschuldigten angewandt werden."

Bitte lesen Sie hier über A/HRC/10/48 und die Auswirkungen:
"UN Hochkommissariat für Menschenrechte:
Forensische Psychiatrie ist illegal
"
http://www.zwangspsychiatrie.de/2010/09/forensik_illegal/

 
Noch etwas Wesentliches:  
Die UN-'Behindertenrechtskonvention' besagt in Art. 14,
dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt“.  
Mehr hier:  
"Zwangspsychiatrie contra Menschenrechte und UN-Behindertenrechtskonvention"
http://www.patverfue.de/handbuch/menschenrechte

 
 
@ Max Mustermann:  
Max Mustermann schrieb:  
"Ich finde wir sollten an §1 StGB festhalten und nicht nach Lust und Laune Menschen wegsperren"
 
Ihr Kritik ist begründet, greift aber zu kurz, solange für gewisse Minderheiten benachteiligende Sondergesetze Gültigkeit besitzen. Es müssten nämlich sofort die psychiatrichen Sondergesetze abgeschafft werden (§ 63 StGB, PsychKG'e und Äquivalente, Betreuungsrecht), oder doch zumindest ihre, den psychiatrischen Zwang legalisierenden Anteile. Dann erst ist es möglich sich um der Gerechtigkeit willen strikt an den § 1 StGB halten.
 
"die Frage der Verhältnismässigkeit kann eigentlich nur derart sauber gelöst werden, dass man erstmal normal aburteilt und dann die Unterbringung auf die ausgesprochene Strafdauer reduziert."  
 
Wenn dann auch jede Zwangsbehandlung abgeschafft und "Behandlung" wenn dann "freiwillig" (im Sinne von 'erklärter oder bekundeter Wille', um psychiatrischen Spitzfindigkeiten von Anfang an den Boden zu entziehen ;-)  angenommen, weil angeboten, wird, dann werden auch im Strafsystem die ungeteilten Menschenrechte verwirklicht sein.  
Dann könnte die „Unterbringung“ auch im Regelvollzug vonstatten gehen mit dem Angebot der „Therapie“ im angeschlossenen „Krankenhaus“ für Häftlinge. (Erklärung „Krankenhaus“: Auch die freiwillige psychiatriche „Behandlung“ macht aus „psychischen Krankheiten“ keine echten Krankheiten.)

„Ohne Psychiater. Mit juristischem Werkzeug. Und dann wird sehr schnell klar, dass man über die Zukunft nur mutmassen kann.“

Sehr wahr. Danke für diese klaren Worte.

Ein Lesetip hierzu:
"Gute und schlechte Gutachten
von Hans Ulrich Gresch"
http://pflasterritzenflora.ppsk.de/gute-und-schlechte-gutachten/

 
Mit Grüßen
 
K. Kommentar
 
P.S.:
Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung! 

4

@ h.e. müller: bei unbefangener lektüre klingt es im vorgeschlagenen § 67d StGB Abs. 6 nach einem klassischen gefahrerfordernis, während in der anordnungsvoraussetzung des § 63 StGB nur vom ergebnis einer gesamtwürdigung die rede ist; das könnte unterhalb der gefahrenschwelle liegen. für diese deutung spricht auch, dass ansonsten die regelung zur überprüfung auf der ersten stufe (nach 4 jahren) in der tat etwas unsinnig wäre.

5

Herr Professor Müller:
Dass Frau Ziegert die angebliche Bevorzugung anderer Gutachter (als Frau Ziegert ?) kritisiert, dürfte daran liegen, dass sie sich Ende der 90er Jahre durch ihre psychoanalytischen  Eskapaden bei Gerichten die Reputation etwas ramponiert hat. Lässt sich auf der Spiegel-Homepage finden (Artikel vom 15.12.1997 und 3.5.1999).

4

Gerichte sind an unabhängigen GutachterInnen nicht interessiert

Quote:

schneidermeister schrieb: Herr Professor Müller:
Dass Frau Ziegert die angebliche Bevorzugung anderer Gutachter (als Frau Ziegert ?) kritisiert, dürfte daran liegen, dass sie sich Ende der 90er Jahre durch ihre psychoanalytischen  Eskapaden bei Gerichten die Reputation etwas ramponiert hat. Lässt sich auf der Spiegel-Homepage finden (Artikel vom 15.12.1997 und 3.5.1999).

Wie kommen Sie auf diese falsche Deutung? Sie hat sich nicht beschwert, dass andere ihr vorgezogen wurden, sondern sie hat erklärt, dass Gerichte für ihre verschiedenen Wunschergebnisse ihre Hausgutachter haben. Außerdem, dass man, wenn man als Berufsgutachter von seinen Auftraggebern sehr abhängig ist. Das heißt im Klartext: An nichts sind Gerichte weniger interessiert als an selbständig denkenen und unabhängigen Gutachtern. Da weiß man ja nie, was raus kommt ...

Im übrigen sollte man gerade den Spiegel sehr kritisch lesen, obwohl er damals noch nicht das miserable Yellopress-Niveau hatte, das ihm inzwischen Beate Lakotta verleiht. Strate hat diese Woche ja einen schönen Leserbrief geschrieben, der allerdings noch ergänzt werden müsste: von forensischer Psychologie und Psychopathologie hat sie ebenfalls keine Ahnung.

Bei der Reform des § 63 sollte berücksichtigt werden, dass Gutachter wenigstens formal neutral, unbefangen und interessenoffen zu bestellen sind.  D.h. die Gutachter dürfen nicht aus der Unterbrinungseinrichtung oder einer verwandten Einrichtung (Bsp. Forensik Taufkirchen, Forensik Straubing) kommen. Und sie müssen bei den vorgeschrieben Stellungnahmen (67e) wechseln. Das bedeutet, dass auch der § 463 Abs 4 StPO hinsichtlich des Begriffs externer Gutachter enger und schärfer gefasst werden muss.

Noch gefährlicher durch Therapie
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25554388.html

 

Zeigt klar, dass die Justiz und die Gutachter total versagt haben. Da von nur Peinlichkeit zu sprechen, finde ich unmöglich.

 

Der Fall Mollath zeigt anscheinend das andere Extrem, wo ein Mensch vermutlich zu lange in der Forensik war oder möglicherweise dort gar nicht hingehörte. Ich bin gespant , ob die offenen Mollath Verfahren zu klaren eindeutigen Urteilen führen.

 

Ein drittes Extrem ist, wenn Opfer immer wieder zu ihren Tätern zurücklaufen, bis die Täter möglicherweise die Opfer töten, wo die Behörden nicht tun können.

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_02/_26/Petition_40290.nc.$$$.a.u.html

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3

Es ist eigenartig, nachdem der Fall Mollath sehr publik wurde, will die Regierung §63 und §67 nachbessern, aber für die Opfer von Straftaten lehnt man Gutachten ab, wenn schwerste psychische Folgen entstanden sind bei Opfern. Ebenso lehnt man zusätzliche Sozialpsychiatrische Forschung zur Verbrechensaufklärung ab.

 

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2011/_11/_01/Petition_20863.nc.$$$.a.u.html

 

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2009/_06/_14/Petition_5173.nc.$$$.a.u.html

5

@ Dr. Sponsel

 

Irgendwo glaube ich gelesen zu haben , dass es nur ca. 150 Gutachter gibt.

Im SPD Vorschlag steht, dass ca. 6000 Menschen in der Forensik derzeit sind.

Wenn von den 150 Gutachtern, dann noch weniger eingesetzt werden dürfen, die nicht abhängig von den Gerichten sein dürfen, wie soll das organsatorisch gehen ?

 

5

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Gast schrieb:

@ Dr. Sponsel

Irgendwo glaube ich gelesen zu haben , dass es nur ca. 150 Gutachter gibt.

Im SPD Vorschlag steht, dass ca. 6000 Menschen in der Forensik derzeit sind.

Wenn von den 150 Gutachtern, dann noch weniger eingesetzt werden dürfen, die nicht abhängig von den Gerichten sein dürfen, wie soll das organsatorisch gehen ?

6000 / 150 = 40. Nach einem Artikel von Ulrike Löw in den NN fertigt ein Landgerichtsarzt allein ca. 3-4 Gutachten pro Woche. Bei 44 Arbeitswochen ergibt das 132-176 pro Jahr. Das ist sozusagen  ist die Akkordabteilung, wobei die Qualität zu hinterfragen wäre (was aber überhaupt gilt)

Ich sehe da kein Problem sozusagen frei nach der Bibel: wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Bayern kann relativ einfach Gutachter aus Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen, sogar Österreich bestellen.

Auch von den forensischen Psychologen könnten sicher viel mehr einbezogen werden.

Vor der Frage der Organisation und Technik stellt sich immer erst das Grundsätzliche. Und das ist klar: so kann und darf es auf keinem Fall weiter gehen.

 

P.S. Habe vorhin die Internet-Mahnwachen um das Landgericht München ergänzt:

http://www.sgipt.org/forpsy/Reform/Mahnwache/Mahnwa01.htm#Landgericht%20...

 

Es soll auch Probanden in Strafverfahren geben, die sich (noch) auf freien Fuss befinden.

 

Der Proband aus Hof fährt dann zur Schuldfähigkeitsbegutachtung nach Stuttgart oder Österreich. Alternativ fährt der Gutachter aus Stuttgart oder Österreich zur Untersuchung nach Hof.

 

Zur 3-stündigen Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht beim AG Hof reist dann der Gutachter wieder aus Stuttgart oder Österreich an.

 

Da ein wichtiger Zeuge zur HV nicht erscheint, muss der Gutachter in der Folgewoche dann nochmals aus Österreich oder Stuttgart anreisen.

 

Die Kosten für die Fahrzeiten und ggf notwendigen Übernachtungen dafür (Stundensatz M3 nach JVEG / wer es genauer Wissen will der findet etwas dazu bei Google) trägt im Fall der Verurteilung natürlich der Verurteilte.

 

Die vermeintliche Unabhängigkeit der Gutachter ist aber ein derart hohes Gut, dass zukünftig Kosten und andere praktische Überlegungen irrelevant sind.

 

Offenbar besteht völlige Unkenntnis darüber, wieviele Gutachten von durchschnittlichen Gerichten und Staatsanwaltschaften täglich in Auftrag gegeben werden. Die wenigsten haben dabei den § 63 StGB zur Folge.

 

Dazu kommen im Bereich der ordentlichen Justiz (nicht Fachgerichte wie Sozialgerichte) noch eine Vielzahl von psychiatrischen Gutachten im Betreuungsrecht, aber auch in allgemeinen Zivil- und Familienverfahren.

 

Diese Vielzahl von Gutachten soll dann zukünftig von ortsfremden Gutachtern bewältigt werden. Wie soll das gehen. Man wird auch keine (von Frau Ziegert offenbar bevorzugten) Teilzeitgutachter finden, die in der Lage sind in großen LG-Verfahren an zehn Hauptverhandlungsterminen (neben ihrer Haupttätigkeit) teilzunehmen.

 

Es ist schon bemerkenswert, dass erfahrene Strafrechtspraktiker (Richter, StA, Verteidiger) sich bei den Forderungen nach einer radikalen Reform des psychiatrischen Gutachterwesens zurückhalten.

 

Forensische Psychologen sind in der Regel schon überfordert, wenn in der HV eine BAK-Rückrechnung durchzuführen ist oder potentielle Nebenwirkungen von Medikamenten bewertet werden sollen.

 

 

4

Die Kosten der Unterbringung im Maßregelvollzug einschließlich dort notwendiger Krankenbehandlung (Zahnarzt) werden derzeit  nicht von Krankenkassen getragen. Deshalb besteht auch kein Anlass für eine Intervention der Versicherungen.

 

Unglaublich:

Hexenjagd a´la „Mollath“ auf Hartz IV Bezieher

http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hexenjagd-ala-mollath-auf-hartz-iv-bezieher-9001556.php

Zitat:

Schließlich sind sich ja alle beteiligten öffentlichen Stellen einig, dass mein Mandant endlich zwangsweise psychiatrisch untergebracht werden soll – und das möglichst bald.

 

Man möge einmal lesen, was der Grund sein soll. Wo ist dieser Mann gemeingefährlich ? Wie soll hier § 63 greifen ?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3

Sehr geehrte Kommentatoren,

mit meinem Beitrag wollte ich eine sachliche Diskussion über eine Reform des § 63 StGB und über Fragen des Maßregelsystems im deutschen Strafrecht anstoßen. Nun wird die Diskussionsspalte zunehmend dazu gebraucht, die Moderation des Verlags, bei der insbesondere off-topic-Beiträge und unsachliche Angriffe auf andere Kommentatoren "unpublished" gestellt werden, zu kritisieren oder nun auch mich persönlich zu beleidigen.

Es ist bedauerlich, dass die Konzeption des Beck-Blogs als Offenes Forum, in dem, anders als in den meisten Internet-Foren, zunächst auch anonyme Beiträge publiziert werden und erst dann eine Moderation erfolgt, hier zu unangemessenen Beiträgen missbraucht wird, sich manche offenbar geradezu dazu angestachelt fühlen, hier mit Beleidigungen um sich zu werfen.

Dies hat nun auch schon dazu geführt, dass sich andere Nutzer aus dieser Diskussion zurückgezogen haben.

Da ich während meines Urlaubs auch nicht mehr regelmäßig mitdiskutieren kann, habe ich mich entschlossen, die Kommantarfunktion für diesen Beitrag auszuschalten, in der Hoffnung, dass sich eine Diskussion später wieder unter sachlicheren Bedingungen  anstoßen lässt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

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