BVerfG zu § 315d StGB: Alleinrennen-Tatbestand ist toll!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.03.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht4|4277 Aufrufe

Das AG Villingen-Schwenningen hatte einen erheblichen und erstzunehmenden Versuch unternommen, das BVerfG von der Verfassungswidrigkeit des eigenlich auch nach meiner Ansicht zu unbestimmten Tatbestands des Alleinrennens zu überzeugen. Die entsprechende Norm (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB) regelt eine Strafbarkeit desjenigen Täters der....

"sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,"

Immerhin die grobe Verkehrswidrigkeit und die Rücksichtslosigkeit sind bereits bekannte gesetzliche Merkmale. Sie finden sich schon in § 315c StGB, so dass hier von der Literatur wenig Probleme verortet wurden. Was aber ist eine nicht angepasste Geschwindigkeit? Und was ist die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen? 

Das AG Villingen-Schwenningen hatte sich eine unheimliche Mühe gegeben, die Probleme des Tatbestandes im Hinblick auf eine vermutete Verfassungswidrigkeit herauszuarbeiten. Und ehrlich: Viele Verkehrsrechtler*innen überzeugte das. 

Das BVerfG lässt m.E. schon Problembewusstsein erkennen, kommt aber schlussendlich zu dem Ergebnis einer Verfassungsmäßigkeit:

§ 315d Absatz 1 Nummer 3 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Sechsundfünfzigsten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30. September 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 3532) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

 

Den Volltext findet man hier auf der Seite des BVerfG.

 

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4 Kommentare

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Seitdem Stephan Harbarth Präsident ist, hat sich das Bundesverfassungsgericht verändert. Harbarth empfindet sich weniger als Richter, sondern viel mehr als Beamter mit der entsprechenden Staatstreuepflicht.

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Der Kommentar zu Herrn Harbarth zeigt - abgesehen davon, dass er an diesem Verfahren nicht beteiligt war - nur die Unkenntnis von "Gast". Dieses Harbarth-Bashing ist wirklich unerträglich geworden. Aus dem Dezernat von Herrn Harbarth kommen aktuell die qualitativ hochwertigsten Beschlüsse des 1. Senats. Ich kenne keinen einzigen Beschluss aus diesem Dezernat, der einen Fehler enthält. Die Beschlüsse sind sehr genau gearbeitet und davon könnten sich einige andere Kammern des 1. Senats eine Scheibe abschneiden.

Es ist schon erstaunlich, dass bei Herrn Harbarth - der zweifelsfrei ein hohes Ansehen im Gesellschaftsrecht genießt - so viel Kritik kommt. Bei anderen Ernennungen von Richtern und Richterinnen, die deutlich weniger "vorzuzeigen" haben, war immer nur Schweigen zu hören.

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Dieses Harbarth-Bashing ist wirklich unerträglich

Na ja, sagen Sie das doch Oliver Lepsius, der von "Einstweiliger Grundrechtsschutz nach Maßgabe des Gesetzes" (Der Staat, Bd. 60 (2021), Heft 4: S. 609-651) spricht und davon, dass das Bundesverfassungsgericht (Harbarths Senat) mit der Entscheidung zur Bundesnotbremse "rechtsstaatlich fahrlässig und unklug [...] Rechtsstaat umbaut". Man könne nur hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht das "Argument des Rechts" wiederentdeckt. (Oliver Lepsius, Der Rechtsstaat wird umgebaut, FAZ 10.12.2021). Das ist kein "Bashing", sondern kluge und nicht von der Hand zu weisende Kritik, die bei Ihnen nur noch nicht angekommen, aber nichtsdestoweniger berechtigt, zu sein scheint.

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Tatsächlich überzeugt die Entscheidung des BVerfG leider nicht zu 100%, vorsichtig formuliert. Das AG hat einen ganz ausgezeichneten Vorlagebeschluss hingelegt - und es ist schon etwas bitter, dass Karlsruhe sich nicht mit der notwendigen argumentativen Tiefe damit auseinandersetzt. Immerhin scheitert der Antrag nicht schon an der Zulässigkeit - das muss das AG schon als Lob sehen.

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