BGH: Zum Schadensersatz bei Verletzung einer Gerichtsstandsvereinbarung

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 06.12.2019

Der BGH hat mit Urteil vom 17. Oktober 2019 (III ZR 42/19, BeckRS 2019, 29425) entschieden, dass eine Vertragspartei schadensersatzpflichtig sein kann, wenn sie entgegen der Vereinbarung eines inländischen Gerichtsstands die andere Partei vor einem US-amerikanischen Gericht verklagt.

Die Parteien hatten vertraglich die Anwendbarkeit des deutschen Rechts sowie Bonn als Gerichtsstand vereinbart. Eine Partei erhob dann Klage vor einem Bundesgericht (District Court) in den USA. Die beklagte Partei berief sich auf die Gerichtsstandsvereinbarung und nahm vorsorglich auch zur Sache Stellung. Die Klage wurde wegen fehlender Zuständigkeit abgewiesen. Die Anwaltskosten der Beklagten beliefen sich auf ca. 200.000 USD.

Der Senat hat entschieden, dass die Klägerin der Beklagten aufgrund von § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag die erforderlichen Anwaltskosten ersetzen muss. Denn die Klägerin habe schuldhaft die vertragliche Pflicht, Ansprüche ausschließlich in Bonn geltend zu machen, verletzt. Nach Ansicht des Senats ist die Gerichtsstandsvereinbarung so auszulegen, dass sie im Fall einer Verletzung auch eine Schadensersatzpflicht auslösen soll. Dies soll unabhängig davon gelten, ob die Gerichtsstandsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung oder als Individualvereinbarung zu werten sei.

Eine Gerichtsstandsvereinbarung diene typischerweise dazu, wirtschaftliche Prozessrisiken planbar zu machen und ein nachträgliches Forum Shopping zu verhindern. Mit der Vereinbarung deutschen Rechts hätten die Parteien sowohl den aus § 280 Abs. 1 BGB folgenden Grundsatz anerkannt, dass eine vertragliche Pflichtverletzung einen Ersatzanspruch begründen kann, als auch das Prinzip, dass die in einem Zivilrechtsstreit unterlegene Partei der anderen Partei zur Kostenerstattung verpflichtet ist. Im Ergebnis hat der BGH den Rechtsstreit zur Feststellung der tatsächlich erforderlichen Rechtsverteidigungskosten zurückverwiesen.

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